Tag 21.

Ha, Bergfest! OP war vor drei Wochen, drei weitere Wochen muss der Fuß noch bewegungslos bleiben.

Ich lerne ja so viel, gerade. Zum Beispiel das Wort „Vorderfußentlastungsschuh“. Damit hätte ich bei Galgenraten super Chancen zu gewinnen. Ein Vorderfußentlastungsschuh ist eine Sohle aus Hartplastik mit Klettgurten dran. Das verhindert, dass ich den Fuß abrollen kann und macht bei jedem Aufsetzen „Tock“, und wenn ich durch die Gegend humpele, hört es sich an, als käme gleich ein Pirat mit Holzbein um die Ecke.

Den komischen Schuh muss ich mir nicht nur anziehen, sondern ihn auch dauernd tragen. Das ist an sich nicht schlimm, nur: Nach drei Wochen fängt er langsam an zu riechen. Und der Geruch lässt sich auch nicht ab- oder rauswaschen. Das Fußbett ist nämlich nur aus recyceltem Linoliumimitatresten. Sicher gibt es auch vernünftige Fußbetten dafür, aber leider habe ich nicht gewusst, dass man die extra bestellen muss. Auch das habe ich gelernt: Das, was man von der Kasse an Standardmitteln bekommt, ist von den Herstellern so gebaut, dass es gerade so den Zweck erfüllt, aber dabei Pain in the Ass ist.

Oder Pain anderswo. Die klassische Unterarmgehhilfe, bespw., gibt es zwar auf Kassenkosten sogar in verschiedenen Farben, aber nur mit runden Griffen in Hartplastik. Wenn man mit solchen Griffen durch die Gegend eiert, tun einem nach kurzer Zeit die Handgelenke weh und man bekommt Schwielen an den Handflächen. Deshalb muss man sich quasi mit solchen Krücken auch gleich Fahrradhandschuhe zulegen, die man bei längerer Gehhilfenbenutzung am Stück anziehen sollte.

Dabei wäre es ein leichtes, die Hilfsmittel so zu bauen, dass sie uneingeschränkt tauglich sind. Das machen die Hersteller sogar. Das ist dann das „kleine Upgrade“, damit gibt es auch Vorderfußentlastungsschuhe mit ordentlichem Fußbett, oder Unterarmgehhilfen mit anatomischen Softgriffen, und alles mögliche andere halt in brauchbar. Nur: Das lassen sich die Produzenten vergolden. Die Krücke mit dem ordentlichen Griff, ansonsten baugleich zum schmerzverursachdenen Handgelenksbrecher, kostet die Krankenkasse gleich drei Mal so viel wie das Standardmodell. Klar, dass die das nicht freiwillig zahlt.

Geht doch: Gehhilfe mit anatomischem Softgriff, damit kann man stundenlang rumhumpeln ohne Schwielen oder Handgelenkschmerzen zu bekommen.

Geht doch: Gehhilfe mit anatomischem Softgriff, damit kann man stundenlang rumhumpeln ohne Schwielen oder Handgelenkschmerzen zu bekommen.

Als Betroffener gibt es nur die Möglichkeit, entweder beim eigenen Arzt ganz doll bitte-bitte zu machen, damit der das Upgrade verschreibt oder das eigene Portemonnaie aufmachen und im Sanitätshaus oder bei Amazon selbst medizinisches Hilfsgerät shoppen, soweit das ohne Rezept geht. Es gibt noch einen dritten Weg, auf dem bin ich an meine Luxusgehhilfen gekommen, aber der lässt sich nicht einfach so übertragen.

Daraus folgt die Erkenntnis, dass 1. Der Handel mit Sanitätswaren dank der alternden Gesellschaft nicht nur das Geschäft der Zukunft ist, sondern dass 2. Auch im hier und jetzt schon so manches Geschlechtsteil der Hersteller vergoldet wird.

So. Und was mache ich jetzt mit meinem Stinkefuß?

Kategorien: Ganz Kurz | 7 Kommentare

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7 Gedanken zu „

  1. Ursus310

    Hallo, es gibt noch eine 4-te Variante für die Ergonomie der Gehhilfen … man nehme Sugru und passe die selbst so an, dass diese Anatomisch auf einen selbst passen und trotzdem noch halbelastisch in der Hand liegen.
    Damit hab ich auch schon Motorradgriffe geflickt … wundert mich, dass das nicht in der „Reiseapotheke“ liegt.

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  2. Ha, bis eben wusste ich nicht mal was das ist! Danke für den Tip!

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  3. Vielleicht machst einfach eine kleine Übertretung und ziehst den Schuh in der Nacht aus 😉

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  4. Für mich riechen die Krankenkassen ähnlich wie die Füße: Wie kann man so blöd sein, sich solche Mangelverträge aufs Auge drücken zu lassen? Als Kasse hätte ich gesagt: Die Folgekosten für anatomisch bescheuerte Gehhilfen zahlt der Krückenhersteller ja nicht, also kriegt er für anatomisch bescheuerte Gehhilfen garnix, er hat gefälligst das bessere Modell anzubieten, zum vernünftigen Preis, dann profitieren alle.
    So muss ich aber fragen: Wer profitiert von dieser schlechten Lösung?

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  5. Lass bitte deine derzeitigen Gehhilfen nach Gebrauch nicht zu Hause verrotten, sondern spende diese. Kranke, z. B. in Osteuropa (Rumänien) haben ganz andere Sorgen als die Ergonomie des Griffes und können die Stecken gut gebrauchen.

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  6. Rufus: Bestimmt nicht, die Heilung hängt davon ab, dass ich den Fuß nicht bewege und auch keine Bettdecke drankommt.

    Buchstäblich: Halte ich für die absolut sinnvolle Argumentation. Ach, wenn nur jemande Interesse an Nachhaltigkeit hätte 😡

    AW: Das ist eine ehrenwerte Aktion, und ich werde auf Deine Anregung hin tatsächlich mal, ob nicht im Bekanntenkreis noch Gehhilfen vorhanden sind, die gespendet werden können. Meine werde ich aber behalten, ich fürchte, die brauche ich nochmal.

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  7. irgendwie also voran… gut.

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