Das Reisetagebuch durch Japan. Heute mit Teigverprüglern und kriminellen Rehen.
Montag, 14. Oktober 2024, Kyoto
Sitze ich wirklich im richtigen Zug? Kurz habe ich Zweifel, aber dann steigt eine Reisegruppe ein. Der japanische Guide verkündet langsam und sehr deutlich “Allora, trovate tutti un posto a sedere e parlate bassa, per favore! Arriviamo a Nara poco prima delle 10!”, dann nimmt er mir gegenüber Platz, schließt die Augen und pennt ein, währen die Italiener in seinem Schlepptau sich unsicher umblicken. Die wichtge Info war jetzt aber: Wir kommen um kurz vor 10 in Nara an. Super, da will ich auch hin, also bin ich richtig.
Nara ist eine kleine Stadt, 40 Kilometer südlich von Kyoto. Als eigenständiger Ort ist es kaum noch zu erkennen, es verschmilzt im Norden mit Kyoto und von Westen kommt Osaka immer näher heran. Japans Mega-Aglomerationen wachsen immer weiter.
Nara ist bekannt für seine große Parkanlage, die im Osten an die Berge stößt, und die will ich mir ansehen. Um dorthin zu kommen könnte ich einen Bus vom Bahnhof nehmen, aber ich laufe lieber zu Fuß durch den Ort.
An einem Laden bilden sich jetzt bereits jetzt, um kurz nach zehn, lange Schlangen vor allem ausländischer Touristen. So lange Schlangen, das Ordner mit Megaphon davor stehen und die Besucher einweisen und dafür sorgen, dass andere Passanten oder Autos überhaupt noch durchkommen. Was ist denn hier bloß los, dass es so einen Auflauf gibt? Ich schüttele den Kopf und laufe weiter.
Später werde ich herausfinden, dass in dem Laden Mochi hergestellt wird, eine japanische Süßigkeit aus Reis. Mochi ist mit nichts vergleichbar, was es im Westen gibt. Es fühlt sich im Mund samtig und weich an, ohne klebrig oder süß zu sein. Damit es seine einzigartige Konsistenz bekommt, muss der Teig mit Hämmern verprügelt werden. Der Laden hier hat daraus eine Show gemacht, “High Speed Mochi Making”, wo zwei bis drei Leute mit großen Hämmern bis zu drei mal die Sekunde(!) auf einen Mochiklumpen einschlagen:
NATÜRLICH ist das viral gegangen, und nun stehen Touristen aus aller Herren Länder von morgens bis Abends vor dem Fenster und filmen die Teigverprügler. Kaufen tun die wenigsten was. Es geht nur um das Video für Insta.
Dann finde ich den Eingang zum Park.
Gleich beim Betreten werde ich mißtrauisch von einem Reh beäugt. Böse funkelt es mich an, aus verschlagen blickenden Augen.
Ich kenne diese Sorte schon. Sikahirsche.
Das sind die schlimmsten. Sehr gefährliche Tiere, mit einem starken Hang zur organisierten Kriminalität. Sie bilden gerne Banden, rauben einzeln oder in Gruppen Touristen aus, erpressen Schutzgeld von Kioskbesitzern und sind ganz groß in Trickbetrug, von Hütchenspielerei bis Internet-Scams. Bei der Wahl der Mittel sind sie nicht zimperlich. Gegen eine Gruppe Sika-Hirsche wirken russische Inkassounternehmen harmlos.
Am Eingang des Parks warnen Schilder vor den gemeingefährlichen Terror-Hirschen. Bildhaft ist dargestellt, wie die Viecher alten Frauen die Handtasche stehlen, Kinder verprügeln und beim Hütchenspiel betuppen.
Um die Tiere ruhig zu stellen soll man Wegzoll an sie zahlen. 200 Yen sind das Minimum, und die Hirsche erwarten, dass man die in Form von harten, dünnen Keksen rüberreicht.
Deshalb werden die überall verkauft, von unglücklich dreinschauenden Verkäuferinnen, die unter den Argusaugen von Reh-Aufpassern zu weniger als dem Mindestlohn schuften müssen.
Das Reisetagebuch durch Japan. Heute gibt es eine Fahrt mit dem Excellent Express 3000 und ich treffe den Fächermeister.
Sonntag, 13. Oktober 2024, Hakone
Rundum sind grüne Wälder, ein Fluß plätschert in Hörweite, die Sonne geht gerade auf und vor dem Fenster zwitschern sogar Vögelchen. Ist geradezu kariesverursachend malerisch hier. Kein Wunder, dass Hakone der Sehnsuchtsort für die Großstädter ist.
Das Hotel bietet auch Frühstück an. Ich bekomme ein Tablett serviert, auf dem für jeden Geschmack etwas zu finden ist. Neben einem kleinen Salat liegen Würstchen und Speck, dazu Pudding und Vanillesauce und dazu ein winziges Brötchen und ein Stück dicken Toast. Sieht etwas wild zusammengewürfelt aus, aber zumindest ist für jeden Geschmack etwas dabei. Dazu gibt es Kaffee. Mein erster Kaffee seit elf Tagen!
Ich beeile mich mit dem Frühstück. Zum einen, weil der Tag heute wieder lang wird und ich früh aufbrechen will. Zum anderen will ich von der Gruppe Franzosen weg, die unmittelbar nach mir das Café des Hotels betreten hat. Jetzt sitzen sie an der langen Tafel und plappern in Lautsprecherlautstärke durcheinander. Wirklich, an die Ruhe der Japaner habe ich mich so schnell gewöhnt, dass mir die Lautstärke der Europäer unangenehm und peinlich ist.
Bei strahlendem Sonnenschein und 20 Grad wandere am Fluss entlang und durch die Straßen von Hakone in Richtung Bahnhof. Die Morgensonne hat sich gerade über die Berge geschoben, und der Fluss glitzert im hellen Licht.
Der nächste Zug geht um 08:39 Uhr, aber der fährt mir vor der Nase weg, als ich den Bahnhof von Hakone betrete. Ich sehe auf die Uhr: 8:38 Uhr und 53 Sekunden – selbst schuld, in Japan ist halt selbst die Lokalbahn pünktlich. Macht aber nichts, ich wollte eh´ erst den nächsten Zug nehmen und war lediglich zu früh dran. Nur halt nicht früh genug für den Vorgängerzug.
Wetter: Die ersten Tage Minustemperaturen und Schnee, an Befana plötzlich Temperatursprung auf 10 Grad und Sonne. Danach wilde Schwankungen zwischen -9 und +6 Grad, starkem Schneefall und Tauwetter, dann irgendwas dazwischen mit dichtem und gefrierendem Nebel. In der letzten Woche wird es mit bis zu 9 Grad sehr warm, bleibt aber nass. Schietwetter.
Lesen:
Michelle Hunziker: Una vita apparentemente perfetta [2024, Kindle. Dt: “Ein scheinbar perfektes Leben – Wie ich aus Liebe zu meiner Tochter den Fängen der Sekte entkam”]
Autobiographie über Hunziker, vermutlich über Kindheit, Karriere, Familie und besonders der Zeit in einer Sekte.
Tja, habe ich gedacht: Biste mal mutig, lieste mal nicht immer nur Comics oder Geronimo Stilton, sondern ein echtes Buch auf italienisch. Dann musste ich feststellen: Ich muss jedes zweite Wort nachschlagen und verstehe trotzdem nicht, was der Text mir sagen will.
Kurze Leseprobe auf Deutsch daneben gelegt: Auch den deutschen Text verstehe ich nicht! Das liegt auch an der, gar nicht mal soooo guten, Übersetzung, vor allem aber liegt es an der blumig-metaphorischen Ausdrucksweise, die gespickt ist mit Idiomen. Inhaltlich also vermutlich recht simpel, sprachlich aber geradezu hirnverdrehend und deshalb nur 20 Seiten gelesen und dann weggelegt.
Hören:
Sehen:
Alien Romulus [2024, Bluray]
Minenkolonie XY irgendwo am Arsch von Z: Eine Gruppe Jugendlicher will sich nicht länger vom Weyland-Yutani-Konzern ausbeuten lassen, stiehlt einen kleinen Frachter und flüchtet. Unterwegs wollen sie “nur eben noch mal” etwas aus der verlassenen Forschungsstation Remus holen, die in wenigen Stunden in einen Planetenring crashen wird und daher verlassen ist. Das läuft natürlich nicht so gut, und die Gruppe muss sich in den Romulus-Teil der Station durchschlagen – nichts ahnend, dass da das Alien mit seinen Kumpels Party macht.
Wow. Endlich mal wieder ein Alienfilm mit nachvollziehbarer Handlung und Ideen, die nicht völlig verkopft sind. Wo zuletzt “Prometheus” und “Covenant” Artsy-Fartsy Kopfgeburten waren, die man ohne Textinterpretation nicht verstehen konnte, ist “Romulus” sehr geerdet und kommt ohne pseudo-philosophischen Überbau aus. Dabei sprüht der Film vor geilen Ideen – angefangen bei den zahlreichen Anknüpfungspunkten zum allerersten Alien-Film von 1979 bis hin zu Sequenzen, die man so noch nie gesehen hat. “Romulus” ist weniger Horror als vielmehr spannender Thriller und wirklich extrem gut gemacht.
Interstate 60 [2002, DVD]
Michael J. Fox doored einen Radfahrer zu Boden, regt sich auf und wünscht sich, dass das nie passiert sei. Prompt springt die Zeit 5 Minuten zurück. Fox reisst die Tür seines Wagen auf, rennt auf die Straße – und wird von einem LKW überfahren. Stellt sich raus: Der Radfahrer war Gary Oldman, und der ist einer der wenigen Flaschengeister in den USA. Wie immer muss man SEHR aufpassen, was man sich von einem Flaschengeist wünscht.
Was er sich wünscht, das weiß James Marsters gar nicht. Also nimmt er den Auftrag von Christopher Lloyd an, ein Päckchen quer durch die USA zu fahren. Einzige Bedingung: Als Route ist die Interstate 60 zu nehmen. Obwohl die gar nicht existiert. Und dann nimmt Marsters auch noch Gary Oldman als Anhalter mit.
Marty McFly und Doc Brown gemeinsam in einem Film? Dazu Oldman und Kurt Russell? Und dann ist der Film von 2002, warum hat man von dem noch nie was gehört? Ganz einfach: Weil er völlig kukuck ist. Der könnte ohne weiteres von David Lynch sein, so skurril ist er teilweise. Der Start ist etwas holprig, dann entwickelt sich das ganze zum Roadmovie und damit einer Nummernrevue der Skurrilitäten.
ACHTUNG SPOILER! “Interstate” guckt man am Besten ohne auch nur eine Kleinigkeit über den Inhalt zu wissen. Aber: Man kann den aktuell nirgends schauen. Den gibt es nicht im Stream, und die wenigen DVDs die existieren, sind arschteuer. Deshalb im folgenden Spoiler.
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So trifft Marsters auf einen Ort, in dem alle Teenies vom örtlichen Sheriff drogenabhängig gemacht wurden, um sich nicht zu reproduzieren und zugleich billige Arbeitskräfte zu sein. Oder auf eine ganze Kleinstadt, in der nur Anwälte leben, die sich permanent wegen jeder Kleinigkeit verklagen, schon auf dem Weg zur Arbeit. Was in einer kafkaesken Gerichtsverhandlung endet, an deren Ende alles gesprengt werden soll.
Oder auf eine horny Anhalterin, deren Versuch mit Gary Oldman zu schlafen in einem Schreckmoment endet, weil der keine Genitalien hat.
Oder auf einen krebskranken Vertriebsmanager mit Dynamit am Körper, der schlechte Dienstleistungen mit Bombendrohungen quittiert.
Das ist alles völlig drüber und durchaus unterhaltsam, hinterlässt aber beim ersten Schauen völlig Ratlosigkeit, weil der rote Faden zu fehlen scheint. Am Ende ergibt alles einen Sinn, aber da fühlt man sich schon, als habe man einen Drogentrip erlebt. Trotz Starbesetzung und tollen Ideen ein sehr nischiger und eigener Film, der nicht jedem gefällt. Um ehrlich zu sein: Ich bin mir auch immer noch nicht sicher, was ich davon halte.
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Mars Express [2024, Prime]
Mars, 23. Jahrhundert. Eine Privatdetektivin wird engagiert, um eine verschwundene Frau aufzuspüren. Gemeinsam mit ihrem Partner, einem Roboterwesen mit menschlichen Erinnerungen, macht sie sich an die Arbeit – und kommt einer gigantischen Verschwörung auf die Spur, die in der Vernichtung einer ganzen Lebensform enden wird.
Puh. “Mars Express” beginnt als Film Noir im Cyberpunk-Setting, wechselt dann aber schnell die Ebenen und landet bei tiefgreifenden Fragen und einem Ende, das dem von “Blade Runner” in nichts nachsteht. Kritiker bezeichnen den in Frankreich entstandenen Film als europäische Antwort auf “Ghost in the Shell”, und ich bin geneigt mich dem anzuschließen. Sehr spannend, in fast jeder Szene frische und so noch nie gesehene Ideen und ein Schluss, der einem noch Tage später ein flaues Gefühl in der Magengrube macht.
Disclaimer [Apple TV+, 2024]
Irgendwann in den 90ern ist ein Jugendlicher ertrunken. Dessen Vater terrorisiert auf seine alten Tage die Frau, die er für schuldig daran hält.
Kevin Kline als grumpy old man! Cate Blanchett als Femme Fatale! Sascha Baron Cohen als betrogener Ehemann! Story die in Italien und London spielt! Count me in!
Tatsächlich beginnt die Serie mit einer Rückblende, deren Geruch nach kaltem Sperma der Rest der sieben Folgen nie wieder loswerden. Alles hier ist unangenehm, und das liegt nicht an den Schauspielern, die eine fantastische Leistung abliefern. Das liegt vor allem am Aufbau des Plots, der eine Story für einen 90-Minuten Film auf eine Miniserie auszuwalzen versucht und verzweifelt als Füllmaterial erratische Handlungen der Figuren und pseudo-dramatische Dialoge in jede Ecke stopft. Dabei kommt etwas heraus, was sich völlig seelenlos anfühlt – in keiner Sekunde leidet man mit den Figuren oder empfindet nur ein Fünkchen Empathie für diese seltsamen Leute da auf dem Bildschirm. Stattdessen versackt alles ab Folge zwei in grenzenlose Langeweile. Erst in der letzten Episode gibt es dann einen Twist, aber die vermeintlich dramatische Enthüllung entlockt einem dann nur noch ein egales Schulterzucken und ein schläfriges Gähnen.
Star Wars: Skeleton Crew [Disney+, 2024]
Eine Gruppe Kinder findet im Wald ein Raumschiff, düst damit davon und stößt auf Piraten.
“Goonies im Weltraum”, so wurde Skeleton Crew angekündigt, und das trifft es sehr genau. Von Kameraeinstellungen bis hin zu Walkie-Talkies und Verfolgungsjagden auf Fahrrädern atmet hier alles Look&Feel des Klassikers von 1985. Das ist nicht schlimm: Die Serie ist spannend, unterhaltsam, hat viele feine Ideen und ist ein klein wenig gruselig – großer Abenteuerspass! Die Kinderdarsteller nerven nur ein kleines Bißchen, Jude Law als zwielichtiger Piratencaptain hat erkennbar Spaß an seiner Rolle, und die vielen echten Sets machen das hier zur besten Star Wars-Serie seit dem schwermütigen “Andor”.
Spielen:
Alan Wake II: The Lake House [2024, PS5 Digital]
Nach oder während der Ereignisse von Alan Wake II: Das Federal Bureau of Control schickt ein Team los, das herausfinden soll, warum die Verbindung zur FBC Forschungsstation “Lake House” in Bright Falls abgerissen ist. Agentin Estevez merkt schnell, dass das Forschungsteam ein eigenes Süppchen gekocht hat – und den Einfluss der dunklen Präsenz im Lake Cauldron unterschätzt hat.
Erfrischend kurze (nur zwei bis drei Stunden lange) Erweiterung zu “Alan Wake II”. Nach der Crazy-abgedrehten “What If”-Ballerbude aus dem ersten DLC erzählt “Lake House” eine durchgehende und spannende Handlung. Sehr angenehm: Anders als üblich muss man hier bei den meisten Dingen nicht rätseln, was eigentlich vorgeht. Estevez ist Veteranin des FBC und weiß einfach, was Thresholds und Overlaps sind und wie schlimm die dunkle Präsenz im Lake Cauldron ist. Es fühlt sich ganz anders an, wenn man als Spieler noch überfordert ist, weil eine Raum mal wieder seine Konsistenz verliert, die Spielfigur das aber kommentiert mit “Ach, der Fahrstuhl ist schon wieder verschwunden. Ist nur ein Feedback-Loop. Folgt normalerweise der Dreier-Regel. Nach dem nächsten Durchlauf sollte das vorbei sein”.
Das Estevez um die Mekenken des Bösen weiß, seine Tricks kennt und an paranormale Phänomene rangeht wie einst die Ghostbusters, indem sie Erscheinungen erstmal ihre Rechte vorliest, ist einfach mal sehr cool.
Machen:
Nicht viel, außer arbeiten und Dschungelcamp gucken und einen Bautrockner nach dem nächsten ausleeren. Oh, und die Morrigan hat die Titelstory im Kradblatt. Und ein wenig Fitness, um für die kommende Motorradsaison fit zu bleiben. Ach, und vielleicht nebenbei noch die ein oder andere Moppedtour aushecken. Hmmm, Moppedfahren. Ich merke gerade: Ich wäre dann jetzt bereit für Frühling.
Neues Spielzeug:
Ich sage es nicht gerne, aber: Eine Apple Watch. Nun sind Uhren für mich einerseits wichtig wegen der Funktion (Uhrzeit, Datum ggf. Höhenmesser), andererseits sind Uhren für Männer eine der wenigen Möglichkeiten Schmuck zu tragen. Ja, eine schöne Uhr ist Schmuck.
Da fängt es allerdings schon an: Ein Schmuckstück ist die Apple Watch gewiss nicht. Ich finde die nach wie vor pottenhässlich und möchte sie eigentlich nicht tragen. Meine bisherigen Uhren sehen allesamt nicht nur besser aus, sie sind auch kratzfester und haben Batterien, die 10 Jahre halten – die Applewatch läuft gerade mal 40 Stunden.
Warum trage ich nun doch so ein Ding? Herzüberwachung. In letzter Zeit habe ich wieder zu hohen Blutdruck (WOHER DAS WOHL KOMMT?!??) und das Herz holpert mit einer Extrasystole vor sich hin. Nunja. Nun also eine Smartwatch, zumindest für die Warnung vor Vorhofflimmern, denn Blutdruck kann das Ding dann doch nicht.
Schon die Auswahl der Uhr hat mich irre gemacht. Vorjahresmodell (Series 9) oder das aktuelle (Series 10)? Klein (42mm Höhe) oder groß (46mm)? Klein wirkt an meinem Handgelenk zierlich, groß ist aber gleich viel zu bulky. Nun mag ich in letzer Zeit große Uhren und trage aktuell Casios mit 50mm-Gehäuse, aber richtige Uhren folgen halt in ihrer Form dem Arm – die Applewatch ist aber nur ein großer, dicker Bildschirm, das sieht schnell seltsam aus.
Nach etlichem Ausprobieren ist es nun doch die 46mm-Variante der Series 10 geworden. Die ersten Tage hat mich das Ding irre gemacht: Mitten in der Nacht weckte sie mich mit “Zeit eine Minute zu stehen und den blauen Ring zu schließen!” – WTF?
Benachrichtigungen sollte man möglichst schnell abschalten, sonst tippt einem die Uhr bei jeder ankommenden Signal oder Whatsapp auf den Arm. Navigation und Wecker über Tippen am Arm sind nett, aber kein relevanter Mehrwert.
Die digitalen Zifferblätter sind allesamt hässlich, im Spektrum von mild-Hässlich bis abscheulich-hässlich. Eine Ausnahme bildet das animierte Snoopy-Watchface, aber das hat ein anderes Problem: Man schaut drauf, sieht einen Minifilm mit Snoopy, muss lächeln und bekommt gute Laune – weiß aber anschließend immer noch nicht wie spät es ist.
EKG und Blutsauerstoffmessung funktionieren. Ansonsten ist die Watch lediglich eine Spieglung des Telefons – der Nutzwert ist für mich, der das Teil nicht für Sport verwendet, bescheiden, von einem echten Mehrwert ganz zu schweigen. Von daher ist die Apple Watch ein Spielzeug. Der alte Satz Smartwatches are toys for boys, real man wear real watches. enthält unerwartet viel Wahrheit.
Immerhin: Strom scheint kein Problem zu sein. Ich lege die vor dem Duschen auf die Ladestation, wenn ich fertig bin, ist die Watch wieder voll. Aber ob ich das Ding wirklich dauerhaft tragen werden, kann ich noch nicht sagen.
Ding des Monats:
CS10-080 Schneeketten der italienischen Firma König (war mal zwischendurch Thule) für den Yaris. Ich komme aus dem Harzvorland, und wir haben im Winter IMMER Schneeketten im Kofferraum. Und einen Klappspaten. Und einen Beutel mit Split/Salzgemisch. Und… aber ich schweife ab.
Die Ketten der CS-Serie sind deswegen cool, weil sie mit wenigen Handgriffen angelegt sind und sich dann selbst festziehen und sichern, d.h. das sonst übliche “Anlegen-Anfahren-Anhalten-Nachspannen” entfällt. Auch fein: Zum Abnehmen reicht ein Zug an einem Sprengschloss, und die Kette fällt vom Reifen. Außerdem verkratzen die CS10 die Alufelgen nicht und haben, im Gegensatz zu Textilketten oder “Reifensocken”, keinerlei Verschleiss.
Die CS10 sind Restposten, die es gerade für wenig Geld gab und die genau auf die seltsamen Räder des Yaris (195/55 R16 auf verstärkten Winteralufelgen) passen. Dabei sind die Auslaufmodelle noch aus dickerem Material von 10mm Stärke (CS10), für die aktuelle Generation werden nur noch 9mm Ketten (CS9) verwendet.
Damit ist der kleine Toyota jetzt für alles gerüstet.
Das Kradblatt bringt die Morrigan als Titelstory und ich bin, äh, Coverboy. Man beachte außerdem das Ausfaltblatt in der Heftmitte (nur in der gedruckten Ausgabe).
Die Online-Ausgabe von Kradblatt 02/2025 gibt es hier: kradblatt.de
Reisetagebuch Japan. Heute geht die Bahn steil, die Eier werden schwarz und ich nehme ein Bad – mitten in der Nacht, auf einem Dach.
Samstag, 12. Oktober 2024, Sendai.
Als der Shinkansen aus dem Bahnhof Sendai abfährt erklingen Spinetttöne aus den Lautsprechern. Na, das hat ja mal Stil.
Irgendwie witzig, das so viele Dinge und Orte in Japan einen eigenen Jingle oder Klangteppich haben. In Tokyo hat jede U-Bahn-Station ihre eigene Haltemelodie. Hier im Shinkansen besteht der Klangteppich aus Spinetttönen, dann folgen Durchsagen auf japanisch und englisch. Meist sind es Verhaltensregeln: Nicht rauchen. Nicht im Wagen telefonieren. Nicht laut sprechen. Alle Sitzplätze sind reserviert, außer im Wagen mit der Nummer 6. Großes Gepäck bringt man bitte in den Gepäcknischen am Anfang und Ende des Wagens unter.
Letzteres ist wichtig. Die Gepäckablagen über den Sitzen sind für Aktentaschen gemacht, maximal für kleine Trolleys und Rucksäcke wie meinen Cabin Max. Größere Rollkoffer und Wanderrucksäcke müssen auf die Gepäckflächen, und in den meisten Zügen muss man die vorab reservieren. Ob das Gepäck und man selbst eine Reservierung hat, wird kontrolliert. Ständig. Aber nicht aufdringlich – die Kontrolleure haben Listen, welche Plätze belegt und welche frei sein sollen. Sie gehen permanent durch die Wagen und gleichen die Listen mit den Belegungen ab. Bei Vollbelegung natürlich witzlos, aber sie tun es halt. Das ist die Pflicht. Genau wie es dazugehört, sich beim Verlassen des Wagens noch einmal umzudrehen und vor den Fahrgästen zu verneigen, selbst wenn niemand das beachtet.
Ich checke nochmal mein Telefon. Es ist erst kurz nach sieben und der Zug, in dem ich sitze, ist in der Japantravel-App – ein Essential für alle Touristen – auch zu sehen. Danach verläuft sich die Verbindung im Dunkeln. Auch Google Maps gibt sich ratlos. Aber gut, ich bin nicht nervös. Das hier ist Japan. Irgendwo werde ich schon irgendwann ankommen. Hier kann nichts passieren, auch wenn ab und an auf englisch über die LED-Display der Text “JR East and The Police together are now on the Alert!” läuft. Wegen was die wohl alarmiert sind? Ob jemand wohl Gepäck ohne Reservierung abgestellt hat?
Reisetagbuch Japan. Heute geht es in das Tal der Hölle, mein Albtraum wird beinahe wahr und eine Göttin hantiert mit einem Tischtennisball.
Donnerstag, 10. Oktober 2024, Ryokan bei Atsumo
Als ich gegen 06:30 aufwache merke ich sofort, dass etwas fehlt: Dieses Gefühl der Schuld, das dieser wiederkehrende Albtraum in den letzten Tagen und Wochen nach jedem Aufwachen hinterlassen hat. Ich habe heute Nacht nicht davon geträumt, in einem japanischen Dorf ein Kind angefahren zu haben. Vermutlich, weil ich gestern endlich wirklich in Japan mit einem Auto gefahren bin, und mein Hirn die Befürchtungen und Ängste dadurch beiseite legen konnte. Wäre mir zumindest sehr recht, wenn dieser gruselige Traum damit ein für alle mal abgeheftet wäre und nie wieder auftauchen würde.
Wenig später stehe ich im Türrahmen des Frühstücksraums. Dort sitzt bereits eine Gruppe schnatternder Rentnerinnen und Rentner um einen der größeren Tische. In einer Ecke steht eine Karaffe mit Saft. Ich nehme mir ein Glas, dann setze ich mich an einen kleinen Tisch und warte. In der Küche, rumpelt eine ältere Dame herum, aber nichts passiert. Auf dem Tresen steht ein Schild mit einer Kaffeetasse.
Ich gehe hin und lasse es mir vom Telefon übersetzen. Da steht: Frühstücksgäste sollen bitte nicht zögern, sich Kaffee zu nehmen. Okay. Aber habe ich nun eigentlich Frühstück gebucht? Booking sagt nein, die Anmeldung sagt ja, ich sage: Egal. Ich will hier nicht noch länger warten. Ich trinke meinen Saft aus und mache mich auf den Weg.
Auf dem Parkplatz des Ryokans hat der Yaris die Nacht gut verbracht.
Ich gucke mir das Auto noch einmal etwas genauer an. Der Wagen, das ist mir gestern aufgefallen, spricht nämlich in Stimmen. Mehreren Stimmen. Neben Carplay, aus dem meine Siri tönt, gibt der Wagen von sich aus Verkehrshinweise auf Englisch, aber bei jedem Start kommen noch aus mindestens zwei anderen Ecken Stimmen auf Japanisch her.
Ah, neben meinem Knie hängt ein Gerät für Autobahnmaut. Das sagt anscheinend beim Start “Keine Karte installiert”. Okay, ich will ja auch nicht Autobahn fahren.
Und hinter dem Rückspiegel quatscht es auch hervor. Da klemmt eine Dashcam! Das erklärt auch das Gedüdel, wenn ich durch Schlaglöcher fahre, das ist wohl das akustische Signal zur Datensicherung. Okay.
Reisetagebuch Japan. Heute geht es in den hohen, aber nicht den höchsten, Norden, ich will kein Upgrade und entdecke einen blauen Teich.
Dienstag, 08. Oktober 2024, Akihabara, Tokyo
Ich höre noch das dumpfe Geräusch, mit dem das Köpfchen des Kindes gegen das Auto prallt, dann schrecke aus dem Schlaf hoch.
Schon wieder dieser Albtraum! Noch leicht geschockt reibe ich mir den Schlaf aus den Augen. Es war nur ein Traum, mache ich mir bewusst, keine Erinnerung an eine mögliche Zukunft! Ich schwinge die Beine aus dem Bett. Die beste Methode um schlechte Dinge zu verdrängen ist, sich ganz auf etwas anderes zu konzentrieren.
Es ist erst 06:45, aber heute habe ich viel vor. “Es sind 21 Grad”, sagt Siri und fügt hinzu “Du solltest vielleicht einen Schirm mitnehmen”. Die Info ist sinnvoll, immerhin sehe ich aus meinem Zimmerfenster nur eine Betonwand und die Leitungen von Klimaanlagen, da ist nicht zu sehen ob es draußen regnet oder nicht.
Schnell habe ich meine Sachen zusammengepackt und schwinge mir den Cabin Max über die Schulter. Ein letzter Blick zurück in das kleine Zimmer, das jetzt für fünf Tage mein Zuhause war, dann ziehe ich die Verrätertür mit dem Düdel-Schloss hinter mir zu und eile die Stufen des Hotels hinab.
Es regnet tatsächlich, und zwar ganz widerlich. Die tropische, schwüle Wärme mit 90 Prozent Luftfeuchtigkeit sorgt dafür, dass man durch und durch feucht wird – von Innen vom Schwitzen und von Außen durch den Regen.
Ich laufe gen Osten, weg von Akihabara und Richtung Asakusa. Amüsieren muss ich mich über den Yaris, der perfekt quer in einer Einfahrt parkt. “Hallo? Ja, ich bins. Ja, ich parke in der Einfahrt, wie Sie es mir gesagt haben. Ach, das ist jetzt auch nicht richtig??”
Auf halbem Weg wird mir klar, dass ich den transparenten Stockschirm, den ich vor einigen Tagen in einer Drogerie gekauft habe, nicht werde mitnehmen können. Mangels Mülleimern werde ich ihn aber auch nicht einfach entsorgen können. Und nun? Ah, ein Haufen Sperrmüll. Da stelle ich ihn einfach dazu. Mach´s gut, Schirm, tut mir leid, dass ich Dich aussetzen muss.
Von der Metrostation Asakusabashi fährt eine U- und S-Bahn direkt bis zum Flughafen Haneda, sagt zumindest Google Maps. Ich finde den richtigen Bahnsteig und steige zu. Es ist Berufsverkehr, und die Wagen sind so proppenvoll, dass ich kaum den Rucksack in die Ablage bugsiert bekomme. Wieder bin ich froh, hier nicht mit einem schrankgroßen Rollkoffer unterwegs sein zu müssen.
Das Reisetagebuch. Heute mit Hypersexualisierung, alten Bastlern und dem Himmelsbaum.
Montag, 07. Oktober 2024, Tokyo
Nach dem Klingeln des Weckers drehe ich mich noch mindestens drei Mal im Bett herum. Darin ist es warm und bequem, wie in einem wohligen Kokon der Glückseligkeit. Ein schlechtes Gewissen habe ich nicht. Heute ist das letzte Mal für Wochen, dass ich werde ausschlafen können. Ab morgen ist richtig Action angesagt, heute eher ein Tag zum Rumgammeln.
Gegen halb elf bin ich dann doch mal auf den Beinen und laufe durch die Straßen Akihabaras. Die Sonne scheint, mit 27 Grad ist es hochsommerlich warm und die Luftfeuchtigkeit immer noch sehr hoch – mittlerweile stelle ich mir vor dem Verlassen des Hauses gar nicht mehr die Frage, ob ich eine Jacke mitnehmen soll. Die ist nur Ballast. Die Einheimischen, vor allem die Büroarbeiter, sind in dunklen Anzughosen und weißen Hemden unterwegs. Die Touristen in kurzen Hosen und bunten T-Shirts. Ich trage schwarze Jeans und ein schwarzes Hemd. Einfach, weil ich Hemden gerne mag. Die sind leicht, haben eine praktische Brustasche, man kann sie im Fall extremer Hitze aufknöpfen, die Ärmel kann man lang lassen wenn es kühl ist und hochkrempeln wenn es warm ist und man ist immer und für jeden Anlass passend gekleidet – besser geht es kaum! Gegen die simple Eleganz und Vielfältigkeit eines Hemds sind T-Shirts dumm und hässlich. Das Leben ist zu kurz um dumme und hässliche Klamotten zu tragen.
Vor mir quert ein kleines Mädchen von vielleicht vier oder fünf Jahren die Straße auf einem winzigen Fahrrad. Sie trägt Zöpfchen und ein rosa Kleidchen. Ur-niedlich sieht das aus. Die Kleine ist offenkundig ohne Begleitung – die Straßen hier sind halt einfach enorm sicher, weil so gut wie keine Autos fahren. Als das Mädchen gerade in der Mitte der Kreuzung ist, verfängt sich der Saum des Kleidchens in der Gangschaltung des Hinterrads. Mit einem herzzerreißenden Geräusch reißt ein Teil des Saumes, der Rest wickelt sich um die Radnabe.
Die Kleine strauchelt, fällt aber nicht hin, sondern kommt gerade noch so zum Stehen. Reflexhaft will ich helfen, halte dann aber inne – ich bin ein Fremder und spreche die Sprache des Kindes nicht. Zum Glück stellt sich raus, dass sie gar keine Hilfe braucht. Sie steht neben dem Fahrrad, besieht sich die Sache und denkt einen Moment nach, dann klappt sie den Seitenständer aus und greift vorsichtig in die Zahnräder. Sorgfältig wickelt sie den Stoff davon ab. Ich erwarte, dass sie jetzt in Tränen ausbricht, aber das passiert nicht. Sie hält den Saum des Kleidchens in beiden Händen und mustert die zerrissene und ölverschmierte Stelle mit großem Ernst, dann seufzt sie, steigt wieder aufs Fahrrad, rafft das Kleidchen etwas zusammen, damit es nicht nochmal ins Hinterrad gerät, und fährt weiter.
Das war wirklich eine erstaunliche kleine Szene.
Mein erster Weg heute morgen führt, noch einmal oder schon wieder, zum Bahnhof von Ueno. Im Reisezentrum für Touristen lege ich meinen Japan Rail Pass vor und lasse zwei Reservierungen für Zugverbindungen vornehmen. Die brauche ich erst in einigen Tagen, aber frühzeitige Reservierungen sind sinnvoll und praktisch Pflicht. Die kosten Inhaber des Railpasses auch nichts, aber man kann sie nicht online vornehmen, sondern nur im Reisezentrum oder an einem Automaten.
Im Reisezentrum spricht das Personal sehr gutes Englisch, daher ist mein Anliegen kein Problem und schnell erledigt. Für jede Teilstrecke bekomme ich ein grünes Reservierungsticket ausgedruckt. Die haben die gleiche Größe wie der Railpass und sehen auf den ersten Blick genauso aus – ich werde also aufpassen müssen, dass ich nicht aus Versehen statt einer benutzen Reservierungskarte den 650 Euro teuren Railpass wegwerfe.
Gegenüber des Eingangs zum Reisezentrum rotten in einer Nische zwei Münztelefone vor sich hin. Neben ihnen steht ein Regenschirmautomat, an dem man über eine App Schirme leihen kann. Zwischen dem Ding und einem Getränkeautomaten eingekeilt ducktt sich verschämt ein grüner Automat, den ich hier schon vor drei Tagen entdeckt habe.
“Pocket Change”, steht klein auf der Frontseite, und wenn man nicht weiß, was der Automat macht, erschließt sich das auch nicht sofort. Dabei ist er für Reisende endlos praktisch. In Japan sammelt sich nämlich rasant schnell Kleingeld in den Hosentaschen an, und zwar in einer Stückelung, die man nie wieder los wird. Zwar ist es in den vergangenen fünf Jahren VIEL besser geworden was die Akzeptanz von Kreditkarten angeht, zumindest hier in der Stadt, aber gerade an den kleinen Ständen und Restaurants sieht man Bares noch am liebsten oder akzeptiert erst gar keine Karten. Als Wechselgeld bekommt man dann aber häufig Münzen zurück, die man kaum wieder ausgeben kann und die manche Geschäfte auch nicht mehr annehmen. Dazu gehören 1, 5 und 10 Yen-Münzen. Alles unter 50 Yen ist praktisch nutzlos, und gerade die 1er wirken wie Spielgeld, die sind aus Alu gepresst.
Jahresende. Zeit für die Rückschau. Was bleibt von 2024?
Plus: Beste Bilder.
Lage der Welt:
Die Ukraine beginnt den Krieg mit Russland zu verlieren. Israel verliert den Rückhalt in der Welt, weil es seine Nachbarländer in Grund und Boden bombt und schreckliche Menschenrechtsverletzungen begeht. Nordkorea schließt ein Bündnis mit Russland. Die USA wählen zum zweiten Mal einen Trump, der im Vorfeld versprochen hat Konzentrationslager zu eröffnen, Deportationen durchzuführen, politische Gegner zu verfolgen, das Militär gegen die Bevölkerung einzusetzen, die Ministerien zu entkernen und nach Gesinnung zu besetzen und Amerika durch Strafzölle zu isolieren. Der Faschismus übernimmt die USA mit demokratischen Mitteln, um anschließend die Demokratie zu zerstören. Eine? Ach was, ALLE Demokratien.
Zum Jahresende mischt sich Musk in deutsche Politik ein, willfähriger Helfer ist der Springer Verlag. Und Trump verkündet, dass er gedenkt den Panama-Kanal zu besetzen sowie Grönland und Kanada zu annektieren.
Die Trump-Präsidentschaft läuft gefühlt schon Jahre, und dabei hat sie noch nicht mal begonnen. Ich bin jetzt schon erschöpft davon.
Aussichten: Sollte Trump seine Ankündigungen war machen und die USA andere Länder überfallen, dann bricht der offene dritte Weltkrieg aus.
Lage Europas:
Es rottet vor sich hin. Bei den Europawahlen gibt es einen ordentlichen Rechtsruck. Leider will von der Leyen, die den Ruck nach Rechts maßgeblich mit zu verantworten hat, unbedingt weitermachen. Was das bedeutet, ist klar: Paktieren mit den Rechten. Währenddessen zerfällt in Deutschland die Regierung, in Frankreich kommt durch das Erstarken der Rechten erst gar keine dauerhafte Regierung zustande. In einer angespannten Weltsituation ist Europa so schwach wie nie.
Aussichten: Europa zerfällt, die Oligarchen strecken ihre Finger danach aus. Es bräuchte jetzt starke Nationalstaaten und ein Bekenntnis zur EU. Haben wir beides nicht, daher ist langfristig wohl nur die Frage, wer uns zuerst annektiert: Russland oder China oder ob die USA Europa als Ferienland übernehmen.
Lage der Nation:
In der Ampel sabotiert die FDP wo sie kann, bis im Herbst alles implodiert.
Scholz, bis dahin unsichtbar, lässt daraufhin die Sau raus – und man möchte spontan seinen Redenschreiber zum Bundeskanzler wählen. CDU ist schlimmer, Merz und Söder baden im reinen Populismus, schüren Ängste und Hass auf die Grünen. Merz beklagt abwechselnd, das zu wenige Wärmepumpen eingebaut worden seien und stellt gleichzeitig in Aussicht, dass unter seiner Kanzlerschaft Atomkraftwerke gebaut und Windräder demontiert würden, weil letztere Umweltverschmutzung seien. Kein Witz.
Überhaupt, “die Union”. Für eine Union gibt es herzlich wenig Zusammenhalt in dem Laden. Teile biedern sich an Musk an. Teile reißen die Brandmauer zur AFD ein. Der Rest baut Luftschlösser und will das finanzieren, in dem bei Bürgergeld gekürzt wird. Das ist in Reinkultur “Der Arme nimmt Dir Deinen Keks weg!” WTF, ihr Spinner.
Direkte Folgen dieser unterirdischen Politik: Der Osten wählt AFD und das Bündnis Sara Wagenknecht. Die Folge: Merz zündelt noch schlimmer als zuvor und setzt auf das Trump-Rezept aus Zuwanderungs-Hetze und Abtreibungsgegnerschaft. Bar jeder Vernunft laufen alle demokratischen Parteien diesem Agenda-Setting hinterher und führen Grenzkontrollen ein. Ja, so kann man die Rechten auch stärken und das Land und Europa noch schneller in den Abgrund treiben. Für Februar sind Neuwahlen angesetzt.
Ansonsten jammert die Autoindustrie und behauptet sie darbt, und ich sage mal so: Mein Mitleid hält sich in Grenzen. Seit 2003 wundere ich mich, dass niemand bei VW und anderen deutschen Herstellern auf Elektro setzt, unfassbar teure und riesige Autos produziert werden und Gehälter gezahlt werden, von denen andere nur träumen. Ich dachte zwischendurch sogar, es läge an mir bzw. meinem zu kleinem Gehalt, das für mich ein VW schon aus Preisgründen nie in Frage käme. Stellt sich raus: Kaufen tut die Kisten schon lange keine Privatpersonen mehr. 84 Prozent aller Passats auf den Straßen sind Dienstwagen. Und nun kommt die geballte Quittung. Deutschland lebte in diesem Jahr noch in seiner Blase, hier ging das Narrativ rum, das sich Elektroautos nicht durchsetzen würden. Tatsächlich gingen die Verkäufe zurück, was als Beweis dafür herangezogen wurde. Nur: Damit sind wir allein auf der Welt. Und deutsche Autobauer bauen keine Modelle für den deutschen Privatmarkt, bringt also nicht, wenn die Diesel-Dieter sich noch einen Verbrenner mehr hinstellen.
Immerhin: Ausbau der erneuerbaren Energien ging gut voran. Im 3. Quartal wurden 63 Prozent des Energiebedarfs aus regenerativer Energieerzeugung gedeckt. Der Zubau der Kapazität lag bei 17 Gigawatt. Mal zum Vergleich: Das ist die Kapazität von 11 Atomkraftwerken! Oder man hätte damit 14 Mal den DeLorean zurück in die Zukunft schicken können. Das ist super.
Aussichten: Eine Große Koalition unter Führung von Merz. Schrecklich. Große Koalitionen stärken immer die Extreme und die Politikverdrossenheit. Grokos sind, was das Land so abgewirtschaftet, die Stimmung so polarisiert und die AFD stark gemacht hat. Und nun eine, der mit Merz und Scholz Männer ohne Charakter, wenig Moral und geringem Verstand vorstehen werden.
Ich Ich Ich
Das Jahr begann mit Sehnsucht und Weltschmerz und düsteren Aussichten. Es war dann auch düster, aber ganz anders als gedacht. Es ist einfach so irrsinnig viel passiert, dass die Zeit verflog und sich 2024 trotzdem so anfühlte, als würde es sich ewig ziehen.
Die ersten vier Monate Leben auf einer Baustelle, weil die Wasserschäden vom vergangenen Dezember repariert wurden. Im Februar fiel plötzlich die V-Strom 800 vom Himmel. Ab März schlimme Nachrichten allerorten. Der frühe Tod eines guten Freunds hat mich ziemlich mitgenommen. OPs und Krebs in der unmittelbaren Familie sind wohl gut ausgegangen, nach allem was man bislang weiß. Im Juni begann eindlich ein wenig Sommer, bis dahin war es nur kalt und nass. Ende Juli wurde der Aygo zerstört, es folgten sechs Wochen Brot&Butter-Motorradfahren. Ende September war alles soweit geregelt, das ich mir einen Monat Auszeit nehmen konnte. Danach ging es hektisch, aber wieder mit mehr Energie weiter. Und immer, immer wieder nervenaufreibende, schlafraubende Situationen bei der Arbeit. Eigentlich konstanter Alarmzustand, an gleich mehreren Fronten.
Ein sich wiederholendes Thema: Fast alle Dinge und Vorhaben brauchten in diesem Jahr zwei oder mehr Anläufe. Der feine Jasmin, Freude des vergangenen Sommers, erfror am letzten Wintertag und musste ersetzt werden. Eine neue Brille (die erste mit Gleitsicht) war falsch berechnet und musste nochmal gemacht werden. Dito die Sonnenbrille, mit den Werten der Bildschirmbrille gefertigt wurde und nicht zum Fahren taugte. Binnen 12 Monaten musste zwei mal ein Auto gekauft werden.
Der neue, gebrauchte Yaris wurde dann gleich Dauergast in der Werkstatt, wegen Baum vorm Kopf und vergniesterten Bremsen. Die ZZR kam aus der Werkstatt zurück und verbrauchte plötzlich 1,5 Liter mehr auf 100 km. Alles, alles fühlte sich an wie: Drei Schritte vor, voller Stop, dann fünf Schritte rückwärts und alles nochmal von vorn. Eine permanente Sackgasse.
“Ja, ich parke in der Einfahrt, wie Du gesagt hast. Ach, das ist jetzt auch nicht recht?!”
Auch in diese Kategorie fällt: Das gerade nach einem Wasserschaden reparierte Haus hat im Dezember 2024 erneut eine Überflutung abbekommen und jetzt geht alles, alles wieder von vorne los. Schweinerei, dröhnende Bautrockner, Baustelle.
Das ist der harmlose Teil. Da, wo die Decken wirklich so richtig eingestürzt sind, kann man von einer Etage in die andere gucken.
Immerhin, was überhaupt nicht auf dem Zettel stand und unvermittelt einfach so funktioniert hat: Die Beschaffung und der Umbau der V-Strom 800 und die Tour mit ihr im Sommer. Das war ebenso unverhofft wie toll, dass hätte ich zu Jahresbeginn nicht gedacht. Auch die Japanreise hat problemlos geklappt. Eigentlich hat alles funktioniert, wo ich mich echt hintergeklemmt und jedes Detail überwacht oder die Sachen gleich selbst gemacht habe. Hm.
In Summe bin ich geneigt zu sagen: 2024 war fordernd. Am Ende sind die meisten Dinge gut geworden, aber weil nichts auf Anhieb geklappt hat, war gefühlt jede Kleinigkeit stets mit Kampf verbunden und hat viel Kraft und Zeit und Geld gekostet. Trotzdem oder gerade deswegen gehe ich aus 2024 so entschlossen und fit heraus, wie ich zuletzt 2013 war. Zum Jahresende stelle ich fest: Mir geht es gut. Ich fühle mich gut. Mir ist heitere Gelassenheit nicht in die Wiege gelegt, aber aktuell ruhe ich in mir.
Ja, ich bin resilient AF.
Und sonst noch?
Worte des Jahres:Non puoi piacere a tutti. Non sei lasagna.” (“Du kannst nicht von allen gemocht werden. Du bist keine Lasagne.”)
Worte, die ich nicht mehr lesen oder hören möchte: “Ihnen eine erfolgreiche Woche” als Verabschiedung. Sagen nur BWL-Lullies und Möchtegern-Businesskasper.
Und immer noch: Das sich pandemisch verbreitende “Dazu später mehr” in Texten, Videos und Podcast. Wenn Du diese Formulierung verwenden willst, halte inne – ist das ein Hinweis darauf, dass mit deiner Struktur was nicht stimmt.
Was ich nicht mehr sehen möchte: Stroboskop-Effekte in Filmen und Serien. Bei mir lösen die zwar keine epileptischen Anfälle aus, aber angenehm ist es nicht und vor allem belastet es die Beamerblende wie Sau. Ich weiß auch nicht, was sich Filme wie Star Wars 9 oder Serien wir zuletzt Squidgame dabei denken, wenn fünf Minuten nur Geblitze gezeigt wird. Möchte man, dass die Leute vom Handy aufgucken?
Zugenommen oder abgenommen: Abgenommen. Satte sieben Kilo. Da mit steigendem Alter der BMI gnädiger wird, habe ich damit fast Normalgewicht.
Mehr ausgegeben oder weniger? Ich habe NOCH NIE IN MEINEM GANZEN LEBEN so viel Geld ausgegeben wie in diesem Jahr. Anfang des Jahres dachte ich noch: “Ach, hast ja ein wenig Geld auf dem Konto und die Boxen sind kaputt. Kaufste Dir mal neue Lautsprecher von Teufel.” – zu dem Zeitpunkt war ich mir sicher: Das war die teuerste Anschaffung des Jahres. Und DANN ging es erst richtig los: Neue Brille wurde plötzlich nötig. Neues Motorrad ergab sich. Eine gebrauchte XBOX drängte sich auf. Binnen eines Jahres musste zwei Mal ein gebrauchtes Auto gekauft und mit Reifen ausgestattet werden. Die Mikrowelle ging in Rauch auf. Das war alles extrem Kostenintensiv. Wären die Flüge nicht schon gebucht gewesen, ich hätte die (dann auch recht teure) Japanreise nicht gemacht.
Die teuerste Anschaffung: Als Einzelobjekt der gebrauchte Toyota Yaris. In Summe: Die V-Strom 800 mit all dem Gedöns.
Luxus des Jahres: Die Büchersammlung aufgestockt um das “Sandman Universe” – jetzt steht hier wieder die größte Sandman-Sammlung Göttingens.
Mehr bewegt oder weniger: Deutlich Mehr.
Die hirnrissigste Unternehmung: Japan von Nord nach Süd durchqueren zu wollen. Hat nicht geklappt, aber dazu später mehr.
Ort des Jahres: Diese Farm da in den Bergen.
Zufallspromi des Jahres: Hayley Atwell. Tolle Schauspielerin.
Person des Jahres: Robert Habeck. Krass, wie resilient, rational und besonnen der Mann trotz all der Anfeindungen und der Hetze bleibt. Versucht als einziger keine Illusionen zu verkaufen. Kanzlermaterial.
Nervende Person des Jahres: Hattrick! Der Preis geht, wie schon in 2022 und 2023, zu gleichen Teilen an Friedrich Merz und Elon Musk. Der eine hatte 1992 einen Unfall mit einer Cryo-Maschine und wurde erst jetzt wieder aufgetaut, der andere hat sich radikalisiert, ruiniert Gesellschaften und den Planeten und ist vermutlich der operierende Präsident der USA. In 2024 haben beide nochmal eine Schippe an Arschlochigkeit draufgelegt. Dabei habe ich immer noch das verhängnisvolle Gefühl, die laufen sich gerade erst warm.
Das beste Essen: Mugnaia in Roccafinadamo
Das seltsamste Essen: Diese Ramen Bowl von Lawson, wo die Brühe bei Raumtemperatur ein wackelpuddingartiger, nach Fisch schmeckender Glibber war. E-Kel-Haft.
Das beste Süßkram: Ich hätte ja gesagt: Der Pumpkin-Pudding von Familiy-Mart, aber dann kam unvermittelt vor Weihnachten ein Päckchen an. Der Inhalt eroberte den ersten Platz. Nein, nicht das Kilo Parmesan. Die Kaffee-Pfirsiche (Peschi di Caffé) von Giulies Mama.
2024 ENDLICH getan: Das Blog hier umgezogen, auf einen Server bei Manitu. Die sind sehr gut.
2024 zum ersten Mal getan: Eine elektrische Heckenschere benutzt.
2024 das erste mal seit langer Zeit wieder getan: Gartenarbeit.
Gesundheit: Okay bis sehr gut. Magenprobleme weitgehend weg. Dafür plötzlich Anfang des Jahres Sehverlust um eine Dioptrie auf einem Auge. It´s not the years, honey. It´s the mileage.
Ein Ding, auf das ich gut hätte verzichten mögen: Da gab es viel, aber ganz besonders hätte ich auf den Ärger bei der Arbeit verzichten können und auf die zweite Überflutung im Haus. Dieses Mal waren es nur 2.000 Liter, aber schon wieder sind die Lehmdecken eingestürzt.
Gereist? Ja, wenn auch sehr konzentriert: Eine Woche Testfahrt mit der V-Strom in den Süden, dann quasi den geballten Jahresurlaub in viereinhalb Wochen Japan.
Film des Jahres: So richtig geile Blockbuster gab es nicht. Ich habe viel handgemachtes Zeug aus den 80ern und 90ern geschaut, u.a. die alten “Mad Max” und Schwarzenegger-Füilme. Bei neueren Produktionen hatte ich viel Spaß mit dem indischen Actionkracher “Pathaan”, der ist, was Bond-Filme früher mal waren. In Erinnerung bleiben werden mir der sehr spannende “Till Death” und der optisch beeindruckende und clevere “The Creator”, der auch Film des Jahres ist.
Theaterstück des Jahres: “Mord im Orientexpress” bei den Gandersheimer Domfestpielen mit der großartigen Tabea Scholz.
Konzert des Jahres: Marina Santellis Jazz in den Bergen.
Song des Jahres: Musik spielt keine Rolle in meinem Leben. Sie kommt in meinem Alltag praktisch nicht vor. Umso erstaunlicher, dass ich in diesem Jahr gleich drei Songs sehr mochte: Shakespears Sister “All the Queens Horses” und das nach Portishead klingende “This Road” von Poe. Favorit ist aber das wütende “Naked in the Sun” von “The Jordan” aka “The Artist formerly known as Caro Emerald”.
Spiel des Jahres: Ein gemischtes bis schwaches Spielejahr, in dem ich häufig Oldies aus der XBOX 360-Ära noch einmal gespielt habe.
Scheißspiel des Jahres:“Watch Dogs – Legion”. Was für ein uninspirierter Dreck. Nach wenigen Stunden weggeworfen.
Serie des Jahres: Ich bin kein Seriengucker mehr, das meiste Neue finde ich doof und platt. Eine Offenbarung war die in zwei Staffeln auserzählte “Kevin can f** himself” – völlig grandios geschriebene High-Concept-Serie, die wirklich wusste, wo sie hin will.
Meine persönlichen Entdeckungen des Jahres sind aber Serien aus den 2010er Jahren, wie das sehr clevere “The Newsroom”. Serie des Jahres ist das erstaunliche “The Fall” von 2013. Fällt leider in Staffel 3 auseinander, bis dahin ist es aber grandios.
Buch des Jahres: Wieder deutlich mehr gelesen, was gut ist. Buch des Jahres ist “All´italiana” von Petra Reski – habe viel über italienische Politik daraus gelernt.
Graphic Novel des Jahres: 2024 war ich, auch das erste Mal seit langer Zeit, wieder heftig im Bereich Graphic Novels unterwegs: Das alte “Y – The Last Man” nachgeholt, das aktuelle “Saga” verschlungen, das sehr durchwachsene “Sandman Universe”, als Standalone “The Electric State” usw. Graphic Novel des Jahres ist: “Locke & Key: The golden Age”. Selten so viel Gefühl in solch einem Setting gesehen.
Spielzeug des Jahres: Gar nicht leicht zu entscheiden. Es gab dieses Jahr VIELE Spielzeuge: Ich liebe die Heckenschere von Bosch blau, am meisten verblüfft hat mich die Quest 3S. Am Praktischsten sind die neuen Gummistiefel von Dunlop. Am meisten Freude bereiten mir die Teufel-Lautsprecher, die machen mich schon Lächeln, wenn ich sie nur ansehe. Und klingen tun sie auch gut, auch wenn der Waschmaschinengroße Subwoofer selbst ganz runtergedrosselt noch die Mauern von Jericho zum Einsturz bringen kann.
Enttäuschungen des Jahres:“John Sugar”: Retro-Noir-Serie, die nach hinten raus einfach in sich zusammenklappt. “Dune 2” hat krasse narrative Lücken und ist langweilig. “Hypnotic” ist so hanebüchen dumm, dass ich den nicht länger als 5 Minuten ertragen habe. “Bayonetta 3” ist so überfrachtet, dass es keinen Spaß mehr macht. “Azurro” ist ein recht eitles Buch ohne Nutzwert.
Die schönste Zeit verbracht mit: Guten Freundinnen (nicht gegendert) bei interessanten Gesprächen und leckerem Essen. Ihr wisst, wenn ihr gemeint seid!
Anzahl Fiat 500s (seit 2016): Von 3.908 auf 4.614. Ein ziemlich gutes Fiat-500-Jahr
Vorherrschendes Gefühl 2024:“Nicht SCHON wieder!”
Erkenntnis(se) des Jahres: Demokratie muss für jeden liefern. Und wenn sie das Bauchgefühl oder das eigene Portemonnaie nicht befüllt, wählen die Leute ALLES – auch Faschisten.
In diesem Sinne: Ich wünsche einen guten Start in ein hoffentlich weniger schlimmes 2025. (Spoiler: Wird es natürlich nicht. Aber hoffen darf man ja.)
Sprengt Euch beim Jahreswechsel keine Körperteile weg!
“Non puoi piacere a tutti. Non sei una lasagna.”
(“Du kannst nicht von allen gemocht werden. Du bist keine Lasagne.” – Personaltip einer Buffona.)
Wetter: Zwischen 0 und 5 Grad und Nieselregen, es wird den ganzen Monat kaum hell, geschweige denn, dass die Sonne schiene. Regnerische Weihnachten. Letzte Monatswoche frostig-nasse -3 Grad.
Lesen:
Chris Broad: Abroad in Japan
2013 kommt der junge Brite Chris Broad nach Japan. Er soll japanische Lehrkräfte beim Englischunterricht unterstützen. Doof: Er spricht kein japanisch und die japanischen Englischlehrer kaum Englisch.
Chris Broad ist einer der erfolgreichsten Japan-Youtuber und hat mittlerweile eine eigene Bar in Shibuya. Die trägt den Namen “Lost” – und das Buch macht deutlich, wie “Lost” sich Broad in den ersten Jahren in Japan gefühlt hat, und wie er es dann plötzlich schaffte, Dauergast im nationalen Fernsehen zu werden. Faszinierend zu lesen, wie er sich durchgeschlagen hat und Stück für Stück erst die Sprache gelernt und dann das Land zu seinem zuhause gemacht hat.
Sehr lebendig und lustig geschrieben, und nebenbei erfährt man, warum die meisten Japaner kein oder nur schlechtes Englisch sprechen. Allzu tiefe Einblicke in die Gesellschaft oder die Geschichte Japans sollte man aber nicht erwarten. Das Buch ist nach hinten raus reine Nabelschau, ein Behind-the-Scenes des Youtube-Channels.
Hören:
Sehen:
The Penguin [Prime, Kaufoption]
Nach dem Tod von Gangsterboss Carmine Falcone (zu besichtigen im 2022er Kinofilm “The Batman”) herrscht in Gothams Unterwelt ein Machtvakuum. Der kleine Gangster Oswald “The Penguin” Cobb beobachtet genau, wie sich neue Konstellation und Allianzen bilden und alte Feindschaften gären. Als er jedoch im Affekt einen der neuen Bosse umbringt dämmert ihm: Er könnte auch einfach selbst der neue Unterweltkönig von Gotham werden!
Sehr geschickt geschrieben: Egal wie clever sich der Pinguin auch anstellt, seine Feinde und Freunde durchschauen ihn – und TROTZDEM schafft er es, sich aus Situationen herauszulavieren. Die Geschichte ist sehr wendungsreich und spannend. Wie gut das Ding geschrieben ist, merkt man an der Verteilung seiner eigenen Sympathien. Als Zuschauer sympathisiert man anfangs mit dem Underdog Cobblepot, wenige Folgen später schlägt das um und man ist auf der Seite seiner Gegenspielerin. Erfrischend: Diese Serie hält einen nicht für doof. Sie erklärt nicht alles drei Mal, bis es auch die Leute verstanden haben, die nebenbei die ganze Zeit am Handy rumspielen.
Colin Farrell besitzt ja nur die beiden Gesichtsausdrücke “schlimme Verstopfung” und “grimmig”. Unter der enormen und sehr guten Maske des Pinguins erkennt man ihn nicht, und das macht sein Spiel erstaunlicherweise viel besser! Sein Overacting wird durch pfundweise Latex auf ein subtiles Spiel herabgedämpft. Witzig, dass man ihn erst unter einer Ganzkörperprothese verstecken muss, um eine gute Leistung aus ihm herauszubekommen. Oder anders: Interessant, dass man den Schönling Farrell erst in einen hässlichen Gnom verwandeln muss, um ihm ordentliches Schauspiel zu entlocken.
Spielen:
Indiana Jones und der große Kreis [XBOX Series X]
Zwischen “Raiders” und “Last Crusade”: Ein sehr großer Mann bricht ins Marshall College ein und stiehlt die Mumie einer ägyptischen Katze. Die hatte Dr. Henry Jones, Jr. erst vor kurzem in Ägypten ausgebuddelt. Da er seine Katze zurück will, nimmt er die Ermittlungen auf. Eine erste Spur führt in den Vatikan, der 1937 von Mussolinis Schwarzhemden besetzt ist.
Yay, ein Indiana Jones Spiel!
Urgh, ein Indiana-Jones-Spiel aus der Ego-Perspektive?
Yay, es ist von Machine Games!
Urgh, es ist nur für die XBOX?
Wechselbad der Gefühle bei der ersten Ankündigung. Aber: Machine Games haben mit “Wolfenstein” schon bewiesen, dass sie Ego-Perspektive können UND gute Geschichten erzählen wollen. Deshalb hatte ich mir auch nach der Ankündigung, “Great Circle” sei ein XBOX-Exclusive, eine gebrauchte XBOX Series zugelegt. Ja, nur für dieses Spiel. (Später stellte sich dann raus, dass das Game auch für die PS5 kommen wird. Seufz.).
Bereut habe ich den Kauf der Series X nicht. Das neue Indy-Game läuft darauf auch mit dem automatisch geladenen High-Texture-Zusatzpaket perfekt und ruckelfrei, selbst in den großen und detailreichen Arealen.
Das Gameplay besteht aus Erkundung, Rätseln und gelegentlichem Faustkampf. Wie in den Filmen ist Dr. Jones allerdings kein guter Kämpfer – und der Griff zu einer Schusswaffe bedeutet meist Insta-Death. Erstaunlicherweise macht mir das eher langsame Vorgehen hier einen Heidenspaß, zumal fast Erkundungsmission durch eine sehr coole Actionsequenz (häufig in Cutscenes) belohnt wird. Langweilig wird es ohnehin nie, zwischen zwei der großen Hubwelten finden sich kleine Level, die linear ablaufen und die ein Actionfeuerwerk abhalten, das einen wirklich staunen lässt.
Auch wenn die Story um die verschwundene Katze erstmal simpel klingt: Der Plot, der sich nach und nach auftut, steht dem von “Raiders” in nichts nach. Wirklich, “Great Circle” ist sehr gut geschrieben und die Handlung deutlich besser als die der letzten beiden Kinofilme. Mehr noch: Das Spiel ist auch besser inszeniert als die Filme mit Harrison “Kein Bock” Ford. Alle Szenen sind Motion Captured, Kameraführung und Beleuchtung hat man sich von Spielberg und “Raiders” abgeguckt, und das Gespür für situativen Humor stammt eindeutig aus “Crusade”.
Sehr toll: Die Spielfigur sieht in Cutscenes wirklich exakt so aus wie der junge Harrison Ford und spielt so, wie er es in “Raiders” getan hat, inklusive des schiefen Grinsens und der manchmal irrlichternden Augen. Gesprochen und gespielt wird der Charakter von Troy Baker (“The Last of us”), der Harrison Fords gelangweilten Tonfall zwar etwas nasal, aber doch ziemlich gut imitiert.
In Summe: Auch, wenn ich noch nicht ganz durch bin, ist “Indiana Jones and the Great Circle” das beste Indy-Spiel seit “Fate of Atlantis” (und das ist 32 Jahre her!) – und mein Spiel des Jahres. Das Ding macht wirklich Freude.
Batman: Arkham Origins [2013, XBOX 360 Game auf XBOX Series X]
Weihnachtsabend in Gotham: Gangsterboss Roman Sionis befreit Kriminelle aus dem Gefängnis Black Gate und setzt ein Kopfgeld in Millionenhöhe aus. Das Ziel: Ein Gerücht. Denn ob es den schrecklichen Fledermausmann, der angeblich seit einem Jahr Verbrechern das Leben schwer macht, wirklich gibt, weiß man noch nicht sicher.
Im Laufe der Nacht stellt sich raus: Ja, den Batman gibt es wirklich. Der muss sich nicht nur den Profikillern erwehren – etwas anderes und viel Schlimmeres passiert in den Schatten.
Nachdem ich mich im vergangenen Monat in “Arkham Shadow” selbst durch Black Gate geprügelt habe, hatte ich Lust auf mehr Arkham-Universe. “Origins” kam 2013 als Prequel zu “Arkham Asylum” und “Arkham City” heraus, war aber damals von einem anderen Entwicklerstudio gemacht worden.
Ich mochte das nicht und urteilte damals: “Warner Bros. Montreal Studio kloppen irgendeinen Scheiß aus den vorhandenen Figuren und Assets zusammen. Da passen dann auch schlecht designte Rätsel, unfassbar dämliche Speicherpunkte, nicht funktionierende Schnellreisefunktion und einbrechende Frameraten ins Bild: Anscheinend hat dieses Game nie jemand Probegespielt.”
Keine Ahnung, was mich damals so in Rage versetzt hat. Ja, natürlich sind die Assets recycelt und manche Rätsel nicht gut, das erklärt aber nicht diesen Rant. Vermutlich war die PS3-Version einfach schlimm buggy. Die XBOX 360-Fassung jedenfalls läuft, 10 Jahre nach Release, perfekt und ohne merkliche Bugs.
“Origins” recycelt tatsächlich die komplette Stadt vom Vorgängerspiel “Arkham City”, aber durch das winterliche Setting fühlt sich Gotham hier ganz anders an. Schnee weht durch die nächtlichen Straßen, überall hängen Lichterketten und Weihnachtsdeko steht an jeder Ecke.
Die Story ist zwar simpel, der Plot bietet aber etliche Twists und ist teils wirklich sehr, sehr clever geschrieben. Den Höhepunkt der Schreibkunst ist die spielbare Szene nachdem der Joker das erste Mal auf Batman getroffen ist und im Gefängnis laut über ihre Dualität sinniert. Dank des geschickt geschriebenen Monologs denkt die anwesende Psychologin Harleen Quinzel aber, er flirte mit ihr. Hier wird eine gigantische Text-Bild-Scherer aufgemacht, wobei der Text absolut Doppeldeutig ist. Ganz, ganz großes Writing.
Auch im Kontext der anderen Spiele ergibt “Origins” viel Sinn. Der Batman, den wir hier sehen, ist wütender, unbeherrschter und viel brutaler als in den späteren Jahren. Er verweigert jegliche Hilfe, misstraut Commissioner Gordon und legt sich sogar mit Alfred an. Dadurch wird hier ein Grundstein für eine Charakterentwicklung gelegt, die in “Arkham Knight” ihren Abschluss findet. Darin vertrauen dann die Figuren einander und sind eng verbunden, während in “Origins” Misstrauen und Spannungen den Umgang prägen.
“Origins” macht Spaß, ist clever und ein gutes Arkham-Spiel. Woher kommt dann der Ruf als dummes und hässliches Stiefkind der Reihe? Eigentlich ist der unverdient, begründet ist er in einem Mangel an Innovation im Vergleich zu den Vorgängern und einer verhunzten Open World. Nach wenigen Spielstunden ist nämlich die Map von oben bis unten zugeschissen mit Hunderten von Nebenaufgaben. Completionists macht das nervös, aber wer das ignorieren kann, bekommt eine spannende und wendungsreiche Kampagne mit deutlich mehr als 12 Stunden Umfang.
Like a Dragon: Infinite Wealth [2024 PS5]
Ichiban Kasuga sucht seine Mudder – auf Hawaii. Dummerweise sind auch alle Gangs, Verbrechersyndikate und Geheimdienste der Insel und Japans hinter ihr her.
Interessanter Fish-out-of-Water-Ansatz des Yakuza-Epos mit viel frischem Wind. ZU viel frischem Wind.
Von allem ist hier zu viel drin, selbst nach 20 Spielstunden kommt das Game immer noch mit neuen Mechaniken und Features um die Ecke, und mein Kopf explodierte bald vor Dingen, die man machen kann/wissen muss/die storyrelevant sind.
Die Open World ist riesig und umfasst Honolulu, den Tokyoter Stadtteil Kamurocho und die Stadt Yokohama sowie mehreren Inseln. Die Schauplätze sind vollgestopft mit allen möglichen Arten von Aktivitäten: Neben Golf und Baseball und diversen alten SEGA-Games, die sich an Automaten spielen lassen, findet sich sogar ein komplettes Pokemon-Game und ein Aufbauspiel a la “Animal Crossing”. Wer will, kann MONATE in der Spielewelt von “Infinite Wealth” verbringen und diese Spiele spielen, ohne dabei in der Story des Hauptspiels auch nur einen Schritt vorwärts zu kommen.
Hat man verdaut, was einem das Game alles an den Kopf schmeißt und einigermaßen rausgefunden, was wirklich storyreleveant ist und was nicht, gibt es immer noch genug zu tun: Die Spielcharaktere müssen Jobs lernen, Geld beschaffen, Ausrüstung kaufen und jede Figur selbst muss auch leveln. Das gleitet häufig wieder in Grind ab, dieses Mal allerdings nicht ganz so lieblos wie im Vorgänger. Im Gegensatz zu dem hat sich auch das rundenbasierte Kampfsystem verbessert, das nun wesentlich mehr Bewegungsfreiheit und Kombos erlaubt und wirklich viel Spaß macht, auch im zweitausendsten Kampf noch. Der Plot ist wieder spannend und toll inszeniert, auch wenn die Story ziemlich dünn ist.
Ändert aber nichts daran, dass sich das Spiel gerade zu Anfang sehr nach Arbeit anfühlt. Das war auch der Grund, weshalb ich es nach dem Kauf im Januar 2024 angespielt, aber nach 20 Stunden keine Lust mehr hatte und es erst Anfang November wieder angefangen habe.
Erst ab einer gewissen Schwelle, wenn man weiß was man alles NICHT machen muss, welchen Summs man ignorieren kann und wenn die Story endlich Fahrt aufnimmt, wird es besser – ab dem Moment schwankte ich permanent zwischen ehrfürchtigem “Ohgott ich möchte, dass dieses Game nie endet” und angepisstem “Oh nein NICHT NOCH ein Abend lang Fleißaufgaben und Levelgrind”! Die “Arbeit” macht man irgendwann sogar zwei Mal, weil man mit zwei Partys und insgesamt zehn Charakteren unterwegs ist. Um die Hauptstory zu erleben, muss man rund 80 Stunden einplanen. Mit allen Nebenaufgaben, Animal Crossing und Pokemon liegt man vermutlich eher bei 120 bis 150 Stunden.
“Yakuza 8” also seeeeehr lange sehr unterhaltsam, aber alles andere als das perfekte Game, als das die Fachpresse es anpreist. Vermutlich hat das Spiel nur so hohe Bewertungen bekommen, weil die Tester ob des unfassbaren Umfangs entnervt aufgegeben haben. “Komm, nimm die 90er-Wertung, aber lass uns in Ruhe!”
Was ich mir vom nächsten “Like a Dragon” aber wünsche: Keinen Kazuma Kiryu mehr. Der Hauptcharakter der alten “Yakuza” Spiele hat sechs Serienteile plus diverse Spin-Offs und Prequels getragen, ist in der “Like a Dragon”-Welt offiziell schon seit drei Spielen tot, hat schon zwei Mal die Fackel weitergereicht und erhält hier zum gefühlt x-ten Mal seinen Schwanengesang. Ja, die Figur ist eine Legende, und es war nett ihn nochmal zu sehen, was für einen Eindruck er auf andere Charaktere früherer Spiele hinterlassen hat, aber jetzt lasst ihn verdammt nochmal endlich in Ruhe sterben. Passiert vermutlich nicht, denn eine der zweifelhaftesten Aussagen des Spiels ist: Man muss es nur wollen, dann besiegt man auch Krebs.
Machen:
Neues Spielzeug:
Ein CTEK CS One Batterieladegerät. Das Ding ist zu gleichen Teilen cool und eine Unverschämtheit. Cool: Man kann es nicht verpolen. Es lädt vollautomatisch und ermittelt dafür alleine die richtigen Einstellungen. Es lädt alle Batterietypen (AGM, CCA, Lithium-Ionen). Es besitzt Rekonditionierungs- und Wiederbelebungsprogramme. Es kann als 12V-Stromquelle genutzt werden, z.B. um während eines Batteriewechsels die Fahrzeugssysteme am Laufen zu halten.
Unverschämt: Es besitzt keine Taste. Um Funktionen wie die Rekonditionierung oder Konstantstrom zu nutzen, muss man sich per App mit der Cloud des Herstellers verbinden, sich dort einen Account anlegen, sich einloggen und dann per Bluetooth auf das Gerät gehen. Ich HASSE Geräte, die nur mit Cloudanbindung funktionieren. Zumal man hier dauernd wieder ausgeloggt wird.
Auch unverschämt: Das Gerät ist arschteuer (um die 150 Euro, auch wenn es jetzt im Sale wesentlich günstiger war) und TROTZDEM muss man Dinge wie einen Gummischutz oder ein Anschlusskabel für Peripherie Extra kaufen. Und: Die neuen Stecker sind der letzte Mist (es gibt keine Entriegelung, einmal eingerastet muss man die Nasen mit Kraft auseinanderreißen).
Ich habe es jetzt trotz der Unverschämtheiten behalten. Die V-Strom hat schon eine Dose dafür bekommen und wird nun über den Winter ab und an darüber mit Strom versorgt.
Ding des Monats:
Gummistiefel. Wollte ich mir in Anbetracht steigender Anzahl von Katastrophen, Garteneinsätzen und der Kombination (katastrophale Garteneinsätze) eh mal zulegen. Nach dem erneuten Wasserrohrbruch, während dem ich wieder auf nassen Socken durch die Gegend geflitzt bin, jetzt also Dunlop Purofort + S5 in schwarz. Neoprengefüttert, ölbeständig, Durchtrittschutz, Stahlkappe. Die nächste Katastrophe kann kommen.
Trotzdem seltsames Gefühl. Mein letztes Paar Gummistiefel war knallgelb und hatte noch Entchen auf der Seite. Da war ich fünf.