Reisetagbuch Japan (21): Yokohamas Rotlichtviertel

Reisetagbuch Japan (21): Yokohamas Rotlichtviertel

Das Reisetagbuch. Heute ganz sportlich mit Baseball und Marathon sowie verschlemmert mit bunten Spießchen, Instant Nudeln und Apfelkuchen galore!

Sonntag, 27. Oktober 2024, Osaka
Die Nacht war unruhig, was auch daran lag, dass das chinesische Pärchen im Zimmer nebenan erst um 3:30 Uhr nach Hause gekommen ist und dann stundenlang Dinge ausdiskutieren musste. Durch die dünnen Wände und Ohrstöpsel hindurch durfte ich daran teilhaben. Ich verzichte darauf, als Gegenleistung lautstark zu packen und die an meiner Abreise teilhaben zu lassen. Ich will hier nur weg, das Hotel macht echt keinen Spaß. Frühstück gibt´s natürlich auch nicht, aber das finde ich nicht schlimm – komme ich hier halt schneller weg.

Noch leicht verpennt trete ich um kurz nach Sieben auf die Straße hinaus und laufe bis zur nächsten Metrostation. Die Luft ist frisch und sauber. Durch die Straßen rollen noch vereinzelte Taxis und laden Partyvolk vor Haustüren ab.

Die U-Bahn ist noch nicht so voll, und so komme ich gut mit meinem Gepäck bis zum Fernbahnhof Shin-Osaka.

Dort geht es in den mit dem Shinkansen nach Richtung Norden. Draußen rauscht die Landschaft unter einem blauen Himmel vorbei, und die Temperaturen klettern rasch auf über 20 Grad.

Der Zug ist noch fast leer, aber natürlich nehme ich meinen reservierten Platz ein. In einem Shinkansen ist meist nur ein Wagen für Leute ohne Reservierung. Wieder einmal frage ich mich, wie die das eigentlich kontrollieren wollen.

Das erlebe ich, als ich nach ungefähr einer Stunde von einem Kontrolleur erst gemustert und dann angesprochen werde. Er möchte mein Ticket sehen möchte. Ich zeige ihm den Japan Rail Pass, aber das reicht ihm nicht – er möchte auch die Reservierung sehen und beginnt nach einem Blick darauf zu gestikulieren. Tatsächlich – ich sitze auf dem verkehrten Platz, meiner ist zwei Reihen weiter vorn. Ach, peinlich – Reihe 27 Platz D ist die Reservierung von vorgestern gewesen! Der Kontrolleur bittet mich freundlich mich umzusetzen – das müsse aber nicht sofort sein, beim nächsten Halt des Zuges würde reichen.

Leicht beschämt ziehe ich sofort auf den richtigen Platz um.

Nach zweieinhalb Stunden hält der Shinkansen in Shin-Yokohama. Nach mehreren Umstiegen in eine Lokalbahn und eine Straßenbahn komme ich am Stadion von Yokohama an. Dort kann ich meinen Rucksack in einen Coinlocker einschließen.


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Enduro Experience im Mammutpark

Enduro Experience im Mammutpark

“Mammutpark” – das klingt nach der Flauschversion eines Dinoparks für die ganz Kleinen. Tatsächlich hoppeln auch Kinder durch den Park. Wörtlich, wie ich am Ostermontag merke, als ein kleines Kind in einem Häschenkostüm an mir vorbei hüpft, in der einen Hand ein Körbchen, an der anderen seine Oma.

Die Oma grüßt freundlich. Sie ist es wohl gewohnt, dass hier Gruppen von schlammverschmierten Fahrzeugen vor einem Instuktor rumstehen.

Der “Freizeitpark Mammut” heißt nämlich nicht so, weil hier Urviecher gestreichelt werden können, sondern weil er so groß ist.
130 Hektar, das ist schon mal eine Ansage.

Das Gelände ist eine ehemaliger Truppenübungsplatz bei Stadtoldenorf, der seit einigen Jahren einem Niederländer gehört.

Der neue Besitzer hat aus dem Gelände einen Offroadpark gemacht, inkl. Gastronomie und Campingplatz. So steht Ommas Wohnwagen neben Offroadfahrzeugen aller Art, von Quads über Klassiker aus DDR-Beständen wie Ladas und Roburs, Mercedes G-Klassen und Jeeps, Landrovern und Pickups wie dem F150 bis hin zu Gefährten die aussehen, als würden die Besitzer hier für den dritten Weltkrieg üben – ein Eindruck, der bei einem speziellen Fahrzeug mit Habsburg-Adler noch verstärkt wird.

Ich gucke dem Kind im Häschenkostüm und seiner Oma aus dem Sattel meiner geliehenen BMW F900 hinterher, dann konzentriere ich mich wieder auf das, was der Instruktor gerade erzählt. Ein Pächter des Geländes ist nämlich das Unternehmen “Enduro Experience”, das in einem ehemaligen Kasernengebäude in Stadtoldendorf sitzt und Ein- oder Mehrtageskurse Offroadkurse für Motorräder anbietet.

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Reisetagebuch Japan (20): Pacific Rim

Reisetagebuch Japan (20): Pacific Rim

Das Reisetagebuch in Japan. Heute mit einer faszinierenden Reise entlang des Pacific Rim, einem Besuch auf einem Transformers-Turm und einem Spaziergang durch interaktive Kunst.

Freitag, 25. Oktober 2024, Nagoya
Das Wetter ist angenehm, als ich gegen kurz vor acht über die Brücken und durch die Straßen von Nagoya zum Bahnhof trabe: Mit 20 Grad warm, aber nicht heiß, und kein Regen.

Den richtigen Bahnsteig und den richtigen Zug zu finden ist kein Problem, und wenig später rauscht wieder Landschaft an den Fenstern eines Shinkansen vorbei.

Lang ist die Zugfahrt heute nicht, es geht von Nagoya ohne Umstieg nach Shin-Osaka, dem riesigen Fernbahnhof von Osaka.

Dort steige ich in eine Straßenbahnlinie um und fahre damit bis in die Stadt, bis zu der Haltestelle, die am dichtesten an meinem heutigen Hotel liegt. Das ist der Bahnhof Hommachi (oder Honmanchi? Man scheint sich nicht so ganz einig zu sein, wie das Viertel heißt), der ziemlich zentral liegt – soweit man bei einer Stadt mit 2,7 Millionen Einwohner:innen und weiteren 15 Millionen drumherum überhaupt noch von “zentral” sprechen kann.

Honmanchi soll gar nicht groß sein, aber der Bahnhof ist wie ein Fungus: Das kleine Gebäude an der Oberfläche ist nur der kleine Fruchtkörper, der darüber hinweg täuscht, dass er sich in einem unterirdischen Geflecht fortsetzt, das fürchterlich weitläufig und verwinkelt ist. Lange Gänge, die an Treppen oder dem Zugang zu weiteren Gleisen enden, Rolltreppen, die nach unten führen und plötzlich in einer unterirdischen Ladenstraße herauskommen – alles sehr unübersichtlich, und schon nach wenigen Momenten habe ich die Orientierung verloren.

Ich irre durch die Gänge auf der Suche nach Schließfächern, finde aber keine. Als ich mich schon damit abgefunden habe zum Hauptbahnhof zurück zu fahren und meinen Rucksack dort einzuschließen, sprich: In dem Moment, als ich nicht mehr nach ihnen suche, laufen Sie mir dann plötzlich bei dem Weg. Freie Schließfächer! Nicht viele, aber alles frei. Zumindest die kleinen Fächer. Und das reicht zum Glück für den Cabin Max.

Ich versuche mir möglichst genau einzuprägen wo ich hier bin, damit ich das Schließfach später auch wiederfinde. Da hinten geht es zu den Gleisen der gelben Linie und da vorne ist eine Treppe und wenn man da runterläuft ist da ein Kiosk und…

So, und nun? Ich hatte mir ehrlich gesagt für Osaka im Vorfeld nicht viel überlegt. Was will ich also jetzt tun? Spazierengehen? Die Burg besuchen?

Ich entscheide mich dafür, mit der grünen Chuo-Straßenbahnlinie nach Westen zu fahren. Da geht es zum Meer, und auf einer der vorgelagerten, künstlichen Inseln ist das Aquarium von Osaka, das “Kaiyukan”. Ich stehe ja auf Aquarien.


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Reisetagebuch Japan (19): Besuch bei Totoro

Reisetagebuch Japan (19): Besuch bei Totoro

Das Reisetagebuch. Heute besuche ich Totoro, Marnie, das Schloss im Himmel, Kikis kleinen Lieferservice und viele andere mehr. Außerdem treffe ich auf eine Ente, einen Käfer und eine Isetta. Unter anderem.

Donnerstag, 24. Oktober, Nagoya
Auf Sakurajima habe ich löslichen Kaffee gekauft. Schnell was von dem in heißes Wasser gerührt, dazu eine Apfeltasche mit Custard aus dem Conbini – das geht als Frühstück durch, das reicht für den Start in den Tag.

In Conbinis gibt es echt so geile Fertigsachen – aber leider ist das meiste kalorienbehaftet wie die Hölle. Na egal, ich werde mir das Zuckergebäck heute sicherlich heute noch ablaufen.

Ich werfe mir das Daypack über die Schulter und marschiere um kurz vor acht los zur U-Bahn-Station um die Ecke. Die ist zwar blitzsauber, bekommt aber definitiv nicht viel Liebe oder Instandhaltung ab. Dafür gibt es alternativ aussehende Geschäfte und Cafés. Das wirkt, als ob hier echte Menschen leben – ein Eindruck, der sonst in japanischen Metropolen an vielen Stellen fehlt, weil häufig alles so makellos perfekt und gleichzeitig unpersönlich ist.

Die Bahn braucht rund eine halbe Stunde bis zur Haltestelle Fujigaoka. Vor dem dortigen Bahnhof ist der Zugang zu einem unterirdische Privatbahnhof. Hier betreibt ein Unternehmen die Linimo-Line.


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Reisetagebuch (18): Toyoda

Reisetagebuch (18): Toyoda

Mittwoch, 23. Oktober 2024, Hiroshima
Okay, auch am zweiten Tag ist das Frühstück in diesem Hotel seltsam. Frühstück/Mittagessen/Abendessen finden sich nebeneinander am Tresen. Aber warum nicht mal Fischsuppe plus Kürbisgratin zum Frühstück, danach zwei Croissants und ein wenig Obstsalat anschließend ein wenig Kürbispudding. Immer rein mit dem Kalorien, der Tag wird lang.

Bevor es zum Bahnhof geht muss ich allerdings wieder meinen Schirm loswerden. Diese Stockschirme sind einfach zu unpraktisch zum Reisen. Das ist jetzt der zweite, den ich in Japan gekauft habe. Den möchte ich nicht auch wieder wegwerfen, sondern zumindest einem guten Zweck zu kommen lassen. Vielleicht kann das Hotel ihn nehmen, um ihn mal an Bedürftige zu verleihen?

Ich spreche die Dame an der Rezeption an und rechne damit, dass sie sehr merkwürdig gucken wird, wenn ich ihr meinen Schirm schenken will. Aber sie versteht sofort was ich von ihr möchte, strahlt mich an und bedankt sich überschwänglich – okay, also ist es anscheinend normal, dass man Schirme im Hotel lässt. Hm. Das erklärt auch, weshalb im blauen Haus in Akihabara viel mehr Schirme hingen als überhaupt Gäste in das kleine Hotel passen. Das merke ich mir, vielleicht kann ich beim nächsten Mal, wenn ich einen Schirm benötige, einfach einen leihen.

Los geht’s zum Bahnhof.

Die Fahrt heute wird entspannt, ich muss nur einmal umsteigen. Der erste Zug fährt um 9:30 Uhr und braucht ungefähr zwei Stunden bis Osaka. Dort habe ich 20 Minuten zum Umsteigen und bin eine Stunde später in Nagoya.

Die Autostadt war beim letzten Mal eine riesige Enttäuschung: Ich war in einem Montag hier, und Montags ist in Japan Ruhetag und alle Museen und viele Restaurants haben geschlossen.

Heute ist Mittwoch, und endlich werde ich mir angucken können, was 2019 nicht geklappt hat. Farbdisplays zeigen, wo es im Bahnhof freie Schließfächer gibt, und in einem davon schließe den Cabin Max ein. Nach kurzem Überlegen nutze ich dafür die digitale ICOCA-Karte in meinem Handy. Bislang habe ich die noch nie verwendet, aber tut ja nicht Not, dass der Geldbetrag darauf nicht genutzt wird.

Als ich vor den Bahnhof trete, versucht mich Nagoya gleich wieder mit seiner schieren Größe zu erschlagen.

Zu Fuß und im Regen marschiere ich die Hauptstraße in Richtung Norden. Nicht gänzlich unbeschirmt – ich habe in Hiroshima in einem Conbini doch noch einen Taschenschirm gefunden, der viel praktischer ist als die großen, transparenten Stockschirme.

Lustige Geschäfte haben die hier – ein Dildosaurus? Sexshops in Japan sind echt bizarr.


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Momentaufnahme: März 2025

Momentaufnahme: März 2025

Herr Silencer im März 2025

“Ich hatte gehofft, wir hätten dafür noch zehn Jahre Zeit.”

Wetter: Sonnig und seit Ende Januar furztrocken, den ersten Heckenbrand musste die Feuerwehr schon wieder löschen. Erste Monatshälfte wolkenlos sonnig, dadurch tagsüber 15 Grad, nachts aber noch Minusgrade bis -5 Grad. Ab Monatsmitte ist es kalt und grau, fühlt sich an wie November. Bis es am 25. März regnet, und ab dem Moment explodiert das Grün. Kalt bleibt es freilich, aber Grün macht Hoffnung.


Lesen:

Sylvain Runberg: Captain Future: Der ewige Herrscher [Hardcover, Carlsen-Verlag, 2025]
Gerade, als das Forscherpaar Newton seine neuesten Schöpfungen – einen Roboter und einen Androiden mit einer neuen Art von KI – vorstellt, wird ihre Raumstation von Fanatikern angegriffen. Beide sterben, zurück bleibt ihr einjähriger Sohn Curt.

Der wird von dem Roboter, dem Androiden und einem Wissenschaftler, dessen Körper auf sein Hirn reduziert wurde, großgezogen und später bekannt für seinen Mut, seinen moralischen Kompass und seinen unerschütterlichen Glauben an das Gute und die Wissenschaft. Als Symbol der Hoffnung gibt die galaktische Presse Curt Newton einen Spitznamen: Captain Future.

Was habe ich diese Serie als Kind geliebt – und tue das heute noch, die steht sogar als BluRay hier im Regal. Damit bin ich nicht allein, “Captain Future” hat meine ganze Generation geprägt, was die Resonanz auf den obigen Concept Trailer und jetzt dieses Buch beweist.

Der Roman ist eine Graphic Novel, die eine Story der Zeichentrickserie behutsam erweitert und neu interpretiert. Leider ist das ausgerechnet die Geschichte “Der Herrscher von Megara”.

Die hängt mir persönlich zum Hals raus, weil ich sie Tausendmal gehört habe. Ja richtig gelesen: Gehört. Mein Cousin hat Anfang der 80er die Schallplatte mit dem Hörspiel zu Weihnachten geschenkt bekommen, und meine Mutter hat eine Kopie davon auf Cassette gemacht, die Hülle hübsch mit einem “Captain Future”-Bild aus der Hörzu beklebt und ich habe die glücklichst ungefähr 8.673 Mal gehört.

Mal weg von meinen persönlichen Präferenzen: Die behutsamen Erweiterungen und die kleinen Modernisierungen (Ezella Garnie als Bad Ass mit Sonnenbrille, eine moderne Version von Joan Landor) bei Beibehaltung des Designs der Future-Crew und der Comet, das wirkt in Summe sehr frisch und neu, ohne das es wirklich radikal neu oder anders wäre. Ich hab´s mit Vergnügen gelesen.


Hören:


Sehen:


Der Junge und der Reiher [2023, BluRay]
Japan, zweiter Weltkrieg: Der elfjährige Mahito trauert um seine verstorbene Mutter. Der nächst Schock für ihn: Er muss mit seinem Vater, der eine Rüstungsfabrik übernimmt, von Tokio auf´s Land ziehen. Missmutig erkundet der junge seine neue Umgebung. Neben einem geheimnisvollen Turm stösst er auf einen gewalttätigen Reiher, der ihm ans Leder will. Unfreiwillig treten beide eine Reise in ein anderes Reich an, wo der Tod sein Ende findet.

Ein wahnsinnig schöner und poetischer Film. “Der Junge und der Reiher” ist ein letztes Meisterwerkt des mittlerweile 84jährigen Studio Ghibli-Chefs Hayao Miyazaki und strotzt vor fantastischen Ideen und wunderbaren Momente. Von jetzt auf gleich wechselt der Film von Trauer und Stille zu einem Fiebertraum und wieder zurück. Die handgezeichneten Bilder verströmen in jeder Szene Seele und machen wieder einmal klar, das Studio Ghibli mehr ist als nur ein Look, den auch KI ersetzen könnte.

Escape Plan [2013, Bluray]
Gefängnistester und Ausbruchexperte Sylvester Stallone friemelt sich aus einem Gefängnis raus. Irgendwann friemelt Arnold Schwarzenegger mit.

Interessante Prämisse, mittelmäßig umgesetzt. Der Film verliert im zweiten Akt schlagartig jegliche Spannung und döst vor sich hin, nur um dann das Ende unverdient und in Krachbumm-Manier aufzulösen. Ziemlich doof, die Serie “Prison Break” hat schon acht Jahre vorher gezeigt, was man aus der Materie wirklich machen kann.

Tango & Cash [1989, BluRay]
Sylvester Stallone, Kurt Russell und Teri Hatcher in einem Buddy-Cop-Movie.

Ach ja, die 80er Jahre. Buddy-Cop-Movies waren damals DAS große Ding – je unmöglicher die Paarungen, desto besser (sehr schön zerlegt in “Last Action Hero”). Hier also Stallone in seiner “Scharping-Brille und Armani-Anzug”-Phase und Kurt Russell als Cowboystiefeltragender Vokuhila in einer unoriginellen Handlung, die erstaunlich brutal und mit etlichen Schauwerten inszeniert ist. Dumm, aber knallt.

Dating Game Killer [2023, Prime]
Anna Kendrick spielt in den 70ern in der amerikanischen Version von “Herzblatt” mit. Wahre Geschichte: Einer der drei Männer hinter der Wand ist ein Serienmörder.

Die grandiose Anna Kendrick spielt nicht nur die Hauptrolle, der Film ist auch ihr Regiedebüt. Gut inszeniert, gut gespielt, leider fizzelt er nach hinten ein wenig aus. Nicht ganz schlecht, schon wegen des 70er Settings, aber muss ich nicht nochmal sehen.

Borderlands [2024, Prime]
Film im Universum der Videogames. Ich kenne den Loot-Shooter nicht, bin aber mit der Welt durch das Telltale-Adventure vertraut.

Die Optik hat man hier gut hinbekommen, die Figuren sind Okay, die Story leider Schwachsinn. Dafür explodiert dauernd etwas oder es gibt Pipikacka-Witze. Wenn die Zielgruppe Zwölfjährige sind, die die Hälfte der Zeit ohnehin auf´s Handy gucken, dann ist der Film ein Treffer.


Spielen:

Assassins Creed Shadows [2025, PS5]
Assassins Creed in Japan, mit der üblichen Rachehandlung und mit zwei Hauptfiguren: Einem schwarzen Samurai und einer weiblichen Attentäterin.

Ach was haben im Vorfeld die fragilen Fanboys einen Pflaumensturz gekriegt: Man muss entweder eine Frau oder einen Schwarzen spielen!

Mir ist das komplett egal, so lange nur die Geschichte gut ist. Die sei supi, wurde die Fachpresse nicht müde zu erklären, und machte das allein schon daran fest, dass der Prolog 15 Stunden dauert. Außerdem wäre AC Shadows ein Neustart der Serie, kein Mapclutter mehr, tolle Charaktere, lebendigere Welt, blabla.

Ich bin 9 Stunden in der Welt von AC Shadows gewesen und kann nur sagen: Nee.

Das hier ist weder eine super Geschichte, noch ist sie dicht erzählt. Schon wieder passiert direkt in der ersten Spielstunde irgendwelchen egalen Figuren etwas, das die Motivation für alles Weitere sein soll. Aber wieder wurde der gleiche Fehler gemacht wie eigentlich immer seit AC IV: Die Spieler hatten gar keine Zeit eine emotionale Verbindung zu den Charakteren aufzubauen, weshalb die Ereignisse ziemlich egal sind und auf ein 08/15-Schema hinauslaufen.

“Shadows” ist hier schon wieder narratives Malen-nach-Zahlen aus dem Handbuch “Stories schreiben für Anfänger (ohne Vorkenntnisse)”. Selbst wenn das später noch besser wird: Einer dichten Story steht IMMER der Open-World-Ansatz entgegen, und ich gehe jede Wette ein, dass auch hier die Geschichte durch zu viel belanglosen Kram verwässert wird. Schon in den ersten Spielstunden wird alles so bruchstückhaft und schlecht erzählt, dass ich mehrfach da saß und dachte: “Hä?” – und zwar nicht nur bei den doppelt auftauchenden Tutorials, anscheinend ein Überbleibsel aus den hektischen Umbauarbeiten der letzten Monate, nachdem Ubisoft Feuer für die Wahl seiner Protagonisten bekommen hat.

Für mich persönlich ärgerlich: Die Gegenwartsstory existiert nicht mehr. Alle, was in den letzten drei Teilen rund um Layla und Bassim aufgebaut wurde, wird nicht mehr erwähnt. Der Großteil der Spielerschaft feiert das – vermutlich, weil sie nicht wissen, um was sie dadurch beraubt werden. Für mich, als jemand der den Konflikt Templer vs. Assassinen in der Gegenwart für sehr spannend hielt, bricht damit die Begründung für die ganze DNA-Zeitreise-Konstruktion in sich zusammen. Das ist schlecht.

Auch schlecht: Die Technik. Sicher, die Landschaft ist wieder schön. Aber: Die Figuren bewegen sich immer noch so hölzern wie 2017 in “Origins”, die Kleidung wirkt wie aufgemalt, Gesichter sind marionettenhhaft bis gar nicht animiert und falsche Lightmaps sorgen schon mal dafür, dass es bei NPCs unterm Hut leuchtet oder Licht aus den Mündern kommt. Dazu noch die offensichtlichen Bugs wie Pferde, die einen Meter über dem Boden schweben oder in der Landschaft festhängende NPCs.

Am Schlimmsten nach wie vor: Die sauschlechte Physik. Jede Pflanze führt sich auf wie der singende Busch aus “Drei Amigos”, Kleider und Perlenketten bestehen aus Styropor und flattern waagerecht im Wind, die Haare und Bärte der Figuren sind fitzelig dünn und führen ein Eigenleben. Wirklich, selbst wenn man in Cutscenes die Pausetaste drückt, frieren zwar die Personen ein, ihre Haare und die Pflanzen tanzen und schwingen aber weiter in allen möglichen Richtungen hin und her, auch bei Windstille und in geschlossenen Räumen.

Kurz: Ich sehe auf eine Szene aus der Ubisoft-eigenen Anvil-Engine und habe direkt keinen Bock mehr.

Wo “Ghost of Tsushima” Poetry in Motion war, oder Every Frame a Picture, ist AC Shadows manchmal schwer zu ertragen.

Spieldesigntechnisch ist das Ding auch keine Glanzleistung. Die Entwicklung von “Shadows” wurde direkt nach “Odyssey” begonnen, was leider bedeutet: Der ganze Quatsch aus dieser Iteration ist wieder da, die Verbesserungen aus “Valhalla” verschwunden. Überbordende Inventare sind genauso zurück wie hunderte von Waffen, die sich nur um 0,001 Prozent unterscheiden, und sogar die Todsünden wurden wiederholt: Die Gegner leveln wieder mit und vermitteln einem das Gefühl, nie besser zu werden. Ebenfalls zurück sind die Attentate mit der verborgenen Klinge, die keinen Insta-Kill auslösen.

Neu ist, dass man keine Questmarker mehr bekommt, sondern nur ungefähre Ortsbeschreibungen. Früher waren die optional, nun sind sie Standard. Statt “Gehe zur Markierung auf der Karte und sprich mit dem Schmied” heißt es nun
“Sprich mit dem Schmied.
Er befindet sich westlich von Sakai.
Seine Schmiede ist im Norden.
An Dienstagen kauft er gerne Äpfel.”
.

Ja, und nun? Wenn man Sakai noch nicht zufällig entdeckt hat, findet man es auf der abgedeckten Karte nicht.
Wenn man Sakai dann gefunden hat, rennt man mitunter echt lange durch den Ort, bis man den Schmied vielleicht zufällig beim Einkaufen trifft. Mapclutter mit Questmarkern ist also wirklich weg, dafür ist die Karte nun voller Fragezeichen und poetisch anmutenden Wegbeschreibungen. So ein Quatsch ist Verschwendung von Lebenszeit der Spielenden, genau wie Ressourcenfarming, Levelgrind, überbordende Killtafeln, Fraktionen, die bei jedem Jahreszeitenwechsel resettet werden oder ein Meditationssystem, das die Spielfigur beruhigen soll, mich persönlich aber aggressiv macht.

Alles, alles wirkt hier leider alt und bäh, von der “Neuerfindung der Serie”, von der die Fachpresse bei jedem neuen AC fabuliert, ist auch hier wieder nichts zu merken. Ich werde es spielen, klar. Irgendwann. Aber nicht jetzt, gibt Wichtigeres.


Machen:
Sorgen.


Neues Spielzeug:

Eine elektrische Gartenschere von Bosch Professional. Wird offiziell nicht von Bosch für den deutschen Markt angeboten, findet man daher hier in keinem Baumarkt und Online nur zu gesalzenen Preisen. Zum Glück kenne ich eine gewisse italienische Farmerin, die dauernd in Baumärkten rumhängt und gerne Päckchen schickt.

12-Volt-System, sehr handlich, mit 900 Gramm (mit Akku) extrem leicht, krass stark und die Schneidbewegung ist sehr viel schneller als bei den meisten anderen Geräten. Damit schneidet man Bäume, Büsche und was noch alles ratzfatz zurück. Krasses und nützliches Teil.


Ding des Monats:

Ein Nolan N100-6 im Design “Mivedi”. Wenn schon leuchtend (siehe Jacke mit Neonfeldern im Vormonat), dann richtig! Nolan macht aber natürlich nicht einfach ein leuchtendes Signalgelb. Nein, das wäre ja zu einfach und würde Kundenwünschen entsprechen, eh, Nolan? das “Mivedi”-Design ist eine komplexe Mehrschichten-Effektlackierung im Farbton “Verde Impulso e Nero”, (“Impulsgrün”/schwarz), der ein leuchtendes, aber grünlich schimmerndes Finish hat. Grün passt natürlich genau wieder nicht zur Neon-Jacke. Aber Wurscht, nach dem langweiligen “Classico Nobili Perla” (Vulgo: Weiß) des letzten Jahres sieht der Mivedi wenigstens interessant aus.

Das Design verwendet Nolan auch für den günstigen N80-8, den guten N90-3 und den Luxus-Carboner X-1005 sowie den brandneuen N120-1. Letzterer ist der erste Flip-Over-Helm von Nolan. Fand ich spannend, habe ihn ausprobiert – und gemerkt, das der nichts für mich ist. Zuschnitt und Sichtfeld sind mindestens gewöhnungbedürftig, das Visier hat keinerlei Rastung und das Kinnteil kennt auch nur zwei Positionen. Da ich aus Sicherheitsgründen nie “Jethelm” fahre, kam der 120-1 dann doch nicht in Frage, und es ist wieder ein N100-6 geworden, der klassische Klapphelm.

Das 2025er Modelljahr ist die zweite Revision des, erst im vergangenen Jahr erschienenen, N100-6. Alle Punkte, die mir an der ersten nicht gefallen haben (unzureichende Visierfixierung, schwache Federn an der Sonnenblende, Harfengeräusche aus dem Lufteinlass, labberige Kunststoffteile am Helmkragen und N-Com) wurden adressiert und abgeändert. Damit ist der 100-6 ein rundum guter Klapphelm, der dem Schuberth C5 nicht nachsteht – aber 500 Euro günstiger ist (ich habe für den brandneuen Nolan 355 Euro Straßenpreis bezahlt).

Interessantes Aussehen, Detailverbesserungen – das genügt in Summe um den Mivedi zu behalten. Er ersetzt den Nolan 100-5, der auch schon wieder sieben Jahre auf der Uhr hat, als Brot-und-Butter-Helm.


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Reisetagebuch (17): Das Entspannungsschwein

Reisetagebuch (17): Das Entspannungsschwein

Reisetagebuch Japan. Heute mit Schirmchen, versuchtem Versicherungsbetrug und dem Entspannungsschwein.

Dienstag, 22. Oktober 2024, Hiroshima
Schon um 5:45 Uhr klingelt der Wecker, und eine knappe halbe Stunde später bin ich im Frühstücksraum. Tatsächlich als erster. Das Frühstücksbuffet hat seinen Namen wirklich verdient, große Wannen biegen sich unter fettig gebratenen Würsten, Ei und sonst was. Sieht so aus, als würde hier Frühstück, Mittag- und Abendessen gleichzeitig angeboten.

Ich wähle nur ein wenig Obstsalat und ein Croissant mit Konfitüre, dazu einen Kaffee. Kaum habe ich an einem der vielen Einzeltische Platz genommen, wird es voller: Männer und Frauen in halbem Businessoutfits – Anzughosen und -röcke, dazu Hemden und Blusen, aber keine Jacketts – schlurfen in den Raum. Die Männer sehen verknittert und verschlafen aus, die Frauen zwar müde, aber schon perfekt geschminkt und frisiert.

Ich brauche nur knapp 10 Minuten, dann bin ich schon auf dem Weg. Der führt als erstes in den Conbini nebenan, wo ich einen Schirm erstehe. den dieser Reise. Es regnet, und zwar ganz ordentlich, und das Wetter soll auch den ganzen Tag so bleiben.

Durch noch fast leere Straßen laufe ich in Richtung Bahnhof.

Hä? Wieso ist der Fluss ist weg? Ach klar, Hiroshima liegt am Meer, da gibt es halt Gezeiten!

Ich gehe schnell, weil ich es ein wenig eilig habe, aber in diesem Morgen ist echt der Wurm drin. Zum einen versuche ich eine Route über eine kleine Fußgängerbrücke zu gehen, die aber prompt gesperrt ist, was mich 10 Minuten Umweg kostet. Dann verlaufe ich mich auf dem unterirdischen Platz unter dem Bahnhof und komme an einem Gate heraus, in das ich den Rail Pass nicht einführen kann. Super gelaufen!

Zum Glück bin ich früh genug losgegangen, und finde noch den richtigen Weg zu den lokalen JR Linien. Eine führt nach Südwesten, und nach neun Stationen komme ich am Bahnhof Miyajimaguchi an.

Der Bahnhof ist winzig, interessanter und größer ist die Anlegestelle direkt vor dem Bahnhofsgebäude.


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Motorradoutfit 2025: Verde Impulso e Nero

Motorradoutfit 2025: Verde Impulso e Nero

Historie der Moppedklamotten. Gab es schon mal in diesem Artikel. Das hier ist jetzt chonologisch rückwärts sortiert und ergänzt um den neuesten Eintrag.

Manchmal muss man nicht nach Moppedklamotten suchen, manchmal springen die einem geradezu mit dem nackten Hintern ins Gesicht. Das ist mir gerade passiert, daher die Aktualisierung.

2025: Neon Rider
Ich habe mich immer mit einer Mischung aus Verachtung und Amüsiertheit über die Neonwesten-Fraktion unter den Motorradfahrern lustig gemacht. Bis mir dann eine IXS-Jacke im Sale über den Weg gelaufen ist. Die “Montevideo Air 2.0” sitzt absolut perfekt, deckt genau meine Bedarfe ab, überall Lederbesatz, Airbagweste passt drunter und es gibt so nice Details wie eine Tasche am Unterarm für Kreditkarten – superpraktisch an Mautschranken! Die Belüftung ist RIESIG:

Aber leider, leider: Auslaufmodell, gab es nur noch mit NEONAPPLIKATIONEN!! 🤮

Ich habe die aber doch gekauft, weil sie einfach ZU gut ist – und mich dann im Straßenverkehr selbst beobachtet und festgestellt: Doch, Zweiradfahrer – egal ob Fahrrad oder Motorrad – nehme ich deutlich besser wahr, wenn sie eine Signalfarbe tragen – und seien es nur die Handschuhe. Herrje, ich habe sogar im Vorbeifahren von der Autobahn aus auf einem Rastplatz eine Freundin an ihrem signalroten Helm erkannt.

Hm.

[Denkprozessgeräusche]

Signalfarben sind also gut.
Wenn schon Neon, warum nicht die neue Lust auf Sichtbarkeit umarmen und einen Helm passend zur Jacke kaufen?

Nolan kam nun gerade mit einem Helm in Signalfarbe raus. Den N100-6 mag ich eh, den habe ich in Version 1 ja schon vergangenes Jahr gefahren und den N104 dafür in Rente geschickt. Und die 2025er Revision hat ALLE von mir am N100-6er kritisierten Punkte adressiert.

Aber: “Neongelb” wäre zu einfach und alle damit zufrieden gewesen, also machen die Italiener natürlich was ganz anders: “Verde Impulso e Nero”, ein seltsames Grüngelb, das optisch zu nichts passt. Immerhin: Im hellen Sommerlicht sieht er recht gelb aus.

Auf den Bilder trage ich zu dem Helm die IXS und unter der Jacke die TechAir-5-Weste.

Wo ich schonmal dabei war, und zumal wo jetzt die Pandemiepfunde zum Guten Teil weg sind, habe ich auch gleich nach einer vernünftigen Hose von IXS gesucht – und leider nichts gefunden. Die zur Jacke passende Hose gibt es seit Jahren nicht mehr, und die neuen Modelle sind alle in, urgh, hellgrau.

Geworden ist es dann am Ende eine Modeka Panamericana II. Die richtige Größe zu finden hat ewig gedauert, denn Modekas Größentabelle stimmt einfach hinten und vorne nicht. Mit meinen 1,71 Metern müsste ich laut der eine Kurzgröße tragen, aber die endet quasi schon im Stehen über dem Knöchel. Die Normalgröße ist dagegen höchstens minimal zu lang und passt ansonsten gut auch mit Innenfutter, was in Hinblick auf eventuell anstehende Reisen in kühlere Gefilde von Vorteil ist. Gleichzeitig hat sie riesige Belüftungen und Beintaschen, die nicht auftragen – sehr cool. Auf den Bildern trage ich sie komplett ohne Thermofutter und ohne Membraneinsatz.

Die Verarbeitung und das Material sind top, dem traue ich im Falle eines Sturzes weitaus mehr zu als den eher günstigen FLM-Hosen. Das spiegelt sich auch im Preis wider. Aber nun, es geht immerhin um meine Knochen.

Ansonsten unterscheidet sich der Rest meines aktuellen Outfits nicht von den Vorjahren. Die komplette Liste:

  • Nolan N100-6 (Rev. II, “Mivedi”-Design)
  • IXS Montevideo Air 2.0
  • Modeka Panamericana 2
  • Alpine Stars Tech Air 5 Airbagweste
  • Lous VTC Spezial Winterhandschuhe
  • Louis Summer Touring IV Handschuhe
  • Rukka Merinounterwäsche
  • Pharao Socken von Polo
  • Daytona GTX Stiefel
  • Storm Chaser Regenkombi von Polo

Ältere Einträge in der Historie der Moppedklamotten:

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Reisetagebuch Japan (16): Eintausend Kraniche

Reisetagebuch Japan (16): Eintausend Kraniche

Viereinhalb Wochen Japan. Heute mit brüllenden Frauen, nuschelnden Kellnern und stummen Zeugen.

Sonntag, 20. Oktober 2024, Taragi, B&B Toyonoakari
“!!!!!” brüllt es draußen vor meinem Fenster. Ich schrecke aus dem Schlaf hoch und stehe senkrecht im Bett. Eine Frauenstimme brüllt draußen vor dem Haus, sehr streng und sehr schnell und SEHR laut.

Allerdings steht die Frau nicht vor meinem Fenster. Das ginge auch gar nicht, mein Schlafzimmer im B&B liegt im ersten Stock. Nein, die Stimme der Frau schallt über die gesamte Landschaft draußen. Lautsprecher, offensichtlich. Die müssen draußen auf den Reisfeldern und zwischen den vereinzelten Häusern stehen.

“!!!!!!!” geht es weiter.
Ich verstehe kein Wort.
Ist das eine Erdbebenwarnung? Aber dann würden zuerst Sirenen ertönen, habe ich gelesen.

Ich presse die Brille auf die Nase und schaue aufs Handy. Nein, auch die Erdbebenwarn-App schweigt. Was immer die strenge Frau will, es ist offensichtlich nicht ganz akut. Ich bleibe vorsichtshalber im Bett liegen. Nur zur Sicherheit. Und weil es erst 7:00 Uhr ist. An einem Sonntag.

Eine Stunde später sitze ich mit Katsushi und Takako beim Frühstück. Also, ich sitze und die beiden stehen in ihrer Restaurantgroßen Küche und bereiten Dinge zu, die sie dann auffahren. Gemüsebällchen. Gebratener Fisch. Dazu Reis und eingelegte Gürkchen und Kiwischeiben. Alles ist wahnsinnig lecker und wieder wunderschön angerichtet.

“Was war denn das für eine Durchsage?”, will ich wissen, während ich am grünen Tee schlürfe.
“Durchsage?”, fragt Katsushi.
“Ja, klang wie Lautsprecher. Draußen. Überall”, sage ich.
“Ach, das! Die Lautsprecher sind eigentlich vom Katastrophenschutz, vor allem für Erdbebenwarnungen”, sagt Katsushi.
Ich nicke, das hatte ich mir schon gedacht.
“Um die Funktion im Ernstfall sicher zu stellen, müssen die regelmäßig getestet werden. Und irgendwann hat die Bürgermeisterin angefangen, Veranstaltungshinweise über die Anlage vorlesen zu lassen.”
“Hä?”, mache ich.
Katsushi lächelt “Ja, so kann man sicher sein, das alles funktioniert und ist gleichzeitig informiert, was los ist. Heute wurde durchgesagt, dass im Nachbardorf ein Herbstfest stattfindet”.

Er nimmt einen Flyer von einem Sideboard und legt ihn mit hin. Auf der Außenseite ist ein Bild wie von einem Erntedankfest, im Inneren sieht man Bogenschützen in traditioneller Tracht. “Wenn Du möchtest kann Du da vorbeifahren, da kann man Bogenschießen und einem Umzug zugucken und….”

Ich hebe lachend die Hände. Ich musste gerade an diese alte Fernsehserie denken, M.A.S.H. Da wurden auch immer irgendwelche unsinnigen Lautsprecherdurchsagen gemacht. “Sorry, keine Zeit”, sage ich dann, “Ich muss zurück nach Nagasaki.”
“Wann?”, fragt Takako.
“Heute”, sage ich und Katsushi rollt mit den Augen und sagt “Das ist aber weit!”

Hm. Ist es eigentlich gar nicht. Eigentlich sind das nur 200 Kilometer, aber das Navi rechnet schon runde sechs Stunden, vermutlich werden es am Ende eher acht.

Also ich mich vor dem Haus verabschiede, bitten Takako und Katsushi um ein Foto. Sie wollen sich an ihre Gäste erinnern und fotografieren darum alle, die sie beherbergen und auch das Essen, das sie servieren. Gerne tue ich ihnen den Gefallen.

Kurz darauf brummt der Yaris über die Ebene und hinein in eine Bergkette. Das ist teilweise eine ganz schöne Kurverei, aber auch schön zu fahren und hat einige tolle Aussichten. Die Straße führt durch grüne Täler, entlang an sprudelnden Bächen und gelegentlich über träge Flüsse.


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Reisetagebuch Japan (15): Ich bin im Dschungel, holt mich hier raus!!

Reisetagebuch Japan (15): Ich bin im Dschungel, holt mich hier raus!!

Das Dschungelcamp. Heute mit dem Reisetagebuch, einem Monsun, Regenwald-im-wahrsten-Sinne-des-Wortes und was der Mission “Erreiche den südlichsten Punkt Japans” noch so im Weg stehen kann. Ach, und ich schreie einen Tankwart an.

19. Oktober 2024, Sakurajima
Frühstück gibt´s im Hotel nicht, zumindest nicht für nicht-Japaner, also muss es das komische Brötchen mit Melonengeschmack aus dem Conbini tun. Dazu ein löslicher Kaffee. Also, wenn ich den Wasserkocher zum Laufen bekomme nur: Warum geht dessen Stecker nicht in die Steckdose? Egal wie sehr ich daran rumruckele, der will nicht.

Da muss es einen Trick geben. Muss man hier noch irgendwo drücken, ziehen oder reiben? Ob das Schild daneben Auskunft gibt? Was sagt denn der Übersetzer dazu?

Ach guck an! Die Blende lässt sich verschieben, das ist eine Kindersicherung! Ja cool. Wenn man es weiß, dann funktioniert das auch mit dem Stecker.

Einen heißen Kaffee in der Hand schaue ich über die Bucht. Der Himmel ist bedeckt, und schwere Regenwolken ziehen vom Meer heran. So lauschig die vergangene Nacht auch war: Das hier ist Schietwetter.

Besserung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Die stärksten Niederschläge ziehen alle Richtung Südcap, und das ist dummerweise genau der Ort, wo ich heute hin will.

Noch während ich die Wetterkarte studiere, beginnt es draußen zu regnen. Erst ein wenig, dann immer heftiger. Ich seufze und greife mir den Rucksack. Nützt ja nichts, also los!

Als ich den Yaris gerade vom Parkplatz steuern will, irritiert mich irgend etwas. Ich kann im Nachhinein nicht mal mehr sagen was es war, was mich abgelenkt hat, auf jeden Fall schaue ich nach rechts und lenke nach links und ausgerechnet dort ist ein Bordstein, so hoch wie eine Treppenstufe. Das linke Vorderrad des Yaris schrappt daran entlang, und obwohl ich gleich wieder einschlage, ist der Schaden passiert: Die Abdeckung der Felge hat derbe Kratzer abbekommen. Doof. Sowas ist mir noch NIE passiert in 30 Jahren Führerschein. Das wird Nou-San nicht freuen, wenn ich ihr ihren fast noch fabrikneuen Yaris zerschrammt zurückbringe.


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