Herr Silencer im Mai 2023
„Das kam jetzt nicht unerwartet, aber überraschend.“
Wetter: Anfang des Monats nachts noch bis 1 Grad kalt, tagsüber 10 bis 14 Grad. In der zweiten Woche kurz Sonnenschein und zwanzig Grad, dann aber wieder einstellig und Regen. Ende des Monats dann Sommer mit über 20 Grad.
Lesen:
Stephen King: Fairytale [Kindle]
Charlie ist 17 und lebt in einer kleinen Stadt in den USA. Eines Tages findet einen älteren Herren, der gestürzt ist und nun hilflos vor seinem Haus liegt. Charly hilft dem Mann, der sich als griesgrämiger Einzelgänger entpuppt. Die beiden freunden sich langsam an, und nach einiger Zeit rückt der Alte mit einem Geheimnis raus: Er hat Zugang zu einer anderen Welt. Einer Welt, in der es keine Elektrizität gibt und technische Geräte nicht funktionieren, in der Prinzessinnen und Dämonen normal sind. Charly betritt diese Welt und muss sich bald die Frage stellen: Ist er aus Prinzenmaterial gemacht?
Drei Monate habe ich an dem 900-Seiten-Buch rumgelesen, und das hat einen Grund: Es ist im Kern langweilig. King ergeht sich in Beschreibungen und Wiederholungen von Beschreibungen und scheint nie so richtig zu wissen, wo er eigentlich hin will.
Der Eindruck wird noch verstärkt, weil das Buch in zwei Teile zerfällt: Charlys Vorgeschichte und die Pflege für den alten Nachbarn und dessen Hund nehmen fast die Hälfte des Buches ein, sind viel detaillierter als sie sein müssten, lesen sich dabei aber noch ganz gut. Aber ab dem Moment, in dem Charly ins Märchenland wechselt, wird es endlos zäh, die Geschichte kommt nicht mehr von der Stelle, während gleichzeitig wichtige Dinge gar nicht erklärt werden und am Schluss ein Deus-Ex-Machina-Ende aus der Kiste hüpft. Trotz einiger schöner Einfälle und mild gruseliger Szenen: Keine tolle Geschichte.
Hören:
Portishead: Portishead und Portishead: Third [1997, 2008 CD]
Das 1994er Debutalbum „Dummy“ von Portishead liebe ich seit erscheinen heiß und innig, vor allem wegen der Kombination von Trip-Hop mit düsteren Melodien und schwermütigem Jazzgesang – warum kannte ich dann die beiden anderen Alben von denen nicht? Also flugs mal die CDs für ein paar Cent gebraucht gekauft und festgestellt: Keines von den Stücken auf dem 1997er Album „Portishead“ oder dem 2008er „Third“ gefällt mir. Ist alles unharmonisches Geschrammel und elektrisches Gequietsche. Bäh-bäh-bäh.
Sehen:
The Father [2021, Prime Video]
Anthony Hopkins hat mehr als ein Problem: Seine Tochter ist scharf auf die Altbauwohnung, in der er seit 30 Jahren lebt. Seine Haushaltshilfe klaut ihm ständig seine Armbanduhr. Und dann sind da immer wieder fremde Männer, die behaupten, seit Jahren in seiner Wohnung leben.
Sehr gelungener und zweifach Oscar-prämierter Film. Die Handlung wird aus der Sicht von Anthony Hopkins Charakter erzählt, und es braucht nicht lange, bis man als Zuschauer begreift: Dieser Erzähler ist unzuverlässig. Orte ändern sich von Szene zu Szene um Nuancen, manchmal werden die gleichen Charaktere von verschiedenen Schauspielern verkörpert.
Das ergibt auf berührende wie verstörende Weise einen Eindruck davon, wie ein Demenzkranker seine Umwelt wahrnimmt. Die darstellerischen Leistungen von Hopkins und Olivia Colman als seine Tochter sind großartig – ihre Verzweiflung, als er sie phasenweise nicht mehr erkennt, ist nahezu körperlich fühlbar. Zudem sind die Situationen wirklich aus dem Leben gegriffen – ich kann das ja leider beurteilen. Szenen, wie die, in denen Hopkins unterstellt, das „DIE“ ihm Dinge klauen oder Situationen, in denen er Fremden gegenüber so charmant und geistig klar ist, dass man eine Demenz nicht mal im Ansatz vermuten würde, das habe ich alles mit meinem Vater erlebt.
Trotz der schwere des Stoffes gleitet der Film nie ins Pathetische oder Dramatische ab, und das ist bewundernswert konsequent im Blickwinkel des Protagonisten begründet.
Ant-Man and the Wasp: Quantummania [2022, Disney+]
Paul Rudd, Evangeline Lilly, Michael Douglas und Michelle Pfeiffer stolpern vor Greenscreens herum.
Ach man, ich kann diese Filme nicht mehr ertragen, die zu 95 Prozent aus dem Rechner fallen. Alles, alles ist hier Computergrafik, nichts ist echt. Sicher, die Kreaturen sind fantasievoll gestaltet und das Produktionsdesign ist toll, aber aus dem Rechner ist halt alles möglich – da gucke ich kaum noch vom Second Screen auf, und schon gar nicht, wenn viele der Effekte so erkennbar schlecht sind wie in „Quantummania“.
Die ersten beiden Ant-Man-Filme hatten, trotz der dummen Hauptfigur, noch einen wunderbaren Charme: Sie sind locker inszeniert, humorvoll, oft erstaunlich warmherzig und verblüffen mit Perspektivwechseln, etwa, wenn Michael Douglas ein komplettes Bürogebäude wie einen Rollkoffer hinter sich herzieht. Davon ist in „Quantummania“ nichts übrig, außer seelenlosem CGI-Blitzlichtgewitter gibt es hier gar nichts mehr.
Da die Story belanglos und die Figuren doof sind, kann man den Film getrost links liegen lassen. Einziger Lichtblick ist Michelle Pfeiffer, die hat erkennbar Spaß an ihrer Rolle, aber sie kann diesen Murks halt nicht allein tragen.
Spielen:
Jedi Survivor [2023, PS5]
Jahre vor „Eine neue Hoffnung“ und fünf Jahre nach den Ereignissen von „Jedi: Fallen Order“ operiert der junge Jedi-Ritter Cal Kestis aus dem Untergrund und organisiert Sabotage-Anschläge gegen den Aufstieg des Imperiums. Zu seiner Frustration bringt das genau gar nichts, immer mehr Welten gelangen in den eisernen Griff des Imperators, immer mehr Verstecke werden ausgehoben.
„Jedi Survivor“ hat den festen Vorsatz, episch groß sein zu wollen. Die Welten sind riesig, die Aufgaben vielfältig und die Actionsequenzen wuchtig.
Damit teilt „Jedi Survivor“ aber das Schicksal von „Assassins Creed“, „Horizon“ und anderen Triple-A-Produktionen: Es ist ZU groß, teilweise sogar absurd groß. Vieles in diesem Spiel ist völlig over-engineered und aufgeblasen. Eine eigentlich banale Aktion („gehe zu einem Tempel und warne den Mönch“) wird hier zu einem achtstündigen Jump-An-Run-Level mit Rätseleinlagen ausgebaut, in dem man nach dem 87. absurden Klettereinsatz und dem 128. Steinrätsel nur noch rufen möchte „Es reicht jetzt! Rückt endlich den Mönch raus!!“.
Dazu kommt die Spielmechanik, die an Dark-Souls angelehnt ist, was ich nicht leiden kann und was m.E. auch nicht zu Star Wars passt: Gespeichert werden darf nur an gewissen Punkten im Spiel. Füllt man dort seine Lebensenergie wieder auf, tauchen ALLE zuvor besiegten Gegner wieder auf.
Das ist extrem nervig, zumal auch der Schwierigkeitsgrad auf Souls-Niveau ist, und selbst banale Wegelagerer dem Jedi-Helden bis zum Ende mit wenigen Schlägen die Fresse polieren, wenn man nicht genauestens ihre Angriffsmuster studiert und gelernt hat, die auf die Hunderstelsekunde genau zu parieren. Ich mag das nicht, ich habe weder zeit noch Lust 100 Mal zu sterben, bis ich endlich den Gegner auswendig kenn und den in Minutenlangen Kämpfen besiegen kann. Zum anderen passt das auch überhaupt nicht zu der Power-Fantasie, ein Jedi mit Lichtschwert zu sein. In der Folge habe ich den Schwierigkeitsgrad von „Normal“ auf „Einfach“ und dann auf „Story“ gestellt, was dann allerdings gleich wieder ZU einfach war – aber immerhin hat das Lichtschwert dann mal Schaden gemacht, und ich musste mich nicht von jedem hergelaufenen Ewok verhauen lassen.
Abseits der Kämpfe gibt es teils sehr knifflige Sprung- und Kletterpassagen und teils gigantische Welten, in denen es viel zu erkunden gibt, die aber allesamt langweilig aussehen. Es scheint nur noch Fels- und Sandplaneten zu geben, schön ist hier fast nichts. Die Belohnungen für die Erkunderei sind meist banale, kosmetische Items.
Die Story hat ein echtes Pacingproblem. Viel zu lang schlägt sie sich mit Mönchswarnerei rum und kommt nicht aus der Hüfte, aber wenn es dann los geht, gibt es wirklich überraschende Wendungen. Die hätten allerdings mehr Gravitas, wenn die Figuren und die Geschichten um sie herum, besonders in den Nebenmissionen, nur einen Hauch interessant oder emotional wären. Mit Ausnahme der Dathomir-Hexe Merrin und dem grummeligen Piloten Greez erhält hier aber keine der vielen Personen, die man trifft oder rettet, eine bedeutungsvolle Hintergrundgeschichte. Das schwächt die Plot-Twists und das Spiel insgesamt.
Immerhin: Über die gesamte Laufzeit glänzt Jedi Survivor immer wieder mit schönen Einfällen, wie einen der ungewöhnlichsten Bossfights, die ich je gesehen habe: Man fliegt in einem Affenzahn um den riesigen Gegner herum und muss sich nur darum kümmern, sich nicht zu verfliegen.
Technisch ist das Spiel zum Release in keinem guten Zustand erschienen. Auf der PS5 in FullHD hatte ich im letzten Spieldrittel Probleme mit Rucklern, und generell kann man jede Textur beim Laden per Handschlag begrüßen, so verzögert und nacheinander kommen die an. Schlimmer noch: Recht häufig reagierten Plot-relevante Objekte und Charaktere nicht, Umgebungsrätsel ließen sich nicht lösen und Dialoge blendeten sich nicht wieder aus. Neustarts haben hier stets geholfen und Patches sind unterwegs, aber schön ist anders.
Hört sich jetzt alles nicht so gut an, Tatsache ist aber: Ich habe mit „Jedi Survivor“ in der Kampagne auf leichtem Schwierigkeitsgrad durchaus Spaß gehabt. Zwar habe ich damit das Souls-Like-Spielprinzip ausgehebelt und von den optionalen Aufgaben nur die Hälfte erledigt, aber Jedi mit einem wuchtigen Lichtschwert sein und es den imperialen Schergen so richtig zeigen, das ist wirklich gut umgesetzt.
Machen:
– Abschiednahme vorbereiten
Neues Spielzeug:
Ding des Monats:
Compression Cubes! Das sind Packing cubes mit einem zusätzlichen, umlaufenden Reissverschluss. Kleidung reinwerfen, Komressions-Zip zuziehen und zack, sind selbst ausufernde Fleecejacken ein flaches, hartes Päckchen, das fast wie vakuumiert wirkt.
Ich habe bislang keine Packing Cubes in den Motorradkoffern genutzt, sondern stattdessen dünne Müllbeutel für Kleidung benutzt. Aber die Compression Cubes bieten eine dermaßene Platzreduktion, das ich fast versucht bin die kleinen Koffer für die nächste Tour zu verwenden.
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