Digitale Bettelei

Digitale Bettelei

Bevor es auf einen eigenen Server umgezogen ist, lag dieses Blog 16 Jahre lang bei WordPress.com, der gehosteten Version der Firma Automattic. Nach dem Umzug auf einen eigenen Server ließ ich die Automattic Version noch am Leben, kündigte aber den Premium-Tarif und alle Speichererweiterungen. Und was macht Automattic nun? Das hier!

Ja echt! Die betteln ALLEN ERNSTES zufällige Besucher an, ob die nicht die Tarifverlängerung an meiner Stelle bezahlen wollen! WAS ERLAUBE WORDPRESS.COM?!

So nicht. Silencer137.wordpress.com sieht ab jetzt so aus:

Man. Wo kommen wir denn da hin.

Nachtrag:
Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Anscheinend sind in vielen alten Artikeln noch absolute Pfade auf das Bilderverzeichnis im alten Blog gesetzt. Die wären alle kaputt, stünde das alte Blog jetzt weiterhin auf privat. Seufz. Da brauche ich wohl mal professionelle Hilfe.

Momentaufnahme: September 2024

Momentaufnahme: September 2024

Herr Silencer im September 2024

“Mache ich, wenn die Zeit dafür gekommen ist!”

Wetter: Anfang des Monats sommerlich heiß mit 25 bis 30 Grad, dann stürzen die Temperaturen auf tagsüber 15 und nachts einstellig. Gebietsweise viel Regen – in Osteuropa so viel und so schlimme Überschwemmungen wie noch nie. Monatsende winterlich kühl bei 6 Grad.


Lesen:

Petra Reski: All´Italiana: Wie ich versuchte, Italienerin zu werden
Italienische Staatsbürgerin werden oder nicht? Diese persönliche Frage der venezianischen Journalistin Petra Reski bildet die Rahmung für einen Streifzug durch die Zeit. Der ist manchmal persönlich und erzählt von ihrer Ankunft, Sozialisierung und Arbeit in Italien, begleitet aber auch die die politischen Geschehnisse des Landes von den 1990ern bis heute: Die Mafiamorde an Borsellino und Falcone, erinnerungswürdige Interviews und immer wieder der Würgegriff von Berlusconi sind chronologisch aufbereitet und erlauben tiefe (und zum Glück wertende!) Einblicke in ein Italien, das so in der deutschen Wahrnehmung selten stattfindet.

Hier wird kein “Bella Italia” verklärt oder “Azurro”-vernebelten Wohlfühlanekdoten nachgehangen. Reski findet im Schlimmen immer noch das Schlimmere, resigniert erstaunlicherweise aber nie. Auch dann nicht, als deutsche Gerichte die Zensur ihres Buchs über Mafia in Deutschland anordnen.

Faszinierend, toll geschrieben, kurzweilig und: Zu kurz.


Hören:


Sehen:

Wolfs [2024, Apple TV+]
George Clooney beseitigt Probleme und Hinterlassenschaften anderer Leute. Schnell, diskret, keine Fragen. Niemand tut und kann, was er tut – denkt er. Bis eines Nachts Brad Pitt im Türrahmen steht und den gleichen Auftrag hat wie Clooney: Eine Leiche verschwinden lassen.

Überraschender wie stylisher Thriller, der sich und seine Protagonisten nicht ganz ernst nimmt. Regisseur und Drehbuchautor John Watts weiß ganz genau, was seine Stars können und was er von ihnen will, und Clooney und Pitt liefern. Immer wieder findet hier Kommunikation nur über Blicke oder bedeutungsschwangeres Schweigen statt. Die Verdichtung der Handlung auf eine Nacht in einem winterlichen, Max-Payne-artigen New York ist ein hervorragender Kniff. Spannender und ungemein cooler Film, und der erste, der mich allein durch eine Kameraeinstellung zum Lachen brachte.

John Sugar [2024, Apple TV+]
Colin Farrell ist ein knallharter Privatdetektiv in Los Angeles. Sein Auftrag: Eine entführte Millionenerbin finden.

Neo-Film Noir in modernem Setting, mit einem Colin Farrell, der mal wieder cool sein darf und nicht die ganze Zeit guckt, als hätte er Verstopfung? Count me in, ich LIEBE Film Noir. Von “John Sugar” allerdings fühle ich mich betrogen. Unique Selling Point beim Pitch war wohl ein Genremix, und dass….

SPOILER!
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…die Geschichte kurz vor Schluss darin abgleitet, dass John Sugar und seine Partner allesamt Außerirdische vom Planeten Pups sind und nur nach Hause wollen Das ist eine lustlose wie merkwürdige Auflösung.
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Spoilerende!

In der Summe: Bis Folge sechs verworren erzählte Geschichte, die kurz vor knapp mit einem Deus Ex Machina-Moment aufgelöst wird, der so herbeihalluziniert wirkt als hätte eine KI nicht nur der Vorspann gemacht, sondern auch das Drehbuch geschrieben. Bäh.

Stranger than Fiction [2006, BluRay]
Will Ferell ist kleiner Beamter beim Finanzamt. Er lebt allein, in einem geordneten, sich stets wiederholenden Leben. Das wird durcheinandergebracht, als er eines Tages eine Stimme hört, die jede seiner Handlungen beschreibt und sogar seine Gedanken ausspricht. In seiner Not wendet er sich an Literaturprofesssor Dustin Hoffmann, der zu dem Schluss kommt: Ferrell ist eine literarische Figur. Jetzt muss er nur noch den Autor finden, der seine Geschichte schreibt.

Netter kleiner Film, der nicht überraschend ist, aber zum Ende hin mit einem tollen Dilemma aufwartet. Ich mag Will Ferrell eigentlich nicht, aber hier spielt er ernst und überzeugend. Der Rest des Casts ist großartig: Magie Gyllenhaal ist fantastisch und Dustin Hoffman liebt seinen knarzigen Professor. Nur Emma Thompson overacted ins schwer erträgliche, aber nun.


Spielen:


Thank Goodness you´re here![2024, Switch]
Ein viel zu kleiner Handlungsreisender kommt in eine kleine Stadt und muss für die Bewohner zahlreiche Aufgaben erledigen.

Trailer:

Skurriles, kleines Game mit abwechslungsreichen Minispielchen. Teils sehr lustig, manchmal ärgerlich, weil man stundenlang die Wimmelbilder auf der Suche nach der nächsten Aufgabe absuchen muss.

Star Wars Outlaws [2024, PS5]
Vor “A New Hope”: Kay Vess ist eine junge Hackerin und Diebin. Sie träumt vom Coup und einem eigenen Schiff, um endlich ihren Heimatplaneten verlassen zu können. Tatsächlich bekommt sie die Gelegenheit zu einem großen Bruch, aber der geht schief und sie flüchtet in einem Privatraumschiff des Verbrecherkönigs, den sie ausrauben sollte. Jetzt hat sie zwar ein Schiff, aber dafür Kopfgeldjäger am Hacken und jede Menge anderer Probleme. Bleibt nur: Eine kriminelle Karriere als Outlaw einschlagen und Jobs in den heruntergekommensten Kaschemmen des Outer Rim annehmen.

Auf dem Papier ein interessantes Ding: Ein Star Wars Game mit einer Open World, aber ohne Jedi. Spieltechnisch hat UbiSoft hier ein Assassins Creed im Weltraum gebaut, mit starkem Stealth-Anteil.

Zum Release erschien das Game leider sehr buggy. Figuren glitschen durch Wände, Speicherpunkte sind absurd weit auseinander, Kletterpassagen manchmal Glücksspiel. Ein halbes Jahr Polish hätte dem Spiel gut getan, um zumindest diese Unschönheiten zu beseitigen.

Das hätte freilich nichts an den Gameplay- und Storyschwächen geändert. Der Start ist erzählerisch äußerst schwach und zieht sich ewig hin. Ich kann jeden verstehen, der nicht über den Prolog hinauskommt – das Spiel präsentiert sich zum Einstieg als so langweilig, dass man sich fragt, warum man seine Zeit damit verbringen soll. Zumal es oft nicht hübsch ist: Unbewegliche Holzgesichter und teils steife Animationen lassen einen unweigerlich fragen, warum Ubisoft selbst mit der neuen SnowDrop-Engine überhaupt keinen Wert auf sowas legt.

Wenn die Story losgeht wird es zwar besser, aber dann schlägt auch die Open World mit all ihren Schattenseite zu: Kay wird mit Aufträgen derart vollgeschissen, das es nicht mehr lustig ist. Es gibt drei Verbrechersyndikate, und wenn man für ein Syndikat arbeitet, werden die anderen Fraktionen sauer. Um alle bei Laune zu halten, muss man sich in Such- und Fetch-Quests den Arsch abzuarbeiten.

Dabei ist keine der Aufgaben in “Outlaws” einfach. Selbst für eine simple Aufrüstung des Blasters muss man halb Tatooine absuchen, bis man endlich einen (ständig den Standort wechselnden) Java findet, für den man dann wieder eine halbe Stunde irgendwelchen Blödsinn machen muss, bis man endlich das das benötigte Teil aus ihm rausschütteln kann.

Was das Gefühl des “Ich spiele hier nicht, das ist ARBEIT” angeht, sind die Hauptmissionen allein schon schlimm genug: Die Questketten sind zwar meist nett gemacht und gut geschrieben, aber VIEL zu lang.

Beispiel: Kay braucht einen Mechaniker. Um den zu bekommen, müssen wir:
– auf einen Planeten fliegen,
– eine Stadt erkunden,
– 10 Minuten im Dschungel nach dem richtigen Weg suchen,
– in eine imperiale Basis einbrechen,
– ein Rätsel lösen,
– den Mechaniker brefreien,
– wieder 10 Minuten durch den Wald fahren,
– eine Info suchen und finden,
– 10 Minuten durch den Wald fahren,
– einen Schrotthändler suchen und befreien,
– 10 Minuten über einen See fahren,
– des Schrotthändlers Schrott finden,
– 5 Minuten den Schrott des Schrotthändlers verfolgen, der von fliegenden Schrotthändlerschrottdieben geklaut wurde,
– in ein Syndikatscamp einbrechen,
– 10 Minuten über einen See fahren,
– in eine imperiale Basis einbrechen,
– ein Rätsel lösen,
– ein Feuergefecht überstehen
…und SCHON ist der Mechaniker bei uns. Easy, oder?

Das ist leider ein Muster. Nichts in “Outlaws” ist einfach, immer kommt noch mehr um die Ecke geschissen. Dadurch stellt sich auch kein “Ach, nur noch eine Mission”-Gefühl ein, weil an jedem vermeintlich kleinen Ding ein stundenlanger Rattenschwanz hängt. Keine Quest ist kurz und auf den Punkt, alles ist endlos kompliziert und dauert viel zu lange.

Ja, das fühlt sich so nach Arbeit an, wie es klingt. Oder man ignoriert den ganzen Bumms und die Fertigkeitenbäume und die Schiffs- und Speeder- und Ausrüstungsbäume und konzentriert sich nur auf die Hauptgeschichte. Das geht nämlich. Der Preis dafür: In der Endmission hat man es deutlich schwerer, und ohne eine Syndikatsbindung rutscht man in ein recht generisches oder sogar schlechtes Ende. Das sagt einem das Spiel aber nicht! Wüsste man, WARUM man endlos Zeit in die Aufrüstung von Schiff, Blaster und Syndikatquerelen stecken sollte, wäre das ja OK. So aber begreift man nicht, warum man abseits der Hauptstory überhaupt irgend etwas machen sollte.

Wenn wenigstens das Gameplay knackig wäre und Spaß machen würde! Das tut es aber nicht: Die Fahrzeuge, allen voran der Speeder, steuern sich schrecklich. Kletterpassagen sind unpräzise. Shooterpassagen funktionieren nur mäßig, weil das Deckungssystem schlecht ist und die Medipacks ewig brauchen um auszulösen (was man aufleveln kann, wenn man genug Javas schüttelt, aber auch das muss man sich erarbeiten). Der Controller ist so schlimm belegt, dass die Spielfigur statt zu laufen häufig mitten im Feuergefecht anfängt zu schleichen. Die Levelarchitektur ist so verwirrend, das ich des Öfteren auf Youtube gucken musste, wo der Ausgang aus einem Raum ist. Und die Schleichpassagen sind repetitiv, zu häufig und bei etlichen Missionen muss man ganz von vorn anfangen, wenn kurz vor Levelende ein Alarm ausgelöst wurde. Im Gamedesign aus der Hölle stecken sogar noch Eskortmissionen, was mich laut “Wollt ihr mich hier eigentlich verarschen??” rufen ließ.

Also alles schlimm? Erstaunlicherweise hatte ich doch ein wenig Spaß mit “Outlaws”. Die Umgebungen, Planeten, Städte und Raumschiffe sind toll designed und vermitteln echtes Star Wars-Flair. Endlich mal kein Jedi zu sein ist cool, Kay und die anderen Figuren (übrigens fast allesamt weiblich, egal welcher Spezies) sind interessant gestaltet, auch wenn sie wenig Charakter haben und keine Entwicklung durchmachen.

Nix, das fluffige Haustier, das aussieht wie eine Miniausgabe von Toothless aus “How to tame a Dragon”, ist nicht nur niedlich, das kleine Viech kann Wachen ablenken, Dinge stehlen und Kabel durchbeißen und so Explosionen auslösen. Das ist nett und macht Spaß. Und gegen Ende, auf die letzten zwei von 27 Stunden, wird sogar die Geschichte ganz gut.

In der Summe ist “Outlaws” ein extremer mixed Bag. Manche Systeme sind völlig overengineered, wie die Abendessen mit Haustier Nix, andere liegen in Trümmern, wie das Speederbike-Fahren. Überall blitzen feine Ideen durch, wie die, dass man Dinge von Personen lernt, die man trifft – eine nette, wenn auch mühselige Variante der Skilltrees. Wenn nur die Arbeit in der Open World nicht wäre! Ich behaupte mal: Ohne dieses ganze offene Gedöns und als lineares Spiel a la “Uncharted” hätte “Outlaws” besser funktioniert. So schimmert an vielen Stellen das Potential durch, was dieses Game hätte sein können und sollen – aber alles ist erstickt in Open-World-Beliebigkeit und roh wegen des fehlenden Polishings.

Alles kein gutes Zeichen für “Assassins Creed Shadows”. Aber das wurde auch gerade um vier Monate verschoben, lt. Ubisoft wegen der “Learnings aus dem Start von Outlaws”. Der hatte tatsächlich die Ubisoft-Aktie abstürzen lassen.


Machen:
Arbeiten, lang und schmutzig
ein letztes Mal DAS HAUS betreten


Neues Spielzeug:


Ding des Monats:


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Herbst! Saisonende 2024

Herbst! Saisonende 2024

Also höret und lobet das Herbstwiesel,
das Euch wissen lässt,
dass nun die Zeit für lange Abende bei Filmen, Serien, guten Büchern und Heißgetränken der eigenen Wahl angebrochen ist!

Auf das alles kuschelig sein möge und gemütliches Einmuckeln zelebriert werde!
Auf der Couch rumliegen und Videospiele spielen ist nun keine Sünde mehr,
denn die Zeit des Motorrads ist für dieses Jahr vorbei!
Preiset das Herbstwiesel, das die Blätter bunt anmalt und alles gemütlich werden lässt!

Die Motorradsaison 2024 ist mit dieser Proklamation offiziell beendet.
Wer jetzt nicht mehr fährt, muss kein schlechtes Gewissen haben. Der Segen des Herbstwiesels entbindet Euch vom Drang, nochmal auf´s Mopped zu müssen.

Die Ode an das Herbstwiesel beendet eine Saison, die wirklich wechselhaft war.
Die Renaissance und die Morrigan schlafen nun dem Frühling entgegen und träumen vom März, wenn es wieder losgeht.

Bei mir geht ein sehr interessantes Motorradjahr zu Ende. Im Februar bekam ich die Gelegenheit, eine neue V-Strom 800 zu kaufen – was ich spontan tat und damit gegen meine eigenen Regel (“Ich kaufe keine Neufahrzeuge”) verstieß.

Die Barocca, die treue 2011er V-Strom 650, wurde vom Händler im Kundenauftrag nach Polen verkauft. 1.600 Euro hat die 12 Jahre alte noch gebracht. Ausschlaggebend für den geringen Preis: Mit 108.000 Kilometer wollte kein Privatkäufer die mehr haben. Schade, die Barocca lief ja quasi nur Langstrecke und war perfekt gepflegt, in dem Zustand hätte sie auch die 200.000 erreicht.

Die neue V-Strom wurde erstmal auf- und ausgerüstet. Das kostete viel Geld, aber da ich genau dafür schon seit Jahren spare, war das kein Problem.

Ein erste Testfahrr von 4.500 Kilometern führte in den Tosco-Emilianischen Apennin und die Abruzzen. Unterwegs hatten wir alles: Kälte, Hitze, Starkregen. Machte sie alles klaglos mit. Bislang präsentiert sich die V-Strom 800 als feines Motorrad.

Viel Spaß hatte ich auch wieder mit der Renaissance, der ZZR 600. Der Sommer ließ lange auf sich warten, bis Mai war es kalt und bäh. Als er dann zaghaft hervorlugte, nutzte ich die Renaissance für Kurzstrecken. Ein Stadtflitzer mit 100 PS, das macht schon Spaß.

Die Kurzstrecken erklären aber nicht dem exorbitanten Spritverbrauch: Die Dame schluckt gerade 0,8 bis 1,3 Liter auf Hundert Kilometern mehr als vor der Inspektion, bei der das Ventilspiel eingestellt wurde. Da stimmt was nicht.

Leider hatte ich keine Zeit danach schauen zu lassen, denn als im Juli ein Truck den Aygo von der Straße rammte, war ich ohne Auto und die ZZR plötzlich das Brot- & Butterfahrzeug. Egal ob zur Arbeit bei jedem Wetter oder zum Einkaufen – jeder Weg wurde mit dem Motorrad gemacht, das fühlte sich wieder an wie in Studentenzeiten.

Anfang September gingen die Temperaturen schlagartig von Hochsommerlich auf kühler Herbst runter, und am 14.09. wurde die ZZR schlafen gelegt. Dann folgte noch einmal eine Woche Spätsommer, mit feinen 20-24 Grad und Sonnenschein, aber da ich in Kürze verreise, musste nun auch die V-Strom 800 in den Winterschlaf.

Diese Saison ist ohne Unfall oder Verletzungen ausgegangen. Die ZZR ist im Stand sanft abgelegt worden, weil sich der Seitenständer beim Absteigen eingeklappt hat, aber da haben weder Sie noch ich drunter gelitten. Von daher zählt das nicht. Kein Unfall, keine Schäden, keine Blessuren – ein Grund dankbar zu sein. Denn dazu gehört neben dem Glück, das man selbst macht (auch bekannt als Übung, Können und vorausschauender und vorsichtiger Fahrweise) eben immer auch eine gute Portion Zufall.

Nun ist es wieder Zeit für Statistik, einfach mal die Daten der Motorräder angucken und wirken lassen.

Die Detailaufstellungen folgen nach dem Klick. Wer sich Einzelheiten angucken möchte, findet die Daten beider Maschinen online:

Suzuki V-Strom 800 Morrigan bei Spritmonitor.de
Kawasaki ZZR 600 Renaissance bei Spritmonitor.de
Suzuki DL650 Barocca bei Spritmonitor.de

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Kein Reisetagebuch (8): Nicht Vergnügungssteuerpflichtig

Kein Reisetagebuch (8): Nicht Vergnügungssteuerpflichtig

Kein Reisetagebuch. Heute mit saudummen Strecken und einem Wurstopus. Außerdem: Kurz vor dem Ziel ist immer der Punkt, an dem man den Boden unter den Füßen verliert – und das Motorrad bekommt einen Namen.

Samstag, 20. Juli 2024, Villa Maria Luigia, Veneto
Sara hatte recht. So sonnig und heiß das Wetter gestern war, in der Nacht hat es heftig gewittert und geregnet. Jetzt ist die Luft erträglicher. Die V-Strom steht trocken und behütet unter ihrem Pavillon auf der Terrasse.

Nach einem kurzen Frühstück verabschiede ich mich von der Familie und mache ich mich auf die Socken. Heute ist Samstag, es ist Hauptferienzeit und ich will möglichst tief in den Alpen sein, bevor die Urlauber aus ihren Betten gekrochen kommen und die Straßen verstopfen.

Durch den Vorgarten der Villa geht es hinaus auf die Strada Statale, die noch feucht ist vom Regen.

Der Plan geht leider nicht auf. Schon bei Belluno, das am Eingang zu den Alpen liegt, ist die Straße gesperrt und auf der Umleitung schon gefühlt JEDER Urlauber unterwegs. Ich mogele mich so gut es geht am Stau vorbei.


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My Dirty Hobby (4): Es wird Herbst

My Dirty Hobby (4): Es wird Herbst

Kurzer Zwischenstand vom Balkon:

Die Prunkwinde ist verblüht und präsentiert sich nun als langsam in sich zusammensinkender Haufen Biomasse. Interssant: Sie bildet kleine, trockene Lampions in denen Samen sind.

Prunkwinde für kommendes Jahr ist also gesichert!

Kiwi Jenny II hat es nicht überlebt. Die hat mittendrin einen Rappel bekommen und ist braun geworden. Weniger gießen, mehr gießen – hat alles nichts gebracht. Offensichtlich war diese Jenny nicht hart genug für den Balkon.

Die Feigen kommen überhaupt nicht mehr von der Stelle. Mauro schätzte, dass die noch zehn Tage brauchten bis sie reif wären – das war vor einer Woche. Die werden nicht mehr größer oder weicher, die hängen nur so rum. Enttäuschend.

Die Erdbeeren wuchern immer noch und produzieren vereinzelt eine wohlschmeckende Frucht.

Seltsam: Die Blumenwiese blüht noch wie verrückt…

…und der Jasmin blüht und wuchert, wie er es im Juli hätte tun sollen. Vielleicht merkt man daran, dass es bis Mai richtig kalt war – den Pflanzen fehlt ein Monat Sommer. Aber Pflanzen sind halt kleine Trottel.

Jetzt noch mit blühen loszulegen ist irgendwie dumm, es stehen die ersten Nachtfröste vor der Tür. Hält aber den Oleander auch von nichts ab.

Der japanische Maulbeerenbaum dämmert vor sich hin, genau wie Agathe, die sich mit ihm ja (noch) den Topf teilt. Aber nicht mehr lange, der Baum braucht viel Wasser, Agathe nicht, eine denkbar schlechte WG.

Der Supermarkt-Basilikum ist im Hochbeet zu einem veritablen Busch geworden, der nun gerodet und in die Küche verpflanzt wurde.

Comeback des Jahres nach wie vor: Die Rainbow-Chili. Die war fast völlig tot, jetzt ist sie wieder ein kleiner, farbenfroher Busch voller bunter Früchte.

Ältere Folgen

Kein Reisetagebuch (7): Serienduscher

Kein Reisetagebuch (7): Serienduscher

Keine Reisetagebuch. Heute mit unseligen Tunnels, unsichtbaren Gefahrenlagen und unerklärlichen Fehlfunktionen meines Körpers. Es wird schmutzig.

Freitag, 19. Juli 2024, La Vecchia Fontana, Abruzzen.
Der Ablauf ist immer der gleiche. Die Schwingtür zur Küche fliegt auf, Mauro kommt herein, stellt etwas zu Essen auf den Tisch, sagt oder fragt etwas und verschwindet dann wieder. Eine halbe Minute später fliegt wieder die Schwingtür auf und es geht weiter.

So füllt sich das Tischchen vor mir rasant mit leckersten Dingen: Selbstgebackene Cialde (Waffeln), Torta (Kuchen), Biscotti (Kekse), ein Teller mit frisch geschnittenen Aprikosen, Feigen und Äpfeln aus dem eigenen Anbau, ein undefinierbarer Krapfen mit einem Schlag Sahne drauf, Toast, handgemachte Konfitüre und und und, bis ich fast verzweifelt rufe “Stop! Ich kann nicht den ganzen Tag essen, ich muss los!”

“Was soll das heißen, Du musst los?”, ruft Anna und steckt den Kopf aus der Küche.
“Mamma, er bleibt dieses Mal nur eine Nacht”, erklärt Mauro.
“Genau, heute muss ich in die Nähe von Venedig”, sage ich.
Mauro überlegt. “Das sind wie viele Kilometer? 600?”
Ich nicke. “Ungefähr, ja.”
“Na, dann los. Vai! Vai!”

Ein letztes Abschiedsfoto mit dem Team “La Vecchia Fontana“, eine feste Umarmung, dann schwinge ich mich auf die V-Strom, heize den Bröckelweg hinauf und schwenke auf die schmalen Bergstraßen. War nur ein ultrakurzer Besuch, aber auch kurze Besuche erhalten die Freundschaft – und es ist schön zu wissen, dass das hier ein Ort ist, an dem ich willkommen bin und an den ich mich jederzeit zurückziehen kann, wenn mir danach ist.

Dadurch, dass die Vorgebirgslandschaft hier von tiefen Furchen durchzogen ist, ist die Straßenführung abenteuerlich kurvig. Aber nicht im guten Sinne von “Geile Kurven und Mopped, großer Spaß”. Eher “Mist, eine Minikurve an der nächsten, superschmale Straße”. Man muss echt aufpassen und langsam fahren. Dreißig Stundenkilometer sind schon schnell, zwanzig und weniger die Regel. Man kommt quasi nicht vom Fleck.

Immerhin ist die Landschaft schön:


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Kein Reisetagebuch (6): In der Heißluftfriteuse

Kein Reisetagebuch (6): In der Heißluftfriteuse

Kein Reisetagebuch. Heute erfahre ich, dass ich berühmt bin. Es wird viel geflucht. Mein Orientierungssinn begibt sich auf Abwege. Ich sitze unvermittelt in einer Heißluftfriteuse. Habe eine Erkenntnis. Ein faschistischer Berg geht den Bach runter. Ach ja, und Annas Hund fährt Auto. ES WIRD EIN LANGER TAG.

18. Juli 2024
Kurz nach Sieben stehe ich bei Rosanna in der Tür des Frühstücksraums. Bin noch ein wenig verpennt. Die Nacht nicht gut geschlafen. Wie auch? Heute ist Tag des Abschieds. Giorno della partenza, wie Giulietta sagt. Vor der Tür meines Zimmers steht schon die V-Strom und wartet nur darauf, wieder auf die Straße zu kommen.

Ich höre nur mit halbem Ohr zu was Rosanna heute Morgen erzählt, während sie mir ein großes Stück Torta Albicocca (Gesprochen: Albikokka) schneidet, Aprikosenkuchen. Bis ich merke, dass es in ihrer Erzählung um mich geht.

“Ich war gestern in der Osteria im Dorf. Die Wirtin hatte Geburtstag, und weißt Du was? Die haben mich da direkt über Dich ausgefragt, die Belegschaft und die Stammgäste! Du warst eh Gespräch des Abends. Ein Deutscher, hier! Und der will auch noch unbedingt italienisch sprechen! Was ja verrückt ist, weil Elena so gut Englisch spricht. Sie ist Rumänin, weißt Du?”

Ich bin völlig fasziniert. Wie kann man so viel reden ohne Luft zu holen?

“Und dann hast Du neulich Abend auf Insta ein Bild aus dem Ristorante gepostet und jetzt folgen die dir alle!” Ach. Daher die ganzen neuen Follower. In Italien ist jeder auf Insta. Zumindest jede Frau. Und deren Mudder.

“Da haben sie dann in der Story gesehen, dass Du mit dem Motorrad reist und das Du da oben am Berg warst und den Passo delle Radici gefahren bist und…”
-“Bin ich?”
“Jaja, und…”
“Wo ist der Passo delle Radici?”, will ich wissen. Kann mich nicht an den erinnern.
“Na HINTER oben am Berg!”, sagt Rosanna und macht ein „Ts“-Geräusch als ob jedes Kind wissen müsste, dass der Radieschenpass hinter den sieben Bergen ist.

“Und Du warst auf der Big Bench und am Lago Calamone. Das Du bei uns wohnst haben sie auch gesehen und mich dann über Dich ausgefragt. Ich habe erzählt das Du schon ein paar mal hier warst und ein Freund von Giulietta bist und auch die Sara von oben am Berg kennst und…”

Ich vergrabe das Gesicht in den Händen und stöhne. Offensichtlich bin ich das Dorfgespräch. Muss man auch erstmal hinkriegen.
“Sono famoso?”, frage ich mit geschlossenen Augen, bin ich jetzt berühmt?
“Si!”, sagt Rosanna und nickt.

Der letzte Koffer hängt am Motorrad, nichts ist im Zimmer vergessen. Ich trete den schweren Gang den Berg hinauf zur Bar an.

Als sie mich sieht, kommt Giulie hinter dem Tresen der Bar hervor. “Partenza?”, ruft sie.

Ich nicke und sie streckt die Arme aus und zieht mich an sich.
Fünf Tage bin ich hier gewesen, aber es fühlt sich gerade so an, als sei ich erst vor fünf Minuten angekommen.
Ich fühle mich elend. Es ist, als würde mein Körper dagegen rebellieren, diesen Ort zu verlassen.

Sie bemerkt meinen Blick. “Tutto a posto?”, Alles in Ordnung?
“Giulie, ich…”
“Ehi”, unterbricht Sie mich. Das ist italienisch und bedeutet “hey”. Klingt auch fast genauso, nur ohne das “h”.

Sie sieht mich direkt an, mit diesen strahlenden, grauen Augen und sagt dann mit einem Lächeln und so langsam, dass ich es auf Anhieb verstehe “Non dire addio, ma a presto!”. Sag nicht auf Wiedersehen, sondern bis bald.
Ich nicke, und für einen Moment stehen wir uns schweigend gegenüber.

“Un’ultima foto?”, frage ich.
“Certo!! Cinzia! Scatti una foto di noi!” ruft Giulie und winkt eine Freundin heran, die in der Nähe bei einem Caffé sitzt.

Ich bin so überrascht, dass ich die heraneilende Frau mit “Buona Sera” begrüße, guten Abend.
Giulie stöhnt laut auf, als sie das hört und macht “NOOOOOOOOOOO”, und ich klatsche mir ob meiner eigenen Doofheit mit der Hand an die Stirn.
Oh man, ich stelle mich ja bei der Abfahrt genauso bescheuert an wie bei der Ankunft. Irgendwie setzt manchmal mein Sprachzentrum in der Nähe von gewissen Personen aus. Aber Giulietta hat es halt drauf mich aus dem Konzept zu bringen. Die Frau ist in jeder Minute überraschend.

Cinzia macht mit meinem Handy einen Schnappschuss, auf dem wir beide in die Morgensonne blinzeln.

Giulie haucht mir noch einen Abschiedskuss auf die Wange und sagt “A presto”. Dann eilt sie wieder in die Bar, an deren Tresen schon ein paar Straßenarbeiter lautstark auf ihren Caffé warten.

“A Presto”, wiederhole ich, drehe mich um und gehe zum Motorrad.

Die Suzuki rollt aus dem Tor der Farm, als mir ein Auto entgegenkommt. Der Fahrer hebt die Hand und nickt mir zu. Wer ist denn das? …das ist ja der Hausmeister! Der Grummel! DER GRÜSST! Das ist ja wie ein Ritterschlag!

Ich hupe ein letztes Mal und grüße zur Bar hinüber, dann gebe ich Gas und bin verschwunden.

Und DANN fällt mir ein, dass ich ob dieses verwirrenden Abschieds ganz vergessen habe, mich auch von Annamaria, Giulies Mamma, zu verabschieden. Das ist mal mindestes grob unhöflich und wird beim nächsten Besuch bestimmt noch Ärger geben.
Beim nächsten Besuch.

Oh man.
Ich bin kaum aus der Tür, denke ich schon daran, wann ich wohl wieder hier sein kann.

“Porto un pezzo del tuo cuore nel mio. Così sei sempre con me.”

Den Satz habe ich gestern Abend gelernt.

Ich trage ein Stück von Deinem Herzen in meinem. Damit bist Du immer bei mir.

Ist der Gedanke nicht wunderschön?

Oder anders: Ich trage ein Stück von hier in meinem Herzen. Damit reisen wir jetzt gemeinsam.
Ich schüttele den Kopf um ihn frei zu bekommen, und versuche mich auf die Straße zu konzentrieren.

Der Weg führt wieder über den Pass in der Bergkette, die die Emilia Romagna und die Toskana trennt, dann durch die Täler Richtung Küste.


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Kein Reisetagebuch (5): Tra Terra e Cielo

Kein Reisetagebuch (5): Tra Terra e Cielo

Kein Reisetagebuch. Heute mit Albrecht´schen Schlängelwegen zwischen Himmel und Erde, Tankstellen ohne Netz und meine mangelnden Sprachkenntnisse führen zu einem Duell.

Mittwoch, 17. Juli 2024
“Die Seen hier sind auch voll schön”, sagt Rosanna beim Frühstück und beginnt, jedes Gewässer im Umkreis von 50 Kilometern aufzuzählen. Ich höre mit halbem Ohr zu und spiele gedankenverloren mit einem Päckchen Zucker herum. Als ich mit dem Caffé fertig bin, will ich es wegpacken und lese dann erst, was darauf steht:

“Tra terra e cielo, nel cuore…”, steht darauf, “Zwischen Erde und Himmel, im Herzen des Nationalparks toskanischer-emilianischer Apennin”. Etwas sperrig als Slogan, aber ich finde den schön.

“Sag mal”, frage ich, “An der Straße hinter dem Ort habe ich ein Schild gesehen, auf dem die Telefonnummer von hier steht, in der gleichen Handschrift wie die Schilder auf der Farm. “B&B alte Flussmühle” – habt ihr da noch einen Gästebetrieb?

Rosanna schüttelt den Kopf. “Früher mal, bevor wir die Blockhütte hier gebaut haben. Jetzt nicht mehr. Die alte Mühle ist immer noch ein Gästehaus, aber aktuell wohnt da der Hausmeister”. Ah, das muss der grummelige Farmarbeiter sein.

Besagter Grummel steht gerade auf einer Leiter und streicht die Holzbalken der Blockhütte. Ich grüße freundlich. Ein patziges “´Giorno” kommt durch zusammengebissene Zähne zurück.
Immerhin eine Antwort. Hey, wir machen Fortschritte.

Heute will ich nur ein wenig Mopped fahren. Also, ich meine natürlich “Die V-Strom 800 weiteren Tests unterziehen”.
Einen See zu besuchen steht eh´ auf dem Programm, dazu eine verlassene Nato-Basis und eine alte Burg.

So leer die Gegend hier auf den ersten Blick scheint, bei genauerem Hinsehen ist sie voller Kleinode und angefüllt mit Sehenswürdigkeiten. Vermutlich könnte man in diesem abgelegenen, kleinen Teil der Welt Wochen zubringen und würde immer noch verwunschene oder interessante oder historisch bedeutsame oder ansonsten berühmte Orte entdecken. Gut, das trifft auf nahezu jeden Teil Italiens zu, aber hier ist es dazu noch wunderbar menschenleer.

Kurze Zeit später schrubbt die V-Strom die Berge hinauf. Die Straßen sind auch hier schmal und manchmal etwas brökelig, aber völlig ok. Es macht Spaß, die wendige Suzuki durch verdrehte Kurven zu steuern und durch die letzten kleinen Dörfer vor dem Nichts zu fahren.

Die Federung der 800er kam mir im Stand viel zu weich vor. Ich kann die V-Strom hinten mit einer Hand runterdrücken, das kam mir nicht koscher vor. Aber hier, unter realen Bedingungen, ist das Fahrwerk ziemlich gut. Es federt leichte Unebenheiten komplett weg, fühlt sich aber in Kurven straff und überhaupt nicht schwammig an, sowohl mit als auch ohne Gepäck. Für den Betrieb zu zweit, mit einer Sozia und dann ggf. noch Gepäck ist es aber definitiv zu weich.

Andere Fahrzeuge sehe ich so gut wie keine, sieht man von der gelegentlichen Ape eines Bauern ab oder von ihm hier, der seinen Hütehund Gassi führt, in dem er mit dem Auto nebenher fährt:

Das Nichts, das hinter den letzten Dörfern beginnt, ist einfach die leere Bergwelt. Die V-Strom summt über Berggrate und an an den Flanken der Hügel entlang und immer, immer wieder gibt es einfach richtig schöne Ausblicke.

Ein tiefer Seufzer. Was bin ich dankbar hier sein zu können. Anfang des Jahre ist mit klar geworden, dass ich die Menschen hier erst in eineinhalb oder zwei Jahren wiedersehen würde, mangels Zeit und eines Reisemotorrads. Ich könnte dem Suzuki-Händler immer noch auf Knien danken, der die V-Strom 800 so früh besorgen und ausrüsten konnte – ohne ihn wäre ich nicht hier, und hätte Giulie und die anderen erst im Herbst 2025 wiedergesehen. Aber nun fahre ich hier rum, auf einem neuen Moped! Manchmal kann ich das immer noch nicht ganz fassen.

An einer Weggabelung halte ich an und mache ein paar Bilder von der V-Strom 800. Wie sie da so steht, hinter sich nur eine Bergkette und darüber sofort der offene Himmel, ist sie tatsächlich “Tra terra e cielo”, zwischen Erde und Himmel.

Doch, ich bin wahnsinnig zufrieden mit der Kiste. Sie ist alles, was ich mir von einer Nachfolgerin der Barocca gewünscht habe, und mehr.


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Momentaufnahme: August 2024

Momentaufnahme: August 2024

Herr Silencer im August 2024

“A me basta di sapere che mi pensi anche un minuto.”

Wetter: Sonnig und warm, Mitte des Monats dann heiß mit über dreißig Grad. In der zweiten Monatshälfte fallen die Temperaturen um. Es wird mit 14 Grad kühl und fühlt sich nach Herbst an, dann reißt es noch einmal auf 30 Grad hoch, und unmittelbar danach stürzen die Temperaturen nachts ins einstellige. Sie letzte Woche ist dann ein Auf und Ab: Tags bis zu 28, nachts mal 16, mal 9 Grad. Den ganzen Monat über kein Regen.


Lesen:

Wolf Schneider: Deutsch für junge Profis – Wie man gut und lebendig schreibt
Gelungene Einstiege, für Leser:innen spannenden Schreibweise, unnütze Worte die weggelassen werden sollten, vermeintliche und echte Sprachtabus – Journalisten-Urgestein und Sprachprofi Wolf Schneider gibt Tipps für die Praxis, hier mit dem Fokus auf Online-Medien. Wie schreibe ich für Twitter (das Buch ist schon älter), für Blogs, für Webseiten?

Locke & Key: The Keyhouse Compendium
Rendell Locke wird bei einem Überfall getötet. Seine Witwe zieht mit den drei Kindern in ein altes Haus, das seit 300 Jahren im Besitz von Rendells Familie ist und den Namen “Keyhouse” trägt.

Der Name ist Programm, die Locke-Kinder entdecken seltsame Schlüssel im Haus. Die sind magisch, öffnen Türen zu weit entfernten Orten, den eigenen Kopf oder ermöglichen Gestalt- und Geschlechtwandelei.
Dummerweise ist noch jemand anderes hinter den Schlüsseln her. Letztlich müsse die Locke-Kinder die Jugendfehler ihres Vaters ausbaden.

Ich hatte auf Netflix einen Trailer zur Verfilmung gesehen und “Locke & Key” als Geschichte für Kinder abgetan. Wie falsch ich damit lag! Ja, Kinder bzw. Teens sind die Protagonisten der Story, aber der Plot gleitet spätestens ab dem zweiten Akt ins richtig Düstere ab, bedient sich Horrorelementen und kommt nicht unbedingt zu einem Happy End.

“Das Keyhouse Compendium” enthält auf fast 1.000 dünnen, aber hochfesten und exzellent gedruckten Seiten die gesamte Reihe, die von 2008 bis 2013 veröffentlicht wurde. Hat Längen, aber nicht viele. Erreicht nicht die Qualität des “Golden Age”-Bands, bringt aber genug Ideen mit um immer wieder zu überraschen und die Spannung zu halten. Schön gezeichnet, durchgesuchtet.

Marc-Uwe Kling: Views
Im Harz wird ein junges Mädchen von drei Afrikanern überfallen, vergewaltigt und ist dann verschwunden. Von der Tat kursiert ein Video in den sozialen Medien. Mit den erwartbaren Folgen: Die BILD fährt eine Kampagne gegen Ausländer, die üblichen Politiker fordern Abschiebungen, die AFD hetzt und rechte Influencer gründen “AH” – den “Aktiven Heimatschutz”. Die Polizei reagiert schnell und sucht überall nach Spuren, findet aber überhaupt nichts. Stattdessen kommt es im Land zur Selbstjustiz.

Was mir gefällt: Ein hochgefährliches Szenario, gnadenlos durchgespielt und beschrieben von jemandem, der sich mit Social Media und aktueller Technik auskennt – selbst ChatGPT hat einen Auftritt.

Was mir nicht gefällt: Kling hat anscheinend Tech- und Plotpoints an ein Bord gepinnt, mit einem sehr groben, roten Wollfaden verbunden und das ganze Ding in drei Wochen runtergeschrieben. Wie er in der Geschichte von A nach B kommt ist meist zweitrangig und holprig erzählt. Im Zweifel hat die Protagonistin halt eine Intuition und steht dann am nächsten Plotpoint. Um die gröbsten Unebenheiten zu glätten, wurde ein wenig sozialer Kitt aus dem Leben der Hauptfigur drübergeschmiert, was den Flow nicht verbessert.

Dazu kommt der leicht unfokussierte Schreibstil, den ich schon in “Qualityland” nicht mochte und der mit popkulturellen Anspielungen und ungeschickt eingeflochtenem Wissen überladen ist. Das Tatopfer heißt Lara Palmer – hier, fast wie die in Twin Peaks, kennste, kennste? – Das ist so platt, das selbst die Charaktere sich darüber mokieren, aber der Autor kann anscheinend nicht davon lassen. Auch grob hingezimmerte Erkenntnisse, wie dass es GPS-Tracker bei Amazon gibt und was LLMs aktuell können und was nicht, lässt Feuilletonisten staunen (“Ich habe sooo viel gelernt aus diesem Buch!”, Deutschland Funk), echte Menschen eher nicht.

Da spielt es dann fast keine Rolle mehr, dass das Ende wirkt, als hätte der Autor selbst keine Lust mehr darauf gehabt und es schnell hingeschrieben, während er eigentlich schon zum Abendessen gerufen worden war.

In der Summe: Wichtiges Thema, leider schlecht erzählt.


Hören:

En Vogue – Greatest Hits
Aaaaah, die 90er.


Sehen:

Kevin can f** himself [2021, Amazon Prime]
Allison ist mit Kevin verheiratet. In ihrem heruntergekommenen Wohnzimmer hängen ständig Kevins Vater sowie sein bester Freund und dessen Schwester ab und schmieden absurde Pläne. Die gehen immer schief, und Kevin muss sich irgendwie herauslavieren.

Klingt nach einer typischen Sitcom? Ist es auch. Aber nur zur Hälfte. Immer wenn Kevin auftaucht, ist die Serie wie eine Sitcom gefilmt: Statische Kulisse, grell ausgeleuchtet, knallige Farben, Lacher vom Band.

Die Kamera begleitet aber Allison und deren Geschichte, und wenn Allison alleine ist, wechselt die Perspektive und der Look der Serie: Die Kamera wird mobil, die Farben sind entsättigt, das Licht realistisch. Hier wird der echte Struggle einer Sitcom-Wife gezeigt, die Probleme, Träume und Ambitionen hat. Denen steht im Weg: Kevin.

Superinteressantes Konzept, das bei mir sofort verfangen hat. Dazu trägt auch die tolle Performance der Hauptdarstellerin bei. Interessant auch, was der Perspektivwechsel anrichtet: Schon nach zwanzig Minuten wird Kevin im Auge des Betrachters von einer liebenswert-witzigen zu einer ekligen Figur. Die Serie ist auch ein harscher Kommentar zu patriarchial geprägten Lebenssituationen, bei denen der Machtausübende egoistisch und infantil ist und die Verletzungen, die er zufügt, nicht mal registriert.

Man fragt sich unweigerlich, wie es Peggy Bundy oder der Frau von dem Typen aus King of Queens eigentlich hinter den Kulissen ging.

Furiosa [2024, BluRay]
Als Kind wird Furiosa von einer Gang entführt. Sie wächst unter Feinden auf und wird zum Road Warrior ausgebildet. Jahre später fährt sie Zeugs auf der Fury Road hin und her, vergisst aber nie, dass sie sich an dem Mann mit der Nase rächen will.

Nahtloses Prequel zu “Fury Road”. Das hier ist der interessantere Film, weil hier mehr dran ist: Mehr Geschichte, mehr Charakterzeichnung, mehr Worldbuilding und mehr Nase. Im Ernst: WARUM trägt Chris Hemsworth den ganzen Film über eine alberne Gumminase? Durch die scheint sogar in manchen Szenen das Licht! Hat für mich immer wieder die Immersion gebrochen.

Abseits davon: Sehr gut gemachter Actionfilm, spannend, tolle Einfälle, super Darsteller. Zu Unrecht an den Kinokassen untergegangen. Vermutlich hat die Nase den Film versenkt.

The Newsroom [2012-14, Staffel 1, BluRay]
Alternder republikanischer Newsanchor wird hart getriggert, als plötzlich seine Ex-Flamme seine neue Producerin werden soll. Die Folge: Er und seine Redaktion arbeiten aus Trotz wieder richtig journalistisch – und legen sich mit allen an.

Was für ein Juwel diese Serie ist! Die Themen sind die des echten Lebens der 2010er Jahre: Der Aufstieg der Far Right. Fukushima. Klimawandel. Hier werden krasse Themen verhandelt, und das auf eine Art und Weise, dass man fast Tränchen in den Augen hat, weil man sich Journalismus GENAU. SO. WÜNSCHT.

Das geht auch durchaus schonmal an die Schmerzgrenze, wie diese Sequenz zeigt:

Gleichzeitig führt die Serie vor Augen, wie Trump passieren konnte. Vor 15 Jahren, als die Handlung spielt, war die Tea Party-Bewegung die Anti-Establishment-Bewegung. Die wurde aufgesogen von den evangelikalen Rechten, die sich zunehmend radikalisierten und am Ende die Republikaner übernahmen. Slogans von “gestohlenen Wahlen” gingen damals schon rum, wenn die Republikaner verloren. Gleichzeitig änderte sie die Wahlgesetze so, dass sie bestimmte Bevölkerungsgruppen von der Wahl ausschlossen oder selbst dann gewannen, wenn sie weniger Stimmern bekamen.

Diese Mechanismen führten letztlich zu Trump, und die Serie zeigt das aus Sicht – eines Republikaners!

Weder in der Serie noch im echten Leben kam das gut an, diese erstklassige HBO-Serie nach drei Staffeln beerdigt und läuft bis heute nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf Sky oder Wow oder Go oder wie der Kram diese Woche gerade heißt. Ordentliche deutsche BluRay-Veröffentlichungen gibt es auch nicht. Schade, denn die Serie ist wichtig – in ausnahmslos JEDER Folge gibt es Momente, die sich ins Gedächtnis einbrennen.

Der Plan [2011, BluRay]
Matt Damon ist ein aufsteigender Nachwuchspolitiker. Immer wieder begegnet er einer Frau, die für ihn bestimmt zu sein scheint – und immer wieder trennen verrückte Zufälle die beiden. Dann kommt raus: Schuld daran sind die grauen Herren vom “Bureau of Adjustment” (so auch der Originaltitel des Films), die kleine Änderungen vornehmen um DEM PLAN gerecht zu werden, und DER PLAN sieht nicht vor, dass Matt Damon mit Emily Blunt zusammenkommt.

Kleiner, feiner High Concept Film. Ist das romantisches SciFi? Oder eine Romanze mit übernatürlichen Elementen? Keine Ahnung, auf jeden Fall gefällt mir diese Mischung, die zum Ende hin ein wenig in “Dark City” plus “Dogma” (den Film von Kevin Smith, nicht das Lars-von-Trier Ding) kippt. Dazu kommt: Matt Damon, Emily Blunt, “Captain America” Anthony Mackie und “Mad Men”-Gesicht John Slattery spielen hier wirklich fantastisch.


Spielen:

Gears of War 3 [2009, XBOX 360 auf XBOX Series X]
Planet Dingens, Space Marines gegen Krabbelviecher.

Sehr cooler Deckungsshooter mit riesigen Actionpieces. Kurzweilig, knallt, Gameplay ist perfekt und sieht auch heute, 13 Jahre nach Release, noch gut aus. Erstaunlich vielfältig und die Kampagne ist überraschend lang.

Gears 5 [2019, XBONE auf XBOX Series X]
Planet Dingens, Space Marines gegen Krabbelviecher.

Fortsetzung der Geschichte aus Teil 4, dieses Mal mit Open-World-Hubs und einer besser geschriebenen Hauptfigur, die sogar eine Motivation mitbringt. Die ist weiblich (die Hauptfigur, nicht die Motivation), weshalb Fanboys einen Pflaumensturz bekamen. Ich habe Kat Diaz aber sehr gerne gespielt. Kurzweilig, Gameplay und Balance wieder perfekt, riesige Setpieces. Sechzehn Stunden Blockbusterunterhaltung auf hohem Niveau.


Machen:

  • Neues Auto suchen, kaufen und den Kram drum rum organisieren
  • Aygo verkaufen
  • Die nagelneuen Aygo-Winterreifen loswerden und Yaris-Winterräder organisieren
  • Arbeit Arbeit Arbeit
  • Letzter Feinschliff Ausstattung und 10.000er Durchsicht V-Strom

Neues Spielzeug:
SW Motech EVO LED Nebelscheinwerfer. Nach den ernüchternden Eindrücken zur Beleuchtung der V-Strom hat sie etwas bekommen, über das ich bislang gespottet habe: Zusatzscheinwerfer.

Es ist deutlich zu merken, dass aus dem Vorderteil des Motorrads jetzt drei Mal mehr Licht kommt als vorher. Erhöht die Sicht und die Sichtbarkeit. Sind natürlich Scheinwerfer die, hrmpf, nur bei Nebel eingeschaltet werden. Alles andere ist ja, hrmpf, in Deutschland nicht erlaubt.

Außerdem: Eine Baby Special 276 von Feuerhand. Der Klassiker, aber mit LEDs und zwei 18650er Akkus. Damit leuchtet das Ding, sagt der Hersteller, 14 Tage am Stück. Aber der behauptet auch, das Licht sei exakt wie das einer Öllaterne. Ist es nicht, es ist weniger warm. Nicht so schlimm kalt wie bei den chinesischen Fabrikaten, aber schon anders als eine echte Flamme.
Egal.

Was halt nett ist: Das Ding riecht nicht und überlagert damit nicht den Sommernachtsduft des Jasmin. Und es läuft nicht aus – anders als die letzte Öllampe, die ich vor zwei Jahren von Feuerhand gekauft habe. Das 2022er Modell des “Traditionsherstellers” ist so billig zusammengepfriemelt, dass es inkontinent ist, anders als seine 60 Jahre alten Geschwister. Rumpladderei passiert bei der LED-Version bestimmt nicht.


Ding des Monats

Ein 2021er Toyota Yaris in Mangan-Bronze.


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

My Dirty Hobby (3): Feindliche Übernahme

My Dirty Hobby (3): Feindliche Übernahme

[Anm: Das, was ich hier gleich dauernd als Clematis bezeichne, ist keine. Das ist eine Prunkwinde. Danke, Frau Eckert, für den Hinweis!]

Kurzer Zwischenstand vom Balkon.

Vergangenes Jahr darbte Jasmin 1.0 vor sich hin. Ich vermutete damals, dass ich ihn zu viel goss – dabei war das Gegenteil der Fall. Seitdem ich weiß, wieviel Wasser die Pflanze eigentlich braucht, blüht er in einer Tour vor sich hin.

Und er bekommt überall Triebe und expandiert, für seine Verhältnisse in Rekordtempo. Jasmin ist nämlich eigentlich ziemlich faul und wächst sehr langsam, aber anscheinend denkt er gerade, jetzt sei Zeit zum loslegen. Tja, leider weiß er nicht, dass der Sommer quasi vorbei ist. Gut, kann man ihm nicht verdenken, gefühlt war ja bis Juni Winter. Was auch immer der Jasmin vor hat, bald ist es vorbei.

Seitdem der Oleander regelmäßig gegen die berüchtigten, gelben Oleanderblattläuse geimpft wird, legt auch er los mit Blüherei. Kumpel, auch Du musst dich jetzt echt mal beeilen, in vier Wochen wirds kalt!

Die desinteressiert hingeworfenen Clematis-Samen sind zu einem riesigen Homunkulus herangewachsen. Die Stützkonstruktionen aus zusammengetapten Bambusstäben hat sie quasi verdaut, in ihrem inneren zerbrochen und nutzt nun andere Wege, um sich zu halten.

Dabei expandiert sie wirklich in ALLE Richtungen, streckt sich zur Decke und versucht gleichzeitig aus ihrem Kasten zu krabbeln. Ich bin sicher: Wenn ich sie lassen würde, die würde den ganzen Balkon übernehmen!

Und das ist nur das, was man sieht! Kiwi Jenny II ist ganz braun und lässt die Fittiche hängen, wer weiß, was die Clematis unter der Erde mit der anstellt!
Im Ernst, ich sehe diesen Berg Biomasse und denke nur: Wo kommt dieser ganze Kram her??

Außerdem enttäuschend: Die Clematis soll eigentlich blühen. Diese spezielle mit dem Namen “Carnivale Veneziana” sogar in drei Farben. Tut sie aber nicht. Jeden Abend, wenn ich nach Hause komme, steht da einfach diese grüne Berg rum und hat zwar Blüten, aber die sind alle geschlossen.

Stellt sich raus: Das hinterhältige Gebüsch geht seinen clandestinen Welteroberungesplänen wohl bevorzugt nachts und frühmorgens nach. Heute morgen bin ich zufälllig früh auf den Balkon gestolpert und habe sie erwischt:

Ha!

Auch nett: Der im vergangenen Jahr durch Blattläuse und das Mittel-gegen-Blattläuse fast gestorbene Rainbow-Chili lebt wieder. Der hat sich echt von der Schwelle des Todes zurückgekämpft.

Zuverlässig enttäuschend ist Salatgurke Tanya. In diesem Jahr trägt sie keine Tomaten, dafür aber viel Mehltau und eine einzige Frucht, die mit ihren Dornen aber auch eher aussieht wie ein Alien-Ei aus dem Weltraum und nicht wie eine Gurke.

Spannend sind nach wie vor die Feigenbäume. Sind ja zwei, ein heller und ein dunkler, deren Stämme wie Liebende verschlungen sind. Beide produzieren gerade Früchte wie verrückt. Ich zweifele aber dran, ob die auch wirklich noch zur Reife kommen – entweder, ich schaffe es noch, auf den letzten Metern zu viel/zu wenig/anders verkehrt zu gießen oder, siehe oben, der Sommer ist nicht lang genug für das mediterrane Grünzeug. Wir werden sehen.