Reisetagebuch London (4): Southwark

Reisetagebuch London (4): Southwark

Dienstag, 11. Februar 2025
Ein kleines Frühstück aus dem Tescos im Bahnhof wäre doch nett. Dort gibt es jetzt auch einen Backshop, der unter anderem Rosinenschnecken hat. Und eigentlich könnte ich auch einen kleinen Wrap mitnehmen – denke ich noch so bei mir, und falle im nächsten Moment vom Glauben ab.

Ich habe einen Burrito-Wrap aus der Kühltheke in der Hand, ca. 15 Zentimeter lang, Durchmesser vielleicht fünf Zentimeter. Kein Monsterviech also, sondern halt ein Fertigsnack, den man mal so als Zwischenmahlzeit isst oder wenn es schnell gehen muss. Der Grund für mein Entsetzen: Diese kleine Ding enthält 1.900 Kilokalorien! Ich gucke nochmal drauf. Nein, ich habe mich nicht verguckt, das sind keine Kilojoule, das sind KCAL. Und auch nicht pro Kilogramm, sondern in diesem Stück. EINTAUSENDNEUNHUNDERT KALORIEN? Das ist mehr Energie, als mein ganzer Körper am Tag braucht. Wurde dieses Ding als Notration konzipiert? WIE GEHT DAS? So viel Fett und Zucker bekommt man doch gar nicht in so eine kleine Form!

Angewidert lege ich das Ding zurück. Meine Fresse, wenn DAS die Auswirkungen der Deregulierung der Gesundheitsgesetze nach dem Brexit sind und das Schule macht, dann sehen die Briten in 10 Jahren aus wie die Amerikaner.

Ich bewege mich ein Bißchen und stromere wieder durch London. Vom Picadilly Circus nach Osten liegt der Leicester Square. Mittlerweile für Autos gesperrt und neu begrünt – ein Wunder, wie es nur Mary Poppins vollbringen kann!

Das “Prince Charles Cinema” konnte sich wohl immer noch nicht überwinden, sich in “King Charles Cinema” umzubenennen.

Nördlich des Leicester Squares liegt ein ganzes Viertel, über dessen Straßen Ketten roter Lampions gespannt sind. Chinatown.


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Reisetagebuch London (3): Camden

Reisetagebuch London (3): Camden

Montag, 10. Februar 2025
Es ist kalt.
Und nass.

Draußen regnet es, und im alten und ziemlich gammeligen Schiebefenster meines Zimmer steht das Kondenswasser. Ich schiebe es hoch und gucke auf das Edna House, ein ziemlich hässliches Gebäude im Norfolk Square.

Am Schreibtisch sitzend schreibe ich eine kleine Notiz.

“Lieber Zimmerservice, gestern habt ihr einen Duschkopf aus dem Bad entfernt. Das war der, der zu diesem Zimmer gehört, weil ich meinen eigenen mitgebracht habe. Bitte legt den wieder zurück, der nächste Gast wird ihn brauchen. Danke!”

So. Gucken wir mal, was passiert – ich möchte unter allen Umständen vermeiden, dass nach meiner Abreise, wenn ich MEINEN Duschkopf wieder mitnehme, der Eindruck entsteht, ich hätte den vom Zimmer mitgehen lassen.

Ich mache mich fertig und hoppele die 112 Stufen der Teppichversumpften Stiege hinab auf die Straße.

In der Straße war früher alles gesäumt von kleinen und billigen Hotels wie dem Belvedere. Das Belvedere ist immer noch klein, aber nicht mehr billig – die Preise haben sich in den letzten Jahren glatt verdoppelt. Aber immerhin gibt es das noch. Viel der anderen Hotels haben dicht machen müssen – vermutlich nicht zuletzt, weil die Arbeitskräfte, von den Hausmeistern über die Köchinnen bis zu den Zimmerdamen, früher aus Osteuropa kamen. Seit dem Brexit ist das vorbei, und ohne die Arbeitskräfte sterben die Häuser. Auch das “Cardiff”, ein großes und stolzes Haus, in dem ich bei meinem ersten Londonbesuch vor 10 Jahren übernachtete, gibt es nicht mehr. Das Gebäude ist verrammelt.

Einmal durch Paddington Station hindurch und dann an der Ostseite raus und vorbei am Paddington Hospital (KEINE Bärenklinik)…

…und man ist in Little Venice. Am Anfang sieht man zu Restaurants umgebaute Frachtschiffe wie die “Cheese Barge”…

…aber bald werden die Kanäle kleiner, und jetzt liegen hier schmale Kanalboote, auf denen Leute leben.

Auf einer Insel wachsen… Palmen?!


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Momentaufnahme: Mai 2025

Momentaufnahme: Mai 2025

Herr Silencer im Mai 2025

“Reisen ist halt nicht dasselbe wie Urlaub machen.”

Wetter: Die ersten zehn Tage trocken und kühl, mit nachts 3 und tags 13-16 Grad. Monatsmitte etwas wärmer, Monatsende wieder morgens einstellig, nachmittag knapp zweistellig. Kein Regen, nirgends. bis zum vorletzten Tag.


Lesen:

John Jackson Miller: Batman Resurrection
1989, wenige Monate nach den Ereignissen von Tim Burtons erstem “Batman”: Gotham erholt sich von der Smylex-Attacke durch den Joker, während Michael Keatons Batman davon träumt, dass Jack Nicholson gar nicht tot ist.

Fortsetzung des 1989er Batmans? Sinnlos, aber interessant! Leider ist das Buch eine große Enttäuschung. John Jackson Miller ist hauptberuflich Auftragsschreiber für Franchises. Hier klöppelt er routiniert und völlig uninspiriert einen Rotz runter, der sich bestenfalls auf dem Niveau von Fanfiction in einem Batman-Forum bewegt. Das Buch liest sich, als hätte ein vierzehnjähriger Fanboy den Kram verfasst.

Allerdings ein Fanboy, der eine Mindestseitenanzahl vollbekommen muss und deshalb versucht, seinen mageren Text auszuwalzen bis zum geht-nicht-mehr. Endlos und langweilig führt hier ausnahmslos JEDE Figur einen inneren Monolog, was sich langweilig liest und zu absurden Situationen führt, etwa wenn zwei Personen sich unterhalten und man dabei mitbekommt was beide denken. Da man ständig das Innenleben aller Charaktere kennt, bleibt keinerlei Überraschung mehr für den Leser. Unspannend, uninspiriert und unfertig – am Ende stellt sich raus, dass es einen weiteren Band geben wird. Beh.


Hören:


Sehen:


Spielen:

Assassins Creed Shadows [2025, PS5]
Assassins Creed in Japan, mit der üblichen Rachehandlung und mit zwei Hauptfiguren: Einem schwarzen Samurai und einer weiblichen Attentäterin.

Ach, ich habe es dann doch gespielt. Wegen der fragmentierten und unzusammenhängenden Spielstruktur ließ sich nach Feierabend gut mal eine Mission hier und eine da machen und ZACK plötzlich lief der Abspann. Kein Witz – das Spiel hört einfach mittendrin auf! Es gibt Kein befriedigendes Ende!

Zwar wird die Motivation des schwarzen Samurai Yasuke am Ende noch schnell verraten und Shinobi Naoe erfährt auf die letzten fünf Minuten etwas über ihre Vergangenheit, aber das fühlt sich an wie “Jetzt geht´s richtig los” – und dann endet das Game einfach!

Die Spielfiguren bekommen davon nichts mit, die stehen im Sonnenuntergang, klopfen sich auf die Schultern und faseln was von “das war ein hart erkämpfter Sieg” und “Wir haben eine lange Reise hinter uns”. Als Spieler sitzt man davor und denkt: “Was redet ihr da? Gerade noch hat Euch eine spontan aufgetauchte und schlecht geschriebene Nebenfigur in einem Expositionsdump hingerotzt, dass ihr nichts erreicht habt, wie kommt ihr darauf das Gegenteil zu behaupten?”.
Alles, alles hier fühlt sich unverdient an, weil die Story es nicht vorbereitet oder erzählt.

Gameplaytechnisch war zu diesem Zeitpunkt bei mir das Auftragsboard noch voll mit Dutzenden von Missionen und unerledigten Quests. Vielleicht liefert Ubisoft das richtige Ende in einem DLC nach, vielleicht ist aber auch einfach alles egal.

Ubisoft wusste eh nicht, wo sie mit “AC Shadows” hinwollten, das merkt man an jeder Ecke. So ist das Game eigentlich nur für die Shinobi Naoe gemacht. Yasuke ist zwar eine superinteressante Figur, die aber wie nachträglich reingebastelt wirkt. Mit ihm ist das Spiel gar nicht schaffbar, denn er kann nicht klettern oder schleichen. Schlimmer noch: Seine Geschichte wird nicht wirklich erzählt.

Normalerweise sind dumme und gebrochene Stories der Gamestruktur geschuldet, aber auch das ist hier völlig unnötig. Zwar gibt es eine Open World, die normalerweise an solchem Quark schuld ist, aber hier hat die Levelgrenzen – das ist völlig widersprüchlich und macht Null Sinn. Damit ließe sich eine lineare Story erzählen, aber das passiert nicht.

Stattdessen finden sich immer wieder mal Storyfragmente, aber die Reihenfolge ist völlig random, alles ist untererklärt, alles ist schlecht geschrieben und fast alles ergibt in Summe wenig Sinn.

Spieltechnisch gibt es nur eine spürbare Progression, wenn man an den Schwierigkeitseinstellungen schraubt. Die Gegner leveln nämlich mit, und lassen sich anfangs selbst von einer Assassinenklinge in der Halsschlagader nicht beeindrucken, sondern tun das als Kratzer ab und kloppen einen dann zu Brei. Wenn man in den ersten 20 Stunden auch nur im Ansatz Spielspaß haben möchte, sollte man den garantierten One-Hit-Kill einschalten. Dazu noch den Schwierigkeitslevel auf “Forgiving” oder “Story” – ansonsten segnet selbst der Riesengkrieger Yasuke schnell das Zeitliche, und das häufig durch Angriffe aus dem Off, die man weder sehen noch abwehren kann.

Da es hier zum wiederholten Mal keine Gegenwartsstory gibt, es im Kern nicht mal um Assassinen geht und wieder alles völlig überladen mit unwichtigen und unoriginellen Nebenquests, sollte das Game nicht “Assassins Creed” heißen sondern einfach “Japan Simulator 1600” – denn die Landschaft der Region um Kyoto ist wirklich sehr, sehr toll modelliert und hybsch anzusehen, und durch den Jahreszeitenwechsel lässt sich Japan zur Kirschblütenzeit genauso erkunden wie in den brütenden Sommermonaten, im bunten Herbst oder schneebedeckt im Winter.

AC Shadows ist also wieder mal hübsch, keine komplette Katastrophe, aber leider auch kein gutes oder gar spannendes Spiel. Es ist eher ein Zeitvertreib für Leute, die sich nach einem langen Tag nochmal erschöpft in eine andere Welt beamen und nicht zu viel nachdenken wollen.

No Offence, das ist legitim. Als Fan von AC II möchte ich aber anderes von der einst genialsten Sic-Fi-Story im Gamesbereich.


Machen:

  • Sehr viele Sorgen, an allen Fronten
  • Schleifen und Sägen (s.u.)
  • Unfassbar viel Geld für geiles Werkzeug ausgeben
  • Inspektionen V-Strom und ZZR, Reparatur ZZR Tankgeber
  • zu einer kleinen Rundfahrt aufbrechen

Neues Spielzeug:

Bosch GEX 18V-150
Ein Akkuschleifer aus der Professional-Linie von Bosch. Mit einem 4Ah-ProCore Akku liegt das Gerät leicht und ausbalanciert in der Hand und läuft unter Volllast eine halbe Stunde. Da der 4Ah-Akku ca. 30 Minuten im Schnellader braucht um wieder auf 100% zu kommen, kann man mit 2 Akkus endlos arbeiten.

Der Abtrag bei Verwendung von 80er Schleifnetzen ist enorm, der Schleifstaub wird durch das Netz in einen Filter gepustet. Mit Absaugung ist zwar geiler, aber der Filter ist schon wirklich gut. Feines Gerät.

Nachteil: Mit rund 280 Euro ist der GEX in der LBoxx-Version ohne Akkus(!) sehr teuer. Vorteil: WEIL er so teuer ist, kann man die Rechnung bei Bosch einreichen und bekommt dann im Rahmen der aktuellen “Pro-Deals” einen GBA (keinen Procore!) 4Ah-Akku im Wert von 60 Euro geschenkt.


Ding des Monats:


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Reisetagebuch London (2): Battersea

Reisetagebuch London (2): Battersea

Sonntag, 09. Februar 2025
Der Bewegungsdrang von gestern ist noch da, ein Ziel nicht, und so laufe ich schon früh am Morgen wieder kreuz und quer durch die Straßen Londons.

Ich mag es, mich wieder zu bewegen – jeden Tag 10, 15 Kilometer laufen, das hat mir im Herbst in Japan SO gut getan. Solche Strecken lassen sich aber nicht in den Alltag einbauen.

Der erste Versuch, mit der Kreditkarte im Tescos um die Ecke ein kleines Frühstück zu kaufen, scheitert – der Self-Checkout akzeptiert die Karte nicht. Zum Glück habe ich noch von den letzten Reisen einige Pfund Bargeld dabei und kann so die Rosinenschnecke bezahlen.

Aber warum hat die Kreditkarte nicht… Ach, ich Blödmann. Weil die bei meiner Bank für Auslandseinsätze gesperrt ist. Schnell öffne ich die App auf dem Mobiltelefon und aktivere “Vereinigtes Königreich” in der Liste der erlaubten Länder. Ab jetzt wird die Karte hier funktionieren.

Vom Bahnhof Paddington aus wandere ich gen Süden und durch den Hyde Park.

Es regnet, aber das ist mir egal – der kleine Taschenschirm, den ich aus Japan mitgebracht habe, hält mich trocken. Ich laufe etwas ziellos herum und sammele Eindrücke.


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Reisetagebuch London 2025 (1): Paddington

Reisetagebuch London 2025 (1): Paddington

Samstag, 08. Februar 2025, Mumpfelhausen
Ein eisiger Februarwind pfeift die Dorfstraße herunter und reißt an den Ästen der die winterkahlen Bäume. Es ist kurz vor sechs. Die Welt ist noch ganz still, alles schläft. Nur der kleine Bach, der in einem engen Kanal mitten durch Dorf fließt, gluckert im Dunkeln munter vor sich hin.

Der Bus hat wenige Minuten Verspätung. Ich bin der einzige Passagier. Klar, es ist Samstag und mitten in der Nacht, wer will jetzt schon irgendwohin, wenn er nicht arbeiten muss.

Auch die Stadt ist noch still. So still, dass man die Vögel singen hört. Das ist selten und hat ein wenig was von Frühling, aber die Kälte straft dieses Empfinden Lügen.

Selbst die mehrspurigen Hauptstraßen Göthams sind leer.

Auch der Bahnhof liegt noch leblos im Dunkeln.

Im Bahnhof hat noch nicht einmal das Café geöffnet. Das macht um 06:30 auf, und ich bin gleich der erste Gast. Denn: Jedes große Abenteuer sollte mit einem kleinen Kaffee beginnen.

Auch, wenn das heute gar kein großes Abenteuer wird. Es geht ja “nur” nach London, ein Trip den ich bis 2019 schon vier mal gemacht habe. Dementsprechend unspannend fühlt sich das an, auch wenn es nun die erste Fahrt nach dem Brexit und nach der Pandemie ist. Dennoch: Das abenteuerlichste wird die Fahrt mit der Bahn sein.

Einen Espresso später trabe ich zum Gleis. “CHRRRRGT…110 Minuten Verspätung. Grund dafür ist eine Störung an einer Weiche”, höre ich noch. Ist zum Glück nicht mein Zug.

Mein Zug fährt zwar pünktlich, wird aber im Laufe der Fahrt 45 Minuten Verspätung einsammeln. Grund dafür? “Störung an einer Weiche”. Umleitung über Aschaffenburg. Niemand wollte jemals nach Aschaffenburg, nicht freiwillig.

Ist schon interessant zu sehen, wie die Bahn verkackt. Also, nicht OB sie verkackt, sondern nur, was dieses Mal schief geht. Eine reibungslose Fahrt ist mit der Deutschen Bahn nicht zu erwarten. In den vergangenen drei Jahren ist bei denen einfach alles den Bach runtergegangen.

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Reisetagebuch Japan (23): Mucha in Fuchu

Reisetagebuch Japan (23): Mucha in Fuchu

Das Reisetagebuch. Heute neigt sich der Japan-Trip dem Ende zu, ich verfluche das Schnabeltier, bestaune die Katze und lobe den Pinguin, leide Schmerzen und stelle fest, dass man Jugendstil einfach überall mag. Am Ende steht die Frage: Was hat das eigentlich gekostet, und: War es das wert?

31. Oktober 2024, Tokyo
Nach einem kleinen Frühstück im “Sakura” checke ich aus und verlasse das Backpacker-Hotel. Durch die engen, aber irgendwie wohnlichen Gassen des Viertels laufe ich bis zur nächsten U-Bahn-Station und fahre nach Shinjuku. Dort schließe ich den Cabin Max ein.

Eigentlich würde ich jetzt gerne den Keio-Express nehmen, aber den finde ich nicht. Der Bahnhof in Shinjuku ist GIGANTISCH, außerdem hat er mehrere Außenstellen, die wegen Baustellen aber gerade nur oberirdisch zu erreichen sind. Mehrmals verlaufe ich mich in den Straßen des Geschäftsviertels, dann nehme ich einfach einen Zug der normalen Keio-Linie. Die hält ausnahmslos an jeder Milchkanne, dementsprechend dauert die Fahrt über eine Stunde.

Aber warum auch nicht, ich habe doch Zeit heute.

Fünfundzwanzig Kilometer rumpelt die Bahn von Shinjuku nach Westen, dann endet sie in Fuchu. Eigentlich ist Fuchu ein kleiner Ort am Fluß Tama, aber natürlich ist er schon lange von der wuchernden Metropole Tokyo einverleibt worden.

Ich muss mir immer wieder klar machen, dass sich Tokyo in manche Richtungen über 100 Kilometer hinzieht. EINHUNDERT Kilometer nur Stadt! Bis zum Horizont! Und dahinter: Noch mehr Stadt! Komme ich immer noch nicht drüber weg.

Fuchu wirkt noch wie eine Kleinstadt, auch mitten in der großen Metropole. Am winzigen Bahnhof steht Kunst, aber die Wohnhäuser und Straßen könnten auch auf einem Dorf sein.

Fuchu ist grün – in einem Park sitzen auf jedem Hügel Schulklassen und haben Unterricht im Freien.

Fuchu ist bekannt für sein Kunstmuseum, und dahin zieht es mich – ich habe ja gestern in der Bahn die Werbung für eine Ausstellung des Jugendstil-Künstlers Alfons Mucha gesehen, und da durch die Gestaltung der Jugendstil-Tagung im September mein persönliches durch ein professionelles Interesse ergänzt wurde, will ich mir die ansehen.

Das Museumsgebäude wirkt nicht ganz neu, aber die Architektur ist angenehm reduziert und edel.


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New Ride: Toyota Yaris 1.5 Dual VVT-i 125 (2021)

New Ride: Toyota Yaris 1.5 Dual VVT-i 125 (2021)

Im November 2023 trennte ich mich vom Legendären Gelben AutoTM und stieg auf einen kleinen, knallroten 2012er Toyota Aygo um. Das war nicht nur krasses Downsizing, sondern auch ein Umstieg von Mittel- auf Puristenklasse. Die Vorzüge entdeckte ich nach und nach: Der Aygo war zuverlässig, sparsam, superwendig und bekam überall einen Parkplatz.

Die Freude währte leider nicht lange, schon nach einem Dreiviertel Jahr rammte ein Pickup die kleine Kiste. Der Aygo schütze mich zuverlässig, zog sich aber einen Totalschaden zu.

Auf der Suche nach einem Ersatz schaute ich mir einen Aygo neueren Baujahrs an…

…hatte mich zu dem Zeitpunkt aber schon in einen anderen Wagen verguckt. Jays Tipp folgend hatte ich mir die Baureihe “Yaris” angesehen, das ist so ungefähr Polo-Klasse bei Toyota.

Bei der ersten Umfelderkundung war ich bei einem Händler auf einen Yaris 1.5 Dual VVT-i in Manganbronze gestoßen. Baujahr 2021, optisch ohne jeden Makel und trotzdem recht günstig, weil er schon 80.000 Kilometer auf der Uhr hatte.

Bei der Probefahrt fuhr er sich irgendwie nicht gut. Die Bremsen quietschten, an Leistung war wenig zu spüren und aus der Lüftung roch es nach Stracke. Trotzdem kaufte ich den Wagen ganz spontan, weil ich aus dem Bauch heraus das Gefühl hatte: Das ist mein Auto.

Bevor ich den Wagen Mitte August in Empfang nahm, machte der Händler noch die vorderen Bremen neu und reinigte die Klimaanlage. Damit war der Strackegeruch weg, der Wagen bremste vernünftig  und fuhr sich auch gleich besser. Das Ansprech- und Fahrverhalten wurde ohnehin in den nächsten Wochen deutlich besser. Obwohl die Vorbesitzerin mit dem Wagen jeden Tag 140 Kilometer zu Arbeit und zurück gefahren war, hatte sie ihn, glaube ich, einfach nicht genug gefordert.

Ich finde das Design des Wagens einfach großartig. Im Ernst, ich finde, der Yaris ist einer der hübschesten Kleinwagen überhaupt. Die Karosserie ist sanft geschwungen, das Heck ausgestellt, die schwarzen Alufelgen wirken crisp, die Front erinnert an klassische Aston Martins. Ab dem Moment des Kaufs und bis heute zaubert mir der Anblick des Wagens ein Lächeln ins Gesicht, wenn ich ihn nur sehe.

Startprobleme

Dennoch machte mir der Yaris erstmal keine Freude. In der “Team D”-Edition verfügt er über ein adaptives Fahrsystem, das mittels Kamera und einem Radar gesteuert wird. Genau dieser Radarsensor fiel dauernd aus, zudem hing die hintere Bremse und löste sich nicht sofort, wenn man losfahren wollte.

Es brauchte ein halbes Dutzend Besuche in der Werkstatt, bis der Händler beides in den Griff bekam. Vor dem Radarsensor, stellte sich nach der Demontage der Front heraus, klemmte ein handgroßes Stück Borke von einem Baum – dass das Auto da nicht durchgucken kann, ist klar.

Die hinteren Bremsen hatten undichte Bremszylinder und wurden letztlich komplett ausgetauscht. Das war Anfang Januar, und seitdem ist alles gut und ich habe wirklich große Freude an dem neuen Wagen.

Leistung, Fahrgefühl & Verbrauch

Den Yaris gibt es ab Modelljahr 2023 nur noch als Hybrid, und das ist gut so. Ich hätte ihn auch als Hybrid genommen, aber zu dem Zeitpunkt als ich suchte gab es hier keinen gebrauchten. Mein Yaris ist ein reiner Dreizylinder-Benziner mit 1,5 Litern Hubraum und 125 PS.

Unter Berücksichtigung des geringen Gewichts des Wagens, knapp über 1.000 Kilo, klingt das nach viel Leistung. Ist es aber nicht. Der Yaris ist im Stadtverkehr spritzig, aber ich merke überdeutlich, dass der Motor keinen Turbo hat. Hätte nie gedacht, dass sich das so dermaßen bemerkbar macht, aber wo der Seat Leon 1M beim Druck auf das Gaspedal abging wie eine Rakete, hat der Yaris deutlich zu kämpfen. Von 0 auf 100 braucht er 10,2 Sekunden. Damit ist er keine Wanderdüne, aber von einer Rakete weit entfernt und nach 125 PS fühlt sich das nicht wirklich an. Ist nicht schlimm, aber schade – Überholen auf Landstraßen überlege ich mir lieber dreimal.

Immerhin ist der “Dynamic Force”-Motor nicht superdurstig. Im Stadtverkehr nimmt er sich mit Winterreifen und eingeschalteter Klimaanlage 6,5 Liter, Landstraße möchte er 4,8-5,1 Liter. Damit liegt er rund einen Liter über dem Verbrauch des Hybridmodells aus dem selben Jahrgang, aber erstaunlicherweise 0,5 Liter unter dem Verbrauch des roten Aygo, und das obwohl der nur 69 PS hatte.

Schuhwerk und Handling

Apropos Reifen: Serienmäßig kommt der Yaris Team D auf 195/60ern und 16 Zoll Alufelgen daher. Das ist hybsch für den Sommer, aber Dooferweise gibt es für die Wintermonate keine Stahlfelgen. Ich musste allen Ernstes winterfeste und speziell verstärkte Alufelgen anschaffen, die in Kombination mit den mittlerweile notwendigen Sensoren keine günstige Investition waren. Zusammen mit den guten Conti Wintercontact TS870 kostete ein Rad über 300 Euro. Aber nun, ich traue halt Allwetterreifen nicht.

Mit einer handlichen Länge von nur 3,95 Metern und einer Breite von 1,74 passt der Yaris auch in kleine Parklücken. Beim Einparken hilft die straffe, aber sehr leichtgängige Lenkung und die gute Rundumsicht sowie die serienmäßige Heckkamera.

Ausstattung

Das Bild der Heckkamera wird auf einem 11-Zoll-Touch-Display in der Mitte des Armaturenbrettes angezeigt. Das beherrscht auch kabelgebundes Carplay, um Apps für Navigation, Medienwiedergabe und Kommunikation vom Smartphone zu spiegeln.

Ein weiteres kleines Display sitzt hinter dem Lenkrad und zeigt Infos zum Fahrzeug, z.B. Reifendruck, Reichweite und aktueller Verbrauch, aber auch die Uhr und das Thermometer werden hier eingeblendet. Links und rechts davon sitzen digitale Anzeigen, die in einem ungewöhnlichen “Fernglas”-Design gehalten sind.

Das rechte Instrument zeigt Geschwindigkeit, Tankstand und Kühlertemperatur, das linke zeigt dagegen neben der (schlecht ablesbaren) Drehzahl nur an, ob man wohl hoch oder runter schalten sollte. Das ist ein wenig nutzlos, eine Ganganzeige wäre hier sinnvoller gewesen. So drängt sich der Eindruck auf, dass es das Instrument nur gibt, weil der Designer unbedingt Symetrie wollte. An die Digitalanzeigen musste ich mich erst ein wenig gewöhnen – immerhin habe ich noch nie ein so neues Auto besessen wie diesen Toyota, in der Regel waren meine Fahrzeuge immer so um die 8 Jahre alt, wenn ich sie kaufte.

An meinem Yaris finde ich zwei Dinge besonders gut:

1. Knöppe. Ich stehe auf haptische Knöpfe und Drehregler die ich wirklich anfassen kann. Nicht um des Fummelns willen, sondern weil ich das Auto damit blind bedienen kann, ohne den Blick von der Straße zu nehmen.

Der Yaris hat keine Touchbedienungen, die zum Fahren notwendig wären. Selbst das Touchdisplay auf dem Armaturenbrett hat noch zusätzliche Knöpfe am Rand, mit dem es sich auch mit Handschuhen bedienen lässt.

Daneben gibt es echte Kombi-Drehregler für Heizung, Belüftung und Klimaanlage – die lassen sich einfach so mit einem Handgriff verstellen, ohne das man in drei Untermenüs des Bordcomputers swipen muss!

Das Lenkrad sieht überladen aus, weil es zig Tasten und zwei bidirektionale Wippen besitzt, aber das lässt sich schnell erlernen, und mit etwas Übung lassen sich hierüber blind der Bordcomputer steuern, die Spracherkennung aktivieren, Mediensteuerung vornehmen und der Tempomat oder der Limiter einstellen. Geil. So muss das sein.

2. Er nervt nicht. Obwohl er sinnvolle Technik verbaut hat, wie den SOS-Notruf, gehört mein Yaris zum letzten Jahrgang, der noch keinen nervtötende Unfug wie die Geschwindigkeitswarnung verbaut hat. Das ist ja jetzt EU-Vorschrift. Klar, mein Yaris hat eine Verkehrszeichenerkennung und weist durch eine dezente Einblendung darauf hin, dass ich vielleicht zu schnell fahre. Aber er gibt keine Warntöne von sich, und ist damit das Modell mit der besten Technik, bevor die durch Vorschriften Scheiße wurde.

Überhaupt, die Technik. Japanische Fahrzeuge haben den Ruf, zuverlässig und ausgereift zu sein, aber sie sind nicht als die Speerspitze der Digitalisierung bekannt. Technische Gadgets und Apps, mit denen die Chinesen jede Ecke ihrer Fahrzeuge Pimpen, findet man bei japanischen Autos entweder nie oder erst nach Jahren. Umso erstaunter war ich, wie gut die Digitaltechnik im Yaris funktioniert.

Die Verkehrszeichenerkennung funktioniert besser als in dem 2020er Audi A4, den ich gelegentlich als Firmenwagen fahre. Das ist wichtig, weil neue Autos anfangen zu piepen, wenn sie denken man führe zu schnell. Das macht der yaris grundsätzlich nicht, aber er erkennt Geschwindigkeitsbegrenzungen zuverlässiger als der Mittelklasse-Audi.

Dito funktioniert der adaptive Tempomat und der Spurhalteassistent. Sind die aktiviert, kann man auf der Landstraße oder Autobahn den Fuß vom Gas nehmen und sich zurücklehnen. Der Yaris folgt dann der Straße von allein. Er lenkt selbst, hält Abstand zu vorausfahrenden Fahrzeugen und bremst, wann immer nötig. Geschwindigkeitsanpassungen funktionieren mit einem Automatik natürlich noch besser als mit meinem Schaltwagen, bei dem ich gelegentlich den Gang wechseln muss. Der Punkt ist aber: Es funktioniert, und zwar richtig gut.

Ebenso die Erkennung anderer Fahrzeuge und Hindernisse auf der Fahrbahn. Wenn der Yaris mit seinem Radar einen unbeleuchteten Radfahrer mitten in der Nacht über die Bundesstraße eiern sieht, tut er das durch einen schrillen Alarmton kund, um dann – falls ich nicht reagiere – selbst eine Gefahrenbremsung einzuleiten. Tatsächlich hat uns der Wagen schon mal gerettet, als ein vorausfahrendes Fahrzeug mit defekten Bremsleuchten auf freier Strecke unvermittelt eine Vollbremsung von Hundert auf Null hinlegte – da hat der Yaris schon bis ins ABS rein gebremst noch bevor ich begriffen hatte was los war. Dieses Notsystem funktioniert also super.

“Hä? Na und? Das ist ja wohl das mindeste” könnte man jetzt denken, aber wer schonmal einen Skoda Fabia gefahren hat, der schon beim Zurollen auf eine rote Ampel panisch roten Fehlalarm gibt, oder einen VW Polo gefahren ist, der auf der Autobahn beim Überholen permanent Abstandswarnungen akustisch kund tut, oder einen Audi, der entgegenkommende Fahrzeuge mit seinem Fernlicht blendet, weil er sie nicht erkennt – der weiß die unaufdringliche Zurückhaltung und die Zuverlässigkeit von Toyota zu schätzen.

Was ebenfalls fein funktioniert ist das Keyless-System. Ich war und bin da immer etwas mißtrauisch: Autos, die sich bei Annäherung des Fahrers erst selbstständig beleuchten und dann entsperren, schien mir unnötiger Luxus bei gleichzeitiger krasser Erhöhung der Diebstahlsgefahr. Diebe können bei den meisten Fahrzeugen das Schlüsselsignal sehr einfach verlängern und mit dem Auto wegfahren. Deshalb habe ich das bei mir auch meist ausgeschaltet, was über eine einfache Konfigurationseinstellung im Mitteldisplay geht. Ich muss aber auch zugeben: Ist schon nice, wenn man keinen Schlüssel mehr braucht und den Wagen auf Knopfdruck starten kann. Und immerhin ist Toyota clever: Der Funkschlüssel enthält einen Bewegungssensor. Verspürt der keine Bewegung, z.B. weil der Schlüssel im Haus am Schlüsselbrett hängt, sendet der Schlüssel einfach nicht. Warum machen das nicht alle Hersteller?

Was gibt es sonst noch zu berichten?

The Good:

  • Der Yaris ist ein kleines Raumwunder, in dem vier Personen bequem Platz finden, auch wenn Menschen über 1,90 auf den hinteren Plätzen keinen Spaß haben dürften.
  • Er ist nicht luxuriös ausgestattet, aber auch nicht billig. Abgesehen vom Lederlenkrad sind die Materialien nichts besonderes, aber immerhin knarzt und quietscht im Innenraum nichts.
  • Die Heizung könnte besser sein, ist in Kombination mit der Klimaanlage aber Okay.
  • Der Kofferraum ist klein, aber immerhin ausreichend für zwei Kisten Wasser.
  • Die Beleuchtung ist komplett LED, vorne mit Matrix-Scheinwerfern – deren Lichtausbeute ist phänomenal.
  • Auch bei sehr schneller Fahrt (190 schafft er lt. GPS) liegt der Wagen ruhig auf der Straße
  • Lässt man den jährlichen Service in einer Toyota-Werkstatt machen, verlängert sich die Werksgarantie auf bis zu 15(!) Jahre

The Bad:

  • Bei schneller Fahrt wird der Wagen recht schnell sehr laut, da ist deutlich zu merken, dass bei der Dämmung gespart wurde.
  • Das Fahrwerk ist zu weich, dafür wie der Wagen liegt und sich fährt müsste sie viel straffer sein.
  • Es gibt kein Reserverad mehr, nur noch Notfall-Pampe und einen Kompressor

The Ugly:

  • Der downgesizte “Dynamic Force” (höhö) Motor ist neu und kann Kinderkrankheiten aufweisen. Dazu gehört Lochfrass am EGR Hitzetauscher, was auf mangelhafte Beschichtung zurückzuführen ist. Toyota erkennt das nicht als Garantiefall an und wieselt sich mit “Bestimmt haben sie zu agressives Benzin getankt” raus. Mein Yaris gehört zu den betroffenen Baureihen ist, ob er wirklich was hat, wird die Zeit zeigen.

Alles in Allem: Ich bin aktuell SEHR zufrieden mit meinem Yaris. Klein, wendig, extrem gutaussehend, wenig Firlefanz, haptische Knöppe, sparsam – der ist wie für mich gemacht.
Schade nur, dass er ein Benziner ist. Damit sind seine Tage jetzt schon gezählt.

Reisetagebuch Japan (22): Zurück auf Anfang

Reisetagebuch Japan (22): Zurück auf Anfang

Das Reisetagebuch in Japan. Heute schließt sich ein Kreis, ich treffe einen alten Bekannten aus dem Nachbarort und in Kamurocho bereitet man sich auf Ausschreitungen zu Halloween vor. Ach ja, und: Eggslut!

Dienstag, 29. Oktober 2024, Yokohama
Ich schlafe relativ lange aus, bis kurz vor Acht, dann laufe ich zum lokalen Bahnhof am Baseball-Stadion von Yokohama.

Von dort nehme ich den Zug vom Stadion zum Fernbahnhof Shin-Yokohama und dann geht es in einem kurzen, nur 15 Minuten dauernden Schnellzug-Hüpfer weiter nach Tokyo. Ja, der Kreis schließt sich – als ich vor mitlerweile vier(!) Wochen in Japan ankam, habe ich in Tokyo die ersten vier Tage verbracht, und nun werde ich die Reise hier ausklingen lassen. Aber gaaaaaanz langsam, ein paar Tage habe ich noch.

In Shinjuku springe ich aus dem Zug und finde schnell einen Coinlocker für den Rucksack.

Der Bahnhof Shinjku ist GIGANTISCH, und ich versuche mir ganz genau einzuprägen, wo das Schließfach ist. Zur Sicherheit mache ich Fotos nach allen Seiten

Ich mache auch Bilder von dem, was man sieht, wenn man aus dem nächstgelegenen Ausgang tritt.


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Momentaufnahme: April 2025

Momentaufnahme: April 2025

Herr Silencer im April 2025

“Una Pasquetta col sole si vede solo ogni morte di Papa!”
“Gutes Wetter an Ostermontag gibt es nur, wenn der Papst stirbt.”

Das ist ein italienisches Sprichwort. Denn in Italien macht man am Ostermontag mit seiner Familie einen Ausflug mit Picknick, und dazu wird draußen gegrillt und immer, immer ist das Wetter schlecht.
Nun ist an diesem Ostermontag 2025 wirklich ein Papst gestorben, und das Wetter an dem Tag war bombig.
Franziskus hat für eine gute Pointe echt alles gegeben.

Wetter: Anfang des Monats wieder absolut trocken und sonnig, dabei aber schweinekalt: Nachts bis -3 Grad, dafür tagsüber mal 10, mal 20 Grad. Mitte des Monats regnet es – endlich! – und die Natur macht Puff! und ist plötzlich wach und grün. Kalt bleibt es aber, bei 4 bis 12 Grad fühlt sich dieser April an wie ein November. Letzte Woche dreht die Temperatur dann hoch, morgens sind es noch 6 Grad, Nachmittags aber 23.


Lesen:

Walter Moers: Die Insel der 1000 Leuchttürme [2023, Kindle]
Der dichtende Saurier Hildegunst von Mythenmetz hat eine Erkältung und versucht diese auf der Insel Eydernorn zu kurieren. Hier entdeckt er eine Allergie gegen Seewasser, was es mit Krakenfieken auf sich hat und ob er das Zeug zum Leuchtturmwärter in sich trägt.

Ach, Moers. Das Hardcover hat 635 Seiten, und auf den ersten 400 davon wird nur die Insel Eydernorn beschrieben, in allen Details – Fauna, Flora, Mahlzeiten. Wie immer mit überbordender Fantasie, aber leider ohne Handlung. Eine schlichte Nummernrevue, die der Autor dadurch rechtfertigt, dass die Erzählung eine Reisekorrespondenz sei – Hildegunst schreibt seinem alten Freund Hachmed Briefe, und die können natürlich jeder für sich stehen. Moers WEISS sogar, dass es zu viel ist, und hat einen der der besonders detaillierten und unzusammenhängenden Beschreibungen in den Anhang ausgelagert, mit einem Verweis, dass es bei den Beschreibungen mit ihm durchgegangen ist.

Nach 400 Seiten fantasievoller Langeweile passiert dann endlich was. Das ist durchaus actiongeladen und knüpft an die Funktionsweise des ersten Indiana-Jones-Filme an: Der Held ist kein Akteur, er ist beim Abenteuer nur dabei. Die unvermittelte Action entschuldigt aber nicht für zwei Drittel Leerlauf und fällt nach hinten raus auch ziemlich auseinander.

Ich habe immer zu kämpfen, wenn nichts passiert, was erklärt, warum ich seit Dezember an dem Schinken herumgelesen habe.


Hören:


Sehen:

Konklave [2024, VOD]
Der Papst ist tot. Kardinäle aus der ganzen Welt reisen nach Rom, um aus ihren Reihen einen neuen zu wählen. Die Wahl wird die Zukunft der Kirche beeinflussen: Wird der neue Papst ein moderater Technokrat ohne Vision? Oder einer, der die Kirche weiter reformiert und öffnet? Oder wird es ein Konservativer, der sie 60 Jahre in der Zeit zurückführen und einen nationalistischen Kulturkampf gegen Sexualitäten, Zuwanderung und den Islam beginnt?

Diese Fraktionen ringen um Einfluss über die unentschlossenen unter den Kardinälen, und je öfter abgestimmt wird, umso mehr verschieben sich die Kräfte.

Ui, was für ein toller Film. Nicht nur, weil er gerade ungeahnt aktuell ist und man viel über das anstehende Konklave in der echten Welt lernen kann.

Nein, er ist auch toll, weil er sich ganz auf seine Darsteller konzentriert und auf die Macht seiner Bilder und Motive: Bei Aufnahmen vom oder im Petersdom oder der Sixtinische Kapelle wird sehr genau auf das richtige Licht und einen originellen Kamerawinkel geachtet. In meist statischen Einstellungen werden damit Bilder kreiert, die teils wie Renaissancegemälde von Tintoretto wirken, und die man im Nachgang kaum vergessen kann.

Ralph Fiennes, John Lithgow und Stanley Tucci machen einen tollen Job und bekommen genug Raum um zu zeigen, was für gute Schauspieler sie sind. Nicht erkannt habe ich Isabella Rossellini in einer Nebenrolle.

Die Geschichte wird ruhig und langsam erzählt, ist aber so wendungsreich und spannend, dass es keine Sekunde langweilig wird. Ein Twist am Ende setzt noch einmal einen ganz besonderen Punkt, der zum Nachdenken anregt und den man so schnell nicht vergisst.

Mir wurde der Twist leider so en passant in einem Spiegel-Interview gespoilert, aber wenn man unvorbereitet in den reinläuft, ist das sicherlich nochmal wirksamer.

Anwärter auf “Film des Jahres”.

Longlegs [2024, VoD]
Ein Serienkiller geht in den 1990ern um, und eine junge FBI-Agentin versucht ihn zu fangen. Bald stellt sich heraus, dass der Killer und die junge Frau eine Beziehung zueinander haben müssen – nur welche?

Sehr düsterer Film, in mehrfacher Hinsicht. Zum einen ist er entsättigt und unglaublich dunkel gedreht, ohne ein HDR-Display muss man in vielen Szenen wirklich raten, was da gerade passiert.

Zum anderen ist die Story verwickelt und am Ende so düster, dass es einen noch tagelang beschäftigen kann. Mir persönlich ist der Genremix zu viel – “Longlegs” fängt an wie ein FBI-Film, geht dann in Serienkiller-Grusel über und endet bei einer Mär über Satanisten, die einen vermutlich nochmal mehr gruselt, wenn man die Satanisten-Hysterie in den USA mitgemacht hat.

Kein spannender, aber ein sehr gruseliger Film, der einen noch lange verfolgt und dessen Atmosphäre nicht mal die völlig farblose Hauptdarstellerin und ein overactender Nicholas Cage unter zwei Tonnen Makeup kaputt bekommt.


Die Fotografin [2024, VoD]
Im Jahr 1930 ist die Welt in Südfrankreich noch in Ordnung, und Ex-Fotomodel und Fotografin Kate Winslet genießt das Savoir Vivre der Boheme. Das ändern sich, als der zweite Weltkrieg ausbricht und sie Kriegsfotografin für die Vogue wird – erst im vom Blitzkrieg verheerten London, später in den befreiten Konzentrationslagern.

Ein Portrait der Fotografin Lee Miller. Die Frau führte WIRKLICH ein abenteuerliches Leben. Der Film lässt sogar einige Episoden aus (wie z.B. das sie Picasso kennenlernte und der sechs Bilder von ihr malte) – vermutlich weil es sonst doch zu unglaubwürdig würde.

Immerhin ist die Entstehung von Millers bekanntestem Werk nachgestellt: The Woman in Hitlers Bathtub, das sie selbst in der Badewanne in Hitler Appartement in München zeigt. Für den Film wurde das bis ins Detail von Anne Leibovitz nachgestellt.

Äußerst interessant, und das die historischen Ereignisse von einer Handlung in den 70ern gerahmt werden, die die Geschehnisse stellenweise einordnet und bewertet, ist ein interessanter Kniff. Kate Winslet ist natürlich und wie immer absolut großartig.

Shogun [1980, BluRay]
Um 1600: Richard Chamberlain ist Navigator eines Handelsschiffes, das an der Küste Japans strandet. Zufällig bekommt er die Ambitionen eines Lords mit, der durch Intrigen und Gewalt zum Shogun, zum Alleinherrscher über Japan, werden will. Chamberlain wird zu dessen Vertrauten und später zum ersten nicht-japanischen Samurai.

Anfang der 80er war der jüngst verstorbene Richard Chamberlain DER TV-Star schlechthin. Ich war 1980 erst 5 Jahre alt, bekam aber mit, wie sie bei jeder neuen Folge “Shogun” oder “Dornenvögel” die Familie um den Fernseher versammelte.

“Shogun” hatte ich mir vor 5 Jahren mal auf BluRay gekauft, einen Blick hinein geworfen und sofort ausgemacht. Der Grund: Die BluRay-Auflösung zeigt gnadenlos, wie grässlich damals die Maske war. Theatermäßig und billig geschminkte Gesichter, Klebekanten von Perücken, aufribbelnde Kostüme – all das, was man in der normalen TV-Auflösung nicht sah, springt einem hier gnadenlos ins Auge.

Trotzdem hat die Serie ihren Reiz. Neben Chamberlain spielt hier zum Beispiel der grandiose John Rhys-Davies als Portugiese mit, es wird erstaunlich viel geflucht und die Handlung ist durchaus spannend und unerwartet… spicy. Schon nach kurzer Zeit nimmt man die Klebekanten nicht mehr wahr und ist ganz im Bann der spannenden Geschichte.

Interessant: Die 600 Minuten vergehen wie im Flug und haben praktisch keine Längen. Damit guckt sich die 45 Jahre alte (!) Serie besser als die meisten Netflix-Produktionen, die aus dem Stoff eine Serie mit vier langatmigen Staffeln gemacht hätten, um sie dran mitten drin abzusetzen.


Spielen:

Duolingo. Ich verstehe zwar nach wie vor das Konzept dieser Sprachlern-App nicht, weil hier keinerlei Grammatik vermittelt wird, aber wenn man schon um Konjugationen weiß und sich selbst und außerhalb der App um den Rest kümmert, ist sie zum Vokabeln lernen tauglich.

Vor Allem aber ist die App mit Punkten, Gems, Ligen und Ranglistenso so dermaßen durchgamifiziert, das es irgendwann gar nicht mehr ums Sprachenlernen geht, sondern nur noch darum, möglichst viele Punkte zu machen und Schlumpfbeeren einzusammeln. Damit man das nicht vergisst, terrorisiert einen die App quasi stündlich mit Remindern.

Lässt man sich auf die Terroreule ein, ist sie ein Zeitfresser sondergleichen. Nachdem ich nach langen drei Wochen das Spitzenturnier in der Diamant-Liga gewonnen habe und mir nichts mehr beweisen muss, werde ich die Zeitinvestition nun wieder zurückfahren.

Zumal mir ewig wiederholte Sätze wie “Lei è una cuoca e lui è un cuoco” (Sie ist eine Köchin und er ist ein Koch) oder “La moschea e lì ma il museo e lontano” (Die Moschee ist dort aber das Museum ist weit weg) oder “Ho bisogno di trè père per la mia torta perchè i miei vicini dovete preparare i biscotti” (Ich brauche drei Birnen für meine Torte weil meine Nachbarn Kekse vorbereiten müssen) und ähnliche Absurditäten langsam aber sicher zum Hals raushängen.


Machen:
Enduro-Training in Stadtoldendorf.


Neues Spielzeug:

Eine Osmo Acton 5 Pro. Liegt hier schon seit dem letzten Black Friday rum, jetzt habe ich sie mal ausprobiert. Die aktuellste Actionkamera von DJI ersetzt die Garmin VIRBs am Motorrad. Die VIRB XE fand ich ja eigentlich perfekt, aber die sind leider in die Jahre gekommen – bei zwei von dreien ist der Bildstabilisator ausgefallen, bei allen wurde das Bild immer dunkler und verrauschter. (Können Fotochips bzw. Linsensysteme degraden?)

Dieses Problem hat die Osmo 5 Pro nicht. Das Bild ist knackig, hell und, den Sehgewohnheiten am Handy angepasst, sehr gesättigt, aber ohne komplett unnatürlich auszusehen. Die Akkulaufzeit beträgt gigantische drei Stunden, das bekommt aktuell keine andere Actioncam hin.

Problem der Kamera ist, wie bei Actioncams so häufig, die Fernbedienung. Die muss man extra kaufen. Immerhin funktioniert sie funktioniert, anders als bei manchen GoPros, zuverlässig. Aber: DJI hat in der Remote ein GPS-modul verbaut, was die Kamera von Haus aus nicht mitbringt. Das sorgt nicht nur dafür, dass die Fernbedienung arschteuer ist, sondern hat als Nebeneffekt auch, dass sie ständig aufgeladen werden muss und wohl mit einer Akkuladung kaum über den Tag kommt. Mal sehen, wie sich das so in meiner Praxis darstellt.


Ding des Monats:


Archiv Momentaufnahmen ab 2008