Herr Silencer im April 2025
“Una Pasquetta col sole si vede solo ogni morte di Papa!”
– “Gutes Wetter an Ostermontag gibt es nur, wenn der Papst stirbt.”
Das ist ein italienisches Sprichwort. Denn in Italien macht man am Ostermontag mit seiner Familie einen Ausflug mit Picknick, und dazu wird draußen gegrillt und immer, immer ist das Wetter schlecht.
Nun ist an diesem Ostermontag 2025 wirklich ein Papst gestorben, und das Wetter an dem Tag war bombig.
Franziskus hat für eine gute Pointe echt alles gegeben.
Wetter: Anfang des Monats wieder absolut trocken und sonnig, dabei aber schweinekalt: Nachts bis -3 Grad, dafür tagsüber mal 10, mal 20 Grad. Mitte des Monats regnet es – endlich! – und die Natur macht Puff! und ist plötzlich wach und grün. Kalt bleibt es aber, bei 4 bis 12 Grad fühlt sich dieser April an wie ein November. Letzte Woche dreht die Temperatur dann hoch, morgens sind es noch 6 Grad, Nachmittags aber 23.
Lesen:

Walter Moers: Die Insel der 1000 Leuchttürme [2023, Kindle]
Der dichtende Saurier Hildegunst von Mythenmetz hat eine Erkältung und versucht diese auf der Insel Eydernorn zu kurieren. Hier entdeckt er eine Allergie gegen Seewasser, was es mit Krakenfieken auf sich hat und ob er das Zeug zum Leuchtturmwärter in sich trägt.
Ach, Moers. Das Hardcover hat 635 Seiten, und auf den ersten 400 davon wird nur die Insel Eydernorn beschrieben, in allen Details – Fauna, Flora, Mahlzeiten. Wie immer mit überbordender Fantasie, aber leider ohne Handlung. Eine schlichte Nummernrevue, die der Autor dadurch rechtfertigt, dass die Erzählung eine Reisekorrespondenz sei – Hildegunst schreibt seinem alten Freund Hachmed Briefe, und die können natürlich jeder für sich stehen. Moers WEISS sogar, dass es zu viel ist, und hat einen der der besonders detaillierten und unzusammenhängenden Beschreibungen in den Anhang ausgelagert, mit einem Verweis, dass es bei den Beschreibungen mit ihm durchgegangen ist.
Nach 400 Seiten fantasievoller Langeweile passiert dann endlich was. Das ist durchaus actiongeladen und knüpft an die Funktionsweise des ersten Indiana-Jones-Filme an: Der Held ist kein Akteur, er ist beim Abenteuer nur dabei. Die unvermittelte Action entschuldigt aber nicht für zwei Drittel Leerlauf und fällt nach hinten raus auch ziemlich auseinander.
Ich habe immer zu kämpfen, wenn nichts passiert, was erklärt, warum ich seit Dezember an dem Schinken herumgelesen habe.
Hören:
Sehen:

Konklave [2024, VOD]
Der Papst ist tot. Kardinäle aus der ganzen Welt reisen nach Rom, um aus ihren Reihen einen neuen zu wählen. Die Wahl wird die Zukunft der Kirche beeinflussen: Wird der neue Papst ein moderater Technokrat ohne Vision? Oder einer, der die Kirche weiter reformiert und öffnet? Oder wird es ein Konservativer, der sie 60 Jahre in der Zeit zurückführen und einen nationalistischen Kulturkampf gegen Sexualitäten, Zuwanderung und den Islam beginnt?
Diese Fraktionen ringen um Einfluss über die unentschlossenen unter den Kardinälen, und je öfter abgestimmt wird, umso mehr verschieben sich die Kräfte.
Ui, was für ein toller Film. Nicht nur, weil er gerade ungeahnt aktuell ist und man viel über das anstehende Konklave in der echten Welt lernen kann.
Nein, er ist auch toll, weil er sich ganz auf seine Darsteller konzentriert und auf die Macht seiner Bilder und Motive: Bei Aufnahmen vom oder im Petersdom oder der Sixtinische Kapelle wird sehr genau auf das richtige Licht und einen originellen Kamerawinkel geachtet. In meist statischen Einstellungen werden damit Bilder kreiert, die teils wie Renaissancegemälde von Tintoretto wirken, und die man im Nachgang kaum vergessen kann.
Ralph Fiennes, John Lithgow und Stanley Tucci machen einen tollen Job und bekommen genug Raum um zu zeigen, was für gute Schauspieler sie sind. Nicht erkannt habe ich Isabella Rossellini in einer Nebenrolle.
Die Geschichte wird ruhig und langsam erzählt, ist aber so wendungsreich und spannend, dass es keine Sekunde langweilig wird. Ein Twist am Ende setzt noch einmal einen ganz besonderen Punkt, der zum Nachdenken anregt und den man so schnell nicht vergisst.
Mir wurde der Twist leider so en passant in einem Spiegel-Interview gespoilert, aber wenn man unvorbereitet in den reinläuft, ist das sicherlich nochmal wirksamer.
Anwärter auf “Film des Jahres”.

Longlegs [2024, VoD]
Ein Serienkiller geht in den 1990ern um, und eine junge FBI-Agentin versucht ihn zu fangen. Bald stellt sich heraus, dass der Killer und die junge Frau eine Beziehung zueinander haben müssen – nur welche?
Sehr düsterer Film, in mehrfacher Hinsicht. Zum einen ist er entsättigt und unglaublich dunkel gedreht, ohne ein HDR-Display muss man in vielen Szenen wirklich raten, was da gerade passiert.
Zum anderen ist die Story verwickelt und am Ende so düster, dass es einen noch tagelang beschäftigen kann. Mir persönlich ist der Genremix zu viel – “Longlegs” fängt an wie ein FBI-Film, geht dann in Serienkiller-Grusel über und endet bei einer Mär über Satanisten, die einen vermutlich nochmal mehr gruselt, wenn man die Satanisten-Hysterie in den USA mitgemacht hat.
Kein spannender, aber ein sehr gruseliger Film, der einen noch lange verfolgt und dessen Atmosphäre nicht mal die völlig farblose Hauptdarstellerin und ein overactender Nicholas Cage unter zwei Tonnen Makeup kaputt bekommt.

Die Fotografin [2024, VoD]
Im Jahr 1930 ist die Welt in Südfrankreich noch in Ordnung, und Ex-Fotomodel und Fotografin Kate Winslet genießt das Savoir Vivre der Boheme. Das ändern sich, als der zweite Weltkrieg ausbricht und sie Kriegsfotografin für die Vogue wird – erst im vom Blitzkrieg verheerten London, später in den befreiten Konzentrationslagern.
Ein Portrait der Fotografin Lee Miller. Die Frau führte WIRKLICH ein abenteuerliches Leben. Der Film lässt sogar einige Episoden aus (wie z.B. das sie Picasso kennenlernte und der sechs Bilder von ihr malte) – vermutlich weil es sonst doch zu unglaubwürdig würde.
Immerhin ist die Entstehung von Millers bekanntestem Werk nachgestellt: The Woman in Hitlers Bathtub, das sie selbst in der Badewanne in Hitler Appartement in München zeigt. Für den Film wurde das bis ins Detail von Anne Leibovitz nachgestellt.
Äußerst interessant, und das die historischen Ereignisse von einer Handlung in den 70ern gerahmt werden, die die Geschehnisse stellenweise einordnet und bewertet, ist ein interessanter Kniff. Kate Winslet ist natürlich und wie immer absolut großartig.

Shogun [1980, BluRay]
Um 1600: Richard Chamberlain ist Navigator eines Handelsschiffes, das an der Küste Japans strandet. Zufällig bekommt er die Ambitionen eines Lords mit, der durch Intrigen und Gewalt zum Shogun, zum Alleinherrscher über Japan, werden will. Chamberlain wird zu dessen Vertrauten und später zum ersten nicht-japanischen Samurai.
Anfang der 80er war der jüngst verstorbene Richard Chamberlain DER TV-Star schlechthin. Ich war 1980 erst 5 Jahre alt, bekam aber mit, wie sie bei jeder neuen Folge “Shogun” oder “Dornenvögel” die Familie um den Fernseher versammelte.
“Shogun” hatte ich mir vor 5 Jahren mal auf BluRay gekauft, einen Blick hinein geworfen und sofort ausgemacht. Der Grund: Die BluRay-Auflösung zeigt gnadenlos, wie grässlich damals die Maske war. Theatermäßig und billig geschminkte Gesichter, Klebekanten von Perücken, aufribbelnde Kostüme – all das, was man in der normalen TV-Auflösung nicht sah, springt einem hier gnadenlos ins Auge.
Trotzdem hat die Serie ihren Reiz. Neben Chamberlain spielt hier zum Beispiel der grandiose John Rhys-Davies als Portugiese mit, es wird erstaunlich viel geflucht und die Handlung ist durchaus spannend und unerwartet… spicy. Schon nach kurzer Zeit nimmt man die Klebekanten nicht mehr wahr und ist ganz im Bann der spannenden Geschichte.
Interessant: Die 600 Minuten vergehen wie im Flug und haben praktisch keine Längen. Damit guckt sich die 45 Jahre alte (!) Serie besser als die meisten Netflix-Produktionen, die aus dem Stoff eine Serie mit vier langatmigen Staffeln gemacht hätten, um sie dran mitten drin abzusetzen.
Spielen:

Duolingo. Ich verstehe zwar nach wie vor das Konzept dieser Sprachlern-App nicht, weil hier keinerlei Grammatik vermittelt wird, aber wenn man schon um Konjugationen weiß und sich selbst und außerhalb der App um den Rest kümmert, ist sie zum Vokabeln lernen tauglich.
Vor Allem aber ist die App mit Punkten, Gems, Ligen und Ranglistenso so dermaßen durchgamifiziert, das es irgendwann gar nicht mehr ums Sprachenlernen geht, sondern nur noch darum, möglichst viele Punkte zu machen und Schlumpfbeeren einzusammeln. Damit man das nicht vergisst, terrorisiert einen die App quasi stündlich mit Remindern.
Lässt man sich auf die Terroreule ein, ist sie ein Zeitfresser sondergleichen. Nachdem ich nach langen drei Wochen das Spitzenturnier in der Diamant-Liga gewonnen habe und mir nichts mehr beweisen muss, werde ich die Zeitinvestition nun wieder zurückfahren.
Zumal mir ewig wiederholte Sätze wie “Lei è una cuoca e lui è un cuoco” (Sie ist eine Köchin und er ist ein Koch) oder “La moschea e lì ma il museo e lontano” (Die Moschee ist dort aber das Museum ist weit weg) oder “Ho bisogno di trè père per la mia torta perchè i miei vicini dovete preparare i biscotti” (Ich brauche drei Birnen für meine Torte weil meine Nachbarn Kekse vorbereiten müssen) und ähnliche Absurditäten langsam aber sicher zum Hals raushängen.
Machen:
– Enduro-Training in Stadtoldendorf.
Neues Spielzeug:

Eine Osmo Acton 5 Pro. Liegt hier schon seit dem letzten Black Friday rum, jetzt habe ich sie mal ausprobiert. Die aktuellste Actionkamera von DJI ersetzt die Garmin VIRBs am Motorrad. Die VIRB XE fand ich ja eigentlich perfekt, aber die sind leider in die Jahre gekommen – bei zwei von dreien ist der Bildstabilisator ausgefallen, bei allen wurde das Bild immer dunkler und verrauschter. (Können Fotochips bzw. Linsensysteme degraden?)
Dieses Problem hat die Osmo 5 Pro nicht. Das Bild ist knackig, hell und, den Sehgewohnheiten am Handy angepasst, sehr gesättigt, aber ohne komplett unnatürlich auszusehen. Die Akkulaufzeit beträgt gigantische drei Stunden, das bekommt aktuell keine andere Actioncam hin.
Problem der Kamera ist, wie bei Actioncams so häufig, die Fernbedienung. Die muss man extra kaufen. Immerhin funktioniert sie funktioniert, anders als bei manchen GoPros, zuverlässig. Aber: DJI hat in der Remote ein GPS-modul verbaut, was die Kamera von Haus aus nicht mitbringt. Das sorgt nicht nur dafür, dass die Fernbedienung arschteuer ist, sondern hat als Nebeneffekt auch, dass sie ständig aufgeladen werden muss und wohl mit einer Akkuladung kaum über den Tag kommt. Mal sehen, wie sich das so in meiner Praxis darstellt.
Ding des Monats:
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Archiv Momentaufnahmen ab 2008