Review: Casino Royale (2006)
Die folgende Rezension ist schon ein wenig älter.
Gutes von gestern zum halben Preis, sozusagen. Damit sie nicht verschütt geht, schreibe ich sie hier totzdem hin:
Casino Royale
Man nehme:
2 Teile “24”
2 Teile “Bourne”
1 Schauspieler (Mimik nicht zwingend notwendig)
3 Frauen (gut aussehend)
1 Gegenspieler (schlecht aussehend)
garniere das ganze mit einer Prise Exotik und füge reichlich dreistes Product-Placement hinzu. Nach kurzem schütteln (oder rühren, sehe ich aus wie jemand, den das interessiert?) nur noch das Bondetikett aufkleben – fertig ist “Casino Royale”.
Mein Name ist Hype
Mal ehrlich, ich verstehe den Hype um “Casino Royal” nicht ganz.
Der Ansatz, Bond erdiger, realistischer und härter zu gestalten ist alles andere als neu. Das wurde zuletzt 1987 versucht, als Dalton die Rolle übernahm. Auch damals jubelte es durcheinander: “Ein neuer Bond für eine neue Generation von Zuschauern”, “Der härteste Bond den es je gab” “Rückkehr zu dn Wurzeln der Serie” usw, usf.
Kritiker mochten die Dalton-Filme, dennoch ging das Konzept nicht auf. Der Stilwandel, der sich an den großen Actionfilmen dieser Zeit orientierte, sorgte letztlich für so große Irritationen beim Publikum, dass wieder auf die bewährte Mischung zurückgegriffen wurde.
Nun orientiert sich der neue Bond an den gerade erfolgreichen Action-Thrillern.
Kann das auf Dauer gutgehen?
Mal gucken.
Wird die Zukunft zeigen.
Aber erstmal zu “Casino Royale”:
Soundtrack verursacht körperliche Schmerzen
Was mir beim Anschauen spontan aufgefallen ist: “Casino Royal” hat mit Abstand den schlechtesten Vorspann aller Zeiten und den scheußlichsten Titelsong seit des A-HA-Vorfalls.
Gruselig.
Und: Oh Schreck, das Bondthema ist weg!
Wie konnten die kaputten Soundtrackmenschen nur das klassische Bondthema über Bord werfen?
Das geht doch nicht!
Nunja, ganz weg ist es nicht.
Tatsächlich verbindet sich damit ein sehr cleverer Einfall. Zu Beginn des Filmes ist das Thema allenfalls stark variiert im Hintergrund zu erahnen. Im Verlauf treten einzelne Elemente deutlicher hervor, bis in der letzten Szene des Filmes – wenn Bond durch die vielen Prozesse der Story zu dem Charakter geworden ist den wir kennen, also quasi komplettiert wurde – das Thema in seiner klassischen Form episch ausgespielt wird.
Die Entwicklung der Figur wird durch die Musik illustriert.
Craig Bond
Daniel Craig als Bond ist physisch so präsent und im Einsatz wie Kiefer Sutherland in “24” – das sich die Macher von CR so einiges von dieser Serie abgeguckt haben, ist übrigens nicht nur an der albernen DeFi-Szene zu merken.
Die war schon bei 24 albern und peinlich und wird hier nicht besser.
Was haben wir gelacht.
Craigs Körpereinsatz steht übrigens im krassen Gegensatz zu seinem sonstigen Spiel. Geschätzte 1,5 Gesichtausdrücke reichen für 145 Minuten Spielzeit – was zur Folge hat, dass der Charakter selbst in gefühligen Szenen (und daran mangelt es nicht) distanziert und in Folge blaß und hohl wirkt. Wirklich schön ist das nicht, auch wenn da durchaus Gutes dabei war.
In der Summe
Ich unterstelle mal, dass ich einer der wenigen bin, die wirklich die Bücher Ian Flemings gelesen haben. Dort wird Bond so beschrieben wie Craig ihn gibt. Hart, brutal, hochintelligent, blitzschnell, “mit einem grausamen Zug um den Mund” der Frauen anmacht.
Dummerweise hatten die Bücher und die Filme nie wirklich viel miteinander zu tun. Bondfilme sind was ganz eigenes und leben von einer besonderen Mischung aus Charme, Action und – Phantasterei.
Dieses Rezept über den Haufen zu schmeißen ist mutig, und die neue Mischung funktioniert in Casino Royale halbwegs – auch aus dem Grund, weil sich der Film damit rausredet ein Prequel zu sein. Bond muss sich darin erst finden, da verzeiht man ihm leichter das der Stil des Filmes stark an beliebige Actionthriller angelehnt ist. Das wichtige Stilelemente und prägende Personen (Moneypenny kommt nur als Wortspiel vor, von Q, R oder vielleicht P ist nicht zu sehen) ersatzlos gestrichen wurden ist bestenfalls unnötig.
Unterm Strich
bleibt ein netter Film. Wirklich schlecht ist er nicht, ein echter Bondfilm aber auch nicht. Würde die Hauptfigur nicht zufällig James Bond heißen, hätten wir es hier einfach mit einem guten Agententhriller zu tun. So bleibt der Vorwurf der Beliebigkeit und ein seltsam fades Gefühl zurück.
Als wäre was Liebgewonnenes einer Mode geopfert worden.
6 Gedanken zu „Review: Casino Royale (2006)“
Ich darf hier ja keine Jungsfilme vergackeiern. Aber Dalton war trotzdem der einzig wahre Bond.
Ketzer! Der einzig wahre Bond ist und bleibt Sean Connery!
Aber ich dachte, in den Büchern sei Bond kein Trottel?
Abgesehen von mir ist nur Roger Moore ein wahrer Bond. 🙂
Ketzer. Alles Ketzer. Grummel…
Alle Bond sind gut bis auf Dalton. 🙂