Review: Van Helsing (2004)
Die folgende Rezension ist schon ein wenig älter. Gutes von gestern zum halben Preis, sozusagen. Damit sie nicht verschütt geht, schreibe ich sie hier totzdem hin:
1997
Fiel ich in den Karpaten nach einer zehnstündigen Fahrt erschöpft vom Motorrad. Nicht in ein Bett, sondern in einen Sandhaufen neben der kurvenreichen Bergstrasse – Überbleibsel eines längst weitergezogenen Bautrupps.
In den vergangenen Stunden hatte es wie aus Eimern geschüttet, und die mit Bitumen geflickte Strasse war so glatt wie mit Eis überzogen.
Ich hatte es bis hierhin ohne Sturz geschafft, aber ich war fertig und todmüde. Ich lag in diesem Sandhaufen, fühlte die vollgesogene Lederkleidung und die Müdigkeit an mir zerren und schaute über die dunklen Täler mit ihren Burgbebauten Hängen und in den Nachthimmel.
Die Wolken zogen an einem fast vollen Mond vorbei.
Wolken.
Nacht.
Mond.
Allein.
Mitten in den Karpaten.
Und es fühlte sich kein Stück unheimlich an.
2004
Nach dem Kinobesuch weiss ich auch warum: hier hatte schon jemand gründlich mit allem Unheimlichen aufgeräumt.
Genau Hundert Jahre vorher.
1897
Dr. Van Helsing – dem Mann können sie vertrauen.
“Ein Mann, drei Frauen, vierhundert Jahre Zeit…”
Was würde ein normaler Unsterblicher in einem Zeitraum von vierhundert Jahren tun? Anderen Leuten die Köpfe wegsäbeln und ständig miesepetrig durch die Gegend laufen?
Im Falle des Charakters von Dracula in “Van Helsing” ist die Sache klar: der Mann hat seinen Spass, und zwar ununterbrochen.
Die Folge ist eine ebenso bösartige wie lustig anzuschauende Brut, deren zahlenmäßige Überlegenheit geradezu nach einem Helden schreit.
Sommers. Stephen “Igor” Sommers.
Denn Igors sind bekannt dafür, dass sie Leichen ausgraben und so gut wie ALLES wieder zusammennähen können.
Und Regisseur Sommers hat mit diesem Film Leichen gefleddert wie ein Wilder und durch sein Flickwerk einen Homunkulus geschaffen, der in der “Liga der außergewöhnlichen Gentlemen” spielt: ein Großteil der altbekannten Horrorgestalten (Dracula plus Bräute, Frankenstein und Wolfsmensch – die Mumie taucht zum Glück nicht auf, aber die hat er ja schon in zwei anderen Machwerken zerhackstückt ) aus Schwarz-Weiß-Zeiten wird in eine zusammengestückelte Story geworfen, die einen ebenso zusammengestückelten Helden als Protagonisten hat.
Sommers “Van Helsing” ist eine viktorianische Mischung aus James Bond, Batman und Indiana Jones.
Allesamt Helden, die doch ein eher pre-adoleszentes Publikum ansprechen – und trotzdem macht es Spass, dieser neuen, alten Heldenfigur zuzusehen, wie sie sich in einer abgefahrenen Story behauptet.
Wenn die Geschichte bizarr ist, muss der Held es auch sein.
Bewundernswert: Hugh Jackman schafft es tatsächlich, diese doch SEHR abgefahrende Heldenmischung zu verkörpern.
Mit Bravour.
Manchmal reicht ein sarkastisches Kommentar in Verbindung mit einer markant hochgezogenen Augenbraue, um Jackman glaubwürdig scheinen zulassen.
Sein Van Helsing ist in jedem Fall der coolste Monsterjäger seit Weslay Snipes “Blade”.
PopCorn. Just PopCorn…
Mehr sollte man von diesem Film nicht erwarten, mehr bekommt man auch nicht.
Sommers hat sich hier voll ausgetobt, es kracht und brizzelt an allen Ecken und Enden, die Kameraführung ist schlimmer als der Big Whoop im Heidepark: permanent schwingen sich Leute an irgendwelchen Seilen in der Gegend rum, gerade gegen Ende kann selbst das emanzipierte Auge den Akteuren kaum noch folgen. Natürlich ist auch die Story absolut vorhersehbar und birgt kaum Überraschungen.
Warum auch?
Wir befinden uns in einem US-amerikanischen Blockbuster.
…aber COOL
Womit der Film richtig punkten kann: wir sehen alte Bekannte (Monster) wieder, im Gewandt des 21. Jahrhunderts. Einige der Effekte sind dabei spektakulär und sind so noch nie gezeigt worden (Werwolf-Metamorphose, Frankensteins Monster) andere sind lange nicht mehr gezeigt worden (David Bowie in “Labyrinth”) wieder andere sind – grottig. Sei´s drum, die Effektschlacht ist riesig, und es ist einfach purer Fun, Draculas Bräuten dabei zuzusehen, wie Kühe zum fliegen bringen und nebenbei ein ganzes Dorf zerlegen.
Abgesehen von den Effekten lohnt sich der Kinobesuch beiderlei Geschlechter allein wegen dem EyeCandy, und das noch nicht mal auf neuem Terrain: Hugh Jackman spielt souverän seinen Wolverine (nur noch nackiger als in X-Men), Kate Beckinsale setzt ihre Rolle aus “Underworld” fort – zwar auf der anderen Seite, aber genauso Domina-like und in ebenso hautengen Klamotten.
Fazit
Wer sich von dem Film nichts anders erhofft als Comic, Action, Abenteuer – wird nicht enttäuscht.
Wer seinem Leben einen neuen Sinn geben will – muss an anderer Stelle suchen.
“Van Helsing” ist nach der “Mumie” das neue Spielfeld von Sommers, der sich damit noch mehr Möglichkeiten geschaffen hat seine Kindheitsphantasien auszuleben.
Eine Fortsetzung folgt mit tödlicher Sicherheit.
Einzige Kritikpunkte: der Igor lispelt und hinkt nicht angemessen.
Ansonsten geht der Film, als das was er ist , echt in Ordnung: ein PopCornMovie, das unterhält.
Zerstörung und Action wird hier mit Spass an der Freude zelebriert, die Figuren und Darsteller sind cool gemacht – vorausgesetzt, der Zuschauer bringt ein gewisses Verständnis für das mit, was der Herr Hahn gerne als “Nerdig” bezeichnet – Begeisterung für Heldenfilme und -Comics.
Und ein Film der zeigt, warum es heutzutage vollkommen ungefährlich für Leib und Leben ist, in den Karpaten in einem Sandhaufen einzuschlafen.
Ein Gedanke zu „Review: Van Helsing (2004)“
Igor lispelt nicht? So ‘n Scheiß.