Dark Night Noir: Die große Enthüllung
Der kleine Dicke bewegte sich schon langsam in Richtung der großen Vier. Ich mochte die stillen Stunden der Nacht. Der Regen pladderte an den Scheiben runter, der Wind fegte Birnen vom Baum. Irgendwo bellte ein Hund.
Ich saß am Rechner im Wintergarten und durchstöberte die Weiten des Internets nach Hinweisen auf relevanten Dinge. Wie immer mit zweifelhaftem Erfolg.
Plötzlich klingelte das Telefon.
“Hallo?”
In der Leitung herrschte Stille. Nicht die Stille, die übrig bleibt, wenn man alle Geräusche wegnimmt, sondern die Stille, die jemand verursacht wenn er versucht leise zu sein – obwohl er an schlimmer Bronchitis leidet. Der Atem des Anrufers rasselte besorgniserregend.
“Ich habe…”, stieß der Unbekannte plötzlich hervor, “Informationen. Die müssen Sie unbedingt veröffentlichen! Ich habe schon viel zu lange geschwiegen!”
“Aha”, erwiderte ich, lehnte mich im Drehstuhl zurück und legte die Füße auf den Schreibtisch.
Meine bevorzugte Stellung.
Beim Telefonieren.
“Sie sind doch”, ächzte der Anrufer mit belegter Stimme, “Der Betreiber des relevantesten Blogs der Welt?”
“Ja, der bin ich”, erwiderte ich, steckte mir eine Zigarette an und einen Finger in die Nase. Das half mir beim Zuhören.
Der Anrufer atmete tief ein und nuschelte dann: “Hören Sie – ihr ganzes Leben lang haben sie schon das Gefühl das Etwas nicht stimmt. Etwas ist nicht richtig. Etwas Wichtiges ist schief gelaufen, und Sie spüren das. Sie fühlen es, wie einen dumpfen Schmerz am Rande Ihrer Warnehmung, als ob Ihnen ein Zehennagel eingewachsen ist oder als hätten sie einen Nagel im Kopf oder…”
“Langsam!” fuhr ich ihn an, “Bevor ich jetzt die Geduld verliere und nur mal so aus Spass gegen Ihre schiefen Metaphern trete und mich freue wie sie in sich zusammenfallen: Ich habe nicht ewig Zeit und heute Nacht noch viel vor. Also, worum gehts?”
Betretenes Schweigen dröhnte mir entgegen.
Schließlich hatte sich der Anrufer wieder gefasst.
“Ich bin geheimnisvoll”, krächzte er.
Okay, um der lieben Seele Frieden:
Schließlich hatte sich der GEHEIMNISSVOLLE ANRUFER wieder gefasst.
“Ich kann Ihnen so Einiges verraten. Aber zuerst müssen wir eine Vertrauensbasis aufbauen. Daher werde ich Ihnen jetzt, hier, heute Nacht, enthüllen..”, er legte eine dramatische Pause ein, “warum die Star Wars-Filme nie wieder die Qualität von “Empire” erreicht haben.”
Ich setzt mich auf und zog den Finger aus der Nase.
Mein Interesse war geweckt.
“Sehen Sie auf Ihren Bildschirm!”
Vor mir poppte das Mailprogramm auf. Unter dem Betreff “Enthüllt” zeigte sich mir ein erschreckendes Bild. Genauer gesagt: Gleich zwei erschreckende Bilder.
In Sekunden setzte mein Hirn die Puzzleteilchen zusammen. Und ich begriff. Ich verstand.
“Wie haben Sie das gemacht?” fragte ich tonlos.
“Ich habe einfach in Outlook auf “Senden” geklickt.”
“Das meinte ich nicht.”
“Was sie hier sehen”, keuchte der Anrufer, der geheimnisvolle Welche, “Ist die Wahrheit. Sehen Sie hin. Verschließen Sie nicht länger die Augen.”
“Anfang der Achtziger wurde George Lucas von Außerirdischen entführt, in Carbonit eingefroren und durch einen extraterrestrischen Rosenkohl ersetzt.”
Ich verzog das Gesicht. Ich konnte Rosenkohl noch nie leiden. Seit dem Zwischenfall in Istanbul hatte ich sogar eine regelrechte Phobie vor dem Zeug entwickelt.
“Jetzt begreifen Sie, stimmt´s?” fragte der anrufende Geheimnisvolle, “Die Ewoks in “Return” waren der erste Versuch des Rosenkohls, das popkulturelle Phänomen “Star Wars” zu zerstören. Damals konnten seine Versuche zurückgeschlagen werden, und es hat über 20 Jahre gedauert, bis er seine Kräfte wiedererlangt hatte. Dann schlug er mit geballter Macht zu, brachte Jar-Jar Binks und gleich drei neue Kinofilme, und nun, da trotzdem noch ein paar Anhänger vorhanden sind, produziert er Fernsehserien, um jeden Haushalt auf der ganzen Welt damit zu vergiften. Und nicht nur das…”
Mir stockte der Atem.
“…er legt jetzt auch schon seine schmierigen Griffel an…”
“Die Indiana Jones Filme”, hauchte ich.
“Die Indiana Jones Filme”, bestätigte der anvolle Geheimnisrufer, “Und das ist nur ein Teil des Komplotts.”
“Sind das die gleichen Außerirdischen, die auch James Cameron entführt haben? Und Scorcese? Und Francis Ford Coppola? Und Robert Zemeckis?” fragte ich aufgeregt.
“Nun, das…”, sagte der Anrufer mit unterdrücktem, geheimnisvollen Kichern, “erzähle ich Ihnen ein andernmal. Ich habe für heute Nacht schon genug gesagt. Sie müssen diese Informationen an die Öffentlichkeit bringen! Sie müssen Sie warnen!”
“Wen? Die Rosenkohlesser?”, fragte ich irritiert.
“Nein! Die Anderen! Die anderen Regisseure! Vor allem Christopher Nolan! ER ist der NÄCHSTE auf ihrer Liste!”
*Klick*
Der geheimnisvolle Aufleger hatte den Anruf beendet.
Ich saß zusammengesunken vor dem Bildschirm, den Hörer des Telefons noch in der Hand.
Der Regen schlug gegen die Scheiben. Draussen rummste eine Birne zu Boden. Ein Hund bellte irgendwo.
Den Rest der Nacht verbrachte ich damit, die Mailadresse von Nolan herauszufinden.
Und diesen Blogeintrag zu verfassen.
5 Gedanken zu „Dark Night Noir: Die große Enthüllung“
Herr Silencer, ich danke Ihnen! Solch einen brandheißen Beitrag erstmalig zu veröffentlichen, das ist mutig, das ist grandios! Das ist investigativer Journalismus, jawohl.
Als diensthabende Konspirationstechnikerin bin ich natürlich alarmiert, aber so was von!
Der Rosenkohlige hat Christopher Nolan ganz oben auf seiner Liste?
Ich bin alert. Ich werde jeden Rosenkohl zubereiten, der mir über den Weg läuft. Nein, ich gehe noch weiter: Ich werde jedem Rosenkohl auflauern. Rein präventiv, versteht sich. 😉
Rettet die Welt und Christopher Nolan vor dem Rosenkohligen!
Ich gelobe, ich werde jeden Rosenkohl, der meinen Weg kreuzt, eigenhändig verputzen! Für die gute Sache!
Siedet den Rosenkohl! So hart, bis er weichgesotten ist.
Herr Silencer, wir bevorzugen die gleiche Stellung.
Beim Telefonieren.
Jetzt weiß ich, warum Rosenkohl billiger wird: So können sie leichter noch Unschuldige infiltrieren! Zum Beispiel Harald Schmidt hat es inzwischen erwischt! Bleib’ dran, und wenn Du Nolans Mail-Adresse hast, vernichte sie am besten gleich, bevor sie in falsche Hände fällt (Ausdrucken und verbrennen!).