Orientierung im Servicedschungel
Schon gemerkt? Der Einzelhandel orientiert sich zunehmend an Konzepten großer Ketten.
In letzter Zeit hatte ich es in mehreren Geschäften mit schlechten Plagiaten des McDonald´s Konzepts “Zusatzverkauf” “Verkaufsförderung” “Gästeberatung” zu tun. OK, die haben das auch nicht erfunden, aber zumindest in Deutschland bekannt gemacht.
Beispiel 1:
Tabakwarenladen: “So, ihr Tabak. Noch Blättchen dazu?”
OK, Service.
Absurd aber: Beispiel 2
Bäckerei: “So, ihre Brötchen. Darf es noch ein Stückchen Kuchen dazu sein?”
Ich: “Nein, danke.”
Bäckereifachverkäuferin: “Vielleicht noch ein Kaffee zum mitnehmen?”
Ich: “Nein, danke. Nur die Brötchen. Das ist alles.”
Bäckereifachverkäuferin: “Unser Angebot der Woche ist übrigens das Achtkernbrot.”
Ich: “ARGH. Ich will doch nur Brötchen. Und endlich bezahlen!”
Warum ich das als schlechtes Plagiat bezeichne: Weil es auch für einen Zusatzverkauf Grenzen geben muss, sonst wird der Kunde genervt. Beim goldenen M weiß man das. Hier gilt die Regel: Nur eine Sache zusätzlich anbieten, und die muss zum Rest passen. Wenn der Gast sinngemäß “Das ist alles” äußert, darf nichts weiter angeboten werden. Das muss die Bäckerei erst noch lernen.
Bin gespannt, wie lange es dauert bis die Buchhändlerin im Laden so was sagt wie: “Darf ich Ihnen noch etwas empfehlen? Kunden, die Bücher von Terry Pratchett kauften, interessierten sich auch für…”
11 Gedanken zu „Orientierung im Servicedschungel“
in meiner Zeit bei McDo habe ich die “Verkaufsförderung” auch immer gehasst. Darfs noch etwas sein? eine Apfel- oder Kirschtasche?
Ganz schlimm. Und das nur, weil gefühlt alle 2 Millionen Kunden tatsächlich mal sagen: Ja klar. Jetzt wo sie es sagen…
Oh stimmt, Verkaufsförderung hiess es ja zwischendurch auch mal. Habe ich mal ergänzt.
Och, das haben wir im Schuhladen schon vor etlichen Jahren so gemacht. Wenn wir jemandem ein Paar Schuhe (oder zwei oder drei) angedreht hatten, kam an der Kasse noch das freundliche “Darf es noch ein Pflegemittel dazu sein?”. 🙂
Was mir seit Monaten im Servicebereich auffällt: Ausnahmslos alle sagen plötzlich “gern”. Bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit. Sehr irritierend, wer hat das erfunden?
Die Pflegemittelfrage HASSE ich ja. Bei Schuhen wie beim Friseur. Meist hat man eh alles daheim, wo es ungenutzt verstaubt.
@ Silencer
Wusste gar nicht, dass es jetzt Gästeberatung heisst. Klingt ja nobel.
@ Menschzweinull
Das werd ich gern recherchieren. 🙂
eben im Zeitschriften-/ Lottoladen:
ich bezahle meine Meer&Yachten (die Zeitschrift mit den teuren Yachten) und die Kassenfrau fragt: spielen Sie eigentlich Lotto, darfs noch ein Lottoschein sein?
😀
Zimtapfel: Passend. Würde bei mir als Service durchgehe.
M2.0: Das machen die schon länger, v.A. im süddeutschem Raum.
Schon-Zeit: So hiess es vor 5 Jahren, vielleicht heisst es jetzt schon wieder anders.
Markus: Da hat sie aber schlecht mitgedacht, oder? Meer&Yachten = Käufer hat selbst eine Yacht = Käufer ist reich und braucht kein Lotto mehr spielen.
Das wäre zumindest meine Gedankenkette.
Das Cross- und Up- und sonstiges Hin-und-her-Selling öffnet doch aber auch Raum für Kreativität. Mir schwebt da gerade so ein Dialog vor:
Bäckereifachverkäuferin: Darf’s noch etwas sein?
Kunde: Hmja. Also ein halbes Pfund Lammhack hätte ich gerne noch. Und ein Oberhemd, Kragenweite 39. Weiß, mit dezenten hellgrauen Streifen, wenn Sie haben. Und die Akkuschrauber, wo hatten Sie die noch mal gleich?
Bäckereifachverkäuferin: Jaaberääh, Sie sind hier in der Bäckerei!?
Kunde: Jetzt, wo Sie’s sagen…
Bei Tschiduscho ist das alles jeit Jahren möglich. Na gut, das Gehackte vielleicht nicht. Und Kaffee kaufe ich da auch nie 😀
Bee: Sehr schön, würde ich nur nie bringen – aus Mitgefühl gegenüber den Sienstleistungskräften.
WdW: Stimmt, Kaffee kaufe ich da nie. Nur Reizwäsche, Reizgas, reizende Knuddeltiere und Wäsche, die Hautreizungen verursacht.