Könnensenichmal vorbeikommen
Am Telefon:
Anruferin: “Tag, Stefanie Brunzel von ihrer Volksbank in K-Dorf. Ich würde mich gerne einmal mit Ihnen persönlich unterhalten.”
Uh? Habe ich was ausgefressen? Der Satz “Wir müssen miteinander reden” verheisst NIE Gutes. NIE.
Steffi Brunzel: “Sie sind schon sooo lange Kunde bei uns und wir haben sie in den letzten Jahren gar nicht persönlich beraten.”
Ich: “Stimmt. Seit 1996 nicht mehr. Was daran liegen könnte, das K-Dorf einfach 60 Km weit weg ist, ich da 1994 weggezogen bin und mein Konto nur noch aus nostalgischen Gründen bei Ihnen liegt. Und weil ich zu faul zum Wechseln bin.”
Steffi: “Prb. Aber wenn Sie mal vorbeikommen, dann können wir Ihnen unsere aktuellen Produkte vorstellen, es gibt soooo viel Neues!”
Ich: “Das brauche ich aber alles nicht, und ich komme auch nicht vorbei. Aber gut das Sie anrufen, ich brauche jetzt WIRKLICH mal eine private Kreditkarte. Den Antrag wollte ich online stellen und habe brav die drei Bildschirmseiten Formulare ausgefüllt, Beim Druck auf den “Absenden”-Knopf kam dann die Meldung, dass man sowas online nicht bearbeite. Was denn nun?”
Steffi: “Äh, ja. Das ist auf meinem Schreibtisch gelandet, also die Info das sie da was mit dem Internet und so. Deshalb rufe ich auch an. Wenn Sie vorbei kommen, können Sie den Antrag unterzeichnen.”
Ich: “Frau Brunzel, ICH KOMME NICHT VORBEI. Ich nehme mir nicht einen Tag Urlaub und verfahre für 120 Km Benzin nur um eine Unterschrift zu leisten oder mit Ihnen einen Kaffee zu trinken. Schicken Sie mir die Unterlagen bitte zu.”
Steffi: “Was spricht denn dagegen, wenn Sie nach Ihrem Feierabend vorbeikommen?”
Ich: “Mal sehen – Feierabend, eine Stunde Fahrzeit… sind Sie sicher, dass sie um 21 Uhr noch arbeiten? Bitte schicken Sie mir die Unterlagen zu, oder ich nehme das Angebot dieses Direktbank an, bei der Kontoführung UND Kreditkarte kostenlos sind.”
Steff: “Aber bei dieser Direktbank haben Sie dann KEINE PERSÖNLICHE BERATUNG!!!”
Ich: “Ich brauche auch keine persönliche Beratung! Für Leute wie mich sind Direktbanken ERFUNDEN worden. Und ausserdem habe ich bei Ihnen persönliche Beratung DOCH AUCH NICHT, weil Sie zu weit weg sind!”
Steffi: “Aber Sie KÖNNTEN vorbeikommen!”
Ich: “Will ich aber nicht!”
Steffi: “Dann schicke ich das jetzt per POST!!”
Ich: “GUT!”
Steffi: “GUT!!”
Ich: “Tschüss”
Steffi: “TSCHÜSS!!”
Die “Könnensenichmal vorbeikommen”-Anthologie:
Teil 1
Teil 2
Teil 3
Teil 4
12 Gedanken zu „Könnensenichmal vorbeikommen“
Könnte ein moderner Loriot-Sketch sein. 😉
Geht doch… Immerhin wollte sie nur über Produkte und nicht über “Lebensziele” sprechen. Das will “meine” Stefanie Brunzel immer mal wieder…
60km, wie süß. Bei mir sind es nur 600km südlich bis zur nördlichsten Filiale meiner Bank. Aber die beraten mich wenigstens am Telefon und per E-Mail gut. Kunststück. Wo kein Geld ist, muss nicht viel beraten werden.
Raven: In der Tat. Freu Dich auf die Fortsetzung, die ist noch Loriotesker.
Dünenwanderer: Oh, Lebensziele, ja, ganz groß. Das will so ein Finanzdienstleistungsberater auch immer mit mir tun. Oder waren das die Zeugen Jehovas?
Skriegel: So sehe ich das auch.
Yeah, Rock’n’Roll. Gut gemacht, ich verfahre in solchen Fällen auch immer nach der Devise: kein Applaus für Scheisse. Habe auch wenig Mitleid – die da draußen sollen ruhig merken wenn ihre Produkte nicht mehr in heutige Lebenswelten passen.
Nicht in Lebenswelten passen – schön formuliert. Ich hätte “weltfremd” gesagt.
Allein schon 7,50 Kontoführungsgebühr/Monat sind unverschämt. Begründung: Weil damit Onlinebanking möglich ist.
Ich soll also mehr Geld zahlen, weil ich weniger Arbeit mache. Aber ich greife vor…
Du kennst offenbar meine Lieblingsversicherung… der Laden, der das Kundenschindungsmanagement erfunden haben könnte…
Horst Kümselkorn: Ja guten Tach, Herr Bee, wir haben uns ja lange nich gesprochen, waswas?
Ich: Es war knapp, aber ich habe es überlebt. Was wollen Sie?
Kümselkorn: Also weil Sie ja in den letzten zehn Jahren gar keinen Schadenfall hatten, und da dachte ich, dass Sie eine Hausratversicherung…
Ich: Habe ich.
Kümselkorn: Nein, kann nicht sein. Ich sehe hier nur Glasbruch, Hochwasser, Sturmschaden, Herzinfarkt…
Ich: Herr Kümselkorn, ich habe eine Hausratversicherung. Seit zweiundzwanzig Jahren. Schönen Tag noch.
Kümselkorn: Nein, hammse nich! Ich seh hier nix, kann gar nich sein!
Ich: Die habe ich bei der Knallbingia, und jetzt ist mal gut. Wiederhören.
Kümselkorn: Herr Bee, wenn Sie jetzt nämlich wechseln würden, dann können Sie… öm-teröm-töm-töm… also das wären im Quartal… äääh…
Ich: Vergessen Sie’s einfach. Danke für Ihre Bemühung. Guten Tag.
Kümselkorn: Ja Moment, Herr Bee! Das sind Top-Konditionen! Soll ich heute Nachmittag mal bei Ihnen… oder am besten jetzt gleich auf der Stelle sofort?
Ich: Nein.
Kümselkorn: Wie jetzt? Sie sind doch zu Hause und…
Ich: Dies ist mein Geschäftsanschluss. Sie rufen hier in meiner Geschäftszeit in meinen Geschäftszeiten an.
Kümselkorn: Wissen Sie was, ich komme mal am Wochenende, dann könnense so ganz in Ruhe…
Ich: Für Sie noch mal zum Mitmeißeln: nein!
Kümselkorn: Kommt Ihnen mein Anruf etwa momentan nicht gelegen?
Ich: Herr Kümselkorn, ich erwarte gerade einen Rückruf von Partner Partner Friends & Partner.
Kümselkorn: Ja aber… Herr Bee, ich kann Ihnen doch ohne Wohnungsbesichtigung doch kein individuelles Angebot…
Ich: Herr Kümselkorn, danke fürs Geräusch. Angenehme Restexistenz.
Wenn dann das Telefon gestoppte dreißig Sekunden nach Gesprächsende klingelt, greife ich hektisch zu den Betablockern und schlage schnell in der Rechtsschutz-Police nach, ob sie einen Strafverteidiger bei Mord durch Zerfleischen zahlen.
Wow, Bee, ich lieg unterm Tisch. Mach da bitte einen eigenen Beitrag in Deinem Blog draus, hier sehen das zu wenige.
Ja bee – selber posten! Super Dialog 🙂
Ich liebe solche aus dem Leben gegriffenen Dialoge und freue mich schon auf die Fortsetzung!
So, endlich mal Zeit gefunden für die ganze Geschichte… unter nicht ganz alltäglichen Umständen und mit dem entsprechenden Ende 😉