Alte Worte

Alte Worte

“Blablabla Stein ist wohl zu?”, fragt Frau Lehring, die gute Seele, die für die Sauberkeit unserer Firmenräumlichkeiten zuständig ist. Die Dame geht hart auf die 70 zu und ist eine Seele von Mensch.

Ihr größter Stolz ist ihre Familie, dicht gefolgt von der Landwirtschaft. Sie schafft es, JEDES Thema innerhalb von zwei Sätzen auf entweder 1. Die Abenteuer ihrer Großenkel Kevin und Marvin oder 2. Wurst aus eigener Schlachtung zu drehen.

Das geht ungefähr so: “Gut ins neue Jahr gekommen?” “Ja, wir hatten ja so eine tolle Wursteplatte, dem Kevin war noch drei Tage später schlecht.”Anderes Beispiel: “Das Wahlergebnis war absolut eindeutig…”, Lehring: “Ja, die Merkel, die kann ja nichts. Sagt unser Großsohn noch so, als wir neulich beim Wursten waren. Das weiß ich so genau, weil der Marvinden Wurstpott ausgeleckt und sich dabei die Zunge aufgeschnitten hat, und der Kevin stand daneben und hat den ausgelacht wie der Marvin da so stand mit dem ganzen Blut im Mund.”

Für ein Gespräch mit Frau Lehring muss man einen robusten Magen haben, gerade als Vegetarier.

Eben habe ich ihr aber gerade überhaupt nicht zugehört. “Was ist mit Steinen? Was für Steine?”, frage ich etwas irritiert.
“Der Spülstein, der ist wohl zu?”, wiederholt sie geduldig.

Ich bin in Gedanken immer noch in einer anderen Welt “Wir haben hier keinen Spülstein. Brauchen wir doch gar nicht, hier gibt es doch diese Filterdinger in den Urinalen.”
Sie guckt mich an, als hätte sie es mit einem Volldeppen zu tun und spricht wie mit einem Kind: “Nein, der SPÜLSTEIN! Der SPÜ-Ühl-STEIN ist ZU.”

Langsam fällt bei mir der Groschen. “Meinen sie vielleicht, dass der Abfluss der Spüle in der Kaffeeküche verstopft ist?”
Sie verdreht die Augen. “Das sage ich doch die ganze Zeit! Und ich muss jetzt los, um viertel Eins fährt mein Bus”. “Wann?!”

Manchmal können mich alte Leute sprachlich echt abhängen.

5 Gedanken zu „Alte Worte

  1. Da ist der Groschen aber spät gefallen. Aber tatsächlich ist der Spülstein ein Relikt, das man vielleicht noch in alten Waschküchen findet. Apropos “Groschen fallen”. Ich frage mich, wann sich die nächste Generation dem Kopf zerbricht über den Ursprung des Sprichwortes, wie wir zur Zeit vielleicht über den Begriff “Kind und Kegel”.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

 


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.