Generisches Maskulinum oder: Wir hatten doch nichts, außer der taz
Alle die viel schreiben sehen sich irgendwann mit der Frage konfrontiert, wie in den eigenen Texten eigentlich mit den Geschlechterformen umgegangen werden soll. Einfach ignorieren? Also nur die männliche Form verwenden und auf Nachfrage erklären, dass ja sowieso und selbstverständlich beide Geschlechter gemeint sind? Oder konsequent gendern, als immer “die Besucherinnen und Besucher” oder kürzer “Besucher/-innen” oder mit Binnen-I “BesucherInnen” schreiben?
Letzteres verweigern viele Schreibende. Hauptargumente sind immer wieder “Ist doch überflüssig”, “Ist doch feministische Propaganda das man sowas braucht” und “das stört den Textfluss”.
Aus verschiedenen Gründen bin ich der Meinung das die Gleichbehandlung der Geschlechter nicht überflüssig ist. Sprache bildet, Sprache formt Verhalten und Gedanken. Es ist daher wichtig korrekt damit umzugehen. Die “Studenten zogen gröhlend durch die Strassen” lässt vor meinem inneren Auge gröhlende, ausschliesslich männliche Burschenschaftler vorbeiziehen. Früher habe ich das Binnen-I verwendet. Macht heute keiner mehr so, aber hey, Ende der 90er hatten wir nichts. Außer der taz.
Heute versuche ich meistens geschlechterneutrale Formulierungen zu finden. Das funtkioniert nicht immer und es besteht die Gefahr, dass es schonmal unfreiwillig komisch wird (“die Besuchenden”), klappt aber meist ganz gut. Bei dem Satz “Die Studierenden zogen gröhlend durch die Strassen” sieht mein inneres Auge tatsächlich auch besoffene Hühner. Nunja. Das generische Maskulinum ist in etwa das Glitzereinhorn der deutschen Sprache. Es existiert einfach nicht.
Den beiden Hauptargumenten der Geschlechtergegner “Überflüssig” und “stört den Lesefluss” widmet das Sprachblog einen ganzen Artikel, in dem auch auf eine Studie eingegangen wird, die die Lesbarkeit von Texten untersucht. Money Quote:
Geschlechtergerechte Sprache hat keinen negativen Einfluss auf die Verständlichkeit und Lesbarkeit von Texten. Wohl aber hat sie einen Einfluss auf die Einbildung männlicher Leser.
Am besten Verständlich sind geschlechterneutrale Texte. Hatte ich jetzt fast vermutet.
Ein Gedanke zu „Generisches Maskulinum oder: Wir hatten doch nichts, außer der taz“
Ich muss mich darüber des öfteren im Job streiten.
In der Schweiz gab es in irgend einem Kanton mal ein Jahr, in dem ausschließlich die weibliche Form (mit dem berühmten Hinweis “der Lesbarkeit willen… natürlich sind beide Geschlechter gemeint) verwendet wurde. DAS halte ich für den Königswert, das nötige Bewusstsein zu schaffen und zu schärfen.
Herr Bundespräsidentin Wulff, Frau Kanzlerin Merkel, Herr Aussenministerin Westerwelle (Ok, schlechtes Beispiel 😉 ).