Woher der Rutsch kommt oder: Das war 2011
Zweitausendelf war ein Arschloch, da ist man sich in der Blogszene flächendeckend einig. Jahresrückblicke doof zu finden ist aus genau diesem Grund gerade konsensfähig. Weil dieses Blog aber der Fels im stürmischen Meer der Modemeinungen ist, wird hier jetzt mit einem Jahresrückblicken erst richtig angefangen.
Rosch ha schana tov ist ein jiddischer Ausspruch und bedeutet den Wunsch nach einem guten Jahresanfang. Es könnte die Quelle unseres verbalbescheuerten “Guten Rutsches” sein, ganz sicher ist man da aber nicht.
Und jetzt kommt die Rückschau. Wer nicht an 2011 erinnert werden will klickt halt nicht auf Weiterlesen und hat trotzdem schon was aus diesem Posting gelernt.
In diesem Sinne: Allen Leserinnen und Lesern ein Guz Nois Jaa.
Mein 2011
2011 war ein Jahr, das ich nie vergessen werde. Es gibt ja so Jahre, da weiß man am Ende nicht mehr was da eigentlich los war, weil alles so in grauem Matsch unterging. Nicht so 2011. Das war ein Jahr der Veränderungen. Viele, oder sogar die allermeisten davon, gewollt. Aber manchmal bekommen Veränderungen ein Eigenleben, ein Momentum, das am Ende nicht mehr steuerbar ist.
Vor einem Jahr stand ich an einem Punkt, an dem mir klar war, das ich mein Leben zu rund 75 Prozent umkrempeln und neu bauen würde. Mit allen Risiken, die dazu gehören. Wenn man so viel auf den Kopf stellt, kann nicht alles klappen. Aber auch über diese Risiken war ich mir im Klaren. Ich war bereit sie Einzugehen und freute mich darauf, denn das nicht zu tun wäre abgrundtief falsch gewesen.
Trotz allerbester Vorsätze und Umsicht und Hoffnungen und Träume ist am Ende einiges geworden als gewollt. Manches hat gut geklappt, anderes nicht. Es gab ganz viele tolle und spannende und schöne Momente, die ich sehr genossen und die mich sehr glücklich gemacht haben, aber auch sehr traurige Ereignisse. Bereue ich das Jahr? Nein, aber was ich bereue, bereue ich sehr: Einem anderen Menschen Schmerzen zugefügt zu haben. Das wollte ich nicht, und das wird mir noch lange nachhängen. Ich wünschte, das wäre anders gelaufen. Das vergangene Jahr war eines, in dem ich viel gelernt habe, auch über mich selbst.
Ich gehe aus 2011 raus mit einem unklaren, zukünftigen Lebensweg. Eine erträumte Zukunft wird nicht Wirklichkeit werden. Das ist schade. Was ich aber gelernt habe ist, dass es trotzdem weiter geht.
Vor einiger Zeit stiess ich auf das Holstee-Manifest, was mich nachhaltig beeindruckt hat, auch wenn ich es hier nicht gepostet habe. Umso mehr hat es mich gefreut, das Kalesco es zum Bestandteil ihres Blogs gemacht hat.
Das Manifest geht so:
Dies ist Dein Leben.
Tu was Du liebst, und tue das oft. Wenn Du etwas nicht magst, ändere es. Wenn Du Deinen Job nicht magst, kündige. Wenn Du nicht genug Zeit hast, hör auf mit Fernsehgucken. Wenn Du nach der Liebe Deine Lebens suchst, hör auf damit; Du wirst Sie finden wenn Du damit beginnst Dinge zu tun die du liebst.Hör auf alles zu überanalysieren. Das Leben ist einfach. Alle Gefühle sind schön.
Wenn Du etwas isst, würdige es bis zum letzten Bissen.
Öffne Dein Denken, Deine Arme und Dein Herz für neue Dinge und Menschen, es sind die Unterschiede die uns einen. Frage die nächste Person die Dir begegnet danach was Ihre Leidenschaft ist und teile einen Traum mit ihr.
Reise oft. Sich zu verlaufen wird Dir dabei helfen Dich zu finden. Manche Gelegenheiten kommen nur einmal, ergreife sie.
Im Leben zählen die Menschen die Du triffst und die Dinge, die Du mit ihnen gestaltest. Also geh raus und mach was.
Das Leben ist kurz. Lebe Deinen Traum und teile Deine Leidenschaften.
Das kann man platt und doof finden. Aber ich kenne Leute, die ihr Leben so leben, als hätten Sie dieses Manifest gelesen. Das sind, selbst im Alter, offene, interessante, lebenslustige und ausgeglichene Menschen. Genauso will ich auch mal werden wenn ich groß bin. Die Lehre die ich also daraus mitnehme: Es geht weiter, und es kommt darauf an etwas Gutes daraus zu machen.
Der andere Weg würde in eine Endlosschleife aus der Hölle führen, ein Einigeln im eigenen Unglücklichsein, bei der ein “Will nicht” auf “Kann nicht” und “Geht nicht” bis das ganze Wehklagen zur totalen Verbitterung führt. Das hat mir dieser Artikel drüben bei Howl at the Moon vor Augen geführt. Es gibt Menschen, die sind in solchen Schleifen gefangen. Das ist schlimm, und ich hoffe, sowas wird mir nicht eines Tages mal passieren.
Daran werde ich 2012 und den Rest meines Lebens arbeiten. Nicht, das ich das vorher nicht auch schon getan hätte, aber zukünftig werde ich das noch ein wenig bewusster und vielleicht lockerer tun. Ich werde reisen, ich werde lernen, ich werde Dinge tun die ich mag. Ich werde nicht krampfhaft suchen oder festhalten und ich werde schauen, was das Leben bringt. Und dann das Beste daraus machen.
Und sonst noch?
Zugenommen oder abgenommen? Erst 15 Kilo ab, dann 3 wieder zugenommen. Jetzt ist es gut so wie es ist.
Haare länger oder kürzer?
Kürzer. 2mm. Gesamtlänge.
Kurzsichtiger oder weitsichtiger? Nur ganz wenig kursichtiger. Neue Brille nach 9 Jahren.
Mehr Kohle oder weniger?
Mehr, Auto ist abbezahlt.
Mehr ausgegeben oder weniger? Sehr viel mehr. Kompletter Hausstand wollte angeschafft werden.
Mehr bewegt oder weniger? Viel mehr.
Die hirnrissigste Unternehmung? Spontan ein Mopped zu kaufen.
Ort des Jahres? Minori.
Der beste Sex? Ja.
Die teuerste Anschaffung? Es war ein Jahr der Megaanschaffungen. In der Hitliste ganz oben: Motorrad, Beamer, Brille, Waschmaschine.
Das leckerste Essen? Ja.
2011 zum ersten Mal getan? Podcast entdecken. Zwei im Speziellen, beide von Freund/innen gemacht: Schöne Ecken und Wikigeeks. Der eine geht über Gott und die Welt, der andere auch. Letzterer aber speziell über gesellschaftliche Auswirkungen von Netzthemen.
2011 nach langer Zeit wieder getan? Umziehen, Brille kaufen und Kanufahren.
Drei Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen? Ja.
Gereist? Oh ja. Südfrankreich, einmal quer durch Italien, nach Rom und an viele, schöne Orte in Deutschland.
2011 war in einem Wort…? Veränderung.
Dingens des Jahres:
Überraschendster Film des Jahres: Drive Angry – Irgendein Nicolas Cage und der coolste Buchhalter der Filmgeschichte in einer schräg inszenierten Gewaltorgie. Der Film aus dem Nichts, steckte aber alle high expectation-Nieten wie “Sucker Punch” locker in die Tasche.
Album des Jahres: Caro Emerald, Deleted Scenes from the Cutting Room Floor. Kam hierzulande ja erst 2011 raus, das zählt also noch. Ein Gesamtkunstwerk aus Sängerin, Band, Swinging 40s und Scratching.
Spiel des Jahres 2011: Batman, Arkham City. Open World Gotham mit Details, Details, Details und Atmosphäre bis zum Überlaufen.
Buch des Jahres 2011: Habe zu wenig gelesen um da fundiert was zu sagen zu können.
Bestes Musikstück des Jahres 2011: Woodkid: Iron. Macht Bilder in meinem Kopf, die ich in diesem Jahr sehr gebraucht habe.
Spielzeug des Jahres 2011: Habe mir so einige lang gehegte Träume erfüllt.
3 Gedanken zu „Woher der Rutsch kommt oder: Das war 2011“
Danke für das Holstee-Manifest! Das kannte ich noch nicht, aber es beschreibt wirklich absolut den Way of Life, den jeder um seines Glückes willen anstreben sollte. So platt und doof es sich vielleicht anhören mag – manche Dinge im Leben SIND eben so einfach. Hält sich trotzdem nicht jeder dran.
Und meine vollste Zustimmung zu Arkham City (weißt du ja schon – übrigens danke für die letzte Calendar Man-Erinnerung) und Drive Angry – William Fichtner ist zweifelsohne großartig.
Viel Erfolg für 2012!
auch von mir:
alles Gute dieses Jahr!
Danke und: Ebenso!