Das System Wulff: Nasse Pappe & Klein-Klein

Das System Wulff: Nasse Pappe & Klein-Klein

Vielleicht sollte ich vorsichtig sein mit dem was ich hier schreibe, denn unser Bundespräsident ruft nicht nur bei Redaktionen an und bedroht deren Mailboxen. Nein, er zeigt auch gerne mal Leute, die Dinge über ihn ins Internet schreiben, wegen “Verunglimpfung des Bundespräsidenten” an. Also wegen Majestätsbeleidigung, quasi.
Ach, egal. Ich bin Dangerseeker, also los:

Damals, noch zu Studizeiten, arbeitete ich in einem Restaurant. Da kam eines Tages ein Schlipsträger rein, der so farblos war, das wir ihn vor der grauen Rauhfasertapete erst gar nicht wahrgenommen haben. Der Mausmann bestellte dann drei Flurries, eins für sich und zwei für seine Bodyguards. Denn während Christian Wulff Eis holen musste, saßen die draußen im Wagen und liessen sich die Sonne auf den Bauch scheinen. Wahrscheinlich hatten sie damit gedroht ihm das Milchgeld wegzunehmen. Solch Losertum hätte ins Bild gepasst, den Wulff hatte gerade eine Serie von Verlierertaten hingelegt. In Niedersachsen hat er zig Wahlen verloren mit dem Versuch, sich als schwiegermutterkompatibler Moralapostel gegen den rauhbatzigen Schröder zu positionieren. Erst als die SPD sich hier selbst komplett zerlegt hatte und nichts mehr bieten konnte als Sigmar Gabriel, da wurde er gewählt. Aus Verlegenheit, quasi.

Wulff ist immer die Verlegenheitslösung, der kleinste gemeinsame Nenner, einer der so harmlos ist und langweilig ist wie nasse Pappe. Einer, an dem sich keiner stört. Aber auch einer, und da muss man sich keine Illusionen machen, der seit der Pubertät im politischen System lebt wie ein Frosch im Weiher. In solchen Kreisen werden wichtige Dinge mit Medien immer auf dem kleinen Dienstweg klargemacht. Gute Politiker unterscheiden sich von schlechten in der Art, wie sie das tun. Wie der Journalist Hajo Schumacher heute morgen im Radio so schön verkündete: “Die cleveren Politiker rufen bei den Medien an und fragen: Braucht ihr noch mehr Details? Soll ich Euch noch was dazu sagen?” Die doofen Politiker rufen an und drohen und sagen “Ich mache Euch fertig, ihr hört von meinem Anwalt” und nur die absolut dämlichen hinterlassen diese Drohungen auf Mailboxen.”

Das sagt alles. Bei Wulff ist das sogar System. Der wurschtelt irgendwie Klein-Klein und filzmäßig rum. Dann kommt was raus und er will das wieder mit Hilfe seiner Kumpels zurechtdoktern. Dann passiert wieder was und er friemelt wieder rum. Das ist nicht nur Salami, das ist auch DÄMLICH.

Die Titanic trifft es mal wieder. Quelle: http://www.titanic-magazin.de

Ganz ehrlich: Ich kann mich nicht über den Kredit- oder Anrufteil dieser “Affäre” aufregen. Ich wette, das machen ALLE ANDEREN in der Politik EXAKT genau so. Oder warum ist wohl sonst die Opposition gerade so ruhig? Die wissen doch alle, von Gabriel bis Trittin, das sie auch am Pranger stehen würden, wenn sie jetzt Maßstäbe fordern, an denen sie sich später ggf. messen lassen müssten.

Nein, was MICH aufregt ist, das jemand, der sich systematisch klein, schwach, friemelig und vor allem DÄMLICH verhält unser Staatsoberhaupt sein und Deutschland repräsentieren soll. Ich will jemanden haben der wenigstens clever bescheisst und sich ein wenig Mühe dabei gibt wenn er mich belügt. Ich will von keiner nassen Pappe vertreten werden, über die alle anderen Staatsoberhäupter in der Welt kichern und hinter seinem Rücken sagen: “Guck, da kommt der Wulff. Das ist der oberste Deutsche. Mal gucken, was er heute Dämliches tut.”

Meine Prognose zur aktuellen Lage: Ändert sich erstmal nichts. Herr Wulff lässt ohnehin gerade verkünden, das er mal 5 Minuten drüber nachgedacht hat und zu dem Schluss gekommen ist, das er sein Amt mit voller Kraft ausfüllen könnte. Aha. Dann muss ja alles gut sein. Und Angela Merkel sagt zum dritten Mal, das sie hinter ihm steht. Das glaube ich gern, aber EIGENTLICH sollte sie UNTER ihm stehen.
Aber selbst über solche Anmaßungen regt sich ja keiner mehr auf.

7 Gedanken zu „Das System Wulff: Nasse Pappe & Klein-Klein

  1. Wulff ist das vollkommen falsch angegangen. Erinnert sich noch jemand an die damalige Werbung der Bild-Zeitung? Ein vermeintlich armer Arbeitnehmer droht seinem vermeintlich bösen Chef, er gehe zur Gewerkschaft, Anwalt, etc…, doch das lässt diesen kalt. Erst als er droht “Ich gehe zur Bildzeitung” behandelt der Chef den Mitarbeiter, als wäre dieser der Chef.

    Also: Herr Wulff hätte drohen sollen, er gehe sonst zur Bildzeitung, nicht zum Anwalt!

    Tja, aber was soll man ernsthaft zu dem ganzen Kinderspiel sagen? Mir fällt letzendlich nur eines ein:

    Gauck wäre einfach ohne Zweifel der ideale Kandidat für das Bundespräsidentenamt gewesen, denn er ist ein Mensch, vor dem wohl fast alle – ob deutsch oder nicht – sehr großen Respekt haben, auch ohne das Amt des Bundespräsidenten; er hat sich diesen Respekt längst verident.

  2. nun ja, ob der Herr Gauck jetzt der ideale Kandidat wäre möchte ich mal nicht beurteilen, tatsächlich ist es der Herr Wulff aber nicht.

    und du, Herr Silencer, hast die Thematik sehr schön zusammengefasst, wobei mich persönlich allein der Gedanke die Pressefreiheit begrenzen zu wollen schon sehr stört.
    auch wenn es nur die Bild ist, journalistische Arbeit gibt es ja selbst da.
    also theoretisch.

  3. Pi: Die entstehende Rekursion hätte vermutlich den Springer-Verlag in Stücke gerissen. Und auch wenn er im alter mittlerweile teils wunderliche Ansichten vertritt, Gauch hätte in der Tat schon aufgrund seiner Lebensleistung einen vernünftigen Präsidenten abgegeben.

    Markus: Ob es auf dem Planeten Bild journalistisches Leben gibt ist bis heute nicht bewiesen 🙂

    Zimt: Oh, ein Satz von Boris ohne Zeichenfehler!!

  4. Ah, da waren Sie wieder. Unfassbar, wie der Typ schreibt. Ich meine, meine Texte enthalten auch viel Fehler – weil ich sie meistens zwischen Tür und Angel schreibe – aber was der so verbricht…

    Ja, schon gesehen das Du berühmt bist 🙂
    Gratulation!

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