Morgen geht´s los.
Die Kamera fliegt über eine verschneite Winterlandschaft. Über Berge, Wälder und Täler. Die Sonne ist schon fast untergegangen, vereinzelt leuchten Orte in der Dämmerung, wie kleine Glühwürmchennester. Der Flug geht über ein Tal mit nur einer Zufahrt. Darin liegt Mumpfelhausen, und schmiegt sich an die Bergrücken als würde es sich dort verstecken. Mitten in dem kleinen Dorf aus Fachwerkhäusern steht eines, das leicht windschief ist. Vor den Fenstern des Hauses tanzen Schneeflocken in der Dämmerung, angestrahlt vom warmen Licht, das aus den Fenstern dringt. Die Kamera verharrt für einen Moment auf Höhe des ersten Stocks und beobachtet die Schneeflocken, dann schwenkt sie durch das Mauerwerk ins Innere des Hauses (imaginäre Kameras können sowas). Im Inneren schwebt das Auge des Betrachters über lange Reihen Bücherregale. Die stehen an den Wänden eines niedrigen Raumes mit einem honigfarbenen Dielenboden. Der Raum liegt im Halbdunkel, die einzige Lichtquelle in dem Zimmer ist die Lampe am Fenster. Die taucht alles in das goldene Licht, auch den Schreibtisch.
An dem sitze ich, während ich diese Zeilen schreibe. Vor dem Fenster beginnt vielleicht der Winter, aber in meinem Arbeitszimmer ist es schön warm. Auf dem Schreibtisch dampft eine Tasse Kakao, und zu meinen Füßen hat sich das Wiesel eingerollt und schnarcht leise vor sich hin. Ab und zu zuckt es im Schlaf und gibt merkwürdige Laute von sich, die fast wie Miauen klingen.
Wovon es wohl träumt? Vermutlich vom Reisen. Es reist ja so gerne, das Wiesel. Ich ja auch, aber ganz viele Reisen in diesem Jahr hat es ohne mich unternommen. Auf mein größtes Abenteuer habe ich es ja mitgenommen. Das war DIE REISE. Fand im Juni statt. Zwei Wochen, 4.500 Kilometer mit dem Motorrad durch Europa, ganz allein. Also, schon mit dem Wiesel, aber ohne menschliche Begleitung.
Was war ich vorher aufgeregt, was habe ich nicht alles geplant und ausgeheckt. DIE REISE sollte auch ein wenig Suche nach Erkenntnis sein. Ich wollte wissen wer ich bin, und sowas findet man halt am besten raus, indem man mal guckt, was man alles kann und wo die Grenzen sind. Die Fragen waren: Würde ich es zwei Wochen mit mir ganz allein aushalten? Wie ginge es mir, wenn ich mich absichtlich in Situationen brächte, die ich normalerweise meide oder vor denen ich Respekt oder sogar Furcht habe? Das wollte ich herausfinden. Ich habe tatsächlich viel über mich gelernt. Außerdem habe ich ganz viele Menschen getroffen, irre viel erlebt und bin mit ganz viel zu erzählen wiedergekommen. So viel, dass ich es bis jetzt, fünf Monate nach Ende der REISE, nicht geschafft habe alles aufzuschreiben. Also, aufgeschrieben habe ich es schon, aber in meinem ledernen Reisetagebuch, und da nützt es anderen nichts. Ich bewundere ja immer Kalesco, die offensichtlich mit einer Hand durch den Linksverkehr steuert, während sie mit der anderen fast in Echtzeit bloggt. Ich kann das nicht, auch wenn mir während der Fahrten schon Formulierungen im Kopf habe.
Aber zumindest die ersten Tage sind schon verschriftlicht. Diese Texte will ich jetzt in die Freiheit entlassen. Weil an jedem Tag so viel passiert ist, sind die Texte sehr lang, weshalb es jede Woche nur einen gibt. Ein Reiseserie mit wöchentlicher Fortsetzung, sozusagen.
Morgen geht es los, erstmal recht unspektakulär, aber das steigert sich.
Weil DIE REISE im Sommer stattfand, darf die geneigte Leserschaft gedanklich mit mir in die Sonne reisen, sich warmes Licht auf den Pelz brennen lassen und durch meine Augen über fantastische, in der Hitze flirrende Landschaften schauen. Sollen doch vor dem Fenster so viele Schneeflocken rumtanzen wie sie wollen, von mir aus soll die Welt einfrieren – während der Fahrt war das Blog in meinen Gedanken immer präsent, und nun ist es an der Zeit, die damals eingefangenen Erlebnisse und die Wärme wieder in die Welt zu bringen.
Hört sich esoterisch an? Ist es aber nicht.
Darauf achtet das Wiesel schon. Das beisst Esoterikern und Homöopathen nämlich in den Po.
6 Gedanken zu „Morgen geht´s los.“
Also, ganz so multitaskingfähig bin ich ja nun auch wieder nicht 😉 Der Eindruck entstand sicher weil ich gefahren bin während Europa geschlafen hat…
Die Blogeinträge waren teilweise sogar lästige Pflicht, aber sobald ich losgelegt hatte, ging’s wie von selbst. Ein Tagebuch nur für mich hab ich auch, inkl. Aufstellung was ich ausgegeben habe. (Mir graut vor dem Zusammenrechnen.)
Sympathische Einstellung hat das Wiesel da!
P.S.: Ich freu mich auf die Reihe!!
Könnte die Kamera vielleicht nochmal zu dem Bücherregal zurückschwenken? Ich konnte leider gar nüx erkennen.
Aber wohlig warm ist mir geworden, auch wenn ich selber gar keinen heissen Kakao vor der Nase habe. 🙂
Ich freue mich auf eure Reiseerlebnisse und auf die Sonne!
Ich bin gespannt wie ein Stück Käse.
😉
Was, um alles in der Welt, hat büdde ein Selbstfindungstripp mit Esoterik zu tun, oder gar mit Homöopathie? Das ist für viele DER Sinn des Lebens: sich selber finden! Ich finde das sehr genial. 😀
Queen: Naja, für viele fällt die Suche nach Sinn schon in die Kategorie “Esoterik”