Abgesagte Erfolgsmeldung
Bundesinnenminister Dr. Friedrich sagt schweren Herzens die eilig anberaumte Pressekonferenz wieder ab. Was ist passiert?
Vorgestern wurde eine verdächtige Tasche am Bahnhof in Bonn gefunden. Vorsichtshalber wurde sie gesprengt, Inhalt der Tasche waren Chemikalien. Noch steht nicht fest, ob das eine Bombe oder überhaupt gefährlich war. Was aber binnen Stunden feststand: Das waren Salafisten, Angehörige jener ultrakonservativen Splittergruppe von Islamgläubigen, denen stets Gewaltbereitschaft unterstellt wird. Jene Salafisten, von der vorher nie jemand was gehört hatte, bis Innenminister Friedich sie als die größten Feinde der Bundesrepublik identifiziert hatte. Prompt sprang der Innenminister vor Freude im Carré und wollte den Sieg über das Böse vor der Presse verkünden. Dooferweise kam ihm die Realität in die Quere.
Die ganze Verhaftung der beiden Männer beruhte darauf, dass ein Kind einen Mann dabei beobachtet haben will, wie er die Tasche abstellte. Anhand der Beschreibung des Kinds wurde ein Phantombild gemalt, und anhand dessen marschierte die Polizei los und verhaftete zwei Männer. Die waren angeblich als dem Islam zugeneigt bekannt, was in der Presse schnell von Islamisten über “gewaltbereite radikalislamistische Salafisten” eskalierte. Heute morgen steht fest: Die Männer sind unschuldig, die Bonner Polizei hat lediglich genauso gehandelt wie ihre französischen Kollegen in Casablanca: Sie hat die üblichen Verdächtigen befragt. So weit, so unspektakulär.
Für mich sind zwei Dinge an der Sache die eigentlichen Aufreger:
1. Die Geilheit des Innenministers, endlich mal Salafisten zu finden. Diese Phantome hat sich der CSU-Hardliner aus dem Hintern gezogen, um repressive Überwachungsmaßnahmen und Sonderbefugnisse zu bekommen.
2. Das Totalversagen der Presse, die sich mal wieder überschlug und Unschuldige zu Uberterroristen und Bonn (haha. BONN!!!) zur umkämpften Terrorhochburg hochschrieb. Selbst bei der Entwarnung versagt der Quaitätsjournalismus gerade. “Wir haben die Männer nur befragt und Handydaten abgeglichen”, sagt die Polizei, und genau das schreibt die Presse. Nur Handydaten abgeglichen.
Nur.
Keine Qualitätsjournalist kommt auf die Idee nachzufragen, wieso die Polizei Handydaten abgleichen will. Das sind nämlich Daten, die sie gar nicht ohne konkreten Verdacht erfassen oder speichern darf. Würde ich nicht wundern, wenn wir es hier mit einem ähnlichen Fall zu tun haben wie in Berlin, wo die Polizei Handydaten und Bewegungsmuster von Tausenden von Menschen abgeschnorchelt hat um am Ende Kinder festzunehmen, die Autos zerkratzt haben. Mit unrechtmäßiger Datenspeicherung verstösst die Polizei gegen Gesetze und bespitzelt ihre Bevölkerung in einem Maße, von dem die Stasi nur geträumt hat. Keine Ahnung, ob das im vorliegenden Fall geschehen ist – es wäre halt nur nicht das erste Mal.
4 Gedanken zu „Abgesagte Erfolgsmeldung“
… von dem die Stasi nur geträumt hat…???????????????? Schätzelein, das SIND Stasi-Methoden!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Der BND hat nur gekupfert und im BND sind Leute aus der Stasi untergekommen. Die Satsi hat niemals aufgehört zu existieren. Woher ich das weiß? Frag er lieber nicht, sonst müsste ich dich leider…, naja du weißt schon, bis zur unkenntlichkeit abkitzeln 😀
OMG beware! Nur nicht abkitzeln!
haha, sehr schön.
wobei Politiker und die Realität, das war immer schon so eine Sache für sich.
🙂
Stimmt… Alles Anhänger des Konstruktivismus: “Wir machen uns die Welt wie sie uns gefällt”