Leistungsschutzrecht

Leistungsschutzrecht

Da haben wir es nun, das Leistungsschutzrecht. Heute Morgen mit 293 zu 243 Stimmen beschlossen, die Opposition war geschlossen dagegen. Damit hat die Regierungskoaltiion ein Gesetz geschaffen, das die großen Zeitungsverlage sich von ihr gewünscht haben und das so ziemlich jeder, inkl. Journalisten, ablehnt. Es gibt etliche Untersuchungen und Gutachten, die zu dem Schluss kommen, dass das Gesetz nicht nur unnötog, sondern gar schädlich ist. Auch in seiner jetzigen, bereits stark verwässterne Form. Ursprünglich hätte der Springer Verlag (und die Verlagshäusern in dessen Kielwasser) gerne ein Gesetz gehabt, das ähnlich wie die GEMA Geld von allen einsammelt, die Zeitungsinhalte lesen, weil sie dieses Wissen im Beruf benötigen. Zeitungsinhalte, die die Verlage kostenlos ins Netz stellen.
Klingt absurd, ist es auch.
In der Freizeit Bild-Online angucken = kostenlos, am Arbeitsplatz = kostenpflichtig.

Aber es wurde noch besser. Später behaupteten die Verlage, dass die klassischen Zeitungen immer weniger Absatz finden, weil es im Internet Unternehmen gibt, die journalistische Inhalte kopieren und als ihre eigenen gegen Geld verkaufen. Zuvorderst hatte man sich auf ein Unternehmen eingeschossen, dass nachweislich Geld hat: Google. Google, so die Argumentation, stehle deutschen Qualitätsjournalismus und verteile den kostenlos. Das ist Quatsch, den selbst Google News macht Nachrichten nur auffindbar und leitet die Suchenden auf die Angebote weiter. Wieviel in Google auffindbar sein soll, ob nur die Überschrift, ein Ausriss oder gar nichts, entscheidet jeder selbst, der etwas ins Netz stellt. Wenn die Verlage Angst vor dem “Dieb” Google haben, können sie Google einfach sagen: Nimm uns nicht in Deine Ergebnisliste auf.

Aber das wollten die Verlage nun auch nicht. Was zu einer absurden Situation führt, die ein mittlerweile sehr bekannter und treffender Vergleich greifbarer macht: Wenn Google ein Taxifahrer wäre, der Gäste in einen Puff fährt (analog zu: der Leser zu den Zeitungen bringt), dann ist das Leistungsschutzrecht der Versuch, dem Taxifahrer Geld dafür zu berechnen, dass er Gäste bringt. W.T.F.

Aber es wurde noch besser. Das Leistungsschutzrecht sollte selbst die Verwendung kleinster Textbausteine kostenpflichtig machen. Diese Miniausrisse, sog. “Snippets” dürfen nur nach Lizensierung verwendet werden. Nicht nur von Google, sondern von JEDEM der Text ins Internet stellt, auch von Bloggern.
Das Gesetz, wie es nun beschlossen ist, sieht exakt das vor. Allerdings mit der Ausnahme, das nun doch “kleinste” Textfragmente ungefragt zitiert werden dürfen. Nur, wie LANG diese “kleinsten” Textfragmente sind, das steht da nicht. Das ist einer der Gründe, weshalb es sofort vor den Gerichten landen wird.

Für mich sind hier zwei Dinge schlimm.

1. Zu sehen, wie eine konservative Regierung gegen jeden Widerstand ein Gesetz beschliesst, dass alle anderen geschlossen ablehnen, das schädliche Wirkungen hat und vor dem allerorts gewarnt wird.

2. Zu sehen, wie die etablierten Medien über die Debatte berichtet haben: Entweder gar nicht oder so grob falsch, dass man hier von Manipulation sprechen muss.

Meine Meinung zu den großen Zeitungsverlagen ist eh nicht die beste: In meinen Augen werden Redaktionen Jahr für Jahr weiter kaputt gespart. Und dann wundern sich die Verlagshäuser darüber, dass die Erzeugnisse, die nur noch von einer Handvoll Praktikanten zusammengepfriemelt wird, niemand mehr lesen will. Aber anstatt neue Geschäftsmodelle zu etablieren, vergraulen sie ihre Leser mit Paywalls, unterstellen der Menschheit insgesamt kriminell zu sein und rufen nach gesetzlichem Schutz und garantierter Vergütung für den Schund, den sie rausblasen. Vollkommen absurd – und noch absurder, dass unserer Regierung sowas allen Ernstes umsetzt.

Solange die Macht der Verlage noch so groß ist, dass der alte Satz von Gerhardt Schröder noch stimmt, der sagte “Das Land wird mit der BILD regiert”, solange geht es den Verlagen noch nicht schlecht genug.

Und was eine Regierungskoalition angeht, die Klientelpolitik betreibt und die gestern Gesetze für Hoteliers, heute für Verlage und morgen für Apotheker macht: Eine solche Regierung gehört abgewählt, wenn wir nicht in Kürze soziale Unruhen haben wollen.

2 Gedanken zu „Leistungsschutzrecht

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