Spanien 2013 (4): Überland und Alicante

Spanien 2013 (4): Überland und Alicante

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Im Februar 2013 sind Modnerd und Silencer der Kälte des Winters entflohen. Nach Spanien. Modnerd kennt sich da aus, sein Begleiter kein Stück. Die Mission: Studium von Architektur. Von Valencia geht es durchs Land und an der Küste hinunter bis nach Alicante.

Nach drei Tagen in Valencia frühstücken Modnerd und ich ein letztes Mal im Café Dakar gegenüber des Hotels. Dann traben wir zu unserem Fiat Panda, der die letzten Tagen in einem Wohnvieterel um die Ecke an der Strasse stand und in der Zeit ganz schön eingestaubt ist. So ist wenigstens die kleine Beule in der Seitentür nicht mehr deutlich zu sehen. Auf unserem Weg von Barcelona haben wir eine Nacht in einem Gasthaus verbracht, das weit oben auf einem Berg liegt. Dort stürmte es auf heftigste, und irgend ein herumfliegendes Objekt hat unseren kleinen Panda getroffen. Sei´s drum, in ALLEN Ländern (außer in Deutschland) haben Autos Beulen. Das liegt nicht daran, dass die Leute in Deutschland besser fahren würden, oh nein – aber im Ausland sind die meisten Leute schlicht zu schlau und zu uneitel und das Auto nicht wichtig genug, um wegen so einen Kleinkram wie einer Beule oder einem Kratzer in die Werkstatt zu fahren.

Dabei war schon der Weg zu der kleinen Einsiedelei interessant gewesen. Über spanische Landstraßen, die zu den Besten überhaupt gehören, ging es Kilometer weit über das Land. Und dann stießen wir auf… einen Flughafen. Mitten in der Einöde. Nagelneu, von der Größe eines internationalen Großflughafens, voll ausgestattet und… nicht in Betrieb. Die Zufahrt ist mit einem Baugitter versperrt, daneben döst ein Wachmann in einem kleinen Häuschen.

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Es handelt sich um den Flughafen de Castellón. Er wurde seit 1997 geplant, von 2004 an gebaut und 2011 feierlich eingeweiht. In Betrieb genommen wurde er bis heute nicht – die Behörden verweigern eine Betriebserlaubnis, weil eine Startbahn mal zu kurz, dann nicht breit genug sei. Der Hintergrund dafür ist ein anderer: Die Region Valencia ist überschuldet und kann es sich schlicht nicht leisten, die Öffnung des Flughafens zu erlauben. Mit der Betreibergesellschaft wurde nämlich vereinbart, dass von dem 50 Jahre laufenden Vertrag die ersten acht Jahre die öffentliche Hand, also die Region Valencia, die Anlaufverluste tragen würde. Das führt nun zu der absurden Situation, dass die Region die Betriebserlaubnis verweigert, um die absehbaren Verluste nicht tragen zu müssen.

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Also steht hier, mitten in der Wüste, ein kompletter, nagelneuer, hochmoderner und voll ausgerüsteter Flughafen für 150 Millionen Euro herum – und wird nicht genutzt. Der detaillierteste Cargo-Kult, den man sich vorstellen kann.

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Vor den Toren des Flughafen steht die Skulptur „El hombre avión“ – der Flugzeugheini. Eine abstrakte Figur, die ein Flugzeug auf dem Kopf hat und ein weiteres in den Händen hält, dem er liebevoll Atem unter die Flügel haucht. Der Sage nach soll es sich beim Flugzeugheini um ein Portrait des Ministers handeln, der für den Bau des Flughafens in der Region gesorgt hat und darauf mächtig stolz war, glaubte er doch daran, dass so der Tourismus belebt würde. Eine dumme Idee, zumal nur 90 Minuten entfernt die Flughäfen Valencia und Reus liegen. Statt in die Geschichte einzugehen als derjenige, der die Region gerettet und der Wirtschaft Leben eingehaucht hat, wird der Mann nun auf Ewig mit diesem Geisterflughafen assoziiert.

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Unsere Fahrt Überland führt uns von Girona bis nach Alicante. Auf dem Weg ändert sich die Landschaft ständig. Mal führt die Strasse Kilometerweit schnurgeradeaus durch eine Wüstenlandschaft, in der Stechpalmen und Kakteen stehen, mal geht es über gewundene Strassen die Berge hoch, bis man von oben auf Orte hinabsehen kann. Als Beifahrer habe ich die Gelegenheit mir alles ganz in Ruhe an zu sehen, während ich durch die Gegend chauffiert werde. Und das tue ich auch, ich sauge Land und Bilder in mich auf entdecke Haufenweise Skurrilitäten. Wie die Tatsache, dass es in mittelgroßen Orten durchaus McDonalds-Drive Ins gibt, oft direkt daneben aber ein “Ronald Gym” steht. Das kannte ich so noch nicht – anscheinend hat McDonalds in Ländern, wo man nicht nur Billiggammel frisst und ein Bewusstsein für gesündere Lebensweise verbreiteter ist, Fitnessbuden neben seine Frittentempel gebaut. Das sind natürlich wieder nur geistige Glasperlen, denn eine große Mahlzeit bei McDonalds ist mehr, als ein erwachsener Büromensch am Tag an Energie braucht, da hilft dann auch eine Stunde Rumgehampel direkt im Anschluss nicht. Ach, egal, die Landschaft…

Die folgende Bilderstrecke ist sehr lang, weil ich gar nicht weiß, was ich zu so großartiger Landschaft noch schreiben soll…

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In den Tälern zwischen Valencia und Barcelona wachsen Orangen, südlich von Valencia Oliven. Aber nicht nur das. Als wir in den Bergen anhalten um uns kurz die Beine zu vertreten, stehen wir plötzlich in einem Gewürzgarten. Überall wächst Lorbeer, und es duftet herrlich aus großen Rosmarinbüschen und -hecken.

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Orangenblätter. Die duften!!
Orangenblätter. Die duften!!
Rosmarinbüsche
Rosmarinbüsche

Überall stehen blühende Kirschbäume, und bei Temperaturen über 20 Grad fühlt sich alles an wie wunderbar leichter Sommer. Ich muss an Deutschland denken, wo jetzt, im Februar, zwar auch zweanzig Grad sind – aber mit einem dicken Minuszeichen davor.

Auf dem Weg gibt es einges zu entdecken. Zum Beispiel das Castillo de las 300 Torres, die Burg der 300 Türme.
im kleinen Örtchen Onda.

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Ob die Burg wirklich mal 300 Türme hatte kann ich nicht sagen, aber von der Ruine aus hat man einen schönen Überblick über die Region. Es gibt ein maurisches Stadtviertel, das man sofort an einem großen Kuppelbau in seiner Mitte erkennen kann. Dieser arabische Stil wirkt merkwürdig deplaziert zwischen den kleinen, europäischen Häusern. Überall zu sehen sind kleine Fliesenmosaike, das Azulejo. Das hat hier Tradition, die ganze Region lebt von der Azulejo-Produktion. Kein Wunder, in den staubigen Tälern gibt es nicht viel anderes. Landwirtschaft findet nur in Form von privaten Gemüsegärten statt.

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Unser Weg endet in Alicante. Hier werden Modnerd und ich nur übernachten, dann geht am nächsten Morgen vom hiesigen Flughafen nach Karlsruhe. Freiwillig hätten wir Alicante wohl eher nicht besucht: Die Stadt gilt als Anziehungspunkt für den Jetset und als Partymeile für Jugendliche. Und tatsächlich ist selbst jetzt, im Februar und damit außerhalb jeder Saison, die Stadt ordentlich bevölkert. Auf dem Platz vor der großen Markthalle trifft sich das Jungvolk, den Sprachen nach überwiegend aus England und Russland, und säuft sich ordentlich die Hucke voll. Es ist erst später Nachmittag, aber die ersten liegen bereits in ihrem eigenen Erbrochenen. Die Altstadt besteht aus einem Restaurant am nächsten, alles auf Touristen abgestimmt. Über die Ramblas am Hafen kann man zu einem Piratenschiff mit Luxusrestaurant oder in einen modernen Komplex mit Discos und Casino flanieren.

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Modnerd und ich klettern lieber auf die alte Festung, die die Stadt überblickt. Von oben wird man das ganze Ausmaß an Schande gewahr, die hier in Form von Beton über die Küste gegossen wurde.

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Auch hier gibt es lustige Streetart, sogar auf den Altglascontainern:

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Nein, Alicante ist nicht wirklich das, was ich mir als Reiseziel vorstellen würde. Für einen Abend ist es aber okay. Es gibt ein letzten Mal billiges Bier und leckere Spieße im hiesigen Lizzaran, und nach einer kurzen Nacht geht es zum Flughafen und wenig später über die Alpen zurück in die eisige Kälte. Deutschland liegt tatsächlich noch unter einer Schneedecke.

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Unsere Mission, moderne Architektur anzusehen und darüber etwas zu lernen, haben Modnerd und ich auf jeden Fall erfüllt. Spanien hat mich fasziniert. Ich hätte nie gedacht, dass einige der Bauten, die wir gesehen haben, architektonisch überhaupt machbar sind. Manche Gebäude und Brücken scheinen gar nicht aus dieser Welt zu stammen. Das kommt mir vermutlich deswegen so vor, weil in Deutschland so mutig nicht gebaut wird. Auch Landschaftlich kann ich mich sehr für das Land begeistern. Die große Weite und die schnell wechselnden Landschaften geben ein Gefühl von Freiheit und Leichtigkeit und lassen es nicht langweilig werden. Nach diesen 10 Tagen kann ich verstehen, dass Spanien das Sehnsuchtsland für so viele Menschen ist.

4 Gedanken zu „Spanien 2013 (4): Überland und Alicante

  1. Hör mich hachzen!
    In meinem ersten Spanienurlaub habe ich beim ersten Einkauf relativ verzweifelt frischen Rosmarin im Laden gesucht und nicht gefunden. 2 Tage später habe ich dann ganz in der Nähe des Ferienhauses riesige Büsche entdeckt und dort geerntet. Gerade diese Düfte, die überall in der Luft liegen, von Kräutern und Orangen waren das erste, worin ich mich in Spanien verliebt habe. Ich kann, wenn wir mit dem Auto bis ganz in den Süden fahren auch nichts anderes machen als aus dem Fenster zu schauen und die Landschaft in mich einzusaugen. Wie schön, das auch bei dir zu lesen.

    Danke für’s Mitnehmen! Jetzt bin ich so richtig von Fernweh geplagt, aber in gut drei Wochen geht’s ja auch erst mal nach Italien. 🙂

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