Huhus Geschichte (10)

Tatsächlich war das dicke Wörterbuch voller Sterne. Jemand, vermutlich der andere Pinguin, hatte das riesige Nachschlagewerk im Inneren ausgehöhlt. Statt Definitionen zu englischen Worten war es voller… Sternchenkekse. Und zwar so vielen, dass sie schon zur Seite hinausquollen. Der andere Pinguin zog seinen Kopf gerade aus der Öffnung im Buch und kaute mit dicken Backen. Am Teleskop auf der anderen Seite des Raumes, versteckt ihm Kommentarkasten, zuckte Huhu zusammen. Er schüttelte sich. Und dann schüttelte er sich noch ein Bißchen mehr. Dann blickte er noch einmal durch das Teleskop. Dann kniff er sich in die Nase. Und schaute noch einmal. Es wurde nicht besser. Huhus Khele zog sich vor Angst zusammen. Er hatte gerade zum ersten Mal das Gesicht des anderen Pinguins gesehen. Er verstand nicht was da vor sich ging, aber dieser andere Pinguin, der Sternchenkekse hortete, respektlos mit Grammatik umging, der sich um nichts scherte und der geradezu tollkühn durch die Gegend tobte… der sah genauso aus wie er selbst!

Er beobachtete den anderen Pinguin dabei, wie der wieder die Sternchenkekse in das hohle Buch stopfte und es dann wieder schön in eine Reihe mit den anderen Büchern zurückschob.

Dann griff er sich das Kabel der Leselampe, die am Rand des Regal klemmte, und liess sich daran bis zum Boden herabrutschen. Huhus Blick folgte dem Pinguin und entdeckte dabei noch etwas anderes. Unter dem Regal lugten einzelne, dünne und dicht bedruckte Blätter hervor. Das Innenleben des Websters, dass auf bestialische Weise hingeschlachtet und ausgeweidet worden war. Huhu schossen die Tränen in die Augen, als er an das ermordete Buch dachte.

Der andere Huhu wackelte derweil gut gelaunt über den Boden des Arbeitszimmers, als plötzlich das Wiesel hinter einer Ecke hervorgesprungen kam und sich auf den Pinguin stürzte. Huhu kniff die Augen zusammen. Ja, recht so, mach den Unhold fertig!, feuerte er das Wiesel in Gedanken an. Allerdings sah es nicht aus als ob das Wiesel den anderen Huhu wirklich angreifen wollte. Die beiden kugelten über den Boden, verschlungen zu einem Fellknäuel, und balgten ausgelassen durch die Gegend. Huhu stöhnte innerlich. Er kannte dieses Verhalten. Wenn das Wiesel zu lange zu Hause war, wurde ihm langweilig, und dann lauerte es bevorzugt seinen Mitbewohnern auf um sie spontan mit einer Runde Rangeln zu überraschen. Es hatte mit diesem Quatsch im letzten Winter angefangen, aber Huhu hatte sich nie darauf eingelassen. Zum einen waren die Angriffe des Wiesels nie wirklich überraschend, was daran lag, dass es immer vor Vorfreude kichern musste, wenn es irgendwo auf der Lauer lag. Zum anderen hatte Huhu sich nie auf eine Rangelei eingelassen, weshalb das Wiesel schnell den Spass am aus-der-Ecke-springen verloren hatte. Der andere Pinguin allerdings, der schien seinen Spass an der Rangelei zu haben, und genauso schien es dem Wiesel zu gefallen über den Boden zu kullern. Zumindest so lange, bis der Pinguin es heftig am Schwanz zog. Das mochte das Wiesel offenbar gar nicht, und mit einem langgezogenen Winseln verschwand es unter dem Teetisch.
Huhu wandte sich vom Teleskop ab. Er konnte nicht begreifen was er da gerade gesehen hatte. Er musste hier weg, und er musste nachdenken.

Kategorien: Huhu | Ein Kommentar

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Ein Gedanke zu „Huhus Geschichte (10)

  1. Uuuh, eine Mordsspannung, und ich habe keine Sternchenkekse im Haus…

    Der Andere Pinguin ist ein Superschurke, wie er im Buche steht (no pun intended). Bücher aushöhlen, Kekse mopsen, Wiesel am Schwanz ziehen… geht es noch grausamer*?

    * Erinnern Sie mich nicht an die Gewaltorgie bei Owley!

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