Huhus Geschichte (12)

Huhu hatte sich in seine Ecke im Maschinenraum des Blogs zurückgezogen und grübelte. Es gab ihm mehr und mehr zu denken, dass er sich nur wie ein halber Pinguin fühlte. Und dann gab es ihn plötzlich zwei Mal, was ja nun das merkwürdigste überhaupt war. Und der andere war in allem das Gegenteil von ihm. Moment mal… Die Lösung lag ja auf der Hand! Warum hatte er nicht eher daran gedacht! Nein, Moment, er HATTE daran gedacht aber es gleich wieder verworfen, aber jetzt, wo er es so klar vor Augen hatte, konnte es gar nicht anders sein. Aber eigentlich sollte das Teil seit Ewigkeiten ausgemustert sein!

Huhu eilte über den metallenen Lauftsteg, der in luftiger Höhe quer durch den, mehrere Stockwerke hohen, Maschinenraum führte. Dann kletterte er eine Leiter hinab (langsam und vorsichtig), bis er das Erdgeschoss erreicht hatte. Hier war der Anschluss des Blogs ans Internet, von hier führte die große, graue Röhre nach draußen. Huhu öffnete eine Wartungsklappe und lief an der Internetröhre entlang bis zur Außenwand des Blogs. Dort drückte er sich durch eine kleine Tür, die außer ihm auch niemand kannte, und huschte durch Silencers Wohnzimmer bis unter das Regal, wo die Internetröhre in der Außenwand des Hauses verschwand. Huhu schlug die Flossen vors Gesicht.
Genau wie er es sich gedacht hatte.

An der Außenwand war ein DSL-Splitter angebracht. Eigentlich sollte das Teil schon lange nicht mehr in Benutzung sein, weswegen Huhu seine erste Vermutung nur für einen Sekundenbruchteil angedacht und dann verworfen hatte. Vermutlich hatte Silencer den aus Faulheit nicht demontiert. Jetzt, wo er sah, dass der Splitter immer noch in Betrieb war, sah Huhu vor seinem inneren Auge exakt was passiert war.

An dem Tag, als er die Internetröhre hatte reinigen wollen, war er versehentlich hineingefallen und durch die Röhre in Richtung Internet gestürzt. Dabei musste er durch den Splitter gefallen sein, und der hatte ihn, Huhu, aufgesplittet. Er selbst war dann in einer Seitentasche der Datenleitung steckengeblieben, währen der andere… sonstwohin gereist war. Aufgespalten in zwei Teile. Deshalb war er selbst so ängstlich, gefühlig, schreckhaft und grüblerisch, während der andere geradezu tollkühn und in vielen Dingen draufgängerisch und …gemein war.

Anders konnte es gar nicht sein. Ja, je mehr Huhu darüber nachdachte, desto mehr Sinn ergab das.

Sie beide, also Huhu und der andere Huhu, waren zwei Seiten des selben Pinguins! Der andere war nicht einmal böse, wie Huhu des öfteren vermutet hatte, sondern einfach nur… gedankenlos. Weil ihm das fehlte, was er selbst ihm Überfluss hatte: Angst, Selbstzweifel… all die Eigenschaften, die gemeinhin als wenig erstrebenswert gelten, ohne die man aber nur ein halber Mensch ist.
Pinguin.
Ein halber Pinguin.

Diese Gefühle sind wichtig, sie dürfen nur nicht die Oberhand gewinnen und das eigene Leben bestimmen. In der richtigen Mischung, so wurde Huhu jetzt klar, wirkten sie als Korrektiv und machten ihn zu einem mitfühlenden Pinguin, der jederzeit zu handeln in der Lage war, dessen Handeln aber durch Reflexion und letztlich die eigene Moral begrenzt war.

Huhu seufzte. Das ergab alles so viel Sinn, dass es weh tat. Er war hier also die labile, weinerliche Hälfte eines Pinguins, der sich vor seinem eigenen Schatten erschreckte und sich nur verkriechen wollte, während seine andere Hälfte durch die Gegend kraftmeierte und tat und ließ was sie wollte. Huhu merkte, wie ihm die Tränen in die Augen stiegen, weil ihm das Gefühl der Ausweglosigkeit wie ein Stein auf die Brust drückte. Doch dann schluckte er und ballte die Flosse.
So. Nicht.

Kategorien: Huhu | 6 Kommentare

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6 Gedanken zu „Huhus Geschichte (12)

  1. Oh Huhu! …

    (Und irgendwann mache ich mich auch mal auf die Suche nach meinem Splitter und der zweiten Katja.)

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  2. ssuchi

    Ein DSL-Splitter?!?
    Ganz großes Kino! 😉

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  3. Ein Splitter! Ich Dummerle, auf einmal ist alles sonnenklar!

    Ich frage mich allerdings, wie dieser Prozess ungeschehen gemacht werden kann. Außerdem möchte ich verpönen, wie wenig sorgfältig Herr Silencer mit seinem Blog umgeht. Das ist ja lebensgeährlich!!

    Katja: Nein, Du bist keine halbe Katja, Du bist gewissermassen Huhu vor seinem Unfall ♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥!

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  4. Genau, Katja ist eine ganze. Aber jeder fühlt sich mal halb…

    WdW: Ich möchte nicht wissen, wie IHR Blog hinter den Kulissen aussieht! 😉

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  5. Silencer: Total unaufgeräumt, aber da dort niemand lebt, völlig ungefährlich 😉

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  6. @WdW und Silencer: Danke…

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