Reistagebuch London 2014 (6): Sherlocked

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Im Februar 2014 verirrten sich Silencer und das Wiesel nach London. Eine Woche lang durchstreiften sie die uralte Metropole an der Themse und entdeckten erstaunliche Dinge. Am sechsten Tag dinieren sie beiden wie Sherlock und fahren Skilift in London. Verrückt.

Dienstag, 11. Februar 2014, London

Der heutige Tag will zelebriert werden! Es ist der 11. Februar, und selbst durch das miesepetrige Wetter lasse ich mir die Laune nicht verderben.

Blick aus dem Frühstücksraum des Cardiff. Es regnet.

Blick aus dem Frühstücksraum des Cardiff. Es regnet.

Ich lasse das Frühstück im Cardiff ausfallen und fahre mit der Tube zwei Stationen weiter zum Euster Square. Die U-Bahnstation Euster ist umbaut mit gläsernenden Büropalasten, aber mittendrin, wie ein anachronistisches Überbleibsel, steht ein geducktes, dreigeschossiges Gebäude mit einem Café im Erdgeschoß.

Das ist zu einigermaßen Berühmtheit gelangt, weil dieses Gebäude in der Serie „Sherlock“ die Bakerstreet 221b ist, und das Café regelmäßig auftaucht. Hier nehmen Sherlock. Mycroft und Dr. Watson gerne mal einen Kaffee.

Eingerahmt von gläsernen Bürotürmen duckt sich das kleine Gebäude in der North Gower Street in die Ecke. Im Erdgeschoß: Speedys Restaurant. Für die Serie Sherlock wird die Tür rechts  ausgetauscht und das Gebäude  die Baker Street 221B deklariert.

Eingerahmt von gläsernen Bürotürmen duckt sich das kleine Gebäude in der North Gower Street in die Ecke. Im Erdgeschoß: Speedys Restaurant. Für die Serie „Sherlock“ wird die Tür rechts ausgetauscht und das Gebäude zur Baker Street 221B deklariert.

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Innen erwartet mich eine Überraschung. Ich hatte erwartet, dass das Restaurant, ähnlich wie das Café aus dem Film Amelié, total überlaufen ist von Sherlock-Pilgern. Aber nichts dergleichen – am Tresen holen sich Menschen auf dem Weg zur Arbeit einen Kaffee oder ein Sandwich zum mitnehmen, an den wenigen Tischen und Stühlen sitzen vereinzelt Rentner über einem Tee und lesen Zeitung. Keine Spur von Touris, nur ein Foto an der Wand verrät, dass dieses Lokal ein Filmstar ist. Das Bild zeigt den Wirt zusammen mit Martin Freeman, Bendict Cumberbatch und Steven Moffat. Das hier zu den Dreharbeiten die gerade populärsten Schauspieler der Welt ein- und ausgehen hat wohl keinen Einfluß auf´s Tagesgeschäft.

Ansonsten wirkt alles sogar ein wenig schmuddelig. Die Holzverkleidung der Wände ist vielfach übergestrichen, die Fliesen des Bodens sind abgelaufen und die Stühle wackelig.

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Hinter dem Tresen arbeiten Vater, Sohn und Tochter Hand in Hand und hochkonzentriert zusammen. Die Bedienung ist grummelig, schwer zu verstehen und kurz angebunden – Profi, eben.
Der Tresen weist eine ungewöhnliche Menge frisch geschnibbelter Zutaten auf, und tatsächlich frühstücke ich einen hervorragenden Kaffee und das beste weißes-Toast-mit-Salami-und-getrockneten-Tomaten-mit-Käse-Sandwich das ich je hatte. Ich sitze an genau jenem Tisch, an dem Watson mit Mycroft Holmes in „Die Hunde von Baskerville“ konferierte und genieße Sandwich, Kaffee und Atmosphäre.

Als ich das Speedys verlasse, sehe ich auf der anderen Straßenseite eine alte Frau, die fast scheu hinter einem geparkten Auto hervorfotografiert. Außerdem kommt ein leggingtragendes Mutter& Tochter-Gespann mit Trolleys im Schlepptau angerollt und guckt ehrfürchtig. Aha, man kennt den Ort also doch. Der Laden ist also touristisches Ziel und gleichzeitig authentisch geblieben – Respekt, das muss man auch erstmal hinbekommen.

St. Pauls Cathedral

St. Pauls Cathedral

Nach dem Frühstück geht es mit der Tube zur St. Pauls Cathedral, wobei sich die U-Bahn mal wieder als notorisch unzuverlässig erweist und einfach auf halbem Weg umkehrt. Es schüttet wie aus Kübeln, als ich endlich an der „Kathedrale der Nation“ ankomme, und ich bin froh als ich endlich den Eingang finde. Das Pre-booked Ticket, das ich mitbringe, wäre gar nicht nötig gewesen, hier ist nichts los.

Ich bewundere die Kuppel. Der Bau von Sir Wren ist eindeutig von den Künstlern der Renaissance abgekupfert und erinnert an St. Peter in Rom, was ihm später zum Verhängnis wurde: Zu papaistisch, zu katholisch sei der Bau, mäkelten die Protestanten, die bei der Fertigstellung der Kirche an der Macht waren. Der Popularität St. Pauls hat das keinen Abbruch getan, hier fanden viele bedeutende Ereignisse statt. Reale, wie die Hochzeit von Charles und Diana, dem Thronjubiläum Elisabeths der II. oder der Beisetzung Admiral Nelsons, aber auch fiktionale, wie den Kampf der Engel in den „Lycidas“-Büchern von Christopher Marzi. Wenn man sich die Kuppel ansieht, begreift man schnell wie Marzi darauf gekommen ist, dass aus ihr Engel hinabsteigen könnten. Sie ist wirklich groß, 111 Meter hoch. Das sind 365 Fuß, ein Fuß für jeden Tag des Jahres. Christopher Wren, der Architekt, der nach dem großen Brand im Jahr 1666 viele wichtige Bauten in London neu erschaffen durfte, liebte solche Eastereggs.

Portal von St. Pauls

Portal von St. Pauls

St. Pauls ist vor allem eines: GROß. Und hoch. Weil ich überall draufklettern muss, mache ich mich auch hier an die Besteigung. 274 Stufen hört sich wenig an, ist aber in der Tat nur die erste Etappe bis zur inneren Kuppelkrone, der Flüstergalerie oder Gallery of Whispers. Die heißt -natürlich- so, weil man jedes gesprochene Wort noch am anderen Ende der Kuppel versteht. Akustik und so, wissen schon.

Enge Wege über schmiedeiserne Leitern führen steil nach oben.

Enge Wege über schmiedeiserne Leitern führen steil nach oben.

Eine kleine Tür führt vom Inneren der Flüstergalerie in die Eingeweide der Kuppel. Hier geht es auf eisernen Wendeltreppen steil empor, immer höher und höher. Ich schnaufe ganz schön, als ich endlich ganz oben ankomme. Hier bläst mich fast ein mit Regen gespickter, eiskalter Wind aus dem Türrahmen.
Der Ausblick, insbes. auf das Kraftwerk am anderen Ufer der Themse, in dem die Tate Modern residiert, ist großartig – aber das Wetter treibt mich schnell wieder ins Innere der Kathedrale.

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Die Krypta zieht sich unter der ganzen Kirche entlang, ist aber eher unspektakulär. Das wissen auch die Betreiber, die daher dort ein Restaurant und einen Shop eingerichtet haben, was aber aufgrund der Größe eher wirkt wie ein Fressland und ein Kaufhaus.

Es regnet und stürmt immer noch, als ich die Kathedrale verlasse und Richtung Cannon Street wandere. Von dort geht es über die Southwark Bridge über die Themse und Richtung Osten. Dort entdecke ich The Burrough, einen Markt, den es hier auch schon seit viktorianischer Zeit gibt. Es ist eine Ansammlung von Ständen, die in einer viktorianischen Markthalle stehen, die sich wiederum unter eine Brücke duckt, in deren Pfeiler auch Lagerhallen und Kneipen eingelassen sind. Heute Morgen ist nicht viel los, und das Ganze wirkt sehr romantisch.

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Ganz in der Nähe des Burroughs liegt The Shard, die Scherbe, mit 310 Metern das höchste Bürogebäude der EU (Das höchste Gebäude Europas ist der Mercury City Tower in Moskau). Das pyramidenförmige Gebäude ragt wie ein Dorn aus dem Stadteil Southwark heraus, wie ein gewaltsam durch London getriebener Fremdkörper. „A View from The Shard“ heisst die „Attraktion“, die nichts anderes besagt, als das man aus einem Viertelkilometer Höhe auf die Stadt hinabsehen kann.

Damit man das darf, muss man nicht nur im Vorfeld 30 Pfund bezahlen (rund 35 Euro oder 140 Ostmark), man muss auch wieder zig Sicherheitschecks über sich ergehen lassen. Rucksackkontrolle, Anbölkerei durch einen Sicherheitsmann, Durchleuchtung, Jacke Ablegen, das volle Programm. Als ich durch den Scanner trete gucken mich die Sicherheitskräfte kopfschüttelnd an. „Sir, we have a SEVERE problem. You are NOT allowed to enter with that weapon“ Ich vermute zunächst das sie das Wiesel entdeckt haben, das für sich eine Weapon of mass Konfusion ist, aber das ist es nicht. In meiner Jackentasche steckt das kleine Schweizer Taschenmesser, dass das Wiesel einst von Owley mitbrachte. Mit großem Tamm-Tamm und unter grimmen Blicken wird das Messerchen konfisziert. Verdammt, wovor haben die Angst? Das ich mit einem Taschenmesser den Wolkenkratzer entführe und in ein Flugzeug steuere?

Für die Entwürdigung und die 30 Pfund wird man danach auch wie ein König behandelt. An jeder Ecke stehen 3-4 Menschen Personal, fast alle farbig. Ihre einzige Aufgabe ist es zu fragen wie es einem geht, den Weg zu weisen oder sich einfach zu bedanken das man sie besucht. Das ist das Äquivalent zu Douglas Adams´ depressiven Türen, nur dass den Menschen hier keine schlechte Laune erlaubt ist. Ein unwürdiges Theater.

Abgesehen von den Grüßhanseln bin ich in den luxuriösen Gängen und den Hochgeschwindigkeitsaufzügen allein, der Andrang hält sich heute wirklich sehr in Grenzen.
In der 68. Etage ist ein vollverglaster Aussichtsplattform mit Augmentet-Reality-Teleskopen, die auch bei Nebel und Regen zeigen, was sich vor einem befindet.

Die Augmented Reality Teleskope zeigen Infos zu den Bauwerken, die man gerade anvisiert.

Die Augmented Reality Teleskope zeigen Infos zu den Bauwerken, die man gerade anvisiert.

In der 72. Etage sieht das aber ganz anders aus. Hier gibt es keine vollverglaste und beheizte Kuschelatmosphäre, hier toben die Elemente. Ein starker Wind peitscht Regen gegen den nach oben offenen Glasschutz und rüttelt an der Tür zum Treppenhaus. Im Hintergrund sind Wolken zu sehen, die rasend schnell und zum greifen Nahe vorbeiziehen. Wirklich ein dramatisches Szenario.

„Are you ready?“, fragt mich eine junge Sicherheitsfrau und legt eine Hand an der Tür. „Gimme a second“, stammele ich, ziehe meine M65 bis zum Kragen zu und die Mütze mit den Ohrenschützern tief ins Gesicht. „Now I am good to go“, sage ich und ernte ein heiteres Lächeln. „Be brave“, sagt die Frau mit einem leicht spöttischen Unterton während sie mir die Tür öffnet. Tatsächlich ist es gar nicht so schlimm wie es von drinnen wirkte, die offene Plattform ist gut abgeschirmt. Es ist nur kalt. Aber wenigstens reisst jetzt der Himmel auf, und Sonnenstrahlen sind zu sehen. „Just for you“, lächelt die Sicherheitsfrau.

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Ich nutze die Gelegenheit und will wissen, ob sie sich an die Aussicht gewöhnt hat, oder ob das immer noch was spezielles für sie ist. Es sei immer wieder was spezielles, sagt sie, aber vornehmlich wegen dem Wetter, dass immer wieder neu und spektakulär sei. Oh, und die Besucher seien interessant. Sie vertreibe sich oft die Zeit damit, anhand der Sprachen und Akzente zu raten, woher die Leute kommen. Cathryn, so heisst die junge Frau, hat anscheinend wirklich Spaß an der Arbeit. Oder das Lächeltraining ihres Arbeitgebers ist sehr effektiv. Wir unterhalten uns noch kurz über Sprachen und Akzente und wie sich für Engländer Österreicher und Deutsche anhören (Österreicher klingen mehr nach Singsang, sagt Cathryn), dann muss ich weiter.

Aus der hypermodernen Luxuswelt des Shard hinauszutreten und direkt im uralten Southwark zu stehen ist übrigens ein echter Kulturschock.

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Unterhalb des „Shard“, direkt neben der Modern Tate, liegt „The Globe“, das Theater von William Shakespeare.

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Natürlich nicht das Originale, denn das haben die Schauspieler selbst abgefackelt, erklärt Lauren, meine Führerin. Lauren ist gekleidet wie die Witwe Bolte aus den Geschichten von Wilhelm Busch und trägt gegen die Kälte einen dicken Pelzmantel.

Lauren trägt die Kopfbedeckung von Witwe Bolte, einen Pelzmantel und das Wiesel.

Lauren trägt die Kopfbedeckung von Witwe Bolte, einen Pelzmantel und das Wiesel.

Sie zeichnet ein sehr realistisches Bild von der Zeit um 1630. Durchschnittlich badeten die Leute damals ein mal pro Jahr. Man ernährte sich von Kohl und Zwiebeln, und als vermeintlicher Schutz gegen die Pest aß man Koblauch. Das einzige Getränk für Männer, Frauen und Kinder war Bier, denn das war gefiltert und destilliert und damit weitgehend keimfrei. Wasser zu trinken wäre zu gefährlich gewesen. Das nahezu einzige Vergnügen sei das Theater gewesen, dessen Eintritt für die billigen Stehplätze einen Penny kostete.

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Im Globe fanden 3.000 Personen Platz und guckten sich die Aufführungen an. 3.000 betrunkene und stinkende Menschen, dicht zusammengepackt, keine Toiletten… das Theater muss gerochen haben wie eine riesige Jauchegrube. Die Besucher im „Pit“, also auf den 1-Penny-Stehplätzen, nannte man daher auch „Pennystinkers“
Weibliche Schauspieler gab es übrigens nicht. Auch die weibliche Protagonistin in Romeo und Julia wurde von einem jungen Mann mit Kissen um Po (eine sogenannten „Bumroll“) und Brust gespielt, und dazu musste der Knabe eine kratzige Pferdehaarperücke tragen und sich das Gesicht weiß schminken. Weiße Schminke wurde damals nur von Schauspielern und Personen der Oberschicht getragen. Ironischerweise enthielt sie Blei. Menschen, die sich regelmäßig schminkten, wurden impotent, ihnen fielen die Haare aus, sie wurden irre und starben früh. Ja, Schauspieler zu Shakespeares Zeiten zu sein, das war echt gefährlich.

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Dann kam der Abend, an dem man das Stück „Heinrich VIII“ aufführte und einen Kanonenschuss als Soundeffekt benötigte. Wie macht man so einen Kanonensoundeffekt? Na ganz einfach, man feuert eine Kanone ab! Über der Bühne gibt es einen speziellen Geräuscheraum für Geräuschemacher. Der Geräuscheraum hatte ein mit Flachs gedecktes Dach.

Man kann sich vorstellen was passierte: Die Kanone feuerte, Funken setzten das trockene Dach in Flammen, und in Windesweile breitete sich ein Feuer aus und das ganze Theaterrund stand in Flammen. 3.000 dicht gedrängte, betrunkene Menschen in einem brennenden Theater… „Was meint ihr, wieviele Menschen sind bei der entstehenden Panik wohl gestorben?“, fragt Lauren unsere kleine Gruppe.

Sechshundert, schätzt ein älterer Herr. 300, bietet eine Asiatin. Zwei, sagt eine Mutter mit zwei gelangweilten Kindern. Tatsächlich, sagt Lauren, ist gar niemand getötet worden. Alle sind lebendig aus den Flammen gekommen. Lediglich die Hosen eines Herrn gerieten in Flammen, konnten aber mit einer beherzten Bierdusche schnell gelöscht werden.

Dennoch war das Globe Theatre verloren. Es wurde später neu gebaut, aber als die Puritaner an die Macht kamen, wurde der Globe II geschlossen und abgerissen. Im Puritanismus darf man keinen Spaß haben, und das Theater hielt angeblich zu viele Menschen von der Arbeit ab.

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Im Inneren des Globes gibt es eine Ausstellung und Workshops zu Schauspielerei und Kostümen.

Im Inneren des Globes gibt es eine Ausstellung und Workshops zu Schauspielerei und Kostümen.

Dann gab es 300 Jahre keinen Globe – was der Amerikaner Sam Wannamaker nicht glauben konnte, als er das erste mal nach London kam. Wannamaker war Schauspieler, eine seiner ersten Rollen war in einem Shakespeare-Stück, und er verehrte den englischen Dichter. An seinem Lebensabend startete Wannamaker, Jahrgang 1929, eine Spendensammlung, mit dem Ziel, den Globe wieder aufzubauen. Es dauerte dann 20 Jahre, und die Fertigstellung hat er nicht mehr erlebt, aber nun gibt es wieder einen Globe. Hergestellt in Handarbeit, mit Naturmaterialien, so authentisch wie möglich.

Shakespeare ist überall in unserer Sprache*

Shakespeare ist überall in unserer Sprache*

Von April bis Oktober werden Vorstellungen darin gegeben. Seit Januar 2014 ist auch das Sam Wannamaker-Haus fertig, ein Theater, dass Innen ganz aus Holz ist und in dem jetzt auch im Winter gespielt wird.

Nachbau des Schiffs von Francis Drake, der "Golden Hinde".

Nachbau des Schiffs von Francis Drake, der „Golden Hinde“.

In London kann man fast alles, auch Seilbahn fahren, wenn man das will. Northern Greenwich und die Docklands sind mit der „Emirates Airline“ verbunden, einer Seilbahn, deren Bauart deren an Skipisten entspricht. Eine Fahrt kostet 4 Pfund, dauert acht Minuten und bietet einen tollen Ausblick aus 100 Metern Höhe auf die Themse und die Skyline von London. Man startet auf Greenwich-Seite am Fuße des O2, vormals Millenium Dome, der drittgrößten freitragenden Halle nach den Fertigungshallen von Boing in Amerika und einer anderen, die ich schon wieder vergessen habe. Der Dome war ein Prestigeprojekt der Blair-Regierung kurz vor der Jahrtausendwende, genauso wie die Millenium Bridge (die so sehr schwankte das den Leuten schlecht wurde) und dem Millenium Eye (dessen Lager aus so weichem Material waren, dass es anfangs eierte). Der Dome ist eine freitragende Halle, trägt sich aber (Achtung, Wortspiel) nicht selbst und macht notorisch Verlust.

Das Wiesel vor dem Millenium Dome.

Das Wiesel vor dem Millenium Dome.

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Verrückte Gebäude stehen in Northern Greenwich herum.

Verrückte Gebäude stehen in Northern Greenwich herum.

Bodenstation der Emirates Airline

Bodenstation der Emirates Airline

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Anflug auf die Docks.

Anflug auf die Docklands.

Die Docks, eines der In-Viertel von London.

Die Docks, das In-Viertel von London.

O2 von oben.

O2 von oben.

Am anderen Ende gibt es außer den Docks aber nicht viel zu sehen, und so kaufe ich lediglich in einem Tescos eine Tafel Brezel-mit-Cola-Schokolade und fahre wieder zurück zum O2-Dome.

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Wenn ich schonmal in der Nähe von Greenwich bin, kann ich auch gleich mal das Observatorium besuchen. Das Problem: Das königliche Teleskop steht auf einem Berg, der südlich der Themse und in Nahverkehrszone 3 liegt. Die meisten Touritickets, auch meine Travelcard, gelten nur für die Zonen 1 und 2. die Lösung dafür: Man fährt von Canarys Wharf aus mit dem Zug (DLR, District Light Railway) nach Süden bis Island Gardens. Hier, vom Ufer der Themse aus, kann man auf der anderen Seite des Flusses schon das Naval College und die Universität sehen.

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Die letzten Meter bis dahin geht man einfach zu Fuß. Nicht über die Themse, sondern unten drunter durch. Es gibt nämlich einen Tunnel aus viktorianischer Zeit, der unter dem Fluß hindurchführt und der gebaut wurde, um den Dockarbeitern den Weg zur Arbeit zu erleichtern.

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Der Tunnel endet unmittelbar vor der Cutty Sark, einem berühmten Teesegler.

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Der Name Cutty Sark kommt angeblich vom kurzen Hemdchen der Gallionsfigur. Tatsächlich ist es so kurz, dass ihr beim runterziehen die Brüste oben rausgefallen sind. Vermutlich guckt sie deshalb so böse.

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Ein Stück südlich liegt das Naval college, dass man vor Kurzem im Kino als Schauplatz für den Endkampf in „Thor 2 – The Dark Kingdom“ gesehen hat. Von abgestürzten Raumschiffen oder Dimensionsportalen ist aber, zu meiner großen Endtäuschung, nichts mehr zu sehen.

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Ein Stück die Hauptstrasse hoch und dann durch einen Park kommt man zum Observatorium.

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Hierhin habe die Briten, die sich ja ohenhin für den Mittelpunkt mindestens der Welt halten, den Nullmeridian gelegt. Genau hier, markiert durch eine Metallschiene im Boden, wird die Welt in zwei Hälften geteilt. Wenn man sich genau über die Schiene stelllt, steht man mit einem Bein auf der Ost- und mit dem anderen auf der Westhalbkugel. (Anm.: In einer früheren Fassung stand hier noch „Süd- bzw. Nordhalbkugel“, vermutlich weil der Verfasser zum Zeitpunkt der Niederschrift kurzzeitig komplett umnachtet war. Darauf beziehen sich die Kommentare)

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Das Wiesel ist natürlich in allen Welten zu Hause.

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Außerdem kann man sich noch eine Ausstellung über Uhren angucken, in denen Harrington gewürdigt wird, dessen ultrapräzise und nicht durch Seegang zu irritierende Uhr Navigation auf See erst möglich machte. Zu Francis Drakes Zeiten navigierte man so zu den westindischen Inseln: „Nach Süden, bis die Butter schmilzt, dann nach Westen. “ Genauer ging es bis dahin nicht, und als sich mal wieder eine ganze Flotte komplett verfranzt hatte, gab es einen Wettbewerb auf der Suche nach einer Verbesserung der Navigation. Uhren hatten bis dahin Pendel, die bei Seegang aus dem Tritt gerieten. Der Uhrmacher Harrington konstruierte eine Uhr ohne Pendel, die immer exakt richtig ging, und mit der man -zusammen mit dem Stand der Sonne zu bestimmten Zeiten- den exakten Längengrad bestimmen konnte.

Im Observatorium gibt es zudem noch eine achteckigen Raum an der Spitze, gestaltet von Stararchitekt Christopher Wren, der auch St. Pauls baute. Der Raum ist ist leer, er wurde nur für die Angeberei gebaut mit dem tollen Ausblick über London gebaut.

Ich laufe unter der Themse zurück und bin erstaunt über das Viertel, dass am Hadrons Quay liegt. Es sind Glas- und Marmorpaläste der Großbanken, JP Morgan Chase & Co, die hier mit Luxus protzen und Reichtum zeigen. Gerade ist Feierabendzeit, und zehntausende Banker strömen aus den Palästen und schieben ihre grauen Muffelgesichter in die graue Beton-U-Bahnstation.

Die Züge sind gequetscht voll, und ich bin froh, als ich am Sloane Square, westlich des Parlaments, endlich aus der Sardinenbüchse heraus kann. Der Bahnhof Sloan Square entstandt 1868. Der Bau stellte die Ingenieure vor eine Herausforderung, denn genau hier verlief ein Fluß. Aber in viktorianischer Zeit gab es nichts, was sich nicht mit genug Metall und Nieten lösen ließ, und die Lösung sah so aus, dass man den Fluß in ein Rohr packte und über den Bahnhof wegleitete. Und hier fließt er noch heute, direkt über den Köpfen der Leute auf dem Bahnsteig darunter:

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Es ist mein letzter Abend in London, und so bummele ich noch ein wenig durch die Stadt und lasse mich treiben.

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Ich finde noch ein paar interessante Geschäfte. Bei Charles Tyrwhitt, einem Herrenausstatter, der mir schon einmal über Twitter empfohlen wurde, lasse ich mich mal ordentlich vermessen. Ergebnis: Normal Fit, Weite 15, Länge 33. Das macht den nächsten Hemdenkauf online doch sehr viel einfacher.

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Hemleys ist ein Spielzeuggeschäft, und zwar ein ganz besonderes. Auf sechs Etagen wird alles mögliche an Spielzeug angeboten. As besondere ist die Präsentation: Alle paar Meter steht ein Verkäufer oder eine Verkäuferin und… spielt. Ein Verkäufer liefert sich ein Flugdrohnenmodell mit einem Kollegen, um die Ecke zaubert eine Kollegin andere leuchtende Kugeln aus den Ohren der Passanten. Alle wirken so, als hätten sie sogar wirklich Spass an ihrer Arbeit. Entweder das, oder die sind alle verdammt gute Schauspieler.

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Ich gehe zu Fuß zurück zum Norfolk Square. Das ist weit, aber ich genieße den Spaziergang. Nicht, dass ich heute zu wenig Bewegung gehabt hätte, insgesamt bin ich wieder fast 30 Kilometer gelaufen, aber es regnet nicht, die Luft ist angenehm, und immerhin sind das die letzten Impressionen, die ich sammeln kann. Morgen geht es zurück nach Deutschland.

Fantastische Schaufensterdeko eines Musikgeschäfts.

Fantastische Schaufensterdeko eines Musikgeschäfts.

Fantastische Deko eines Geschäfts für... ja, was eigentlich?

Fantastische Deko eines Geschäfts für… ja, was eigentlich?

Home Sweet Home

Home Sweet Home

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Rumlauferei in Greenwich. Im Nordosten die Seilbahn, im Süden das Observatorium.

Rumlauferei in Greenwich. Im Nordosten die Seilbahn, im Süden das Observatorium.

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* Der Text auf dem Poster ist von Bernard Levin und lautet:

On Quoting Shakespeare

If you cannot understand my argument, and declare „It’s Greek to me“, you are quoting Shakespeare; if you claim to be more sinned against than sinning, you are quoting Shakespeare; if you recall your salad days, you are quoting Shakespeare; if you act more in sorrow than in anger; if your wish is farther to the thought; if your lost property has vanished into thin air, you are quoting Shakespeare; if you have ever refused to budge an inch or suffered from green-eyed jealousy, if you have played fast and loose, if you have been tongue-tied, a tower of strength, hoodwinked or in a pickle, if you have knitted your brows, made a virtue of necessity, insisted on fair play, slept not one wink, stood on ceremony, danced attendance (on your lord and master), laughed yourself into stitches, had short shrift, cold comfort or too much of a good thing, if you have seen better days or lived in a fool’s paradise -why, be that as it may, the more fool you , for it is a foregone conclusion that you are (as good luck would have it) quoting Shakespeare; if you think it is early days and clear out bag and baggage, if you think it is high time and that that is the long and short of it, if you believe that the game is up and that truth will out even if it involves your own flesh and blood, if you lie low till the crack of doom because you suspect foul play, if you have your teeth set on edge (at one fell swoop) without rhyme or reason, then – to give the devil his due – if the truth were known (for surely you have a tongue in your head) you are quoting Shakespeare; even if you bid me good riddance and send me packing, if you wish I was dead as a door-nail, if you think I am an eyesore, a laughing stock, the devil incarnate, a stony-hearted villain, bloody-minded or a blinking idiot, then – by Jove! O Lord! Tut tut! For goodness‘ sake! What the dickens! But me no buts! – it is all one to me, for you are quoting Shakespeare.

Reisetagebuch London:
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Kategorien: Reisen, Wiesel | Schlagwörter: | 11 Kommentare

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11 Gedanken zu „Reistagebuch London 2014 (6): Sherlocked

  1. Ich muss mal kurz meinen Klugscheißmodus anwerfen: du hast den Nullmeridian mit dem Äquator verwechselt 🙂
    Verständlich, östlich und westlich der Linie haben leider keinen so klingenden Namen wie Nord- und Südhalbkugel.

    Danke für die Beschreibung deines Abenteuers! War schön nochmal nach London zu reisen. Du hast ganz schon viel gemacht, vieles wurde von uns aufgrund der Kosten ausgelassen.

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  2. zimtapfel

    Ähmja, dasselbe wie Kalesco muss ich auch loswerden. Nix Nord- und Südhalbkugel, sondern westliche u östliche Hemisphäre.
    (Am Äquator ist dafür besseres Wetter als in London.)

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  3. Ah, die anderen zwei vor mir haben es schon gemerkt mit der Nord und Südhalbkugel 😉

    Aber abgesehen davon: wenn ich mal nach London fahre, dann werde ich vorher noch zum Intrnetausdrucker und nehme den Artikel mit. Erspart mir ja schon fast den Reiseführer in Bezug auf Hintergrundinfos und „Muß-man-gesehen-haben“.

    Oder Du schreibst einen und verkaufst den – würde ich sofort machen. Ich hab schon echt schlechtere Zeugs für teuer Geld gekauft 😉

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  4. Soll ich jetzt auch was zu Nord/Süd und Ost/West – nein, eher nicht… 😉

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  5. Hahaha.
    Haha.
    ha.
    VERDAMMT!!

    Ist es doch reingerutscht. Beim Schreiben (mitten in der Nacht, nach dem langen Tag) war ich irgendwie schon komplett unterbelichtet und dachte damals allen Ernstes: „Süd/Nord? Ost/West? Wie´n jetzt? Muss ich nochmal nachgucken, wenn die verkehrte Angabe reinkommt hauen mir das sofort alle um die Ohren – und genauso ist es gekommen. Von daher: IHR HABT MICH NICHT ENTTÄUSCHT! 😀

    Tatsächlich war der Text hier nicht fertig, was auch die Notiz „(Achtung, ergibt wenig sinn, bitte komplett umschreiben und anreichern)“, das fehlende „more“ und die verkehrten Bilder erklärt. Nunja. Diese Episode war dann halt nicht das gewohnte Niveau, sondern nur ein Level mit Qualitätsjournalismus (beh). Trotzdem Danke für das Lob 😀

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  6. So, ist korrigiert. Genauso wie zwei Dutzend Schreibfehler. Sorry.

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  7. Ein Turmtreppenaufgangsbild! ♥
    Was für ein grandioser Tag. Ehrlich, was du so an einem Tag alles siehst und unternimmst, dafür würde ich vermutlich ’ne Woche brauchen. Ich bin, speziell wenn es touristisch ist und viele Menschen vor Ort sind, ruckzuck reizüberflutet und muss Eindrücke erst mal sacken lassen. Ehrlich Hut ab, was für ein Pensum du dir so vornimmst und auch bewältigst. 🙂

    Wobei an dem Tag natürlich ganz klar ist, weswegen du so viel unternehmen musstest! Am Ende des Tages zeigt der Tracker einen stilisierten Wieselumriss in der Karte! Das war doch sicher so geplant!

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  8. Ich werde zukünftig daran denken Treppenaufgangsbilder zu veröffentlichen (ich mache fast immer welche, wenn die ungewöhnlich sind). Und jetzt hast Du mich wirklich rangekriegt, ich musste erst einmal gucken ob wirklich ein Wiesel auf der Karte ist 8-D

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  9. Oh super! Das ist wirklich ein ganz besonderer Service. 🙂

    *leicht empört* Natürlich ist da ein Wiesel!1elf (Wobei ich zugeben muss, dass ich zuerst dachte, du hättest den Hund von Baskerville aufgespürt bzw. für deine Leser in der Karte versteckt. Aber nein, es muss ein Wiesel sein!)

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  10. JP

    Borough Market wurde später auch zu einer Sherlock-Kulisse (Six Thatchers)

    Gefällt 1 Person

  11. Stimmt!

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