Square

„Square“, heisst eigentlich viereckig, aber Englischsprechende sagen das auch, wenn sie etwas seltsam finden. Seltsam ist auch FourSquare, eine kleine App, die seit 2009 die Mobiltelefone eroberte. Die App bestimmt den eigenen Standort, guckt nach Sehenswürdigkeiten in der Nähe und erlaubt den „Check-In“ dort, was nichts anderes heisst als: Die Nutzer teilen anderen FourSquare-Nutzern mit, wo sie sich gerade aufhalten. „Silencer checked in at Landesmuseum Hannover“ ist so eine Ansage. Sehenswürdigekeiten und Orte werden von den Nutzern selbst angelegt, mit der Möglichkeit weitere Infos zu hinterlassen. „Im Café Otto gibt es tollen Kirschkuchen“, zum Beispiel. Damit alle auch fleissig ihre Standorte weitergeben und Orte und Infos in FourSquare eintickern, und damit quasi für das Unternehmen Informationen sammeln, nutze der Dienst den Spieltrieb der Nutzer. Für jeden geteilten Standort gab es Punkte, für bestimmte Dinge gab es Medaillen und wenn man oft genug bei einem Objekt eincheckte, konnte man dessen Bürgermeister werden. Das war im echten Leben natürlich exakt gar nichts wert, aber ich fand es trotzdem nett, dass die Welt (bzw. andere FourSquare-Verwender) sehen konnten, dass ich der Mayor des Casa Brescia in Siena war.

Foursquare war also ein Spiel, mit dem das Unternehmen Daten sammelte. Mit denen stellte es so halbwegs nützliche Dienste zur Verfügung, z.B. konnte man schnell nach guten Restaurants in der Nähe gucken. Vor einigen Wochen vielen die Gamification-Elemente in Foursquare weg, was die App schlagartig uninteressant machte. Keine Punkte, keine Achievements – warum soll ich das Ding dann noch nutzen? Sollte ich gar nicht, stellte sich raus. Statt FourSquare sollte man doch bitte Swarm nutzen, die neue App der Firma. Erst wurde man über Wochen sanft darauf hingewiesen, am Wochenende wurde Foursquare dann praktisch stillgelegt.

Swarm wiederum ist zu hundert Prozent auf soziales Netzwerk ausgelegt, und zwar auf die schlimmste Sorte: Es will Freunde enger vernetzen, die sich ohnehin am gleichen Ort aufhalten. ARGH. Gefühlte 90 Prozent der App drehen sich darum, dass man in die Gegend trötet „Ich gehe jetzt in den Park, chillen“ und Freunde in der Nähe sagen können „Oh super, ich komme mit“. Das hört sich in der Theorie und beim Venture-Capital-Gespräch bestimmt toll an, praktisch funktioniert das bei mir exakt Nullo und bei anderen vermutlich nur unwesentlich besser. Denn: Die drei Freunde, die ich auf Foursquare hatte und die nun bei Swarm sind, sind in anderen Teilen der Welt. Da nützt es gar nichts, wenn Herr X postet, dasss er jetzt Kaffeetrinken geht, denn das ist 800 Kilometer entfernt. Und abgesehen davon: Interessiert mich das? Wenn mich jemand beim Kaffee dabei haben möchte, dann kann er mich dazu einladen. Das ist nämlich der widerlichste Punkt an Swarm: Es ist dafür designt worden, sich anderen Leuten aufzudrängen. Und das kann ich nicht leiden. Ich dränge mich nicht auf, und wenn ich mit jemandem essen gehe, dann will ich nicht, dass sich jemand spontan mein Bekanntenkreis anschliesst.

Ich sehe keinerlei Nutzen mehr in der App, zumal man nun auch die Spielelemente so verbogen hat, dass sie nicht mehr funktionieren. Das Mayorship-Konzept bei Swarm dahingehend überarbeitet wurde, dass man Bürgermeister eines Objekts nur noch innerhalb seines Freundeskreises ist – der Rest der Welt bekommt davon nichts mit, und unter Umständen gibt es für ein Objekt tausende Teilzeitbürgermeister. Damit ist das Mayorship auch gefühlt überhaupt nichts wert.

Nee, FourSquare und Swarm sind damit für ich gestorben. Der Kram bietet präzise keinen Nutzwert mehr, Mehrwert schon gar nicht, und damit sehe ich auch nicht ein, dass ich die Geodatenbank des Unternehmens weiter füttern soll. Vielleicht benutze ich es nochmal aus nostalgischen Gründen, weil es schon nett ist zu wissen wann man das letzte Mal an einem Ort war, aber Spaß, den macht das Ganze nicht mehr.

Kategorien: Betrachtung, Internet, Rant | 12 Kommentare

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12 Gedanken zu „Square

  1. Quasi verschlimmbessert 😉

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  2. Ganz genau. Kaputtgeschraubt.

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  3. bexbunny

    Dein Abgesang auf 4square spricht mir voll aus dem Herzen. Ein lustiges Gimmick und stetiger Begleiter auf Entdeckungstouren einfach mal kaputt entwickelt. Schade, werde wohl in Zukunft auch darauf verzichten aber die Duelle um das Bürgermeisteramt beim Lidl meines Vertrauens doch schon ein wenig vermissen. ;-(

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  4. Ja, diese Duelle kenne ich auch – wer ist dieser Typ, der mir jetzt schon wieder im Lieblingsladen das Mayorship geklaut hat? Gibt´s zukünftig nicht mehr, weil er ja nicht in meinem Freundeskreis ist…

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  5. Nerdsorgen 😉 *Duck und wech*

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  6. Das erinnert mich sehr an die Umstellung von „Qype“ auf „Yelp“, nachdem das Label verkauft wurde. Früher mit „Qype“ hatte ich auf meinen Geschäftsreisen immer ein gutes Lokal oder sonstiges gefunden. Dann wurde es kommerzialisiert und zu „Yelp“. Seitdem kannste verhungern… 😉

    P.S.: Für Alternativen bin ich offen und bitte um Vorschläge. Bis jetzt habe ich nämlich noch nichts adäquates gefunden!

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  7. WdW: SIE WISSEN JA GAR NICHT WAS DAS FÜR EIN PROBLEM IST!!!

    Typ3Typ. Gutes Beispiel! Einen passenden Ersatz habe ich auch noch nicht gefunden 😦

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  8. SCHREIEN SIE MICH DOCH NICHT AN!

    Für mich Gelegenheitsnutzer macht der Umstieg von Qype/Yelp keinen Unterschied. Ich benutze das nur, um gelgentlich einen Laden zu „überprüfen“, nicht für Empfehlungen in unbekannten Gefilden.

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  9. ich benutze keine App – ich gebe zu ich habe mich damit bisher auch nicht auseinander gesetzt.
    Und bevor ich mir irgendetwas auflade was dann kostet oder was mitbringt was ich nicht haben will verzichte ich einfach ganz auf deren Nutzung. Bisher bin ich ganz gut damit gefahren.

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  10. Leandrah: Jedem das seine. Ich benutze eine Vielzahl von Apps – mein Leben macht das einfacher. Und wenn jemand seine App kaputtmacht, werfe ich sie halt weg.

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  11. Oh. Seit Monaten will ich mir eigentlich Foursquare installieren und mal anschauen, weil ich das mit den Mayorships schon ganz witzig fand… Manchmal spart das ja auch insgesamt Zeit und Energie, wenn man Dinge vor sich herschiebt. 😀

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  12. So wie es jetzt ist, braucht niemand das.

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