Abgrundbeleuchtung (3): Schuhe kaufen II

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„Lieblingsschuhe sind so eine Sache, auch bei Männern, sie werden gepflegt und wenn die ersten Alterserscheinungen auftreten, schaut man wohlwollend darüber hinweg. Dann kommt irgendwann der Punkt, wo sie keinen näheren Blick mehr standhalten, aber mann ist noch nicht soweit. Und dann wird es nur noch peinlich.“

Rüdiger, Thatblog.de

Oh, Rüdiger hat ja so recht. Meine Lieblingsschuhe sind die auf dem Bild oben. Trekkinghalbschuhe von Bama, waren vor drei Jahren ein gigantischer Glücksgriff (sieht man davon ab, dass ich sie zuerst in der verkehrten Größe gekauft habe und damit doppelt bezahlt habe). Leder,leicht, bequem, stabil und mit funktionierender Klimamembran, was bei Bama nicht selbstverständlich ist. Die graue, mit braun abgesetzte Farbe ist nicht der Brüller, aber immerhin sind sie dezent und nicht bunt. Schuhe für jedes Wetter, jede Jahreszeit und jede Gelegenheit. Egal ob Städtetour, Motorradfahrt oder Bergwanderung: Die Bamas haben es weggesteckt. Tausende von Kilometern bin ich darin gelaufem. Dabei sahen sie so dezent aus, dass ich sie auch im Alltag ständig trug.

Als die ersten Auflösungserscheinungen auftraten, passierte das in Form aufgeribbelter Nähte. Nichts, was mein persönlicher Q und Ausrüstungshersteller nicht wieder hinbekommen hätte. Insgesamt waren sie bestimmt 4 oder 5 Mal bei Meister Neda, der hochkonzentriert und mit der Zunge in den Mundwinkeln Reparaturen vornahm.

Vor zwei Wochen begannen der linke Schuh plötzlich zu zischen, und meine schlimmsten Befürchtungen wurden wahr. Die Sohle, deren Profil u.a. in den Straßen von Florenz, Rom, Barcelona und London abgelaufen wurde, hat einen Riss. Das ist definitiv irreparabel.

Also hieß es: Neue Schuhe kaufen. Vorzugsweise wieder ein fester Halbschuh, mit Membran, in Größe 41. Und weil ich immer nur ein paar Schuhe mit auf Reisen nehme, bitte wieder möglichst Dezent. Ich mag es, wenn die Schuhe zwar funktional sind, dabei aber so unauffällig, dass ich damit Notfall auch in die Oper käme.

Nun gab es zwei Probleme: 1. Ich mag es nicht, Schuhe zu kaufen. 2. Der deutsche Einzelhandel, wieder mal

Es stellte sich nämlich als schlicht unmöglich heraus, in Götham Trekking- oder Hikinghalbschuhe mit Membran und in gedeckter Farbe zum Preis von um die 100 Euro in Größe 41 zu kaufen. In zwei Wochen der Suche führte mich meine Odysee…

  • …in den Trekkingladen, der NUR Schuhe in den Größen 37/38 und 45-56 verkaufte. Quasi Rudis Resterampe.
  • …in einem Sport- und Bergwanderladen, der was leidlich ansprechendes rumstehen hatte, in dem das Personal aber lieber Stundenlang quatschend in der Ecke stand und auch auf Anfrage nicht behilflich sein wollte. Sowas toleriere ich nicht mehr, da gehe ich einfach.
  • …in einem Karstadt-Instore, dessen Aushilfsverkäuferin sich meine Anforderungen genau anhörte, um sie dann zu ignorieren und Glattlederhalbschuhe mit glatter Ledersohle zu empfehlen. Ich suche zivilisierte Wanderschuhe, sie empfiehlt Tanzschuhe.
  • …vor einer Reno-Filiale (die Bama verkaufen). Reingehen konnte ich leider nicht, wegen Umbau sind die frür vier Wochen geschlossen. Die Reno-Website wiederum ist so kaputt, dass ich nichtmal sehen kann, ob die gerade was ansprechendes im Programm haben.
  • …in einem Nobelschuhgeschäft, dass mir allen Ernstes und trotz vorher geäußerter Preisvorstellung Schuhe aus Yakleder für 260,- Euro verkaufen wollte. Immerhin: Die passten super.
  • …in einem Schuhgeschäft, in dem die Verkäuferin fragte, was eine Membran sein und was ich damit wolle. Sie hätte keine Schuhe damit, aber sie könnte mal gucken, ob man die als Zubehör extra bestellen könnte.
  • …in dem Schuhgeschäft mit dem Nummerngirl, das bei Zalando bestellt.
  • …in vielen, vielen Schuhgeschäften in denen es nur quietschbunten Scheiß gab. Vermutlich wollen Schuhdesigner ausprobieren, mit welchen Hässlichkeiten Menschen wohl noch rumzulaufen bereit sind.
  • Während dieser kleinen Odysee habe ich ernsthaft das Gefühl, dass in Schuh- und Klamottenläden mehrheitlich nummernhörige Kundenvergrämerinnen arbeiten.

    Am Ende hatte ich dank Internet meine Suche auf zwei Modelle des Herstellers Ecco eingegrenzt. Die konnte ich sogar in einem Eccoladen vor Ort anprobieren, vor den Augen einer Verkäuferin, die die meiste Zeit glotzend in der Gegend stand und sich im „Verkaufsgespräch“ sichtlich keine Mühe gab. „Nä, wenn die jetzt nicht passen wird das auch nix mehr, die weiten sich nicht“, oder „Nä, in Schwarz und Größe 7 kann ich die nicht bestellen“. Trotzdem habe ich dort ein Paar „Xpedition II“ gekauft. Für 13 Euro mehr als im Internet, DENN ICH WILL JA DEN LOKALEN EINZELHANDEL UNTERSTÜTZEN. Wollen mal hoffen, dass sich die Eccos noch ein wenig einlaufen und das Zwicken an der Ferse und der Druck auf dem Spann im Laufe der Zeit nachlässt. Ach, ich werde nie mehr solche Schuhe finden wie meine Bamas. Ich weiß es.

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    Obwohl. Ich glaube, die Bamas haben anfangs auch gedrückt. Von daher könnte das Nicht-Passen das Zeichen für den Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein. Oder dafür, dass ich aus schlichtem Unwillen, noch länger nach Schuhen zu suchen, gerade 125 Euro zum Fenster rausgeworfen habe.

    Abgrundbeleuchtung (1): Mauve
    Abgrundbeleuchtung (2): Schuhe Kaufen I
    Abgrundbeleuchtung (3): Schuhe kaufen II

    Kategorien: Gnadenloses Leben, Historische Anekdoten, Historisches | 18 Kommentare

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    18 Gedanken zu „Abgrundbeleuchtung (3): Schuhe kaufen II

    1. bring sie doch zu einen Schuster und lass sie ein wenig dort weiten wo es drückt, mache ich immer klappt gut.
      oder 2 Paar Schuhe kaufen um dann etwas länger die Sicherheit haben nicht wieder so eine Odyssee durch laufen zu müssen

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    2. Nach den Impfwirkungen hätte ich jetzt ja mindestens auf mauvefarbene Schuhe gesetzt!

      Ansonsten was Leandrah sagt (falls ich das richtig verstanden habe): falls du bald merkst, dass es mit der Freundschaft klappt, direkt ein Ersatzpaar besorgen.

      Ich hab ein Paar Schuhe, die quasi schon nahe an dem von Rüdiger beschriebenen ‚peinlich‘ Status sind (wenn man sie nicht mit so liebenden Augen betrachtet wie ich, vielleicht auch schon ein bisschen darüber hinweg) – bei denen ärgere ich mich seit Jahren, dass ich mir damals als sie eingetragen waren und ich mir darüber klar war, dass es die besten Schuhe ever waren, nicht direkt noch ein zweites Paar besorgt habe. Sowas hab ich seitdem nicht wieder gefunden.

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    3. Auch Frauen haben jahrelange Freundschaften zu ihren Schuhen. Zumindest manche Frauen. Zumindest ich. 🙂

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    4. richtig und man wirft sie auch nicht gleich weg, sondern wozu gibt es Schuster die das wieder in Ordnung bringen können. Ja@ Katja du hast mich richtig verstanden, Lieber gleich das Paar noch mal holen , dann erspart man sich den Ärger zumindest für das nächste Mal. Übrings was ich noch sagen wollte@ silencer, die sehen gut aus, vertrauenswürdig. 🙂

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    5. Zu meinem ewigen Unverständnis kann man ja nicht ein paar „NOOS“-Modelle einführen (NEver our of Stock – wie früher die Nachkaufgarantie bei Porzellan oder Möbeln). Warum man gute Dinge so lange verändern muss, bis sie schlecht werden, werde ich nie verstehen.

      Ich nehme an, dass das bei Bama auch so war, dass nicht annähernd ähnliches mehr im Programm war?

      Für gute Wander/Trekkingschuhe bin ich im übrigen bereit, deutlich mehr Geld auszugeben als für andere Schuhe. Die müssen einfach was mitmachen, da ist jeder Euro gut investiert. Insofern hätte ich vielleicht sogar dem Yakleder eine Chance gegeben… obwohl das schon obszön viel Geld ist.

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    6. Leandrah: Danke! Und oh, wusste gar nicht, dass man Schuhe weiten kann! Und die Idee mit dem zweiten Paar ist gar nicht verkehrt!

      Katja: Die Impfwirkung setzte erst später, am Abend, ein. Aber selbst vollkommen matschig würde ich nie mauvefarbenes (ODER CROCS) kaufen.

      Hirnwirr: Ja, Frauen eher als Männer. Deshalb das „auch“

      WdW: Prima Idee! Ich verstehe auch nicht, warum Klassiker verändert werden. Gestern ist für mich eine Welt zusammengebrochen, als ich gelesen habe, dass die 501 alle paar Jahre verändert wird. NEEEEEEINNNNN!!!

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    7. ckater

      Ich bin gespannt auf die Berichte. Ecco war mal mein Hersteller der Wahl, bis mir die Schuhe schneller zerfielen, als das Jahr rum war. Mein Konzept ist, das Schuhe genau ein Jahr durchweg halten müssen. Sommers wie Winters. Das aber bitte ordentlich. Danach darf ist der Zustand in der Regel so bemitleidenswert, dass es das nächste Jahrespaar sein darf. Ecco hat in diesen Test mittlerweile zweimal versagt, ich bin jetzt recht glücklich mit Clarks.

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    8. Da hätten wir uns mal eher unterhalten sollen…

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    9. Bruder!

      // Clarks sind wie ckater schon feststellt auch ein sehr guter Griff, kann ich bestätigen.

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    10. Beim Schuster weiten lassen kann ich nur empfehlen. Klappt auch mit Goretex-Funktionsschuhen. Habe mal diese hier um eine Nummer weiten lassen: http://www.amazon.de/Merrell-MOAB-Herren-Trekking-Wanderstiefel/dp/B0039232NS/ref=cm_cr_pr_product_top das Paar sieht nach drei Jahren regem Gebrauch immer noch fidel aus.

      Clarks würde ich eher im Segment leicht überteuerte Business-Schuhe verorten? Im Mittelgebirge dürfe man damit so eher weniger Spaß haben…

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    11. ruediger: Dein Zitat passte auch einfach zu gut…

      rstockm: Witzig, die sehen fast exakt aus wie meine neuen Eccos 🙂

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    12. Crocs rocken 🙂

      Und ich hatte das Glück, vor zwei Jahren bei SIEMES direkt mehrere Paare gut passender Winterschuhe zu bekommen. (Meine Pillefüße passen halt auch in jeden Schuh) und da habe ich zugegriffen und bin nun mindestens für die nächsten 10 Jahre ausgerüstet um durch den Winter zu kommen.

      Im Sommer: -> Crocs für ever 🙂

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    13. sollte heißen „for“ ever….sorry!

      Ach ja, Ecco habe ich meinen Winterschuhen auch dabei!

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    14. siehst Du, Frauen sind auch praktisch veranlagt. Und wie gesagt, jeder guter Schuster weitet sie und danach gehst du einfach beschwerdefrei. Und überleg dir das mit dem 2. Paar. Schont Nerven. 🙂

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    15. Jo, danke für die Tips. Und Crocs nur, wem Crocs gebühren. 🙂

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    16. nach den Artikeln über einkaufen im lokalen Fachhandel fühle ich mich in meiner Internet-Bestellerei bestärkt.
      wobei Schuhe der einzige Kleidungsartikel sind die auch ich im Laden kaufe, allein weil ich da vernünftig drin laufen können muß.

      ein virtuell anprobierbarer Schuh wäre doch mal eine Innovation … 🙂

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    17. Oh ja, das wäre cool!

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    18. Zumindest für flipflopartige „Zehentrenner“ gibt es ja dieses Unternehmen, wo man seinen Fußabdruck in einer (Zement??)Box hinterlässt und hinterher dann ein individuelles Fußbett im Schuh hat. Für andere Schuhe ist das vermutlich noch zu aufwendig, aber mit den 3D-Druckern wird das ja bald soweit sein. Ich lass heute von Fleisch aus dem Drucker *grusel*.

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