Assassins Creed Brotherhood Tour: A check game vs. reality in Roma
Im Jahr 1500 belagert und zerstört Cesare Borgia die Festungsstadt Monteriggioni, um an Ezio Auditore Rache zu nehmen. Der überlebt knapp und begibt sich nach Rom. Über die ewige Stadt herrschen die Borgia mit eiserner Hand: Rodrigo Borgia ist Papst, seine Kinder Cesare und Lucrezia Borgia betrachten die Stadt als ihr Eigentum. Klar, dass Ezio beginnt, gegen die spanische Familie zu opponieren. Im Untergrund schmiedet er eine Bruderschaft und belebt den Bund der Assassinen zu neuem Leben.
“Assassins Creed: Brotherhood” war 2010 die nahtlose Fortsetzung von “Assassins Creed II”, jenem Spiel, dass mich neugierig auf die Welt machte. War man im Vorgänger noch in Florenz und Venedig unterwegs, spielt der Nachfolger “nur” in einem simulierten Rom, das allerdings größer ist als die Spielwelt im zweiten Teil. Klar, dass ich mir auch Rom ansehen musste. Wie gut bildet das Spiel die Wirklichkeit nach?
Schauen wir mal…
Die Piazza del Popolo. Hier steht ein mächtiger Oberlisk, Richtig Innenstadt die Zwillingskirchen Santa Maria in Montesanto und Santa Maria dei Miracoli.
Der Nachbau im Spiel ist detailarm und winzig im Vergleich zum Original. Was daran liegen könnte, dass die Kirchen erst 1630 errichtet worden sind!
Tatsächlich hat der Barock, und insbesondere Bildhauer und Architekt Bernini, Rom so verändert, dass ohne diese stilbildenden Elemente die Stadt nicht zu erkennen wäre. Im Barock verschwanden viele der Bauwerke der Renaissance oder wurden stark verändert, und das Spiel nimmt sich die Freiheit, die Barockbauwerke in gewissem Umfang zu verwenden, damit man die Stadt wiedererkennen kann. Allerdings nicht alle – die Spanische Treppe bspw. steht auch in AC: Brotherhood noch nicht. Dafür befindet sich im Spiel im Jahr 1500 schon der Petersdom im Bau, dessen Spatenstich fand aber erst 1506 statt:
Historisch korrekt findet sich hier noch das Portal der alten Peterskirche vor dem Domneubau. Davor steht der kupferne Tannenzapfen bronzene Pinienzapfen (Danke, Ursus!).
Der wurde versetzt, als der Petersplatz gebaut wurde, und steht nun vor den vatikanischen Museen:
Um die Ecke des Vatikan steht die Engelsburg.
Die wurde mit großer Mühe im Spiel nachgebaut, spielt das Bauwerk doch eine bedeutende Rolle in der Geschichte: In der Engelsburg hält Lucrezia Borgia die widerspenstige Caterina Sforza gefangen. Das ist historisch korrekt. Fiktion ist, dass Ezio Auditore sie befreit hat. Erst 1503 wurde Caterina entlassen, nach Jahren der Folter und Vergewaltigungen katatonisch geworden.
Von der Engelsburg führt die Engelsbrücke in die Stadt.
Von dort sind es nur wenige Schritte zum Pantheon.
Etwas weiter in der Stadt findet sich der Senatorenpalast, das heutige Rathaus. Im Spiel fehlt die Barockfassade und die Statuen, die im Barock hnzugefügt wurden.
Daneben steht die Kirche Santa Maria in Aracoeli. Von Außen unscheinbar, ist sie Innen die pure Barockpracht. Im Spiel ist sie gestreckt und seitlich gestauchter als in der Realität. Ein beliebter Kniff der Gamesdesigner, um die Gebäude größer wirken zu lassen als sie sind.
In “Brotherhood” spielt sie eine wichtige Rolle, denn unter Santa Maria in Aracoeli ist ein Vault, den Ezio Auditore 1514 nutzt, um darin etwas zu verstecken. 2012 klettert sein Nachfahre Desmond Miles in der Kirche herum, um den Zugang zum Versteck zu finden.
Im Spiel schleicht man bei Nacht darin herum, weshalb es etwas dunkler ist.
Bemerkenswert ist die Detailfülle der Inneneinrichtung. An den Kronleuchtern sieht man jeden Glasstein, und auch der Altar und die Orgel sind Detailreich – wenn auch nicht -getreu.
Die Decke ist ein besonderes Schmuckstück der Kirche. Im Spiel hat sie eine tragende Rolle, sind in ihr doch geheime Kletterstangen verborgen.
Fast Detailgetreu ist das Buntglasfenster mit dem Wappen der Barberini, den drei Bienen:
In der Altstadt von Rom liegt auch eine von dutzenden Kirche, Santa Maria in Valicella. Auch die gibt es im Spiel, zumindest so ungefähr.
Hinter der Altstadt liegt das Forum Romanum, der Circus Maximus und das Colosseum.
Vom Circus Maximus ist weder heute noch im Spiel viel zu sehen:
Das Forum Romanum ist in der Wirklichkeit ein Trümmerfeld, das von einigen Tempeln gesäumt wird. Im Spiel ist es aufgeräumter und kleiner, aber einige Strukturen sind zu identifizieren:
Das Colosseum sieht sich sehr ähnlich, zumindest von Außen.
Im Inneren stimmt leider weder Form noch Inhalt. Gut, das Hypogäum ist noch nicht ausgebuddelt. Das entschuldigt aber nicht dass das Colosseum im Spiel RUND ist und nicht, wie in real, oval.
Im Jahr 2012 im Spiel ist dagegen alles korrekt, das Bauwerk ist Oval und das Hypogäum vorhanden:
Vor dem Colosseum steht der Constantinbogen. Als ich da war, war er leider eingerüstet.
Übrigens genauso wie die Cestuspyramide, einem skurrilen Grabmal:
Unweit des Colosseums ist der Trajansmarkt.
…dort steht im Spiel noch -historisch korrekt- die Trajanssäule, die heute auf der Piazza Foro Trajano einige Kilometer nördlich steht.
In der Summe lässt sich sagen: Wie schon in “Assassins Creed II” wird auch in “Brotherhood” sehr geschickt das Gefühl von Orten erzeugt. Als ich durch Rom wanderte, erkannte ich ständig Orte wieder und hatte das Gefühl, schonmal dort gewesen zu sein. Dabei ist im Spiel alles gröber, kleiner und einfacher gehalten was Architektur und Texturen angeht. Einiges ist historisch gesehen sogar schlichtweg falsch, wie die Barockbauten, die sich in der Renaissance wiederfinden. Die Macher des Spiels tun alles dafür, um den Eindruck, die Illusion und das Gefühl eines Ortes zu transportieren, und DAS gelingt ihnen schlicht ausgezeichnet.
6 Gedanken zu „Assassins Creed Brotherhood Tour: A check game vs. reality in Roma“
Schöner Vergleich von Real zu Spiel … und die Bilder machen Lust auf beides.
Nur noch eine Frage … Tannenzapfen oder Pinienzapfen 😉 ?
(als Schüler in Augusta Vindelicorum lernt man sowas)
Achgottja, ich und meine Ignoranz gegenüber der Flora… es ist natürlich ein Pinienzapfen. HIER im Reisetagebuch stand es noch richtig: http://silencer137.com/2013/11/09/reistagebuch-4-rom-2013-unter-dem-vatikan/#more-20713
Ich weiss gar nicht, was mich an diesen Artikeln mehr fasziniert. Die Genauigkeit, mit der die Spielemacher da eine Welt erschaffen oder die Akribie und der vermutlich unfassbare Aufwand, die bei dir hinter den Recherchen stecken…
Du magst nicht zufällig mal für einen dieser Assassin’s Creed Tour Artikel auch über deine Herangehensweise berichten? 🙂
Das fände ich superspannend! Also zB fängt das mit Screenshots an und du recherchierst davon ausgehend, was das für Gebäude sind und wo die sich befinden und ziehst dann schon mit den Bildern (zumindest im Kopf) los und weisst, welche Perspektiven du gerne hättest, um hinterher die besten Vergleichsbilder zu haben? Oder andersrum oder ganz anders? 🙂
Danke, Katja! Ich hätte nicht gedacht, dass das Nicht-Spieler/-innen überhaupt interessieren könnte, schon gar nicht für die Hintergründe 🙂
Die Recherche ist sehr einfach, weil die Spiele eine interne Datenbank mitbringen. Läuft man mit der Spielfigur durch Rom und kommt an einem interessanten Bauwerk vorbei oder trifft eine historisch relevante Person, wird einem das unaufdringlich signalisiert. Per Knopfdruck wechselt man vom Spiel zu den weiterführenden Infos, wo kurz und knapp in verständlicher Sprache beschrieben ist, um was es sich handelt und warum das wichtig ist.
Vor einer Reise gucke ich mir die Datenbank an und markiere die Orte auf einem Stadtplan. Dann laufe ich da hin und mache Bilder. Wieder zu Hause leiere ich das Spiel an, versuche eine ähnliche Perspektive wie auf den Realbildern zu finden und fotografiere dann direkt von der Leinwand (läuft auf Beamer). Das ist unprofessionell und der Grund, weshalb die Spielbilder so dunkel und farblos sind, aber zu einer aufwendigeren Lösung bin ich nicht motiviert.
Am aufwendigsten (und deshalb hat das jetzt auch so lange gedauert bis der Artikel fertig war) ist die Zuordnung der Fotos zu Orten und dann die Zuordnung der Screenshots zu den Fotos. Beim Colosseum ist das leicht, aber bei so eher egalen Kirchen komme ich schon mal durcheinander.
2012 und 2013 spielte “Assasins Creed” übrigens in der Karibik bzw. der Kolonialzeit der USA. Kann man beides nicht in real besuchen bzw. fotografieren, denn aus der Zeit ist nicht viel übrig. Aber in diesem Herbst gibt es ein neues Abenteuer, und DAS wird wieder in Europa angesiedelt sein…. Fortsetzung folgt also.
Ich glaube, ich finde grundsätzlich Dinge sehr spannend, die jemand mit Herzblut macht, selbst wenn mich die Sache an sich gar nicht so sehr interessiert. Deswegen lese ich dein Blog so gerne und wenn du zB darüber schreibst, wie du dein Motorrad vor einer Reise präparierst, was mich an sich thematisch wenig interessieren würde, finde ich es trotzdem faszinierend – schon alleine weil du (so kommt es mir zumindest immer vor) viele Dinge mit gewissem Nachdruck und Gründlichkeit angehst.
Vielen Dank für den Hintergrund! 🙂
Dass das Spiel diese Datenbank von Haus aus mitbringt, ist ein tolles Feature! Diesen Teil hätte ich mir nämlich am Schwierigsten vorgestellt. Gerade bei den kleineren Kirchen weiss man sonst ja sicher nicht, ob es die tatsächlich gab/gibt oder ob die nur für’s Spiel geschaffen wurden.
Was mir zu deiner Zuordnung einfällt: Du hast doch, wenn du unterwegs bist, immer den Streckentracker laufen, wenn ich mich nicht irre. Es gibt wohl Software, die aus der getrackten Route mit den Zeitstempeln bei Digitalfotos eine automatische Zuordnung vornehmen kann. Der Mitdings hat das früher häufig genutzt als er noch keine Kamera hatte, bei der man das in Verbindung mit einer App, die den Ort aufzeichnet, lösen kann. Soll ich mal fragen, was er da genutzt hat? Ich weiss nur, dass er immer fasziniert war, weil das ziemlich präzise zuordnete.
(Ich löse das immer eher untechnisch und knipse Schilder an Kirchen oder auch mal Straßenschilder und dergleichen. *g*)
Ich bin gespannt auf die Fortsetzung!
Geht mir ähnlich – wenn jemand etwas mit Herzblut macht, lese ich es auch dann gerne, wenn es nicht mein Thema ist. Gut zu wissen, dass es mit nicht allein so geht!
Den Tracker hatte ich ursprünglich tatsächlich nur, um Fotos zu Geokoordinaten zuordnen zu können. Mittlerweile kann die Kamera selbst GPS. Keine Ahnung, warum ich das nicht benutzt habe… vermutlich habe ich mir eingebildet, dass es ohne Karte schneller geht 🙂