Italienische Verhältnisse
Jetzt streikt die Gewerkschaft der Lokführer also die nächsten 110 Stunden. Von heute nachmittag bis Montag Morgen legt sie den Verkehr lahm. Die letzten Gespräche, bei denen es darum ging, wie GDL, Bahn und die Gewerkschaft der Eisenbahner gemeinsam getrennte Tarifverträge aushandeln können, ließ die GDL platzen – dem Vernehmen nach kurz vor der Unterzeichnung einer Vereinbarung. Dafür krakeelt es heute von ihrer Website, dass sie das Grundrecht auf Streik in Gefahr sehe. Jaja, immer das Grundgesetz in der Tasche, dann aber das Recht soweit dehnen, dass mittlerweile selbst die gutmütigsten Menschen überlegen, ob Gesetze zur Einschränkung der Tarifpluralität nicht sinnvoll wären. Das wäre nicht passiert, würde die GDL ihr Blatt nicht so gnadenlos überreizen, mit Forderungen, die schon lange keiner mehr versteht. Aktuell wirkt GDL-Chef Weselsky ein wenig wie jemand, der einem anderen mit Gewalt die Fresse poliert und dabei brüllt “Hör auf mit Deinem Gesicht meine Faust zu verletzen!!!”
Worum geht es denn eigentlich? Um Lohnerhöhungen und Arbeitserleichterungen schon lange nicht mehr. Es geht der GDL darum, anderen Gewerkschaften Mitglieder abzuwerben. Dafür muss und kann man kein Verständnis haben. Tatsächlich verrohen die Sitten zusehends. Die BILD veröffentlichte gerade Weselskys Telefonnummer. Und Focus Online zeigte Bilder seines Hauses und setzte daneben einen Text, nach dessen Lektüre man es für normal halten konnte, bei ihm vorbeizugehen, zu klingeln und ihm mal die Meinung zu sagen. Damit verhalten sich diese Medien mindestens so widerlich und unanständig wie der gemeine Internettroll.
Da wünsche ich mir italienische Verhältnisse. In Italien ist der Streik verbrieftes Grundrecht, das oft und gerne genutzt wird. Aber: Streiks in Italien sind geradezu deutsch organisiert! Streiks müssen 10 Tage vorher angemeldet werden, damit sich alle drauf einstellen können. Es gibt einen Streikkalender, in dem alle Streiks, in der Regel lange vorher, aufgeführt sind. Angehörige einer Sparte, z.B. Lokführer und Piloten, dürfen nicht gleichzeitig streiken. Und zu hohen Feiertagen und in den Ferien darf gar nicht gestreikt werden.
Ein Gedanke zu „Italienische Verhältnisse“
Macht zu erlangen, geht immer blöd für das Volk aus. Kindern hat man früher bei Trotzreaktionen mal übers Knie gelegt, sollte man hier auch mal drüber nachdenken, ob es nicht angebracht sein.