Motorradreise 2014 (9): Energiesparkörper

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Im Juni 2014 war Silencer auf Motorradtour durch Europa. 24 Tage, 7.187 Kilometer, durch sechs ein Viertel Länder. Heute passiert: Nichts, an Tagen, die es nicht gibt. Dafür gibt es Girasoli.

Montag, 16. Juni 2014, San Vincenzo, Livorno, Italien

Die vergangenen zwei Tage gab es irgendwie gar nicht so richtig. Vorgestern hatte ich noch ein letztes Mal Gelegenheit am Strand rumzuliegen und im Meer zu schwimmen, italienische Comics in der Sonne zu lesen (leichter als mit Comics lernt man keine Vokabeln) und mir dabei einen Sonnenbrand zu holen. Ich liebe es zu schwimmen, gehe aber merkwürdiger Weise zu Hause nie ins Schwimmbad. Dann schlug die Wetter-App schon Alarm: Eine SO miese Vorhersage hatte ich bis dahin noch nie gesehen. Man beachte die Blitze, die ihrerseits wieder Blitze haben:

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Also noch mal fix die Vorräte aufgestockt, dann eingemummelt.

Einkaufsmotorrad in der Tiefgarage des Supermarktes.

Einkaufsmotorrad in der Tiefgarage des Supermarktes.

Wetterfest: Eine Kunststoffplatte unter dem Seitenständer verhindert, dass die Maschine imzu erwartetenden Matsch einsinkt und umfällt.

Wetterfest: Eine Kunststoffplatte unter dem Seitenständer verhindert, dass die Maschine im zu erwartetenden Matsch einsinkt und umfällt.

Dann wurde das Wetter so schlecht, dass die weiteste Strecke, die ich zurückgelegt habe, die von der Küchenecke ans Wohnzimmerfenster gewesen ist. Da habe ich nur kurz rausgeguckt, aber viel zu sehen gab es nicht. Der Regen fiel nämlich so dicht, dass kaum der Strommast in 200 Meter Entfernung zu sehen war. Gut, dass ich nicht raus muss. Schlecht, dass ich mich das ganze Jahr auf diese Tage gefreut habe, in der Hoffnung das jetzt – wie eigentlich immer an dieser Küste – gutes Wetter sei.

Aber egal, bin ich halt eine Runde gemütlich. Schlechtes Wetter, angeborene und jederzeit abrufbare Faulheit und vielleicht auch die Strapazen der letzten Tage setzen den Körper in einen wohligen Energiesparzustand.

Anstatt irgendwas halbwegs sinnvolles zu machen habe ich den gestrigen Tag damit verbracht lange zu schlafen, im Anschluss ein Nickerchen zu halten, um schließlich auf der Couch liegend herumzudösen, während auf dem Netbook alte Filme liefen. Zwischen den Schlafphasen gab´s lecker Essen, wie diese Girasoli (mit Spinat und Ricotta gefüllte Riesenravioli) mit Pesto.

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Auch der heutige Tag beginnt mit langem Ausschlafen. Erst gegen halb 12 kämpfe ich mich aus dem Bett und tappe schlaftrunken ein wenig herum und gucke dann mit einem Becher Kaffee in der Hand aus dem Fenster. Es ist stark bedeckt, regnet aber nicht. Die Wetterapp zeigt immer noch Weltuntergang, zumindest bis zum Nachmittag. Dann soll es besser werden.

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Ich wage dennoch einen Ausflug nach Piombino. Das ist ein Küstenort, gerade mal 25 Kilometer von San Vincenzo entfernt. Die Straße dahin führt am Golf von Baratti entlang, einem schönen Naturschutzgebiet, das Max Fleschhut in seinen Blog „Maremma Geheimtip“ sehr empfiehlt und in dem sich sogar ein Archäologiepark mitsamt Museum befindet. Wie so vieles in Italien ist er leider Montags nicht geöffnet.

Die Straße nach Piombino hinein ist in jede Richtung Mehrspurig und dicht gesäumt von Tankstellen und Schnellrestaurants. Ich wundere mich ein wenig – warum sollte in einem so winzigen Ort so viel Verkehr sein, dass man das bräuchte?

Sowas kenne ich bei so kleinen Orten nur von Norden, da brauchen die das wegen der Fähren. Plötzlich fällt der Groschen: Genauso das ist auch hier der Grund! Kurze Recherche zeigt: Piombino ist tatsächlich Fährhafen Nummer eins um die Lieblingsferieninsel der Italienier zu erreichen: Elba.

Elba.

Elba.

Ich laufe ein wenig durch die unspektakuläre Altstadt. Die ist winzig, aber dafür umgeben von Neubaugebieten, die am Rande in Industrieanlagen inkl. Raffinerien auswuchern.

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Keine Augen für die  sonnebnadende Schöne, sondern nur für ihre Telefoninos: Italienische Männer im Jahr 2014.

Keine Augen für die sonnenbadende Schöne, sondern nur für ihre Telefoninos: Italienische Männer im Jahr 2014.

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Ein wenig unschlüssig stehe ich am Meer herum, und nach einer Stunde fahre ich langsam zurück nach I Papaveri. Wenn das Wetter so schön bleibt, kann ich vielleicht doch nochmal an den Strand.

Leider bleibt es das nicht, und auch die Wetterapp irrt. Es wird nicht besser, wie sie gerade mutmaßte, sondern das genaue Gegenteil ist der Fall. Jetzt hängen die Wolken an den Bergen hinter der Küste und lassen richtig laufen. Ich legen unter den Seitenständer des Motorrads, der letzte Nacht so tief in den Parkplatz eingesunnken ist, dass die Maschine fast umgefallen wäre, eine Platte, dann verziehe ich mich in das Appartement. ich habe kein Ziel, keine Lust was zu tun und bei dem Wetter fällt mir nichts besseres ein als mich nochmal ins Bett zu legen, dem donnernden Regen zuzuhören und den Nachmittag zu verschlafen.

Erst gegen Abend werde ich wieder munter. Der Regen hat aufgehört, und die Temperatur ist auf 20 Grad gefallen. Das Motorrad muss dringend betankt werden.

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Der Tankstelle, die nur wenige hundert Meter von I Papaveri entfernt ist, ist das Benzin ausgegangen, deshalb fahre ich zur nächsten am anderen Ende von San Vincenzo. Die hat Benzin, dafür ist ihr der Diesel ausgegangen. Die machen wohl Arbeitsteilung.

Danach ist Ausrüstungspflege angesagt. Die bisher gefahrenen 3.534 Kilometer haben Spuren hinterlassen, und wer weiß was noch kommt. Also wird der Helm auseinandergebaut und gründlich gereinigt, eine eingerissene Jackentasche genäht und die Bordkamera von Insektenresten befreit. Dann heisst es packen, denn das war schon der letzte der fünf Tage auf I Papaveri. Morgen werde ich San Vincenzo verlassen, aber ich weiß jetzt schon, dass ich wieder hierher kommen möchte. Und dann will ich auch das Lichterfest von Pisa sehen. Das ist DAS Ereignis des Jahres in Pisa und findet in diesem Jahr heute Abend statt, aber ich habe ehrlich gesagt keine Lust bei dem unbeständigen Wetter heute noch drei Stunden durch die Nacht zu fahren.

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Die ganze Reise:

Kategorien: Motorrad, Reisen | 5 Kommentare

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5 Gedanken zu „Motorradreise 2014 (9): Energiesparkörper

  1. zimtapfel

    Wie, Sie kannten Piombino nicht? Haben Sie etwa nie „Das Eselchen Grisella“ gelesen?!

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  2. Wortloses Verpönen.

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  3. Ich habe Piombino als hässlich empfunden. Nur als Punkt um – nicht nur auf die Lieblingsferieninsel der Italiener – nein auch auf meine Lieblingsferieninsel ELBA zu kommen. Ich bin überzeugt Du wirst diese Insel lieben.

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  4. Zimt: Ich kenne nur Grisu, aber der war kein Eselchen 🙂

    Wdw: Und diesmal kriege ich es von beiden Seiten: Von Ihnen werde ich verpönt, vom Wiesel wegen des fehlenden Tags in den Zeh gebissen.

    Leandrah: Eines Tages…

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  5. Aber ich verpöne doch nicht Sie als Person! Ich verpöne nur einen Mangel als Zustand, quasi.

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