Reisetagebuch Paris (3): Im Keller des kopflosen Bischofs
Samstag, 25. Oktober 2014, Paris
Montmartre ist ein Hügel, der sich aus dem Häusermeer von Paris erhebt. Montmartre ist auch, so heisst es, ein Dorf. Eine eigene, in sich geschlossene Welt inmitten von Paris, und dennoch ganz anders. Montmarte muss man sich verdienen, heisst es. Das bezieht sich auf die steilen Treppen, die sich den Hang hinaufziehen.
Montmartre, fällt mir beim Weg den Berg hinauf auf, bietet innerhalb seines Minikosmos eine geografische Version des Querschnitts unserer Gesellschaft. Am Fuß des Berges DAS Vergnügungsviertel schlechthin, früher verrufen, mit Moulin Rouge und Chat Noir; im ersten Viertel des Berges Reihenhäuser und eine echte Windmühle; weiter oben Einfamilienhäuser aus Naturstein; und ganz oben eine der prächtigsten Kirchen überhaupt.
Die zu erklimmen (oder alternativ die steilen Gassen, die Seilbahn nehmen nur Weicheier) ist anstrengend, aber wenn man es geschafft hat, wird man reich belohnt. Oben erwartet einen ein überraschend winziges Viertel aus nur wenigen Gassen, in denen sich fast ausnahmslos Cafés befinden. Der größte Platz ist der Place du Tertre. Dessen Rand ist gesäumt von Künstlerinnen und Künstlern, die ihre Werke ausstellen. Alles ist mit dabei, jede Stilrichtung vertreten: Naiv, abstrakt, modern und klassisch. Plätze am Place du Tertre werden von der Stadt vergeben und sind ebenso teuer wie begehrt. Zwischen den Ständen ziehen Portraitmaler zweifelhaften Könnens umher. Die stellen sich teilweise recht rüde Passanten in den Weg und fordern sie auf sich malen zu lassen. Wer das nicht will, wird im Weggehen schon mal als “Ohnehin zu hässlich zum Malen” tituliert.
Das berühmteste Bauwerk von Montmartre ist die Kirche Sacré-Coeur de Montmartre. Sie überblickt ganz Paris und ist nach Eiffelturm und Tour Montparnasse die dritthöchste Stelle der Stadt.
Sacré-Coeur hat eine sehr ungewöhnliche Bauform. Mit ihren Kuppeln und Türmchen sieht sie fast aus wie eine Moschee. Sie erinnert an die Hagia Sophia in Istanbul, oder den Markusdom in Venedig, aber es handelt sich definitiv um eine christliche Kirche. Im Inneren ist sie ein wenig dem Petersdom nachempfunden. Die Basilika ist frei zugänglich und schon beeindruckend, weil die Kirche im Inneren so prächtig und mächtig wirkt wie von Außen. Leider herrscht Fotoverbot.
Wer alles von Sacré-Coeursehen möchte, muss sich, wie bei Notre Dame auch, an der linken Seite des Gebäudes an einer kleinen Tür einfinden.
Von dort geht es sowohl hinab in die Krypta als auch hinauf in die Kuppel. Zumindest in der Theorie, in der Praxis ist man sich über die Öffnungszeiten irgendwie nicht einig. Auf einem Schild steht ab 08.30 Uhr, im Internet steht 09.00 Uhr. Jetzt ist es Viertel nach Neun, und die Pforte ist immer noch verschlossen. Es ist ein kühler und feuchter morgen. Der Himmel ist genauso grau wie gestern. Einen echten Sonnenaufgang gab es nicht, es ist nur diffus hell geworden. Mich fröstelt, als ich auf die Uhr blicke. Zehn Minuten warte ich noch, nehme ich mir vor, dann gehe ich. Außer mir scheint sich niemand für einen Besuch der Kuppel zu interessieren. Aber es ist auch noch früh, selbst der Place du Tertre ist noch leer.
Um halb 10 kommt ein älterer Herr angerannt, schließt ein Gitter auf und blickt sich hektisch um. “Ist jetzt offen?”, will ich wissen. “Nur noch fünf Minuten”, stößt der Mann hervor, “Warten sie nur fünf Minuten”. Damit verschwindet er in einem Kellergang.
Aha. Fünf Minuten ist französisch für “Keine Ahnung wann´s weitergeht”. Ich spaziere ein wenig über den Platz vor der Kirche und beobachte afrikanische Kinkerlitzchenhändler, die ihre Kinkerlitzchen auf Handtüchern nebeneinander ausbreiten. Jeder bietet exakt das gleiche an, zum selben Preis, zehn mal liegen nebeneinander auf Handtüchern Plastikeiffeltürme, billige Tücher und Holzbuchstaben auf Rädern.
Ein Straßenmusiker klemmt einen Verstärker an eine Autobatterie und spielt erste Akkorde. Ich probiere mal wieder ins Internet zu kommen, aber die Three-Karte im MiFi greift auf das “ausgezeichnete” Netz von Bouyuges zu. Das ist überall ausgezeichnet, nur immer gerade nicht dort, wo ich bin. In Paris gibt es an vielen Stellen maximal 2G Empfang. Zudem roamt das Ding über England, wo vermutlich das GCHQ erst noch Packet Inspektions macht, das macht es auch nicht schneller. Nicht mal Mails tröpfeln durch die schlechte Anbindung.
Seufzend stecke ich das Mifi weg und warte noch ein wenig länger. Der Platz vor der Kirche füllt sich, erste Busladungen mit Tagestouristen kommen an. Um 09.45 Uhr öffnet sich endlich eine Tür, und ich kann eine Eintrittskarte bei einer sichtlich verschlafenen Kassiererin kaufen. Zur Wahl steht nur Dom, nur Krypta oder beides. ich nehme beides, gehe durch eine Tür und stehe mitten in den riesigen Fundamenten von Sacré-Coeur. Ganz alleine. Durch Luftschächte höre ich das Raunen der Besucher in der Basilika über mir, aber hier unten bin ich ganz alleine in den großen Gewölben. Sieht man mal vom kopflosen Bischoff und einigen anderen merkwürdigen Gestalten ab.
DER KOPFLOSE BISCHOFF!!!
Die Krypta ist riesig und hoch, aber wie eine ringförmge Kaverne angelegt und deswegen schnell erkundet. Durch die Ausgangstür geht es direkt weiter in das Treppenhaus zum Dom. Es handelt sich um eine steinerne Wendeltreppe, schmal, aber angenehm zu laufen.
Bis zur Spitze sind es 300 Stufen, nach ca. der Hälfte erreicht man erst einmal das Dach und kann, ähnlich wie beim Mailänder Dom, darauf herumlaufen und die Wasserspeier aus der Nähe ansehen.
Die zweite Hälfte des Aufstiegs erfolgt nicht, wie ich vermutet hatte, zwischen der inneren und äußeren Kuppel, sondern in einem der kleinen Türmchen. Die Wendeltreppe darin ist so eng, dass man sich quasi seitwärts darin hochschieben muss. Das ist anstrengend, und außerdem haben die metallbeschlagenen Wände keine Fenster und stellenweise keine Beleuchtung. Raumangst darf man hier nicht haben, es ist, als ob man in einer Torpedoröhre steckt. Ich habe schon fast jedes historische Bauwerk in den Hauptstädten Europas erklettert, aber so eng wie hier war es noch nirgendwo.
Die Belohnung für die Mühe ist ein ziemlich toller Ausblick. Auch wenn der Morgen diesig und der Eiffelturm nur zu erahnen ist: Das ist schon toll.
Eine Viertelstunde verweile ich ganz allein auf der Spitze von Sacré-Coeur, dann mache ich mich an den Abstieg. Der ist noch länger, weil er Umwege nimmt, und ebenfalls sehr schmal und steil. Mein kaputtes Knie ächzt ein wenig, hält aber tapfer durch.
Ich eile das steile Kopfsteinpflaster von Montmartre hinab, vorbei am legendären “Café des deux Moulins”, dem Café, in dem “Amélie” gedreht wurde.
Mittlerweile sind die Touristen wach, und ständig muss ich ganzen Horden von ihnen ausweichen. Zwei Metrofahrten später bin ich in Trocadero, das wohl nur gebaut wurde, damit man einen Platz zum Eiffelturm anglotzen hat.
Nachdem ich das getan habe, wandere ich zum Wahrzeichen von Paris. Braun sieht er jetzt aus, nach seinem neuen Anstrich, nicht mehr rot, wie man ihn auf alten Aufnahmen noch sehen kann. Bei diesem Schüleraustausch Anfang der 90er war ich ja 10 Tage in der Stadt, bevor ich den Turm überhaupt auch nur aus der Ferne gesehen habe. Als ich ihn dann endlich besuchte, war es mitten in der nacht, es war dunkel und so stürmisch, dass Besucher nur bis zur ersten Etage durften. Heute soll das anders werden, heute will ich hoch hinauf.
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Die Geschichte des Eiffelturms
Für die Weltausstellung 1889 sollte etwas ganz besonderes her. Ein großes Symbol, dass den Zeitgeist der Belle Epoque und der Industrialisierung darstellen sollte. Drei Jahre vorher gab es einen Ideenwettbewerb. Über hundert Vorschläge wurden eingereicht, davon etliche für Türme. Der Ingenieur Gustave Eiffel reichte einen Entwurf ein, den zwei seiner Angestellten, die Ingenieure Maurice Koechlin und Émile Nouguier, erarbeitet hatten. Er sah einen fast 300 Meter hohen Turm aus Metall vor, so konstruiert, dass die Windlast innerhalb seiner Stuktur verteilt und abgeleitet wurde. Ein so hohes Bauwerk hatte es noch nie gegeben. Eiffel hatte sich den Entwurf von Koechlin und Nougier patentieren lassen, nachdem der Architekt Stephen Sauvestre ihn noch einmal überarbeitet hatte. Eiffel gewann den Wettbewerb, aber damit fingen die Probleme erst an. Die Intellektuellen der Stadt zettelten einen Shitstorm an, weil der Riesenturm die Seele von Paris beschmutzen würde. Sie gaben erst Ruhe, als versichert wurde, das der Turm nach der Ausstellung wieder abgebaut würde.
Die Finanzierung musste Eiffel sich zusammenschnorren und den Trum zum Großteil auf eigene Kosten bauen lassen. Dafür bekam er Nutzungrechte für 20 Jahre, was man den Intellektuellen verschwieg. Von Januar 1887 bis März 1889 setzten 250 Arbeiter den Turm aus vorher gefertigten Teilen zusammen. Zum Großteil setzte man Schornsteinfeger ein, die die Teile vernieteten, einfach weil sie Schwindelfrei sind. Bei den Bauarbeiten kam niemand ums Leben, was bei einem solchen Vorhaben erstaunlich ist. Alles wurde genau rechtzeitig fertig, und seither staunt die Welt über Eiffels Turm. Die Finanzierung war ratzfatz wieder eingespielt, nach Ablauf der 20 Jahre wurden die Nutzungsrechte verlängert und der Turm nicht abgebaut. Bis 1930 war er das höchste Bauwerk der Welt. Heute besuchen ihn bis zu 7 Millionen Menschen pro Jahr.
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An der Nordsäule ist ein kleines Tor für Besucher mit Reservierung. Da gehe ich geradewegs hindurch und überspringe damit eine rund 300 Meter lange Warteschlange. Reservierungen kosten nichts extra, man bezahlt nur den normalen Preis von 15 Euro, aber sie sind schwer zu bekommen. Ich habe mich um meine schon vor drei Monaten gekümmert, und da war schon alles ausgebucht – mit Ausnahme von Samstag, 12.00 Uhr – genau der Zeitpunkt, wo ohnehin am meisten los ist. Sei´s drum.
Abgesehen vom Überspringen der Schlange bringt die Reservierung nicht viel. Hinter dem Sicherheitscheck steht man weiter an, zusammen mit allen anderen. Das hatte ich mir ein wenig anders vorgestellt. Meine Laune sinkt weiter, als ich auf einer Anzeige lese, das die Spitze des Turms gerade geschlossen ist. Lediglich die zweite Etage ist geöffnte. So ein Mist. Die zweite Etage, das sind “nur” 115 Meter und nichts gegen den Besuch der Spitze, deren Plattform auf 280 Metern Höhe ist. Muss ich doch nochmal nach Paris kommen, nur um den Eiffelturm von ganz oben erleben zu können. Grrrh.
Mit einem Lift, der rund 30 Personen fasst, geht es in einem der Beine des Eiffelturms bis zur ersten Etage. Hier steigen die Hälfte der Passagiere aus, sie haben eine Reservierung im Restaurant, dass sich auf dieser Eben befindet. Dann geht es weiter in die zweite Etage. Der Lift ist groß, aber langsam, und er verweilt sehr lange auf den einzelnen Etagen. Das ist der Grund, weshalb die Schlangen im Turm lang sind und sich wenig bewegt.
In der zweiten Etage befindet sich auch der Einstieg zu einem Aufzug, der in der zentralen Achse des Turms verläuft.
Anscheinend bezieht sich das “Sommet fermé” aber nur auf normale Besucher. Mit dem richtigen Ticket – und mein Reservierungsticket fällt in diese Kategorie, kommt man DOCH bis ganz nach oben! Zumindest sind die zentralen Aufzüge in Betrieb, und nach wenigen Minuten Anstehen blicke ich aus 280 Metern Höhe auf Paris hinab.
Gustave Eiffel unterhielt hier oben ein exklusives Appartment. Vermutlich um die Tussis zu beeindrucken. Heute wird darin die Szene nachgestellt, wie Eiffel während der Weltausstellung 1889 Thomas Alva Edison gegenübersitzt und mit seinem Turm angibt.
Oben auf dem Turm gibt es eine Champagnerbar, und ich werde Zeuge eines Heiratsantrags, der in dem lauten Schmatzen nasser Küsse untergeht. Bloß weg hier! Vom Turm runter zu kommen erweist sich als nicht einfach. Die Warteschlange für die Aufzüge hinab ist nicht lang, aber es geht nichts voran. Ich werde immer saurer, weil eine Japanerin vor mir Körperpflege betreiben muss, und mir ständig ihre Haare ins Gesicht schleudert bis ich sie darauf hinweise, dass sie nicht allein hier ist.
Erst nach fast 2 Stunden stehe ich wieder auf der Straße vor dem Turm.
Von dort führt die Brücke Bir Hakim wieder zum Nordufer der Seine. Die Brücke ist bekannt aus dem Film Inception. Sie hat zwei Ebenen, eine für die Metro und eine für Fußgänger, Radfahrer und Autos, und wenn man in der Mitte steht, hat man echt auch ohne Tiefschlaf das Gefühl, in einem Spiegelkabinett zu stehen.
London hat Camden, Paris hat die Porte Clignancourt. Beiden gemein ist, dass sie die größten Flohmärkte überhaupt sind. Trödel und Antiquitäten werden hier angeboten, aber auch hochmoderne Klamotten und feine Lederwaren. Vor 24 Jahren habe ich hier ein Portemnnaie und einen Gürtel gekauft, beides ist heute noch in Benutzung. Der Ausdruck “Flohmarkt” weckt übrigens die verkehrten Assoziationen. Hier sind keine Amateure, sondern Profis am Werk. Fliegender Markt trifft es besser, aber auch nur zum Teil, denn die Porte Clignancourt besteht nur teilweise aus Zelten und kleinen Ständen, die Lederwaren, Smartphonehüllen, afrikanische Masken, Uhren und Schuhe anbieten. Dahinter gibt es große Hallen, den Markt Dauphine, in dem Händler permanent ihre garagengroßen und mit Rolltoren versehenen Geschäfte haben.
An der Außenseite gibt es eine Unmenge an Sneaker- und Pulloverständen, im Inneren werden Bücher, Tonträger, Kunst, Landkarten und Antiquitäten gehandelt. Ich schlendere mehrere Stunden durch die endlosen Gänge, bis mir Beine und Augen müde sind. Auf den Flohmärkten fällt man übrigens schon auf, wenn man nicht dunker Hautfarbe ist.
Unter einer Autobahnbrücke, hinter der Grenze des eigentlichen Flohmarkts, ist ein Menschenauflauf. Neugierig quere ich die Straße und gehe näher. Das Bild, dass sich mir bietet, ist befremdlich. Im Staub unter der Brücke hocken zerlumpte Gestalten, um sich herum zerfetzte Plastiktüten, einzelne Schuhe und andere Müllreste. Durch die Reihen der Lumpengestalten schiebt sich eine Masse aus nicht viel anders zerlumpten Menschen, jungen Männern mit hohlwangigen Gesichtern und alten Frauen, die in den Müllmengen wühlen. Ich habe keine Ahnung was das hier ist, aber es liegt Aggression in der Luft, und ich kehre lieber um. Als ich gehe, kommt es zu einem Lautstarken Streit zwischen einer alten Frau und einem Lumpenmann, und eine Schlägerei bricht aus. Dystopisch und erschreckend. Sowas habe ich noch nie erlebt.
Auf Pigalle kaufe ich ein wenig ein, dann lege ich mich zwei Stunden auf´s Ohr. Als es dunkel ist, mache ich mich wieder auf den Weg zur Île de la Cité. Ich möchte Notre Dame im Dunkeln fotografieren und werde nicht enttäuscht: Die Kathedrale und die umliegenden Gebäude und Brücken sind prächtig beleuchtet.
Ich wandere ein Mal um die Kathedrale herum, gucke mir den Vorplatz und und bin schon wieder fast in St. Michel, als mir einfällt, dass ich ja noch die Öffnungszeiten nachgucken wollte.
Ich kehre zur Kathedrale zurück und bin überrascht, dass sie auch um kurz vor 21 Uhr noch geöffnet ist – eigentlich sollte sie um 18 Uhr schließen. Tatsächlich bin ich der letzte, der noch durch die Tür schlüpft – hinter mir wird verriegelt. Ich finde es cool, dass ich Notre Dame im Dunkeln sehen kann. Das gothische Bauwerk ist von innen natürlich angestrahlt, aber das Außenlicht durch die Buntglasfenster, ein zentrales Element gotischer Kirchen, fehlt. Gotik ist mein Lieblingsbaustil. Gotische Kirchen werden von drei zentralen Elementen geprägt: 1. Der Architektur, die himmelwärtsgewandt und sehr sakral ist, 2. Dem Licht – die Bauweise ermöglicht es mehr von “Gottes Licht” in die Kirche zu bringen als in den oft düsteren, romanischen Vorläufern, und 3. Der Akustik – Gotische Kirchen sind dafür gemacht, dass in ihnen gesungen wird.
In dieser Nacht ist vom Licht nicht viel zu sehen. Im Schein der gelblichen Scheinwerfer wabert lediglich Dunst.
Während ich noch fasziniert durch den Mittelgang laufe, wird vor dem Altar eine Stoffbahn hochgezogen. Was wird das denn? Wird der Altar in der Nach verhüllt? Wohl kaum. Ich nehme im Kirchengestühl Platz und beobachte was passiert.
Wenige Minuten später erlischt das Licht, und ein Projektor hinter dem Altar springt an. Es wird eine Dokumentation gezeigt – “Notre Dame, eine lebendige Kathedrale”. Das Bild des Projektors scheint in der Mitte der Kathedrale zu schweben. Ich bin gebannt. DAS hier sind solche Momente, die man nicht planen kann. Wer hätte schon gedacht, das mitten in der Nacht in Notre Dame Kino gemacht wird?
Nach einer Stunde ist der Film vorbei, und ich lasse mich durch das Quartier Latin und das Viertel St. Germain treiben. Überall herrscht eine enstpannte und friendliche Athmosphäre, Alkoholexzesse wie in London gibt es hier nicht. Bemerkenswert: Immer wieder bilden sich an Straßenecken Menschentrauben um Bands, Tänzer und andere Künstler, die lautstark angefeuert werden. Paris ist schon was besonderes, das wird mir in diesem Moment, als ich durch ihre Straßen streife, besonders bewusst. In diesem Moment umfängt mich die Stadt und ich bin fasziniert, neugierig und gleichzeitig glücklich. Hier läuft in der Tat einiges anders als in anderen Städten.
Noch lange Stunden bin ich unterwegs, sehe Trickbetrüger und Partyqueens und komme erst spät nach Montmarte zurück. Aber das ist es wert, und außerdem: Durch die Zeitumstellung dauert die Nacht eh eine Stunde länger. Eine Stunde mehr in Paris!