Reisetagebuch MaGenTu (5): Unter Wasser
Städtehopping im Februar. Heute: Das Wiesel ist irritiert von Pinguinen, die nicht Huhu sind.
Dienstag, 10. Februar 2015, Genua
Genua ist das quirlige Leben – die Stadt summt förmlich, und zwar nicht nur wegen allgegenwärtigen Motorroller. An jeder Ecke gibt es etwas Neues zu entdecken. Nur wenige Meter von meiner Unterkunft entfernt führt eine riesige, bestimmt 30 Meter hohe und hunderte von Jahren alte Mauer um einen Berg herum. In die Mauer sind an manchen Stellen Luxusppartments eingelassen.
Einige hundert Meter weiter liegt ein kleiner Forst aus Olivenbäumen. Davor steht ein kleines, uraltes Steinhäuschen. Eine Plakette verrät, dass dies das Geburtshaus von Cristoph Columbus und leider heute geschlossen ist.
Hinter der Kinderstube des berühmten Entdeckers erheben sich zwei riesige Türme, die zusammen die Porta Soprana bilden. Das alte Stadttor ist eines der Wahrzeichen von Genua.
Dahinter liegt direkt die Innenstadt, mit ihren winzigen Gässchen. Die sind zum Teil gerade mal zwei Meter breit, werden aber links und rechts von Hauswänden mit bis zu 8 Stockwerken Höhe begrenzt. Klaustrophobie darf man hier nicht haben. Dafür öffnen sich unvermittelt immer wieder Plätze mit prächtigen Kirchen und interessanten Geschäften. Sicher, an den Hauptstrassen gibt es auch die üblichen Modeketten, aber in der Altstadt gibt es nur kleine, feine Fachgeschäfte.
Alles hier ist gänzlich untouristisch – den üblichen Tourigedöns gibt es selten, und überhaupt sehe ich hier gar keine Urlauber. Das ist auch gut so. Als ich 2012 im Sommer einen kurzen Zwischenstop eingelegt habe, standen sich die Leute am Hafen in langen Schlangen die Beine in den Bauch. Alle wollten in Genuas beliebteste Sehenswürdigkeit: Das größte Seewasseraquarium Europas. Damals hatte ich keine Zeit und Lust anzustehen, und außerdem kostet der Besuch des Aquariums lockere 24 Euro.
Um Weihnachten rum gab es dann stark reduzierte Geschenkgutscheine, und ich beschloss mit selbst einen Besuch im Aquarium zu schenken. An diesem Februarmorgen stehen keine Schlangen an. Tatsächlich ist gar niemand zu sehen. Mit meinem selbstgedruckten Ticket marschiere ich direkt durch den Einlaß und bin einfach so drin. Ich kenne bereits das zweitgrößte Meerwasseraquarium Europas, das in Valencia liegt. Aber das sieht kein Land gegen das, was die Genuesen hier anläßlich des Columbusjahres 1992 hier hingebaut haben.
Das Aquarium von Genua schlägt alles was die Spanier zu bieten haben. Das beginnt sofort am Eingang, wo in einem riesigen Becken Seekühe herumpaddeln. Ein Stück weiter gibt es Haie zu bestaunen, gefolgt von Robben – natürlich getrennt gehalten. Einen Raum weiter entschuldigt sich ein prophylaktisch ein Schild, falls gerade keine Delfine zu sehen seien – die Tiere können sich frei zwischen 5 Becken mit insgesamt 500 Millionen Litern Wasser bewegen, und wenn sie keinen Bock auf Publikum haben, verziehen sie sich schon mal. Überhaupt sind die Becken sehr groß, und die Tiere wirken nicht apathisch, wie man das früher in kleinen, nicht artgerechten Zoos sah. Hier sind sogar die Seekühe dynamisch:
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Für kleine Besucher führt Spongebob durch die Unterwasserwelt und erklärt Fische und Korallen, und in einem flachen Becken kann man Rochen streicheln. Das Wiesel ist irritiert, als wir zu den Pinguinen kommen. Offensichtlich kommt es nicht damit klar, dass es mehr als einen Huhu gibt.
Im Sommer schieben sich die Besucher hier im Gänsemarsch durch, jeder Zentimeter Gang ist mit Menschen gefüllt. Heute bin ich hier fast allein.
Zur Mittagszeit kommen alles Besucher, die sich gerade im Aquarium aufhalten, zusammen um die Delfinfütterung zu erleben – es sind weniger als 30 Personen. Die Fütterung ist gut gemacht – anders als in Valencia ist es keine Show, bei der die Delfine zur Kusik tanzen müssen, sondern ein Pfleger erklärt dem Publikum die Physignomie der Tiere, während eine Pflegerin die Delfine vorsichtig dazu bringt, die zu demonstrieren. Spricht der Pfleger über das Gebiss, regt eines der Tiere den Kopf in die Höhe und präsentiert den Zuschauern seinen Zähne, und so weiter. Biounterricht am lebenden Objekt.
Fast 3 Stunden bin ich im Aquarium unterwegs und staune immer wieder über die umsichtige Weise, wie hier die Tiere gehalten und präsentiert werden.
In Genua scheint die Sonne, und mit 15 Grad ist es angenehm warm – was für ein Kontrast zum naß-grauen Wetter vor zwei Tagen in Mailand. Ich trabe ein wenig durch die Altstadt und sehe mir die Palazzi an der Via Garibaldi an. Prächtige Paläste, die ein Mal im Jahr für Besucher geöffnet werden. Leider sind sie im Moment geschlossen.
Von der Prachtstraße aus führt ein Fußgängertunnel in den Berg hinein. An dessen Ende ist ein alter Aufzug, holzvertäfelt und mit Bedienelementen aus Messing. Ich komme mir vor wie in einer anderen Zeit.
Mit dem kann man im Berg hochfahren bis zur Spionata del Castelletto, von wo aus man einen tollen Blick über Genua hat. Hier oben kommen die Leute auch hin um die Frische Luft zu genießen, Pause zu machen oder einfach nur in der Februarsonne zu chillen.
Zurück am Fuß des Bergs erkunde ich weiter die Altstadt mit ihren Gassen und Winkeln. Erstaunlich: Obwohl ich in Europas größter, zusammenhängender Altstadt bin, verlaufe ich mit nicht ein Mal. Obwohl ich mich bemühe. Eigentlich gehört Verlaufen zu meinen geheimen superkräften, ich verliere sogar in kleinen Orten die Orientierung. Aber hier gelingt es mir nicht. Nunja, Verlaufen ist deswegen gut, weil man nur so Neues entdeckt, aber Neues gibt es in Genua, s.o., wirklich an jeder Ecke.
Der Palazzo Ducale, das alte Fürstenhaus, hat nach längerer Renovierung wieder geöffnet. Einen Teil der Etagen hat man an Firmen vermietet. Auch die Etagen, die nur halb hoch sind – in dieser IT-Firma dürfen eigentlich nur Zwerge arbeiten. Aber auch nur im Sitzen.
Den Ganzen Tag laufe ich durch die Stadt, um am Abend noch einmal die Zahnradbahn nach Righi zu nehmen. Genua sieht bei Dunkelheit großartig aus, die Lichter der Häfen und der Siedlungen ziehen sich weiter an den Bergen und der Küste entlang als ich sehen kann.
So geht ein Tag zu Ende, der vielleicht unspektakulär war, der mich aber immer wieder hat denken lassen “ist DAS toll hier” und der mich ein ums andere Mal dazu gebracht hat, mich über Dinge zu freuen und sie zu bewundern. Das passiert nicht allzu oft. Genua ist wirklich was Besonderes.
4 Gedanken zu „Reisetagebuch MaGenTu (5): Unter Wasser“
Ach, jetzt muss ich nach Genua. Koboldhai! Und wegen großem guten Aquarium sowieso. Meine Aquarien Welttournee will schließlich fortgesetzt werden. 🙂
Oh, Du bist Aquarienfan? Nach dem Erlebnis mit den Delphinen im offenen Meer hätte ich ernsthaft gedacht, Du verachtest es, wenn Meerestiere in Gefangenschaft gehalten werden.
Hm, ja, naja, verachten meistens nicht, die modernen Aquarien sind meist nicht schlecht. Japan ist da leider eine kleine Ausnahme, Pinguine indoor (Tokyo skytree) und Walhai im recht kleinen Becken (Osaka).
Aber doch, ich mag Fische anschauen 🙂 Hab schon einige Aquarien weltweit besucht. Alles kann man ja leider nicht ertauchen.
Delfin und ähnliche shows mag ich nicht so gern, hab ich aber auf Gran Canaria gesehen und war sehr fasziniert und gerührt. Und meine Interaktion mit anfassen mit einem Delfin hatte ich auch mit einem “inhaftierten” Tier, das war nicht so toll, aber dass ich ihn berühren durfte dann wieder schon. Es ist kompliziert.
Genua. Hatte ich bislang nicht auf dem Zettel, aber Ihr Bericht macht das sehr schmackhaft.