Zum hundertsten Mal gucke ich das Plakat mit der Wurstwerbung an. Viel mehr gibt es nicht zu sehen, an diesem Bahnsteig in der hessischen Provinz. Es ist früher Morgen und eisekalt, heute Nacht gab es die ersten Minusgrade und Schnee.
Der Regionalexpress lässt auf sich warten. Ab und an gehe ich ein paar Schritte, gucke das Wurstplakat an und gehe dann zurück zur Bahnsteigkante. Dort steht eine alte, gebeugte Frau in einem dicken Wintermantel und wartet ebenfalls auf den Zug.
Als sich unsere Blicke zufällig begegnen, bricht aus der kleinen Oma heraus: „Ich mach mich schön naggich, heut´ Nacht“.
Ich blicke sie entgeistert an. Mein Hirn hat gerade einen Aussetzer. Aber die Ohren bestätigen auch nach mehrfacher Rückfrage, dass sie das gerade wirklich gehört haben.
Was?!, denke ich entsetzt. „Was?!“, sage ich entsetzt.
Sie sieht mich über ihre dicke Brille hinweg an und sagt „Ich sagte: Ganz schön knaggich, heut´ Nacht“.
„Ach, die Temperaturen meinen Sie?“, frage ich. Sie sieht mich merkwürdig an.
Ich muss wie ein Trottel auf sie wirken – schwerhörig, begriffstutzig und jetzt grinse ich auch noch wie ein Idiot. Das Grinsen ist Teil der Erleichterung, dass meine Ohren einfach noch nicht auf´s hessische kalibriert sind.
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[naggich (adj.) = hess. f. nackt]
[knaggich (adj.) = hess. f. knackig i.S.v. sehr]
Hab ich auch ohne Übersetzung verstanden. Deine Verwunderung auch. 😀
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Ja, die Hessinnen. Die haben es faustdick hinter den Ohren. Flüstern dir in aller Öffentlichkeit Versautes zu und wenn du dann schockiert guckst, tun sie ganz unschuldig.
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furchtbar dieses babbeln
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