Frühjahrsputz im Postfach

Frühjahrsputz im Postfach

Gmail war in den frühen 2000ern eine Revolution, das erste Mailpostfach, bei dem man NIE Mails löschen musste, weil der verfügbare Speicherplatz schneller wuchs als der Posteingang.

Seit dem 19.06.2005 habe ich eine Adresse bei Google-Mail, kurz gmail. Ist immer noch eines der am Einfachsten zu handhabenden Postfächer. Der Speicherplatz ist in der kostenlos-Version mit 15 GB schon riesig, die Spamabwehr exzellent, und darüber hinaus macht Google es einem sehr bequem, denn das Mailkonto ist mit allem möglichen vernetzt: Google-Adressbücher werden automatisch befüllt, der Googlekalender hängt da dran, und auf Wunsch kann man direkt aus der Mailoberfläche Videotelefonate starten.

Der Preis für all den Luxus: Google scannt jede Mail und macht damit Dinge. Das harmloseste ist vermutlich noch, dass passend zum Inhalt von Mails Werbung eingeblendet wird. Aber die sieht man nicht, wenn man Gmail nur über einen Mailclient wie Thunderbird oder Outlook benutzt.

Ich selbst nutze mein Gmailkonto gar nicht mehr aktiv, das ist nur eine von mehreren Adressen, die auf eine Hauptadresse weitergeleitet wird. Vor kurzem war ich nach langer Abstinenz mal wieder auf der Mailoberfläche und musste feststellen, dass das mittlerweile noch ganz andere Sachen mit meiner Post passieren. U.a. werden, wenn ich in meinem Posteingang nach Prodktnamen suche, automatisch Amazon-Seiten geladen und eingeblendet.

Das für sich ist noch nicht schlimm, hat mich aber dazu gebracht mal zu schauen, was in dem -eigentlich verwaisten- Gmail-Eingang noch so alles aufschlägt und dann weitergeleitet wird. Das Ergebnis: Sowohl bei Amazon als auch bei Facebook und noch einer ganzen Reihe anderer Social- und Commerce-Kram war die Adresse hinterlegt. Google bekam also sowohl mein Privatleben als auch mein Konsumverhalten genau mit.

Das hat mich dazu bewegt mal den Hintern hoch zu bekommen und einen ordentlichen Frühjahresputz zu betreiben.

1. Reduktion
Google-Alerts zu nicht mehr relevanten Themen, Newsletter vom Kino in der alten Heimatstadt, Benachrichtigungen von GroupOn, Booking, Ebay, Delfont-Mackintosh… Der Kram enthält so gut wie nie relevante Infos, das ist nur tägliches, digitales Grundrauschen. Weg damit, abmelden, fertig.

2. Löschorgie
Die Suchfunktion mach es einfach. “Facebook” eingeben, alles markieren, “Löschen” klicken. Zack, sind eine gefühlt sechstellige Anzahl an Mails verschwunden. Ebenso Nachrichen von Tripadvisor, Google+, WordPress, Amazon, Twitter und Tumblr. Alles nicht relevant, brauche ich nie wieder. Anschließen noch den Papierkorb leeren, zack, weg. 1 GB Mails aus 11 Jahren sind plötzlich noch 250 MB an persönlichen Mails geworden.

3. Umzug

Posteo ist ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Berlin. Keine Hipster-Startup-Bude, die sich mit Javaskript-Baukästen irgendeinen Scheiß in der Amazon-Cloud zusammenfriemeln, sondern verantwortungsvolle Entwickler, die es sich zum Ziel gesetzt haben, ein sicheres Postfach mit Open-Source-Technologie zu entwicklen. Dabei rausgekommen ist ein Dienst, der Zwei-Faktor-Authorisierung beherrscht, mit Ende-zu-Ende und PGP verschlüsseln kann, dessen Postfach in einem Kryptocontainer liegt den NUR der Nutzer aufbekommt, und dessen Posteingang automatisch ebenfalls verschlüsselt wird. Dazu kommen Adressbuch, Kalender, Notizen, genau, wie man es von anderen Services kennt – aber alles verschlüsselt und auf einem Server in Deutschland. Und der Server wird auch noch mit Ökostrom betrieben. Außerdem gibt es einen Umzugsservice. Auf Knopfdruck saugt Posteo Postfächer von Gmail, Yahoo oder GMX zu sich herüber.

Posteo ist nicht kostenlos. In der einfachsten Version kostet es 12 Euro im Jahr. Darin inkludiert sind alle Posteo-Services, Umzug von bis zu drei Mailfächern und 2 GB Speicher. Mehr kostet Aufpreis.

Um es nochmal klar zu sagen: Der Preis für die Wahrung meiner Privatsphäre und die Sicherheit meiner Daten liegt bei einem Euro pro Monat.

Das bin ich mir wert 🙂

Und nun? Habe ich das Gefühl VIEL Ballast abgeworfen zu haben. Das Gmail-Postfach verwaist vor sich hin und Google bekommt signifikant weniger Informationen über mich. Ein Postfach bei Apple dient der privaten Alltagskommunikation. Und wichtige Dinge laufen nun über Posteo und liegen da geschützt vor dem Zugriff anderer. Fühlt sich immer wieder gut an, so ein Frühjahrsputz.

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