Review: Ghostbusters (2016)

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Die Neuauflage von „Ghostbusters“ hat eine weibliche Besetzung. Deshalb benehmen sich Fanboys in sozialen Netzwerken wie eine Bande kotwerfender Affen, und auch Kritiker reduzieren den Film auf die Besetzung. Abseits davon stellt sich die Frage: Wie ist gut ist eigentlich dieses Reboot?

Eine papierdünne Handlung, Plotholes am laufenden Meter, merkwürdiges Pacing, lahme Kameraarbeit und schlechte Effekte. So könnte man Ghostbusters beschreiben. Und zwar das Original von 1984. Warum das Ding trotzdem ein Erfolg geworden ist? Wegen der hervorragenden Schauspieler, der coolen Grundidee und den skurrilen Charakteren. Der Rest ist ziemlich… doof. In der Rückschau wirkt der Film einfach viel cooler als er tatsächlich ist, weil das Hirn 33 Jahre lang Gelegenheit hatte Puderzucker darüber zu streuen, und bei erneuter Sichtung werden unbewusst die Nostalgiefilter auf volle Pulle gefahren.

Nicht falsch verstehen: Der Original-Ghostbusters macht fraglos immer noch viel Spaß, aber er ist NICHT das totale Meisterwerk, als das so mancher Fanboy ihn überhöht. Ich schreibe bewusst FanBOY, denn die waren es, die entsetzt aufheulten und sich dann gar nicht mehr einkriegten, als publik wurde, dass die neuen Ghostbusters… vier Frauen sind!

Damit brach ein Shitstorm sondergleichen los. Über ein Jahr sind die Darstellerinnen, Regisseur Paul Feige und die Produzenten dem geballten Hass in den sozialen Netzwerken schon ausgesetzt. Von „Ihr macht uns unsere Kindheit kaputt“-Vorwürfen über „Muss Hollywood aus politischer Korrektheit und falschem Feminismus hetzt ALLES mit Frauen besetzen?“ bis hin zu persönlichen Schlägen unter die Gürtellinie: Was da vorgebracht wurde ist richtig, richtig eklig. Am Schlimmsten hat es wohl Leslie Jones getroffen, die sogwar zwischenzeitlich ihren Twitteraccount deaktiviert haben soll. Denn eine großgewachsene, farbige Frau als Geisterjägerin? Die perfekte Zielscheibe für Hassattacken aus allen Richtungen, Rassismus brach sich da ebenso Bahn wie Angriffe aus der Bodyshaming-Ecke. In so manchem Forum und auf Facebookseiten gebärden sich die Männer, als ob ihnen mit diesem Film die Eier abgeschnitten werden sollten. Es ging am Ende gar nicht mehr um den Film, es ging nur noch um Hasspöbeleien.

Dooferweise geht es jetzt auch in den meisten Reviews nur noch um die weibliche Besetzung und den dadurch ausgelösten Shitstorm, was unter den Tisch fällt ist die Frage: Ist die Neuauflage von Ghostbusters ein guter Film?

Um das zu beantworten, bin ich direkt zur Deutschlandpremiere ins Kino gegangen und habe mir selbst ein Bild von der Lage gemacht. Die gute Nachricht lautet: Ghostbusters 2016 ist ein lustiger, feiner, kleiner Film, der in der Tradition des Original steht, mit dessen Motiven spielt und sie geschickt variiert.

Die Geschichte ist dabei dem Original recht treu. Wissenschaftlerinnen werden aus Uni geworfen, gründen Geisterjägerfirma und stellen sich im Showdown einem haushohen Feind. Die klassische Originstory, was manche Kritiker dem Film als unoriginell auslegen und fehlende Eigenständigkeit beklagen. Ich weiß nicht, welchen Film DIE gesehen haben, den, den ich gesehen habe war überaus eigenständig. Das beginnt schon im ersten Akt: Die Charaktere werden sinnvoll eingeführt und besser ausgearbeitet als in der 1984er Version, die Motivationen sind andere und insgesamt nimmt sich der Film mehr Zeit, und wesentliche Dinge wie die Entstehung der Ausrüstung, einfach mal ordentlich auszuleuchten.

Das tut er auf quatschalbere Art, die allerdings nicht slapstick-peinlich-komisch, sondern wirklich lustig ist. Beispiel: In den Dialogen wird nicht mal versucht Technobabbel halbwegs sinnvoll zu imitieren. Die Charaktere werfen mit Begriffen um sich, die einfach gar keinen Sinn ergeben. „Ich habe hier einen Faraday´schen Käfig zur Geräuschabsorption“ verkündet Kate McKinnon z.B. mit großem Ernst und hält ein geflicktes Nudelsieb in die Kamera. Das ist in der Situation urkomisch, hier macht Ghostbusters tatsächlich die Tradition auf und lässt den skurrilen Charakteren und den großartigen Schauspielerinnen einfach mal freien Lauf. Und das funktioniert! Alle Protagonistinnen sind gestandene Comediennes, haben ein irres Gespür für Timimg und Situationskomik und sind einfach wirklich richtig gut.

Das gilt auch für die von ihnen verkörperten Charaktere, die allesamt neue Figuren sind und nicht einfach ein Recycling der alten. Holtzmann ist ein undurchschaubares Technikgenie und mutmaßlich verrückt, Abby eine vom Leben genervte Wissenschaftlerin, Erin eine leicht hilflose Forscherin, die mit all dem am liebsten nichts zu tun hätte, und Patty ein wandelndes Historienlexikon.

Ausnahmslos jeder männliche Charakter wird hingegen als dumm und inkompetent dargestellt, und zwar dermaßen überzogen, das die Überzeichnung auch schon wieder lustig ist. Hier sieht man nicht nur Geschlechterumkehrung, Ghostbusters zelebriert das Geschlechterspiel als TOTALE PROTONENUMKEHR.

So ist der Bürgermeister ohne die patente Beraterin an seiner Seite vollkommen hilflos, der Dekan in seiner rotzigen Art wie ein kleiner Schuljunge und und Chris Hemsworth´Kevin („Auf welchem Foto sehe ich eher wie ein Arzt aus? Auf dem, wo ich nackt Saxophon spiele oder das, auf dem ich nackt am Saxophon horche?“) ist schlicht ein knackedoofes Lustobjekt, das passenderweise ausgerechnet von der leicht verklemmt wirkenden Erin exzessiv angebaggert wird.

In solchen Momenten funktioniert Ghostbusters am Besten: Wenn er mit Erwartungen bricht. Das passiert nicht oft, aber wenn es passiert, dann überrascht er.

In der Summe kann ich sagen: Ghostbusters 2016 ist feines Popcorn-Kino und das, was ich mit als Kind in den 80ern immer gewünscht habe: Er zeigt mehr Geisterjagden, mehr von der coolen Ausrüstung, mehr von den Ghostbusters. Das die zufällig weiblich sind tut dem Spaß keinen Abbruch, ganz im Gegenteil.

Das sage ich übrigens als jemand, der den Originalfilm liebt, ihn in den letzten 30 Jahren dutzende Male gesehen hat und auswendig mitsprechen kann. Damit gehe ich als Fanboy durch, und als solcher möchte ich den Regisseur und den Cast umarmen und für eine so gelungene Wiedergeburt der Ghostbusters danken. Es gibt halt auch Fanboys, die starke Frauen nicht nur aushalten, sondern mögen.

Kategorien: Film, review | Ein Kommentar

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Ein Gedanke zu „Review: Ghostbusters (2016)

  1. Und dafür schätzen wir Frauen Sie ❤

    Gefällt 1 Person

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