Arschkrampen: Das Leben ist eine Deponie
Arschkrampen! Das sind Kurt und Gürgen, alias Oliver Kalkofe und Dietmar Wischmeyer. Versifft und abgenuffelt römern die beiden den ganzen Tach inne Getrud rum, prengeln gen Wakaluba, kratzen sich den Zopp ausse Kimme oder seiern über Eilat das Arschloch, Wuggi oder Zasta Krockett, den alten Rochen. Dabei wird Ballerbrühe in den grindigen Schacht verklappt, denn ohne gewinnt Brettermeier die Oberhand.
Alles klar? Nicht? Nun. Einem guten Teil des Publikums im Deutschen Theater am Dienstag Abend ging es ebenso. Dabei warnte Kalkofe noch im Vorfeld, dass Leute mit Kulturabo, die unter dem Titel “Das Leben ist eine Deponie” ein sozialkritisches Theaterstück erwarten, möglicherweise leicht überrascht sein würden.
Danach berichteten die beiden “Witzautoren”, wie sie gerne genannt werden (Kalkofe: “Kabarettisten sind intellektuell, aber nicht lustig, Bei Comedians ist es umgekehrt. Witzautor trifft uns am Besten”) über die Genese der versifften Kunstfiguren. Damals, 1988, musste die Sendezeit beim neuentstandenen Privatrundfunk in Niedersachsen irgendwie gefüllt werden, und die beiden konnten quasi machen was sie wollten. Denn: “Gab ja keine Mediathek, kein Internet. Du hast den Kram ausgestrahlt, und das war´s. Konnte später keiner mehr nachhören und sich dan aufregen. Das versendete sich alles”, so Wischmeyer.
Neben Anekdoten aus der Anfangszeit lasen die beiden in der ersten Stunde der Veranstaltung alte Arschkrampen-Folgen, wie die legendäre Episode Nr. 1. “In der Folge, da war alles drin: Sozialkritik. Philosophie. Existenialistische Fragen. Mehr ging nicht!”, so Wischmeyer. Aber: “Dann wurde uns der Erfolg zum Verhängnis. Wir brauchten mehr Material und hatten keine Ahnung zu was. Und dann fanden wir unser Thema: Saufen”.
Dieses Leitmotiv trage die Serie jetzt seit 30 Jahren, kokettierten die beiden. Stimmt natürlich nicht, denn “Arschkrampen” sind immer auch feinste Beobachtungen zwischenmenschlicher Interaktion und skurrile Zirkelschlüsse, die zvilisatorische Abgründe und die Absurditäten der Existenz aufzeigen.
Nach einer Pause ging es dann weiter mit neuem Material. Wischmeyer und Kalkofe, inzwischen voll in Kostüm und in den Rollen, hockten am Tresen der Schankwirtschaft “Bei Gertrud”, kippten Bier mit Zaziki resp. Erdbeerjoghurt und redeten Unappetitliches von ihrem letzten Album, das sinnigerweise so heisst wie die Tour.
Gerade diese neuen Nummern sind zum Schreien komisch. Als ich das Album vor einem Jahr zum ersten mal hörte, war ich skeptisch – ja, meine Generation ist mit den Arschkrampen groß geworden, aber so vieles von damals funktioniert heute einfach nicht mehr. Die Arschkrampen funktionieren aber immer noch – ich habe vor Lachen am Boden gelegen, und ein alter Klassenkamerad, den ich nach 15 Jahren(!) bei der Lesung wiedergetroffen habe, ebenfalls.
Vielen Zuschauern ging aber der Spaß merklich ab, denn die Arschkrampen sind in der Wahl ihrer Worte nicht zimperlich. Das muss man schon kennen und mögen, konsensfähiges Mainstreamgefasel a la Mario Barth ist das jedenfalls nicht. Vielleicht blieben deshalb nach der Pause erstaunlich viele Plätze frei, etliche Besucher kamen nicht wieder. Und während der Vorstellung flüsterte der Student neben mir seiner Begleiterin entsetzt zu: “Hat der gerade Menschen weiblichen Geschlechts “ROCHEN” genannt? Das ist ja un-er-träglich!”. Tja. Solche Leute müssen sich dann vielleicht doch in ihren Safe Space zurückziehen, so lange die Arschkrampen auf der Bühne rumsallern. Sonst gibt´s nachher noch Gurkenrost oder Bregenfäule, und das will ja keiner.
2 Gedanken zu „Arschkrampen: Das Leben ist eine Deponie“
mannomannn,……was sagste dagegen an? Brocken………..!!!!
Ok, das sind nicht die Arschkrampen, aber ich liebe alles von Kalki und Wischi.
Und ich habe es auch sehr bedauert, dass ich am Dienstag nicht dabei sein konnte.
Danke für den Bericht und fürs nächste Mal halt ihr mir den Termin frei.
Hirnwirr: 21.11. ist Wischmeyer in Einbeck, gibt aber nur noch wenige Karten.