Herr Silencer im Juni 2017
„…“
Wetter: Das ist der erste Juni seit 5 Jahren den ich in Deutschland verbringe, und ich muss sagen: Hier ist er auch ganz nett. Nur ein wenig inkonsistent, was die Temperatur angeht. Es ist warm und sonnig bei Temperaturen zwischen 13 und über 30 Grad. An den Urlaubsorten, an denen ich gewesen wäre, herrschte dagegen das beste Wetter seit 5 Jahren.
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Lesen:
Immer noch „American Gods“
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Hören:
Gamespodcast
Klassische Printmagazine zu Gamingthemen sterben seit 15 Jahren einen langsamen Tod, Webseiten ergehen sich im Abschreiben von Pressemeldungen. Das ist schade, denn Gaming ist ein schönes Hobby, dem Fachjournalisten für Hintergrundberichterstattung, Einordnungen und Interpretationen gut tun.
André Peschke und Jochen Gebauer sind zwei gamejournalistische Urgesteine, die aus Jux mit einem Podcast („Auf ein Bier“) zum Thema Videospiele anfingen. Der erfreute sich rasch großer Beliebtheit, und die beiden gingen einen mutigen Schritt: Sie kündigten ihre Redakteursposten bei Gamestar und starteten das Projekt „Weltherrschaft“. Das Ziel: Einen Podcast machen, für den Leute monatlich Geld und damit Einnahmen in einer Höhe generieren, dass die beiden davon leben können. Sowas ist in der deutschen Podcastszene verpönt und wurde vor einem Jahr belächelt. Heute können Peschke und Gebauer nicht nur vom Podcast leben, sie haben sogar schon zwei weitere Mitarbeiter eingestellt.
Gamespodcast.de bietet für 5 Dollar ca. 15 Sendungen pro Monat, mit den verschiedensten Formaten. Die „Wertschätzung“ ist die klassische Rezension, „10 Jahre Klüger“ nimmt sich Themen von vor 10 Jahren vor und schaut, wie die sich entwickelt haben (mit Christian Schmidt als Co-Host!). „Anekdoten“ ist genau das, „Walkthough“ beschäftigt sich mit Hintergründen aus der Industrie. Kolumnen, Interviews und Reportagen runden das ganze ab. Da alle Beteiligten mit großem Fachwissen aufwarten und unabhängig von Verlags- und Herstellerdruck agieren können, ist der Gamespodcast vielleicht das erste wirklich komplett unabhängige und professionelle Medium über Games, was wir in Deutschland haben und damit eigentlich ein Muss für alle Gamer. Für mich sind das die am besten angelegtesten 5 Dollar der letzten Jahre.
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Sehen:
Pirates of the Caribbean: Dead Man tell no Tales [Kino]
Johnny Depp macht irgendwas und dann Piraten.
Johnny Depp fuhr in letzter Zeit veritable Flops ein: „Alice im Wunderland 2“, „Mordecai“, ein obskurer Film mit dem Namen „Yoga Hosers“ – alle an der Kinokasse untergegangen. Er braucht dringend wieder einen Kassenerfolg, und damit braucht er die Figur des Captain Jack Sparrow genauso wie sie ihn.
Leider ist „Pirates 5“ kein guter Film geworden. Zwar sind neben Johnny Depp auch wieder große Actionpieces und viel Rum dabei, der Scope ist aber leider völlig flöten gegangen. Selbst wenn Großes gezeigt wird, den Regisseuren Joachim Rønning und Espen Sandberg gelingt es nicht, daraus große Bilder zu machen. Der Film wirkt klein-klein, was weder der Serie noch Jack Sparrows Ego angemessen ist. Dazu kommt die unkohärente Story und das Desinteresse für die eigentlich interessanten Figuren, aus denen kaum was gemacht wird. Einzig der heimliche Star der gesamten Reihe, Geoffry Rush als Captain Barbossa, brilliert wieder. Von daher: Pirates 5 ist kein Totalausfall, aber leider auch nicht gut.
The Mummy (2017) [Kino]
Tom Cruise (gespielt von Tom Cruise, der Tom Cruise spielt) stirbt nicht mehr, seitdem er eine Mumie ausgebuddelt hat. Die möchte ihn gerne heiraten. Dagegen hat Dr. Jekyll etwas, der eine geheime Anti-Mumien-Organisation leitet. Mr. Hyde gefällt das.
Seitdem Marvel mit filmübergreifenden Geschichten und Figuren so einen Erfolg hat, möchte jedes Studio ein eigenes „Cinematic Universe“. Die Universal Studios haben mit viel Tamm-Tamm ein eigenes „Dark Universe“ angekündigt, in dem sich Figuren wie Van Helsing, der Werwolf, Frankenstein und andere klassische Gruselmonster tummeln sollen. Was dabei übersehen wurde: Damit Marvel so einen Erfolg haben konnte, haben die erstmal ein halbes Dutzende gute Solofilme gemacht, in dem sie Welten und Figuren aufgebaut haben. „Die Mumie“ spart sich dieses Worldbuilding, und fällt damit auf die Nase. Der Film ist auf allen Ebenen einfach erschreckend schwach. Die Handlung ist Banane, die Bilder auf TV-Serienniveau und ein, in einem Keller herummoppernder, Russel Crowe bleibt auch nicht im Gedächtnis. Lediglich Sofia Boutella als Wüstenprinzessin liefert wieder mal eine tolle Performance ab, hat aber so wenig Screentime, dass sie den Film nicht tragen kann. Das müsste Tom Cruise machen, aber da kommt wieder nur Tom Cruise bei raus. Umbeantwortet bleibt auch in diesem Film wieder: Wieso altert Tom Cruise im echten Leben eigentlich nicht?
Wonder Woman [Kino]
Irgendwo, versteckt vor der Welt, liegt die Insel der Amazonen. Dort wächst die junge Diana auf, wird in der Kampfkunst ausgebildet und lernt die Geschichten des Weibsvolks. Eines Tage fällt ihr ein Mann vor die Füße. Der ist Pilot im ersten Weltkrieg. Diana zieht hinaus in die Welt, um diesen Krieg eigenhändig zu stoppen.
So naiv wie die Story klingt ist der Film zum Glück nicht. Nicht gerade einfach, denn immerhin ist die zugrundeliegende Comicfigur, das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, eine Amazone mit einem Schwert und einem leuchtenden Lasso, die Shorts in Farben der amerikanischen Flagge und einen Metall-BH trägt, während sie mit ihren Armreifen Pistolenkugeln abwehrt. Damit spielt die Figur der „Wonder Woman“ in einer Peinlichkeitsliga wie „Superman“ und anderen Figuren aus den 1940er Jahren.
Umso erstaunlicher ist es, dass Regisseurin Pattey Jenkins und Hauptdarstellerin Gal Gadot hier Figuren und Geschichte liefern, in der der „Suspension of Disbelief“ funktioniert. Die Welt, die der Film erschafft, ist in sich glaubhaft und die Figuren sind sich nicht, wie in den anderen DC-Filmen, komplette Arschgeigen („Man of Steel“), erratische Weicheier („Batman v. Superman“) oder komplett egal („Suicide Squad“). Nein, „Wonder Woman“ berührt und bewegt und fasziniert mit tollen Charakteren vor einer unverbrauchten Kulisse. Vorwerfen kann man ihm allerdings die schwachen Bilder, deren potentielle Wucht immer wieder durch Fixierung auf Gal Gadots stets makelloses Gesicht stark gedämpft wird – man stelle sich in dem Zusammenhang „Im Westen nichts Neues“ vor, der komplett durch eine Selfiecam von einem Model gefilmt wird. Unschön zudem das unmutige Ende – WW hätte eine für Comicfilme bislang ungekannte philosophische Tiefe erreichen können, vergurkt es aber auf die letzten Meter zugunsten eines trivialen Bosskampfes.
Der Film ist also bei Weitem nicht so gut, wie ihn die Kritiker gerade hochjazzen. Daraus spricht vielleicht auch die Erleichterung, dass es DC gelungen ist, wenigstens EINEN Film zu machen, der nicht kompletter Müll ist. Immerhin ist er gut genug um zu unterhalten, man freut sich ja schon über Kleinigkeiten.
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Spielen:
Mass Effect: Andromeda [PS4]
Andromeda zum Dritten. Drei Monate habe ich gebraucht, um mich durch dieses Machwerk zu quälen. Am Ende wollte ich nur noch, dass es vorbei ist. Die Mischung an Unsinn, die das Spiel auffährt, ist wirklich schwer erträglich. Bis auf den Kroganer Drack sind alle Charaktere nervig und schlecht geschrieben, die Hauptstory versandet auf halbem Weg und kommt dann nicht mehr in den Quark, und die Nebenmissionen sind dumme Schnitzeljagden. Da wundert es nicht, dass das Ende eine Frechheit ist: Ein Zwischenbossgegner wird recycelt. Hat man den besiegt, läuft der Abspann. WTF? Die 53 investierten Stunden Lebenszeit bekomme ich nie wieder.
What Remains of Edith Finch? [PS4]
Die 17jährige Edith Finch kehrt in ihr Elternhaus zurück. Das große Anwesen liegt verlassen am Rand der Küste, seit dem Ereignis vor einigen Jahren. Aber was genau ist da passiert? Und was hat es mit dem Fluch der Finches auf sich, der ein Familienmitglied nach dem anderen getötet hat?
„What Remains…“ ist eine gerade mal 4 Stunden dauernde, schwer zu beschreibende Erfahrung. Formal ist es ein Walking Simulator, denn mit Edith geht man von Raum zu Raum in diesem Haus, dass viele besondere Räume beinhaltet. Dort erzählt Edith die Geschichte der ehemaligen Bewohner, und in die sind motorisch und visuell packende Minispiele eingearbeitet. Die sind nicht schwer, nur irre interessant.
Wenn sich in einer Geschichte ein Fließbandarbeiter in immer komplexer werdende Traumwelten flüchtet, dann ist das eine visuelle Pracht, die der Spieler direkt miterlebt: Mit einer Hand muss er Fließbandarbeit verrichten, mit der anderen eine Spielfigur in einer Fantasygeschichte steuern. Dabei sind die verhandelten Themen nicht ohne. Es geht um Erfahrungen wie Angst und Tod, und dabei wird auch vor heftigen Episoden, wie dem Verlust eines Kindes, nicht zurückgeschreckt. Das ist aber nie gruselig inszeniert, sondern als bereichernde Erfahrung. Am Ende entlässt einen das Spiel mit einem Gefühl, dass hier gerade das Leben sehr abgefeiert wurde – und dann muss man als Spieler für sich entscheiden: Was hat es denn nun auf sich, mit diesem Fluch? Und was bleibt von Edith Finch? Der Downloadtitel kostet auf XBOX, PS4 und PC 20 Euro. Das scheint viel, für netto 4 Stunden Spiel – aber die Spielerfahrung ist es wert, denn die beschäftigt einen noch Tage später.
Assassins Creed II [PS4 Remaster]
Italien, 1476. In Florenz wehren sich die Medici gegen die Pazzi-Verschwörung, in Rom will Rodrigo Borgia Papst werden, in Venedig träumt Leonardo da Vinci neue Stufen von Kunst und Wissenschaft herbei und in Forlì führt Catharina Sforza ein hartes Regiment. Mittendrin: Der junge Ezio Auditore. Der hat anfangs nur Weibergeschichten und Party im Kopf. Das ändert sich, als durch eine Intrige seine Familie ermordet wird. Ezio schwört Rache, stellt sich bei deren Umsetzung aber denkbar ungeschickt an. Zum Glück gibt es da Menschen, die ihn anleiten. Fast 30 Jahre kreuzt sich Ezios Geschichte mit denen der prominenten Figuren der Renaissance. Am Ende steht die Erkenntnis: Es gibt keine einfachen Wahrheiten.
Ach, spielerisch und vom Storytelling ist ACII immer noch eine Offenbarung. Die Orte sind wunderschön gestaltet, die erzählte Geschichte ist faszinierend und perfekt mit dem SciFi-Überbau und einer Story in der Gegenwart verwoben, Open World-Krempel ist sämtlichst optional und, bis auf der erklettern der Türme, keine Pflicht. Das perfekte Assassins Creed!
Der Remaster aus der „Ezio Collection“ für die aktuellen Konsolen ist leider weit weniger perfekt. Zwar wurde die Sichtweite erhöht, die Auflösung angepasst und für Gebäude und Kleidung höher aufgelöste Texturen verwendet, aber leider nichts an den Gesichtern gemacht. Die sehen, besonders bei den Nebenfiguren, gruselig aus. Spielt aber kaum eine Rolle: Wer nur ein einziges AC spielen will, sollte das hier nehmen.
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Machen:
Trauern. Eine Garage einrichten. Auf die Reparatur der V-Strom warten.
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Neues Spielzeug:
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Heute wird’s entweder Wonder Woman oder Ihre beste Stunde 😉
Mal schauen.
Jedenfalls: Frauen an die Macht 😀
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Gemma Arterton habe ich schon live auf der Bühne gesehen. Die spielt selbst den größten Quatsch (Joanne d´Arc in Meetingräumen eines Consultants) noch glaubwürdig. Ohne den Film zu kennen würde ich dem den Vorzug geben 🙂
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