Wollt´s frech werden oder was?

Ich kämpfe ich immer noch mit den Kollateralschäden der ausgefallenen Urlaubsreise.

Heuer, wwÖs*, mit einem Hotel in Berwang, nahe der Grenze zwischen Deutschland und Österreich. Dort wollte ich auf der Rückfahrt der Dreieinhalbwochenreise übernachten. Als klar war, dass die Reise nichts wird, habe ich die Buchung storniert – und das Hotel gebeten, auf vereinbarte Stornierungsgebühren zu verzichten.

Nicht mißverstehen, bei kurzfristigen Absagen gönne ich Beherbergungsstätten die Stornogebühren. Aber meine war keine kurzfristige Absage, sondern mit drei Wochen Vorlauf, da standen die Zeichen mehr als gut, dass eine Neuvermietung gelingen würde. Obendrein, so versicherte ich, würde ich dann im Herbst oder im kommenden Jahr die Übernachtung nachholen, immerhin hatte ich echt Lust auf das Haus.

Hat die nicht interessiert, Mitte Juni haben sie Stornogebühren von meiner Kreditkarte abgebucht. Das ihr gutes Recht, leicht doof fand ich das trotzdem. Statt mir einen Gefallen zu tun und mich dafür als glücklichen Gast in der Zukunft begrüßen zu können, wollten die lieber das schnelle Geld mitnehmen. Übrigens als einzige von 11(!) gebuchten Herbergen. Etliche der anderen hätten Stornogebühren erheben können oder müssen, stattdessen schickten die liebe Grüße und überwiesen sogar Anzahlungen zurück. So geht es also auch.

Egal.

Die Stornokosten übernimmt die Versicherung meines Unfallgegners, aber dafür brauche ich eine Rechnung. Als zwei Wochen nach der Abbuchung noch keine Rechnung da war, mailte ich das Hotel „Bergluft“ mal an, und damit nahm das Drama seinen Lauf.

Ich:
„Liebes Team vom Bergluft,
wie am 03.06. mitgeteilt kann ich kann leider meine Übernachtung vom 24. auf den 25. nicht antreten, da ich auf dem Weg zu Ihnen einen Unfall hatte und deshalb stornieren musste. Gerne wäre ich später bei gleich zwei Gelegenheiten Ihr Gast gewesen, aber leider war wohl die Erhebung von Stornogebühren unumgänglich – und selbstverständlich auch Ihr gutes Recht.

Damit ich von der gegnerischen Versicherung die Gebühren ersetzt bekomme, benötige ich bitte eine Rechnung über die am 12.06. von meinem Kreditkartenkonto 4998********1234 abgebuchten Stornogebühren. Bitte lassen Sie mir die Rechnung als PDF per Mail an die Adresse silencer137@me.com zukommen. Vielen Dank.

Viele Grüße
Herr Silencer“

Die Antwort kam praktisch sofort:

„Sehr geehrter Herr Silencer,
das Zimmer hat man von einem Dreibettzimmer zum Doppelzimmer geändert.

Schöne Grüße aus Berwang
Horst Holzbaur“

Das stürzte mich erstmal in tiefe Verwirrung, weil ich kein Dreibettzimmer bestellt hatte. Ich versuchte es nochmal:


„Sehr geehrter Herr Holzbaur,

mit dieser Information kann ich nichts anfangen, weil ich nicht weiß was Sie meinen.
Nochmal mein Anliegen: Ich hatte für den 24. auf den 25.06. ein Einzelzimmer gebucht (über Booking.com, Buchungsnummer 20466012345)

Am 03.06. habe ich die Übernachtung storniert. Sie haben meiner Bitte nach Erlass der Stornogebühren nicht entsprochen (was, wie gesagt, ihr gutes Recht ist) und 38,00 Euro Stornierungsgebühr über meine Kreditkarte gebucht. Ich benötige über diese 38 Euro eine Rechnung.

Viele Grüße
Herr Silencer“

Die Antwort ließ eine Woche auf sich warten, dann kam ein Einzeiler, grußlos:

„Weil man Ihnen eine Person kostenfrei storniert hat, möchten Sie trotzdem eine Rechnung?“

Äh. Wassen das? Der Typ verwechselt mich offenbar, liest meine Mails nur zur Hälfte und schickt dann noch das Äquivalent zu „wollt´s frech werden oder was?“??

Ich versuchte es nochmal:

„Sehr geehrter Herr Holzbaur,

die Stornierung war leider nicht kostenfrei. Am 12.06. wurden von meiner Kreditkarte 38 Euro abgebucht. Hier ein Auszug der Kreditkartenrechnung:
Über diese 38 Euro brauche ich die Rechnung.


Viele Grüße
Herr Silencer“

Funkstille. Keine Antwort.
Seltsam. Das Hotel hat Spitzenbewertungen, insbesondere was die Freundlichkeit der Hoteliersfamilie angeht. Was ist denn da bloß los?

Da das Mail-Fu von Herrn Holzbaur so schwach war, beschloss ich anzurufen.

Freitag war von morgens bis Abends besetzt.
Sonntags war nur der Anrufbeantworter dran.
Montag klingelte es endlos, ohne das einer ranging.
Jeden Tag probierte ich es ca. ein Dutzend mal.
Dienstag knackte es in der Leitung, dann klingelte es. Und plötzlich ging jemand ran!

„Joa?“
Ich: „Herr Holzbaur?“
„Joa.“
Ich (mit meiner freundlichsten und harmlosesten Stimme: „Herr Silencer hier. Wir hatten schon Mailkontakt.“
„Joa!“
„Herr Holzbaur, ich brauche eine Rechnung über die Stornierungssgebühren von Ihnen. Ich mache das nicht um Sie zu ärgern, ich brauche das für einen Versicherungsfall“.
„Joa mei, mir ham do´das Dreibettzimma kostenfrei umgebucht in ein Zweibettzimma un´der Rest steht do auf der Rechnung pfürdi anneren Übernachtungen die wo wir ihnen mitgemma hab!“
„Herr Holzbaur, Sie verwechseln da was. Ich hatte nie ein Dreibettzimmer, die Buchung war ein Einzelzimmer. Und es waren auch keine anderen Leute da. Und die Stornierung war eben NICHT kostenfrei. Können Sie das bitte prüfen?“
„Joa.“

Stille.

„Können Sie das JETZT prüfen?“
„Na! Wie stellen´s sich das denn vor? I bin über hundert Kilometer vom Computer weg!“
„Können Sie das prüfen wenn Sie wieder zu Hause sind?“
„Grmbl.“
„Schreiben Sie mir dann eine Mail?“
„Passt scho.“
„Ok, dann freue ich mich auf ihre Mail.“

Dann passierte drei Tage… nichts.

Heute morgen nun kam eine Mail.
Daran ein Foto.
Ein auf dem Kopf stehendes Foto.

Darauf zu sehen: Ein Rechnungsausdruck. Ausgestellt auf „Familie Encer Sil“ und ein Dreibettzimmer für eine Übernachtung an einem ganz anderen Datum. Berechnet wurden 38 Euro für eine Übernachtung und „1 leckeres Frühstück mit Ei“. In der letzten Zeile erfolgt dann eine Gutschrift über den gleichen Betrag und der Vermerk „Rechnungsumme (SIC!) Null“.

Vollkommen unnütz, aber immerhin: Er hat sich bemüht.

Übernachten werde ich im „Hotel Bergbluft“ nun natürlich niemals, nach den Erlebnissen. Aber wenn ich mal in der Gegend bin, fahre ich da vorbei und gucke ich mir den Herrn Holzbaur mal an. Vielleicht verstehe ich ja dann, was genau da schief läuft.

————————
* wie wir Österreicher sagen

Kategorien: Reisen | 11 Kommentare

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11 Gedanken zu „Wollt´s frech werden oder was?

  1. *lol*

    das musste ich doch gleich mal schauen, ob wir auch in Berwang übernachtet haben.
    Aber nein, wir waren in Ehrwald. ich hatte also nicht das „Vergnügen“.
    Ich habe übrigens letzthin fast 100 Euro Stornogebühren, weil ich leider zwei Tage vor der Anreise krank wurde.

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  2. Ösi halt. Der Gute braucht bestimmt eine Anleitung, was für was und auch wie es draufstehen soll.
    Mails verschicken in’s Ausland ist dann die andere Gewissensfrage und fällt nicht jedem leicht.
    Genug gelästert: Bisher NUR gute Erfahrungen gemacht mit Buchungen oder auch Stornierungen, welche ebenfalls kostenfrei gingen. Gewiß ist manchmal ein Holperer dabei in der Kummunikationsebene, aber so ein Fall wie bei dir ist wie ein Lustspiel im Theater.

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  3. Wolfgang

    Stornogebühren: das hat mich schon immer genervt bei Booking.com; die sind da oft auch sehr versteckt. Wenn es irgendwie geht, buche ich über HRS, da gab es noch *nie* irgendwelche Stornogebühren, in der Regel kann man bis zum gebuchten Tag um 18 Uhr ohne Kosten stornieren.

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  4. Bei sowas bin ich gar nicht belastbar! Wär ich sauer! Solchen Leuten darf man keinerlei Karten-Daten zur Verfügung stellen, echt! Depp… dämlicher, echt!! (Du hast mir nicht genug geschimpft 😉 )

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  5. @Wolfgang: Hmm, weiß nicht. Bei Booking.com bucht man halt immer „kostenlos stornierbar“ (steht immer genauso dabei) dann ist es auch, ja, kostenlos stornierbar.

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  6. Der Support von booking.com ist mächtig und böse, wenn es darum geht, schnarchigen Hoteliers zu erzählen wo’s lang geht. Schon probiert?

    Gefällt 2 Personen

  7. @Wagenhöfer: „Ösi halt.“
    Debbad ;-?
    Ich hätte eher darauf getippt, daß der ‚Bergblick‘ in Bayern liegt.

    @Herr silencer: Verlang‘ doch den Geschäftsführer, wenn Dich der Stall-Sepp nicht versteht. *kicher*
    Anmerkung: was hältst Du denn von der Aussage von modnerd1138 – könnte man da nicht nachhaken, falls sie stimmt…
    Allgemein mitgerülpst: Sehr ärgerlich. Kabarett hat oft real stattgefundene Ereignisse zum Hintergrund…

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  8. Albrecht: Nichts gegen Österreicherinnen! 🙂

    Wolfgang: Die meisten Sachen über Booking sind tatsächlich frei von Stornogebühren. Falls nicht, steht das dabei. Ist regional halt stark unterschiedlich, es gibt Regionen, das ist stornofrei praktisch unbekannt. Man kann dann aber trotzdem anfragen, ob das Hotel wegen besonderer Umstände bereit ist, auf die vereinbarte Gebühr zu verzichten. Machen auch fast alle.

    Ganz allgemein: Danke, dass Ihr Euch für mich aufregt 🙂 Aber um meinen Punkt nochmal zu verdeutlichen: Das Hotel wird ganz besonders für seine Gastfreundschaft und die Freundlichkeit des Chefs hoch gelobt. Das sind bestimmt ganz liebe Leute, aber der Unterschied zwischen der Behandlung von Gästen vor Ort und dem Kommunikationsverhalten nach Außen ist so krass, dass er mich fasziniert. Nicht ärgert, nur fasziniert. Deshalb habe ich da auch angerufen und nicht die Keule des Booking-Supports rausgeholt. Hätte ich eh nicht gemacht, das wäre es mir nicht wert gewesen.

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  9. Wolfgang

    @modnerd1138 und @Silencer: Okay, okay, habe meine Eindrücke aufgefrischt und in der Tat kann man nun bei Booking.com über „Kostenfrei stornieren“ filtern. Ich schwöre, das war früher(c) nicht so!
    @Silencer: Bin fasziniert, dass Dich das „nicht ärgert, nur fasziniert“. 🙂

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  10. Kommentar #8: Gut so – nähme die Geschichte eine nachvollziehbare, vernünftige Wende, wäre sie mit einem Male schaal geworden … Danke … 😉

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  11. Thorin

    Alter Schwede. Bei sowas schwillt mir schon beim Lesen der Kamm. Da könnte man glatt den Eindruck bekommen, dass die die ganzen guten Bewertungen im Lotto ge *hust* kauft *hust* haben. Danke für den Tipp. Sollte es mich mal in die Gegend verschlagen steht wohl das Hotel bei mir ganz oben in der Liste – not.

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