Google weiß, was ich letzten Sommer getan habe

Google weiß, was ich letzten Sommer getan habe

Es begab sich irgendwann im Spätsommer: Der Akku des Telefons schien sich schneller zu leeren als sonst. Das passiert manchmal, meist ist irgendeine App schuld, die nach einem Update buggy ist und im Hintergrund Amok läuft. Meist gibt sich das nach einiger Zeit und einem Update.

Diesmal nicht. Der Akkuverbrauch blieb über Wochen konstant hoch. Im Oktober ging mir das Ganze so auf den Sacque, dass ich mal nachforschte. Tatsächlich war es Google Maps, was im Hintergrund ständig den Standort abfragte. Ich griff zur Brachialmaßnahme und entzog der App die Rechte für Standortzugriff, dann war der Spuk vorbei.

Bis heute glaubte ich an einen Fehler im Zusammenspiel mit Apples iOS. Bis ich gerade in der Desktopversion von Google Maps den Eintrag “Meine Zeitachse” fand. Kannte ich nicht, also mal angeklickt und – Boom: Bewegungsprofile für jeden Tag, von April bis Oktober. Für jeden Tag ist fein säuberlich gespeichert, wann ich wo war und wie lange ich mich dort aufgehalten habe, inkl präziser Adresse oder Bezeichnung des Standorts. Der Mitfahrerparkplatz in Wiesloch-Rauenberg am 02. Juni? Jetzt kann ich nachschlagen, wie lange ich dort nach dem Unfall auf den Abschleppdienst gewartet habe.

Das die Profile überhaupt gespeichert werden ist wohl ein wenig bekannter Nebeneffekt der Funktion “Standort teilen” in Google Maps. Ähnlich wie “Freunde” in iOS teilt man darüber den eigenen Standort mit ausgewählten Personen. Anders als in “Freunde” wird der Standort aber nicht nur abgefragt und übertragen wenn die ausgewählten Personen die App nutzen, sondern permanent. Und die permanente Übertragung wird von Google mitgeschnitten und gespeichert. Vermutlich steht das sogar irgendwo im Kleingedruckten, dass man abgenickt hat, aber ernsthaft, Google: WTF?

Die Suchmaschine ist mittlerweile ja für vieles gut, aber das man googlen kann, wo man wann was gemacht hat – nein.
Einfach nur: Nein.

7 Gedanken zu „Google weiß, was ich letzten Sommer getan habe

  1. Hm, es ist mMn eine andere Funktion von Google Maps, “Standortverlauf”, ich teile meinen Standort nicht mit anderen. Aber den Verlauf, den hab ich aktiviert. Beim Einrichten von Android wird man gefragt, ob man das will, bilde ich mir ein. Nicht genau erklärt, nur ob der Standort irgendwie verarbeitet werden darf.

  2. @kalesco
    Ich denke, es geht/ging silencer nicht um das Kleingeld – sondern um ‘Ich hab’ ja nix zu verbergen…’ versus ‘Gläserner Mensch’, positiv formuliert. Man muß es den Geheimdiensten nicht gar so einfach machen; sonst könnten die zuweilen geistig Behinderte bei der Verfolgung mißliebiger Typen einsetzen, denn die sind am Besten/Leichtesten steuerbar, wenn sie eine sie ausfüllende Aufgabe gestellt bekommen, oder ;-? …

  3. Kalesco: Ah, guck an – Standortverlauf war in meinem Google-Konto aktiviert, allerdings ist die Funktion nicht über die Google-Maps-App auf dem Smartphone zugänglich, sondern wirklich nur über den Desktop.

    Olpo: So ist es, ich will nicht, das Trackingsaten von mir auf einem amerikanischen (oder sonstwelchen fremden) Servern landen.

  4. @HerBert: der Vorteil eines Routenplaners liegt doch darin, daß das Progi die Route im Voraus plant ;-? Die Rekonstruktion eines Weges kann auch dazu dienen um festzustellen, ob man den Banküberfall im Nachbarort begangen haben könnte oder nicht – was in den meisten Fällen entlastend sein dürfte 😉
    @Großer Flüsterer: entschuldigen Sie bitte den kleinen Flüsterton, das hatte mein Datensammler falsch gespeichert… Der Trick mit den Apps, bei denen man sich nix wünschen darf und zum Statisten Marke ‘Friß oder Stirb’ verwahlvieht wird, ist symptomatisch für die Vorgangsweise der Vorratsdatenspeicherung – man kann alles tun mit Wischhendi und Tablet, kriegt die eigenen Daten ohne Hürden meist jedoch nur mehr über zur Verfügung gestellten ‘persönlichen Speichern’ in der Irr-Weite des www wieder herunter – auf den Desktop zum Drucken usw, denn über Bluetooth oder Stick ist’s weit unbequemer – und wie ‘sicher’ sind schon Mails, die im Backbone an Knotenpunkten vorbeimüssen ;)…
    Übrigens: wenn DIE wissen wollen, wo mann sich aufhält, dann kriegen DIE das schon hin – man kann doch auch Hendis tracken, da jedes Modul mit mehreren Stationen nach Möglichkeit Kontakt hält und trianguläre Peilung ist noch nie ein Problem gewesen; allerdings muß mann dazu interessant genug sein, um ein aktuelles Bewegungsprofil abgeben zu dürfen 😉 – der uninteressante Rest wird routinemäßig erfaßt, denn das Böse ist überall … und nicht nur auf US-Servern. Das Stichwort dazu lautet normalerweise: allgemeine Terrorismusbekämpfung und Prävention. Wenn ich mich nicht irre, wurden unter dieser Ägyde einige österreichische Tierschützer der harten Sorte für lange Zeit hinter Gitter gebracht oder sind es noch, weil sie ihre Emails verschlüsselt hatten…

  5. Herbert: Benutzt Du Goolge Calendar oder den Google Assisten? Dann wissen sie, wo Du morgen sein wirst 🙂

    Olpo: Ist mir klar, allerdings dürfte eine Funkzellenpeilung wirklich nur von staatlichen Stellen angeordnet werden dürfen. Aber man muss es ihnen ja nicht einfacher machen als nötig 🙂

  6. … wobei wir vermutlich beide wissen, daß manche Stelle staatlicher als der Staat ist 😉 … dies wird Sie, Herr Silencer, nicht davon abhalten, weiterhin zu gugln – und mich nicht davor schützen, meine Abenteuer mittels veralteter Übersichtskarten zu suchen, ohne mich explizit vor Verglasung zu fürchten.
    Außerdem hab’ ich jetzt Deinen Blog – zumindest für einige interessante Teile der Welt.

    Danke übrigens für die gelungenen, eindrucksvollen, persönlich schattierten Schilderungen an dieser Stelle !

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

 


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.