Ein kleiner Ausflug am Wochenende führte mich in meinen Heimatort. Der liegt im Leinetal, Luftlinie rund 30 Kilometer vom Nordwestlichen Harzrand entfernt. Wenn man von oben auf Deutschland guckt, liegt das Leinetal ziemlich genau in der Mitte und ist damit von allen spannenden Orten maximal weit entfernt. Ein bergiges Gebiet mit vielen Feldern, Wiesen und Wäldern, dass man, wenn überhaupt, nur vom durch- oder dran vorbeifahren kennt.
Mit der letzten Bergkuppe vor dem Tal stimmt irgendwas nicht. Ich kenne die typischen Silhouetten des Leinetals mein ganzes Leben lang. An den Berghängen sind Felder, oben drauf dichter Wald. Also, WIRKLICH dichter Wald. Nicht sowas wie das hier, das aussieht wie Zahnbürste von Oppa.
Ich fahre näher ran, stoppte die V-Strom auf einem Feldweg und kAnn kaum glauben, wie es hier aussieht. Vom Wald ist an dieser Stelle praktisch gar nichts übrig. Es sieht aus wie nach einem Krieg. Die Erde ist aufgewühlt, Wurzelballen umgekippter Bäume ragen in der Luft, Baumreste stehen schief in der Mark.
Erinnert sich noch wer an Friederike? Das war der Sturm, der am 18. Januar 2018 über Deutschland hinwegzog. Die Bahn machte damals komplett dicht, weshalb später vor allem aus Teilen Süddeutschlands heftige Kritik kam. Nach dem Motto „Soll´n das, bei uns war schönes Wetter, kann doch nicht so schlimm gewesen sein!“ Tja, hm.
Die Aufräumarbeiten sind schon beeindruckend weit, dutzende Baumstämme liegen abholbereit am Forstweg. Die Kerben im Holz zeigen, dass das keine Handarbeit war, sondern automatische Harvester am Werke waren, vermutlich ein ganzes Heer. Hauptsache weg mit dem Holz, bevor sich darin Schädlinge einnisten.
Später erfahre ich von einem Forstwirt, das allein in diesem Flurstück so viel Holz gefallen ist, wie man sonst in 5 Jahren schlagen würde: Über 100.000 Kubikmeter. Von überall her wurden Harvester rangekarrt, um der Holzmenge Herr zu werden. Fast rund um die Uhr karren LKW die Baumstämme auf Züge zu den kleinen Bahnhöfen im Leinetal, die das Holz zur Verarbeitung nach Süddeutschland und Polen bringen. Die Holzpreise sind im Keller, aber für die Forsteigentümer lohnt sich das Ganze trotzdem. Sie bekommen vom Land Förderung und Beihilfen für die Beseitigung der Schäden, außerdem Ausfallsgeld und Entschädigungen. Eher ein Grund zum Frohlocken als zur Sorge.
Dennoch, die Zerstörung, die Friederike hier angerichtet hat, ist enorm. In Anbetracht der Tatsache, dass die ICE-Trasse und die Nord-Süd-Achse des Bahnverkehrs nur zwei Kilometer von hier entlang laufen und nicht klar war, ob der Sturm am Harzrand nach Osten weitergeht oder nach Süden abdreht, war die Sperrung des Bahnverkehrs während Friederike absolut richtig, ganz egal ob in Teilen Bayerns zeitweise die Sonne schien oder nicht.
beeindruckende Bilder.
Hier bei uns sieht es teilweise immer noch ganz ähnlich aus.
Und ebenfalls an unserer Bahnstation werden nächtens zig Waggons vollbeladen abtransportiert.
Ist schon lange her, dass wir nachts so einen regen Zugverkehr hatten.
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… meine Güte
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Erinnert stark an Kyrill, damals 2007! Eines der letzten Nassholzläger wurde erst vor knapp 2 Jahren hier in der Nähe aufgelöst.
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Reisetipp für den Schwarzwald: Der Lotharpfad.
https://www.schwarzwald.com/hochstrasse/lotharpfad.html
So wie es dort jetzt aussieht kann’s dann bei deiner Heimat in 19 Jahren auch wieder aussehen.
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Typ3Typ: Kyrill war auch heftig, stimmt. Bei uns hat Friederike mehr reingehauen.
Ah, 2003… Danach war mein Cousin (Forstwirt) da unten zum Aufräumen. War irre gefährlich, die Baumstämme lagen so, dass sie beim zertrennen zerbarsten.
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