Momentaufnahme: Mai 2018

Herr Silencer im Mai 2018

Vorherrschendes Gefühl: Das ist kein Mai. Das ist Hochsommer.

Wetter: Warm. Sehr warm, mit Temperaturen um die 25 Grad und sehr wenig Regen. Am Monatsende dreht der Frühsommer auf 11, plötzlich hat´s tagelang über 30 Grad. In Spanien ist es kälter als hier. WTF?


Lesen:

James Comey: A higher Loyalty: Truth, Lies and Leadership
Die Geschichte des Mannes, der Trump zum Präsidenten der USA machte: James Comey hatte viele Jobs und ein abwechselungsreiches Leben: Aushilfe in einem Supermarkt, Student, Lehrjahre als Anwalt bei Versicherungen, dann Strafverfolger unter Rudy Giuliani, Staatsanwalt und Mafiajäger in New York und stellvertetender Generealstaatsanwalt nach 9/11. Unter der Bush-Regierung fällt er über Dispute mit Dick Cheney zu Folter und Überwachung in Ungnade, verlässt den Öffentlichen Dienst und wird letztlich -unerwarteterweise- von Obama zum Chef des FBI gemacht.

Anhand der Stationen seiner Biografie verdeutlicht Comey seine Vorstellung von guten Führungskräften. Seine eigenen Fähigkeiten werden auf eine harte Probe gestellt, als die Ermittlungen wegen Hillary Clintosn E-Mails beginnen und er unter politischen Druck gerät. Dann kommt die Wahl, und plötzlich steht Comey einem Präsidenten gegenüber, der ihn politisch vereinnahmen will – als „einen von ihnen“. Im Italienischen hat dieses Verhalten einen Namen: Cosa Nostra.

Das Buch ist überaus clever strukturiert. Nie wird es langweilig: Spannende Kapitel über die Mafia ziehen einen gleich zu Beginn in den Bann, man erfährt viel Privates – aber immer ist deutlich, dass man hier nur das liest, was Comey einen wissen lassen will. Und das, was man erfährt, lässt ihn als Heiligen scheinen: Er allein hat gegen die ersten Überwachungsprogramme der NSA gekämpft, er allein hat sich mit der Bush-Administration angelegt, um zu verhindern, dass die CIA die Erlaubnis zur Folter bekommt. Und natürlich hat er seine Jobs immer verlassen, wenn die gegen seine Prinzipien gingen.

Das Comey sich selbst hier als Heiligen im Auftrag von Recht und Gerechtigkeit stilisiert – Wurst. Das Buch ist deswegen so gut, weil es sehr tiefe Einblicke in das Funktionieren der Politik in Washington erlaubt. Es geht nicht primär um Trump, bis ca. zur Hälfte geht es um 09/11 und die verwerflichen Handlungen der Bush-Administration und deren Versuche, sich die irgendwie als rechtskonform hin zu lügen. Dann kommt die Mailaffäre, und hier lesen wir endlich, was Comey zu dem Handeln veranlasst hat, das mutmaßlich Trump zum Präsidenten machte. Der taucht dann als gleichermaßen clandestin wie verwirrt agierende Person auf, die von Comey Loyalität fordert, die der letztlich nicht leisten will – und darüber gefeuert wird.

Das Buch endet auf einer düsteren Note. Trump, so Comeys Fazit, wird sehr viel Schaden anrichten – weltweit. Aber, so befindet er auf die letzten Zeilen, jeder Waldbrand bietet auch die Chance zum Wachsen für neues. An diesen Gedanken klammere er sich, um nicht irre zu werden.


Hören:


Sehen:

Solo [Kino]
Der junge Han hat einen Traum: Er möchte Feuerwehrmann werden! Auf dem Weg dahin stolpert er immer wieder in erfrischende Abenteuer. Was für ein kecker Draufgänger!

Niemand braucht „Solo“. Die Figur des sarkastischen Schmugglers, der eigentlich ein unheilbarer Romantiker ist, braucht keine Vorgeschichte. Und schon gar keine, deren Verfilmung durch eine Produktionshölle aus Regiewechsel, Skriptänderungen, umfangreichen Nachdrehs u.ä. gegangen ist. Das dann am Ende ein Film dabei rausgekommen ist, der keine Frankensteinige Superkatastrophe wie „Suicide Squad“ ist, grenzt an ein Wunder. Anders als die vergurkte Antiheldenverfilmung wirkt „Solo“ wenigstens aus einem Guss. Man muss sich beim Anschauen nicht mal schämen.

Der mit 140 Minuten rund eine halbe Stunde zu lange Film liefert solide Unterhaltung mit einigen netten Schauwerten, aber ohne echte oder emotionale Highlights. Ein typischer Ron-Howard-Film halt, besetzt mit Schauspielern, die nicht viel können. Solo-Darsteller Alden Ehreich ist ein Totalausfall, hat aber zum Glück auch nicht viel zu tun. Emilia „Khaleese“ Clarke spielt eine eigentlich toughe Frau als kulleräugige Trulla, wie sie eigentlich alles immer als kulleräugige Trulla spielt – warum die Tante überall gecastet wird, ist mir ein Rätsel. Die coolsten Charaktere des Films sind Chewbacca und die um Gleichberechtigung kämpfende Droidin L3-37. Nebenbei beseitigt der Film einige von George Lucas´gröbsten Schnitzern, u.a. wird geklärt, warum der Korsalflug in 12 Parsecs machbar war und ob Han zuerst geschossen hat. Immerhin.

In der Summe: Nett und unterhaltsam, aber schnell vergessen.

Their finest hour [Prime Video]
Im zweiten Weltkrieg in London: Gemma Arterton wird Autorin für einen Propaganadafilm über Dünkirchen. Dabei muss sie sich mit der Bürokratie des Kriegsministeriums und staatlichen Vorgaben genauso auseinandersetzen wie mit einem alternden Star, der hartnäckig die Realtität verweigert. Auch privat läuft´s nur so mittel, aber immerhin hält der Fake-Hochzeitsring von Woolworth mögliche Verehrer ab.

Die Story ist eher dünn, eine „wir ziehen das Projekt gegen alle Widerstände durch“-Geschichte mit ein wenig Selbstfindung hat man schon oft gesehen. Die Stärken des Films liegen woanders: In den hervorragenden Schauspielern und den fragilen Miniaturen, in die sie immer wieder verwickelt werden. Wenn der aufgeblasene Altstar von seiner neuen Agentin beigebogen bekommt, dass er ein alter Sack ist, der wirtschaftlich unrentabel ist und in harten Zeiten jeder selbst sehen muss wo er bleibt, dann ist das eine Szene, in der in jeder Sekunde im Gesicht von Bill Nighys zu sehen ist, wie mit jeder der exzellenten Dialogzeilen sein Weltbild ein Stück mehr in sich zusammenfällt. Umso schöner, das später alle Charaktere ihren Platz finden. Ein schöner, kleiner Film, der aufgrund der eleganten Dialoge und vor allem wegen der Leistungen von Arterton und Nighy im Gedächtnis bleibt.

Avengers: Infinity War [Kino]
Thanos kommt, mit einer Mission: Er will auf seiner Veranda sitzen.

Hier wird nix erklärt. Es geht sofort zur Sache und hört über zwei Stunden nicht mehr auf. Klar, die Exposition geschah ja in den vergangenen 10 Jahren und über 18 Filme. Nur: Wer die nicht mitbekommen hat, für den ist Avengers 4 ein Flickenteppich unverständlicher Szenen, in denen sich komische Leute mit anderen Leuten kloppen. Hat man aber sein MCU auf dem Schirm, ist der Film eine große Show. Die größte Leistung: Es werden gefühlt 30 Charaktere jongliert, und jeder hat einen Platz. Dabei wird die Tonalität der untschiedlichen Ecken des Marvel-Universum gut zusammengeführt: In einer Szene fühlt sich der Film nach „Spiderman: Homecoming“ an, in der nächsten nach „Guardians of the Galaxy“. Großer Spaß, aber: Nur der halbe Film. Alles endet mit einem Cliffhanger von „Empire“-Ausmaßen, die Fortsetzung folgt erst in einem Jahr.


Spielen:

God of War [PS4]
Spartaner Kratos macht einen Deal mit einem griechischen Gott und wird -natürlich- über den Tisch gezogen. Aus Rache zieht er los und killt die gesamte griechische Götterriege einschließlich Zeus, dann setzt er sich zur Ruhe. Soweit die Handlung in den diversen God of War-Teilen bis 2010. Der neue Teil setzt Jahre später an: Wir sehen Kratos als gealterten Mann mit Kind in einer nordischen Sagenwelt. Seine Frau ist gerade verstorben. Ihr letzter Wunsch: Ihr Asche soll vom höchsten Berg in allen neun Welten verstreut werden. Kratos und das Kind, mit dem er nicht viel anfangen kann, machen sich auf den Weg durch Midgard. Dummerweise hat ein Mann ohne Gefühle was dagegen.

Alles anders als früher: Das neue „God of War“ unterscheidet sich komplett von früheren Serienteilen. Hier steht die Erzählung im Vordergrund, und man, ist die gut gelungen. Ist Anfangs die Entfremdung zwischen Vater und Sohn mit Händen zu greifen, wandelt sich die Geschichte im Lauf der (erstaunlich langen) Handlung zu einer Reise, bei der alle Charaktere wachsen und in einer Dualität zu den Antagonisten zeigen wie leicht es im Elternjob ist, falsch abzubiegen und den Kindern die Zukunft zu versauen statt sie zu ermöglichen.

Technisch ist das Game irre, so poliertes Gameplay und Grafik bekommt man wohl nur mit 8 Jahren Entwicklungszeit hin. Das ganze Spiel wird ohne Schnitt erzählt, der Übergang von Gameplay zu Cutscenes verläuft ohne Bruch, die Kamera schwenkt permanent um die Protagonisten herum. Damit ist „GoW“ das „Birdman“ der Spiele, nur in gut. Das ist besonders in den offenen Teilen der Welt gut zu sehen, die nicht nur toll designt ist, sondern auch interessante Nebenquests enthält. Die Geschichte wird irgendwann sogar Dialoglastig, und es ist ein Wahnsinn, wie gut diese Dialoge geschrieben sind. Sie sind logisch, natürlich, snappy, auf den Punkt – diese Leistung von Autoren und den Darstellern (vor allem: Christopher „T´Ealc-aus-Stargate“ Judge als Kratos) ist beeindruckend.

Nicht gut ist leider das Levelingsystem. Es gibt gefühlt 2.000 Rüstungen, Waffenteile, Skills, Buffs, Perks, Kristalle, Talismane, Zauber, usw., deren Nutzung sich schlecht erschließt und deren Bedienung fummelig ist. Zudem ist die Steuerung extrem überladen. Auf 6 Tasten liegen 200 Bewegungskombinationen, da vergisst man stets sieben Achtel im Kampf gegen die (recht wenigen) Gegnertypen. Das ist doof, denn das macht die Lernkurve ordentlich steil, und God Of War ist kein leichtes Spiel – zwar nie auf dem Schwierigkeitsgrad eines „Blood Souls“, aber schon nicht ohne. Man muss Hack & Slays schon mögen, um das Spiel gut zu finden. God Of War in der 2018er Auflage macht es einem leicht: Die toll erzählte Geschichte, die fantastischen Orte, die Dialoge und Charaktere wie der multiphobische Zwergenschmied muss man einfach gut finden.


Machen:


Neues Spielzeug:

Ein Alpine Stars Tech Air.

Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Kategorien: Momentaufnahme | 2 Kommentare

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2 Gedanken zu „Momentaufnahme: Mai 2018

  1. FanPunkt . // 🙂

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