Momentaufnahme: Dezember 2018

Herr Silencer im Dezember 2018

Auf die letzten Meter wird das Jahr nochmal richtig zum Arschloch.

Wetter: Für die Jahreszeit zu warm, mit 5 bis 10 Grad. Weihnachten viel Regen.


Lesen:

Jasper Fforde: Early Riser [Kindle]
Sechs Monate lang fressen die Menschen, um ordentlich Gewicht auf die Hüften zu bekommen. Denn: Die anderen sechs Monate verbringen sie im Winterschlaf. So war es schon immer, so ist es auch heute. Heute hilft allerdings das Schlafmittel Morphenox beim Winterschlaf. Das Medikament ist knapp und heiß begehrt, denn es unterdrückt Träume. Während die Menschheit in atomar beheizten Schlaftürmen schlummert, peitschen draußen Schneestrürme bei Temperaturen von Minus 80 Grad über Wales. Die einzigen Menschen, die wach sind, sind Schlaflose, Verbrecher und die Winterkonsule, eine paramilitärische Polizei, die die Schlafenden schützt. Ein solcher Konsul, der neu in seinem Job ist, rutscht in eine seltsame Verschwörung hinein, in der es um Zombies geht und die Frage, warum alle von einem blauen Buick träumen.

Ach, Jasper Fforde. Es ist immer das gleiche: Fforde denkt sich irre tolle Welten aus – eine Literaturpolizei innerhalb von Büchern („Thursday Next“), farbbasierte Gesellschaften(„Shades of Grey“), magische Altersheime („The Last Dragonslayer“) oder eben eine, in der der Winter das Leben der Menschen bestimmt. Bis in die kleinsten Details konstruiert Fforde das alles, jedes Ding hat seine Hintergrundgeschichte.

Und dann? Dann lässt er skurrile, aber eigenschaftslose Figuren in diesen verstörenden Welten herumtappen, die praktisch nicht nachvollziehbare Dinge erleben. Seine Geschichten sind eine endlose Abfolge von Deus Ex Machina-Momenten, denen man kaum folgen kann.

Bei den Thursday Next-Büchern fand ich das noch nicht so schlimm, mittlerweile gehen mir aber Ffordes wiederkehrende Marotten auf den Sacque. Auch in Early Riser gibt es schon wieder einen jugendlichen Protagonisten, der alles weiß und alles kann. Schon wieder wird aus der Ich-Perspektive erzählt, und schon wieder wirkt das Buch wie ein Prolog, das genau da endet, wo die Geschichte gerade interessant wird und durchstarten sollte. Aber nein, stattdessen gibt es einen Cliffhanger.

Das ist deshalb so schlimm, weil Fforde mittlerweile keine Fortsetzungen mehr hinbekommt. Es langweilt ihn, seine Geschichten weiter zu erzählen, stattdessen bastelt er lieber an einer neuen Welt für das nächste Buch – anders ist es kaum zu erklären, das die Story von „Shades of Grey“ seit 10 Jahren in der Luft hängt und „Last Dragonslayer“ seit 8 Jahren keinen Abschluss findet.


Hören:

Assassins Creed Odyssey OST
Schön gemachter, griechisch angehauchter Soundtrack, mit Stücken von The Fight und Fanny Perrier-Rochas.

Shirley Bassey: Get the Party Started
Shirley Bassey singt ALLES wie den Vorspann eines Bondfilms. Auf dieser Scheibe Songs anderer Künstler, wie Grace Jones „Slave to the Rythm“ oder Gloria Gaynors „I will survive“. Besonderes Highlight und völlig cool ist ihre Interpretation von P!nks „Get the Party started“.


Sehen:

Winchester – Das Haus der verdammten [Kino]
San Francisco, 1844: Der Psychologe Dr. Dingsbums wird vom Vorstand der Winchester Werke engagiert. Er soll Bescheinigen, dass die alte Witwe Winchester nicht mehr alle Latten am Zaun hat, um sie so aus ihrem Unternehmen rauszuklagen. Dr. Dings macht sich auf zum Gefälligkeitsgutachten und findet Helen Mirren vor, die Tag und Nacht an ihrem Wohnhaus bauen lässt. 168 Zimmer hat das Gebäude bereits, und es werden ständig mehr. Dazwischen gibt es Geheimgänge, ins Nichts führende Treppen und allerlei krudes Zeug. Witwe Winchester glaubt sich nämlich von Geistern verfolgt, den Geistern derjenigen, die mit Winchester-Gewehren getötet wurden. Diese Geister sollen sich in dem vertrackten Gebäude verlaufen.

Das seltsame Haus und die schrullige Winchester-Witwe mit dem Geisterspleen gab es wirklich. Wer hier aber eine Doku erwartet, oder Verfilmung auf Basis einer wahren Geschichte, liegt leider total daneben.

„Winchester“ ist nur ein ganz blöder, kleiner Horrorfilm, der schon in der Exposition unfassbar dumm daher kommt und im Hauptteil alle 2 Minuten mit Jumpscares nervt. Der Protagonist dreht sich um, ZACK, Geistergesicht. Der Protagonist dreht sich wieder um, PLÖTZLICH steht da der Kammerdiener. Echt, mehr hat der Streifen nicht drauf. Ein ganzer Film inszeniert als Jumpscare. JumpScare, Jumpscare, Jumpscare. Alle zwei Minuten zuckt man zusammen. Un-er-träglich, deshalb nicht bis zum Ende geguckt.

Charles Dickens Weihnachtsgeschichte [Theater im OP]
Das Märchen von Ebenezer Scrooge, mit Gebärdensprache. Originell: Teils sind die Rollen doppelt besetzt. Ein Ebenezer Scrooge spricht, der andere macht Gebärden. Sehr cool, überraschend trickreich inszeniert, stellenweise aber viel zu langatmig – etwas mehr Tempo wäre wünschenswert gewesen.

Egal was kommt [Video on Demand]
Christian Vogel hat einen Traum: Einmal mit dem Motorrad um die Welt fahren und die Reise ordentlich vermarkten. Mit 34 kündigt er seinen Job und macht sich mit seinem Motorrad auf die Socken. Ein Jahr lang will er allein unterwegs sein.

Der Film ist in zahlreichen Motorradblogs vermarktet worden. Solches „Influencermarketing“ finde ich immer erstmal verdächtig, und auch der Film selbst beginnt unsympathisch. Über Christian Vogel erfährt man erstmal gar nichts, stattdessen werden die Aufkleber der über 20 Sponsoren (die üblichen Verdächtigen von GoPro bis Wunderlich) und die Marken der Klamotten ins Bild gehalten. Die Reisevorbereitungen werden in nicht mehr als einer Trainingsmontage abgehandelt und sind größtenteils seltsam (bei einem Arzt das Nähen von Wunden an einem toten Huhn lernen? Srsly?) und dann darf Mutti noch in Interviewsequenzen erzählen, dass sie sich ganz doll Sorgen macht.

Das schwitzt aus jeder Pore den bitteren Gestank nach Vermarktung. Finde ich grenzwertig, wenn solche Reisen von Privatpersonen von vornherein auf Verkaufbarkeit gebürstet werden. Das Vogel sich im waren Leben als Fernsehautor und mit Onlineprojekten durchschlägt, nährt die Vermutung, dass hier so einiges inszeniert bzw. von vornherein auf Filmtauglichkeit hin organisiert wurde. Fast hätte ich den Film nach der Hälfte ausgemacht, aber dann hat er mich doch gepackt.

Das liegt an der geschickten Dramaturgie: Vogel erleidet in Indien einen Unfall, der ihn körperlich außer Gefecht setzt und sein Bike schwer beschädigt. Das ist natürlich genau das Motiv der Heldenreise, in der in Akt zwei immer der Held leiden muss, damit er am Ende triumphieren kann.

Tatsächlich ist das Leiden des Christian V. auch das zentrale Motiv, denn alles andere, was solche Motorradreisefilme normalerweise ausmacht – Vorbereitung, Dokumentation der Probleme mit Visa und Einfuhrbestimmungen, oder einfach nur tolle Landschaftsaufnahmen – findet hier nicht oder nur im Schnelldurchlauf statt. Ob die Dramaturgie der Unfallfolgenbewältigung inszeniert ist oder nicht – sie macht den Film anschauenswert, auch wenn einem ausgerechnet der Darsteller fremd bleibt.

Your Name [VoD]
Ein Junge in Tokio und ein Mädchen auf dem Dorf tauschen plötzlich die Körper. Das passiert zwei bis dreimal die Woche, immer sobald sie einschlafen. Was als verwirrtes Chaos beginnt („Wo ist mein Penis?! Wo sind meine Brüste?! Wo bin ich? Wer sind diese Leute?“) wird bald zum seltsamen Alltag, in dem die beiden jeweils zwei Leben leben und sich Nachrichten füreinander hinterlassen. Das ist auch nötig, denn nach dem Aufwachen erscheint das andere Leben stets wie ein Traum. Selbst die Namen der anderen vergessen die beiden immer wieder. Eines Tages hört der nächtliche Tausch auf, und der Junge macht sich auf die Suche nach dem Mädchen, dessen Namen er nicht kennt.

„Your Name“ hat mich ziemlich von den Socken gehauen. Es ist ein Zeichentrickfilm, aber definitiv keiner für Kinder. Die Problematik, zwei Leben auf die Reihe zu bekommen, wird sehr erwachsen dargestellt. Außerdem entspinnen sich gleich mehrere, zarte und sehr geerdete Liebesgeschichten – und dann hat der Film ab der Mitte einen Twist, der einem den Boden unter den Füßen wegzieht. Ab diesem Moment wird es mysteriös und so spannend, dass ich Nägelkauend auf der Sofakante saß. Ein sehr sinnlicher und fantastischer Film, der sehr erwachsen ist und große Emotinen weckt. In Japan ist der schon vor zwei Jahren quasi durch die Decke gegangen, jetzt ist er erst zu uns gekommen. Unbedingt angucken, gibt´s bei Amazon für 1,99 Euro zu Leihen.

Hotel Artemis [VoD] In Los Angeles betreibt Krankenschwester Jodie Foster das Hotel Artemis. Der Hotelbetrieb ist nur Fassade, tatsächlich handelt es sich beim „Artemis“ um ein Krankenhaus für Kriminelle, die von Foster schnell wieder zusammengeflickt werden. Das Artemis hat strenge Regeln: Aufgenommen werden nur Mitglieder eines exklusiven Clubs, es werden ausschließlich Codenamen verwendet und das Töten anderer Gäste ist Tabu.

Sieht eingangs ein wenig nach Style over Substance aus, wenn eine auf alt geschminkte Jodie Foster durch das dark & gritty Hotel trippelt oder eine langbeinige Killerin tagelang in einem Cocktailkleid mit Hüftschnitt mondän in der Lobby rumhängt. Doch dann setzt sich eine erstaunlich komplexe Geschichte in Gang, die wie in einem Kammerspiel inszeniert wird und bei der alle Figuren nachvollziehbare interessen haben. Oh, und dann ist da noch Sofia Boutella als langbeinige Killerin. Die Tänzerin stellt mal wieder völlig irre Dinge an. Sehenswert!


Spielen:

Assassins Creed: Odyssey [PS4]
Kassandra ist eine Misthios, eine Söldnerin im Griechenland des Jahres 430 v.Chr. Sie lebt ohne Familie und von Job zu Job. Das war nicht immer so: Sie kann sich noch an eine behütete Kindheit in Sparta erinnern. Bis zu dem Zeitpunkt da ihr Vater, ein hochdekorierter Soldat, ihren Babybruder vom Berg Tygetos warf – und sie gleich hinterher.

Das Mädchen überlebte den Sturz und wurde zu einer muskulösen Kämpferin, die nun gegen Geld säumige Zahler auf der Insel Kefalonia zusammenschlägt oder für den Meistbietenden in die Schlacht zieht. Das ändert sich, als sich ihr die Chance bietet, Kefalonia zu verlassen. Kassandra reist durch Griechenland und begegnet Zeitgenossen wie dem Geschichtsschreiber Herodot, dem Philosophen Sokrates oder dem Heiler Hipokrates. Allerdings ist die Reise nicht immer friedlich: Zwischen Athen und Sparta tobt der peloponnesische Krieg. In dessen Wirren findet Kassandra Spuren ihrer eigenen Familiengeschichte und Hinweise auf einen geheimnisvollen Kult, der im Hintergrund die Fäden zieht.

„Mehr Rollenspiel“ sollte Odyssey sein, das „größte Assassins Creed überhaupt“ usw. usf.
Lässt man das jährlich wiederkehrende Marketingsprech mal weg, bleibt ein Prügelspiel im historischen Gewand übrig, quasi der Film „300“ zum Spielen. Der Unterbau ist der gleiche wie im Vorgänger „Origins“ vom vergangenen Jahr, allerdings ist „Odyssey“ weit davon entfernt, nur ein anderer Skin für das gleiche Game zu sein. Im Gegenteil, hier wurde an der zugrundeliegenden Engine gefeilt und vieles anderes gemacht, manches sogar besser.

Am Vorgänger hatte ich moniert, dass das Deckungssystem unnütz und das Kampfsystem broken war. Das ist bei „Odyssey“ nun besser, es gibt kein Rummfummeln mit dem Schild mehr, und Zuschlagen funktioniert agiler. Das macht durchaus Laune, wird aber von zwei Problemen etwas versäuert. Zum einen passieren Kämpfe ständig, ohne das es besonderer Anstrengung bedarf. Einmal übers falsche Grundstück gelatscht, schon hat man ein halbes Dutzend Wachen am Hintern.

Zum anderen: Die Kämpfe sind deutlich zu lang. Meist hat man ein oder zwei „Captains“ mit dabei, und deren Lebensbalken sinkt nur in homöopathischen Dosen. Das ändert sich im Spielverlauf auch nicht oder nur wenig, denn die GEGNER LEVELN MIT. Das ist in meinen Augen eine Todsünde, denn man steckt viele, VIELE Stunden in den Aufbau der eigenen Spielfigur, ohne das die wirklich spürbar stärker wird.

Progression erfolgt stattdessen in erster Linie über Loot, was extrem unbefriedigend ist. Ich weiß natürlich, woher das kommt: Odyssey soll ein Game-as-a-Service sein und die Spieler mit Contentnachlieferungen möglichst lange binden, und Loot mit anderen Punktwerten ist halt billig zu erstellen.

Gefallen muss mir das aber nicht, denn durch den GAAS-Ansatz passieren Dinge, die ich ungesund finde. So schrammt „Odyssey“ durch seine Levelgrenzen, zu viel Nebenmission und Fetchquests am Grind und damit an Lebenszeitverschwendung entlang, kriegt aber meist noch die Kurve. Für Leute, die aber irgendwann auch mal mit einem Spiel fertig werden wollen, gibt es im Store gegen Echtgeld XP-Booster, die das Durchspielen beschleunigen. Das muss man sich mal reinziehen: Man kauft ein Spiel um unterhalten zu werden, und muss DANN noch Geld ausgeben, damit es kürzer und wieder spielbar wird. Das ist in meinen Augen ein spielkulturelles Problem.

Was besser geworden ist: Während in Vorgänger „Origins“ alle NPCs aussahen, als hätten sie wirklich, WIRKLICH schlimme Autounfälle gehabt, sind die Figuren in „Odyssey“ zum Verlieben schön. Mimik, Körperhaltung, Animation – alles hier sieht fantastisch aus und passt gut zu der toll modellierten Landschaft. Klippen, Wälder, Städte – ja, das Griechenland, und es ist wunderschön.

Alle neuen Systeme sind dafür in „Odyssey“ unnütz. Dazu zählen Dialogsystem, Söldnerränge und Eroberungsschlachten. Im Dialogsystem, was als Feigenblättchen für den angeblichen RPG-Charakter von „Odyssey“ herhalten muss, haben die Antwortoptionen nur an insgesamt 6 Stellen im Spiel einen Effekt, ansonsten sind sie Kosmetik – es ist schlicht völlig egal, was man auswählt, der Outcome ist stets gleich.

Das Söldnersystem funktioniert in der Theorie ähnlich wie eine Kombination aus dem Wanted-Level in „Grand Theft Auto“ und das Nemesissystem in „Shadow of Mordor“: Lässt man sich bei Verbrechen erwischen, wird ein Kopfgeld ausgesetzt, und Söldner machen Jagd auf Kassandra. Die kann sich den Söldnern stellen und sich durch ihre Ränge kämpfen, um dafür dafür Loot einheimsen und Vergünstigungen bei Händlern zu bekommen.

Hört sich gut an, nervt in der Praxis aber konstant. So passiert es ständig, dass Söldner innerhalb von Missionen auftauchen und diese verhageln. Mehr als einmal bin ich heimlich in Anwesen rumgeschlichen, habe mich ungesehen meinem Ziel genähert – und dann tauchte plötzlich mitten im Zimmer ein Söldner auf und wollte kämpfen. Zum Glück lässt sich nach einiger Zeit das Kopfgeld im Menü des Spiels begleichen und so die Söldner loswerden. Geld ist, zumindest nach den ersten Spielstunden, aufgrund von schlechtem Balancing sowieso im Überfluss vorhanden.

Ähnlich unsinnig ist auch das neue Element der Schlachten. Kassandra kann sich entscheiden, ob sie in Gebieten die Machthaber schwächt oder stärkt, um dann Spartanern oder Athenern in einer großen Schlacht zum Sieg über eine Region zu verhelfen. Nur: Das hat NULL Effekt auf die Umwelt. Es spielt keine Rolle, ob Spartaner oder Athener die Mehrzahl der griechischen Regionen besetzen, ist also reiner Selbstzweck. Zum Glück lässt sich dieser Unfug weitgehend ignorieren, genau wie ein Gutteil der Missionen. Die sind spielmechanisch größtenteils repetitiv, aber wesentlich besser geschrieben als im Vorgänger und oft ganz unterhaltsam. Manchmal enthalten sie auch Infos, die für die Hauptstory wichtig ist. Diese Perlen des Writings muss man aber erstmal finden, denn sie sind unter viel zu viel Gerümpel vergraben.

Damit kommen wir zu den beiden Punkten, die ich zuerste als Probleme von „Odyssey“ ausgemacht hatte:

  1. Es ist zu groß. Das Ägypten in „Origins“ war schon zu groß, und Griechenland in „Odyssey“ ist nochmal deutlich größer. Von allem gibt es zu viel: Zu viel Landschaft, zu viel Charaktere, zu viele Missionen, zu viel Loot. Für normale Spieler ist das Game unspielbar, denn wer hat schon die Zeit, mehr als 100 Stunden in so etwas zu versenken? Zum vergleich: Assassins Creed II, bis heute das beste Spiel der Reihe, erzählte eine tighte und spannende Story in 20 Stunden

  2. Es ist lange Zeit kein „Assassins Creed“ mehr. Von der Lore her nicht, denn der Creed entsteht erst 400 Jahre später, die Assassinen treten gar erst 1.500 Jahre später auf. Spielerisch aber auch nicht. Ja, man kann schleichen, aber lautlose Morde gibt es hier nur selten, die Zielpersonen lassen sich meist nicht lautlos meucheln.

…und dann merkte ich, so ab Stunde 80, das mit die große, offene Welt mit ihren unterschiedlichen Landschaften und ihren vielen Geschichten doch unheimlich Spaß macht. Plötzlich war es fast ein trauriger Gedanke, dass die Odyssee irgendwann enden sollte. Als sie das nach 105 Stunden wirklich tat, war das Ende aber tief befriedigend.

Denn bei aller Kritik: Das Ende ist es dann auch, was die drei Haupthandlungsstränge um Kassandras Familie, die Artefakte der ersten Zivilisation und den geheimen Kult zusammenführt und „Odyssey“ doch zu einem Assassins Creed-Spiel macht. Es bringt nämlich einen WTF-Moment mit, der einen allen Grind vergessen lässt. Schade, dass die allerwenigsten Spieler dieses Ende sehen werden und schade, dass die Handlung bis dahin nicht deutlicher macht, wohin die Reise geht – zusammen mit einer besseren Gegenwartsstory (die mal wieder durch Abwesenheit glänzt) hätte Odyssey wirklich stark werden können.

So bleibt eine nette, historische Open World, die zum Eintauchen und sich Verlieren einlädt. Grafisch ist alles wunderschön anzusehen, spielerisch ist alles zum Großteil OK. Für mich funktioniert Kassandras Odyssee durchaus. Es macht mir Spaß, die Welt zu erkunden, und zum Background der sinnsuchenden Söldnerin passt die fragmentierte Erzählung und die vielen Seitenmissionen besser als die plumpe Rachegeschichte aus dem Vorgänger.

Im vergangenen Jahr hatte ich gemeckert, weil „AC: Origins“ die Kim Kardashian unter den „Assassins Creeds“ war: Hübsch anzusehen, aber rotzedoof und unter der Oberfläche ziemlicher Trash. Das ist „Odyssey nicht. Es ist nochmal hübscher, aber gleichzeitig intelligent aufgebaut und in Teilen auch gut geschrieben. Quasi die Emma Watson unter den AC-Spielen.

In der Summe bleibt ein gutes Spiel, das aber deutlich zu lang ist. Durchschnittsspieler werden es im Sale kaufen, anspielen, aber nie das Ende sehen. Ich verabschiede ich mich derweil endgültig von dem Gedanken, jemals wieder ein „Assassins Creed“ zu sehen, das die spielübergreifende Narration voranbringt und der Ur-Vision folgt, aber hey, 105 Stunden gute Unterhaltung sind auch nicht schlecht.

Spider-Man DLC: The City that never Sleeps [PS4]
New York erholt sich langsam von den Ereignissen des Hauptspiels, als Spiderman auf eine Einbruchserie aufmerksam gemacht wird. Anscheinend stiehlt Black Cat Kunstwerke, lässt diese aber zerstört in der Nähe der Tatorte zurück. Die Spinne stellt die Diebin, nur um festzustellen, das weitaus Schlimmeres passiert. Eine alte Mafiafamilie liegt im Krieg, und ein Aufsteiger aus ihren Reihen nutzt Technologie der Söldnergruppe Sable, um erst einen Krieg anzuzetteln, und sich dann in ein Cyborg-Monster umbauen zu lassen.

WTF? Was ist DAS denn? Das ist kein DLC, das ist ein zweites Spiel! Eine neue Story, die in drei Episoden erzählt wird. Das Ding ist fantastisch – und frustrierend.

Fantastisch, weil es all das Gute aus dem Hauptspiel nimmt und eine neue Geschichte erzählt, die wirklich gut geschrieben ist. Allein Peters Krise, weil er plötzlich Vater werden könnte, ist ausgezeichnet in Szene gesetzt. Je nach Episode gibt es unterschiedliche spielmechanische Schwerpunkte, zusätzlich gibt es „More of the Same“-Nebenaufgaben wie das ausräuchern gegenerischer Basen.

Frustrierend ist es, weil es verdammt schwer ist. „The City that never sleeps“ richtet sich klar an diejenigen, die das Hauptspiel mindestens ein Mal durchgespielt haben, mit einem Level 50+-Charakter spielen und den zur Perfektion beherrschen. Ich hatte nach drei Monaten die Steuerung vergessen und bin innerhalb der ersten Minuten schon drei Mal gestorben. Deshalb habe ich notgedrungen den Schwierigkeitsgrad auf „Einfach“ runtergestellt, aber selbst damit war es schwer. Teilweise wirft einem das Spiel so viele Gegener auf den Bildschirm, dass die Steuerung träge wird. Der Schwierigkeitgrad ändert aber nichts an den Zeilimits, und die sind bei den neuen Challenges von Screwball, der nervigen Social-Media-Villain, wieder entscheidend. Also: Verdammt schwer, für Spidey-Fans aber sehr gut.


Machen:
Leiden, an einem extrem schmerzhaften Erisypel.


Neues Spielzeug:
Kein Spielzeug, aber auf die letzten Meter des Jahres nochmal eine teure Anschaffung: Beim Kleinen Gelben AutoTM ist vorne eine Feder gebrochen. Das ist nicht nur teuer, das zieht auch noch Ärger nach sich – denn die Werkstatt hat verkehrten Federn eingebaut und den Wagen dadurch höher gelegt, besteht aber darauf, dass das die richtigen seien. So endet das alte Jahr mit Ärger und Sorgen.

Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Kategorien: Momentaufnahme | 4 Kommentare

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4 Gedanken zu „Momentaufnahme: Dezember 2018

  1. Oh das tut mir leid, lieber Silencer! Um so mehr wünsche ich dir einen guten Rutsch in ein gutes Jahr 2019 und gute Besserung bitte sofort! Viele Grüße Miki

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  2. Eine gebrochene Feder vorn (rechts) hatte ich letztes Jahr am Auto. Da ich das so selten nutze, fiel mir das lange nicht so richtig auf. Aber als es dann mal wichtig war, Verwandtenbesuch im tiefen Süden, musste ein Mietwagen her. Glücklicherweise war die Reparatur problemlos, auch wenn nicht eingeplant. Und wieder dachte ich darüber nach, wie schön es ohne Auto wäre.

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  3. Miki: DAnke! Und Dir auch ein gutes und gesunde 2019!

    Max: Ja, passiert halt gern bei alten Wagen. Mir macht tatsächlich auch eher Sorgen, dass es bei mir jetzt einfach die falschen sind – und die Werkstat drauf besteht, es seien die richtigen o_0

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  4. .

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