Momentaufnahme: April 2019

Herr Silencer im April 2019

Zeit rast

Wetter: Anfang des Monats sonnig, die Temperaturen wechseln je nach Tagesform. Mal tagsüber über 20 Grad, mal nachts 2 Grad. Mitte des Monats schneit es noch einmal und ist eine Woche lang richtig kalt, dann wird es wieder frühsommerlich, mit Temperaturen über 20 Grad und Sonne. Es regnet den ganzen Monat über fast gar nicht, was schon zu Waldbränden führt. die letzten paar Tage wird es mit 4 bis 15 Grad wieder kalt, und zumindest am letzten Wochenende regnet es mal zwei Tage.


Lesen:

Lea Rieck: Sag dem Abenteuer, ich komme: Wie ich mit dem Motorrad die Welt umrundete und was ich von ihr lernte [Kindle]

Typische Ausgangssituation: Frau hat Nase voll von Job in „Irgendwas-mit-Medien“ und will weg. Also auf eine Tiger 800 gesetzt und los geht´s, von München nach Istanbul, dann über Asien und Australien nach Südamerika und in die USA.

Untypisch ist die Art dieses Reiseberichts. Das Buch folgt zwar grob der Chronologie der Reise, die einzelnen Abschnitte machen sich aber nicht an der Geografie fest, sondern haben Oberthemen wie „Mut“, „Leidenschaft“, „Glaube“ oder „Loslassen“, unter die sich einzelne Kapitel ordnen. Rieck beschreibt darin hauptsächlich ihre Begegnungen mit anderen Menschen und was sie von diesen lernte und mitnahm.

Was in dem Buch praktisch nicht vorkommt sind die üblichen Ärgernisse einer Motorradreise – Werkstattbesuche, Schwierigkeiten an Grenzen, Ersatzteil-Fuckup – das wird alles nur in Nebensätzen erwähnt und kommt höchsten am Rande vor.

Das ist introspektiv und eine wunderbare und erfrischende Abwechselung zu den sonst üblichen „Blut, Schweiß und Tränen“- Büchern von Kradvagabunden und Co, die oft einen geradezu verbissenen Fokus auf Landschaft und Maschinen legen, dabei aber kaum reflektieren und im Zweifel anderen Menschen und Kulturen mit Distanz oder sogar genervt begegnen. Und natürlich ist es ein superkrasser Gegensatz zu der geradezu ärgerlichen Reisedoku „Egal was kommt“, die in der Motorradszene heftig beworben wurde, sich aber letztlich in Mimimi und Warterei auf Ersatzteile erschöpfte. Lea Rieck hingegen merkt man an, wie sie während und an ihrer Reise lernt und wächst und sich der Blick auf die Welt und sich selbst ändert.

Anders ist auch ein explizit weiblicher Blickwinkel, wenn es um Liebe und Sex geht. Auch davor scheut das Buch nicht zurück, etwa, wenn Rieck wochenlang scharf auf den gutaussehenden, aber wortkargen Russen ist, dessen muskulösen Körper und Segelohren sie anhimmelt. Sowas würde sich heute kein männlicher Autor zu schreiben trauen.

Etwas unschön ist, dass nahezu alle Gespräche in wörtlicher Rede stattfinden. Sowas kann man als Stilmittel zwischendurch mal einstreuen, aber es Seitenweise und dauernd zu verwenden gehört sich eigentlich nicht – weil man als Reiseautorin ja kein Tonband mitlaufen lässt, sondern die Dialoge (oder das, was einem davon wichtig war und was man behalten hat) aus dem Gedächtnis und nur sinngemäß wiedergibt. Durch die überbordende Verwendung der wörtlichen Rede und gleichzeitiger Reduktion mancher Figuren auf Kerneigenschaften wirkt manches wie aus einem Roman, und damit übertriebener oder auch platter, als es vermutlich wirklich war.

Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Lea Rieck legt hier ein Buch vor, das sich wohltuend vom Rest der Motorradreiseberichte abhebt. Das gilt für den Text und auch auch für die Bilder: Wo man bei anderen Autoren nur Landschaften und verschlammte Motorräder sieht, sind Rieck fantastische Aufnahmen gelungen, auf denen sie selbst immer wieder in einem roten Kleid zu sehen ist.

Wie sie das verliert und in der Folge nackt durch den Dschungel fährt, muss jeder selbst lesen. Aber auch solche Mißgeschicke unterscheiden sich angenehm von den üblichen Reifenpannen. Das erste Buch seit sehr langer Zeit, das ich bis zum Ende nicht mehr aus der Hand legen konnte. Klare Leseemepfehlung, zumal es nicht umfangreich ist.


Hören:


Sehen:

Mortal Engines [Prime]
Die Erde in ferner Zukunft: Aus irgendeinem Grund leben die meisten Menschen in Städten auf Rädern. So kurvt auch ein Mädchen mit einem roten Schal in einem kleinen Fünf-Häuser-Dorf über die Erdoberfläche. Damit ist es vorbei, als die Großstadt London über die Landbrücke nach Europa fährt und dort alles platt macht. An Bord ist Agent Smith aus Matrix, der böse Pläne hat. Das rotschalige Mädchen will das verhindern, hat aber einen Terminator am Arsch.

„Mortal Engines“ ist an den Kinokassen grandios untergegangen, und ich muss sagen: Zu recht. Ich mag ja absurde Prämissen, und Städte auf Rädern gehören mit Sicherheit dazu. Aber dieser Film ist ein wirres Konvolut aus seelenlosen CGI-Actionszenen und einer zu hohen Anzahl hohler Charaktere. Das Pacing stimmt hinten und vorne nicht, und weil schon die Einführung der Personen schief geht, weiß man nie, welcher Charakter jetzt eigentlich wichtig ist.

Am Ende sind die ohnehin alle egal: Wenn ich nach 2 Stunden Film schon beim Abspann nicht mehr weiß, wie die Protagonistin hieß, dann stimmt was nicht. Am meisten im Gedächtnis bleibt noch der Cyborg-Terminator, der ist das gruseligste, was ich seit „Das schwarze Loch“ gesehen habe.

Star Trek: Discovery, Season II [Netflix]
Sieben rote Lichter erscheinen im All, und die Discovery guckt nach, was es damit auf sich hat. Egal, wo das Experimentalschiff hinkommt: Es geschehen merkwürdige Dinge, und ein roter Engel rettet immer wieder den Tag. Ist der Gottgesandt? Oder ein Alien aus der Zukunft? Oder beides?

Wow. Einfach nur: Wow. Die zweite Staffel von Discovery hat mich einfach nur weggeblasen. Hier stimmt fast alles: Lücken im Star Trek-Kanon werden geschlossen, die Schauspieler legen Glanzleitungen hin und die Story ist anspruchsvoll und wendungsreich. Gegen Ende werden die Plotholes zwar so groß, dass die Enterprise durchfliegen könnte, aber das macht die Discovery mit einem wirklich unfassbar großen Twist wieder wett. Sehr, sehr cool. Das hier ist nicht verschnarchtes 80er-Jahre Star Trek a la Next Generation, das hier ist top notch 2020er-Erzählweise mit hohem Production Value. Quasi ein guter Kinofilm, der aber 14 Folgen lang ist.


Spielen:

Assassins Creed III Remastered [PS4]
Connor Kenway ist halb Mohawk, halb Engländer. Er geht beim letzten Assassinen des nordamerikanischen Kontinents in die Lehre, um sich danach den Orden der Templer in den Kolonien vorzunehmen. Nebenbei wirft er in Boston Tee über Bord, reitet mit Paul Revere durch die Nacht und macht einem jungen George Washington Mut.

2012 kam Assassins Creed III raus. Meinem Review von damals habe ich kaum was hinzuzufügen – AC3 ist einfach von der Grundidee und der Machweise kein gutes Spiel und in allen Belangen schlechter als sein Vorgänger. Es ist mit komplexen Systemen überladen, der Protagonist ist ein Unsympath, der Regisseur hat grundlegend die Idee der Assassinen nicht verstanden, die Gegenwartsstory spielt kaum noch eine Rolle und killt am Ende den Hauptcharakter. Außerdem sind Setting und Landschaft langweilig. Kletterte man im Vorgänger am Dom von Florenz zur Zeit der Renaissance herum, kraxelt man in AC3 auf Bäume und Holzhäuschen. Super.
Das die Story immer noch besser ist als alles, was Ubisoft danach fabrizierte, macht die Sache retrospektiv auch nicht wirklich besser.

Nun also das Remaster für PC, XBONE und PS4 und um es klar zu sagen: Dieses Remaster ist das mieseste, was ich in den letzten Jahren gesehen habe. Zwar läuft das Spiel nun in Full HD und die Texturen sind geringfügig besser. Dafür ist das neue Beleuchtungsmodell direkt aus der Hölle. Es lässt die Landschaft zwar ein klein wenig hübscher aussehen, macht aber alles andere durch übertriebene Helligkeit viel hässlicher als im Original aus Zeiten der XBOX 360.

Die ohnehin leblosen NPCs wirken nun in Cutscenes endgültig wie gruselige Gummipuppen, denen nun auch noch Licht aus dem Mund scheint(!). Außerdem ist das Remaster Buggy as Hell. Schneetexturen flimmern beim Darüberlaufen, Timings in Kämpfen stimmen nicht mehr, und oft sind Personen und Gegenstände unsichtbar – auch viele der Almanachblätter, die man eigentlich einfangen soll, oder Sniper, die es unter Zeitdruck abzufangen gilt. „Fangen Sie diesen Unsichtbaren“ – Haha.

Das kommt alles noch oben drauf auf die bekannten Bugs von ACIII, die allesamt nicht behoben wurden. Beispiele: Ist man ein Mal „berüchtigt“, wird man diesen Zustand in Hauptmissionen nicht mehr los – was dazu führt, dass man diese nicht mehr erfolgreich abschließen kann, denn Feinde sehen einen nun aus 15 Kilometern Entfernung und durch Deckungen hindurch und gehen sofort zum Angriff über. Erspäht einen ein Feind, wissen sofort ALLE NPCs eines Levels wo man steckt und machen Jagd – was den berüchtigten Benny-Hill-Effekt auslöst: Der Spielercharakter flitzt durch die Straßen, ALLE Feinde in einem Klumpen hinterher. Auch ohne einen Grund drehen damals wie heute gerne sämtliche NPC in einem Level durch, rennen schreiend davon oder werden plötzlich völlig aggro und greifen unvermittelt an. Das gilt selbst für handlungsrelevante Personen, die man geheim belauschen soll – plötzlich drehen die sich um, erspähen die eigene Spielfigur durch drei Hauswände hindurch und drehen am Rad. Das ist frustrierend und ist eigentlich ein bekanntes Problem.

AC III Remastered bringt immerhin alle DLCs des Originals mit, auch das abgedrehte „The Tyranny of King Washington“, in dem George Washington zum Despoten wird und der eigene Charakter plötzlich fliegen kann. Ebenfalls dabei: PS Vita-Ableger „Assassins Creed: Liberation“ mit der weiblichen Assassine Aveline du Grandpré – und DIE ist cool und kann sich sogar verkleiden.
Besitzer des „Assassins Creed Odyssey“-Season Pass erhalten AC3, DLC und Liberation kostenlos, für alle anderen ruft Ubisoft 40 Euro auf. Muss jeder selbst wissen, ob ihm das die Verschwendung der eigenen Lebenszeit mit einem schlechten, fehlerhaften und mit Nebenaktionen aufgeblasenen Spiel wert ist.


Machen:
Fahrsicherheitstraining (Intensiv) in Gründau.


Neues Spielzeug:

Ach man, das war einer teurer Monat. Das hier war geplant:

Eine Sena PT10 Prism Tube Wifi, eine kleine Helmkamera. Nicht so hässlich wie eine GoPro, und sehr puristisch, leider tierische Fischaugenverzerrung.

Nicht geplant war, dass ich Ersatz für den kleinen Datenlogger brauchte, weil den das GPS-Rollover zerrissen hat. Nach Tests einiger Apps zur GPS-Aufzeichnung muss ich sagen: Für den Einsatz auf langen Reisen und abseits der Zivilisation fressen die immer noch zu viel Strom oder zeichnen zu wenige Punkte auf. Deshalb ist es nochmal ein separater Travelrecorder geworden. Ein altes Modell, denn mit dem funktioniert das Open-Source-Steuerprogramm und der Nokia-Akku hält über 40 Stunden. Das Gehäuse ist ähnlich dem alten i-Blue 747 Pro, nur das der neue ein QStarz BT-Q1000 XT ist.

Ebenfalls nicht geplant: Die Anschaffung neuer Stiefel (Daytona Road Star). Schon wieder, weil sich anscheinend meine Füße verändert haben. Und letztlich: Eine neue Wasserpumpe und ein neuer Zahnriemen für das Kleine Gelbe AutoTM. Fuck, jetzt gibt es den nächsten Monat durch nur Nudeln mit Maggi.

Archiv Momentaufnahmen ab 2008

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