Momentaufnahme: September 2019

Herr Silencer im September 2019

Etwas weniger Druck wäre auch mal ganz schön.

Wetter: Es wird Herbst, das lässt sich nicht mehr leugnen. Anfang des Monats ist es nebelkühl, dann kalt – Nachts sinken die Temperaturen bis auf drei Grad, tagsüber kommen sie kaum noch über 15. Der Himmel ist oft bedeckt, regnen tut es aber so gut wie nicht. Das vorletzte Wochenende ist mit 26 Grad und Sonnenschein nochmal hochsommerlich warm und sonnig.Die letzte Woche bleibt nachts und tags mit 13-19 Grad warm, dafür regnet es häufig. Die Blätter werden jetzt schlagartig bunt und fallen. An den letzten Septembertagen ziehen die Herbststürme übers Land.


Lesen:

Edward Snowden: Permanent Record
„Früher war die Frage: Stehe ich auf der Überwachungsliste? Heute stehen wir alle auf der Liste. Die Frage ist nun: Auf welcher Position?“
Starker Einstieg in die Geschichte des Mannes, dem eines Tages klar wird, dass er dabei geholfen hat, nach 9/11 eine Überwachungsmaschine hoch zu ziehen, die alle Daten aller Menschen für immer speichert. Ein Permanent Record, der beständig aus den Social Media-Plattformen gespeist wird. Die, so Snowden, das Internet kaputt gemacht haben.

Habe das Buch gerade erst angefangen, deshalb noch keine Meinung, aber Begeisterung beim Lesen.


Hören:


Sehen:

Green Book [Amazon Video]
1962 ist die Rassentrennung in den Südstaaten der USA allgegenwärtig. Farbige dürfen nur bestimmte Restaurants betreten, müssen im Bus in einem gesonderten Abteil stehen, können nicht alle Toiletten benutzen und dürfen nur in wenigen Hotels übernachten. Orte, die für Farbige zugelassen sind, sind in einem speziellen Reiseführer aufgelistet. Das „Green Book“ ist benannt nach seinem Autor, dem schwarzen Postboten Victor H. Green. Mit diesem „Negro Motorist Guide“ auf dem Beifahrersitz lässt sich der fabrige Klaviervirtuose Dr. Don Shirley von dem pöbeligen Italiener Tony Vallelonga von Konzert zu Konzert kutschieren. Mit dem derben Tony und dem feingeistigen Don treffen Welten aufeinander. Die beide müssen sich aber zusammenraufen, gegen die Anfeindungen und den allgegenwärtigen Rassismus.

Viele komische Situationen, dabei aber mehr Drama als Komödie. Hervorragende Darsteller, insb. Viggo „Aragorn“ Mortensen als übergewichtiger und ungebildeter Tony. Es gibt so Filme, denen sieht man an, dass sie mit dem Blick auf die Oscars gemacht wurden. „Green Book“ gehört dazu, nervt aber selten und ist trotzdem sehenswert.

Bohemian Rapsody [Amazon Video]
Freddy Mercury schließt sich einer Band an, der Rest sind Geschichten.

Schön gefilmt, sehr tolle Darsteller. Leider kann sich der Film nicht entscheiden, was er sein will: Biopic? Oder doch Fiktion? Auch wenn die Geschichte der Band erzählt wird und das alles nach Dokumentation aussieht: Der Großteil ist einfah gelogen. Das Zusammentreffen der späteren Bandkollegen hat in der gezeigten Form genauso wenig stattgefunden wie das Zusammentreffen mit Freddys Freundin, die Auseinandersetzungen mit einem Plattenproduzenten, die Trennung der Band oder den dramatischen Ereignissen vor dem Life-Aid-Konzert. Alles erfunden. Ich verstehe das nicht. Warum werden hier Ereignisse nicht durchgehend korrekt wiedergegeben, sondern eine Legende aus Märchen gestrickt?

So weiß ich nie, was ich überhaupt glauben kann. Das macht mir keinen Spaß, und für einen Film, der keinen Spaß macht, ist „Bohemian“ deutlich zu lang. Bestenfalls kann man ihn als ein JukeBox-Musical mit einer Best-Of-Auswahl von Queen-Songs nett finden, aber dafür ist der Anteil an Spielszenen wiederum zu hoch. Nee, nix für mich.

Glass [Amazon Video]
Drei Personen werden eingefangen und weggesperrt in eine „Therapie“. Eine Psychologin will sie von der Vorstellung heilen, sie seien Superhelden. Während Samuel L. Jackson katatonisch tut und Bruce Willis böse guckt, grimassiert sich James McAvoy mit seinen multiplen Persönlichkeiten die Seele aus dem Schauspielleib.

Achgott ja, M. Night Shyamalan-Filme. Der einstige Regiestar hat eigentlich seit „Sixth Sense“ nichts Gutes mehr zustandegebracht. Umso erstaunter war ich, als 2016 ein Sequel zu „Unbreakable“ erschien, dem mediokren, aber im Feuilleton abgefeierten „Superhelden-oder-doch-nicht“-Wischiwaschi-Film aus dem Jahr 2000. Dieses Sequel wollte und brauchte niemand. Nun also die Fortsetzung zu dem Sequel, das niemand braucht und wollte, und diesen dritten Teil wollte tatsächlich nicht mal mehr ein Studio produzieren, weshalb Shyamalan das aus eigener Tasche bezahlte.

Herausgekommen ist wieder erwartbar traniger Quatsch, der hinten und vorne keinen Sinn ergibt und über weite Strecken einfach nervt. Das beginnt schon bei den Opening Titles, die einfach Müll aus der After-Effects-Restekiste sind, und endet noch lange nicht beim „Twist“ am Ende. Der allerdings keiner ist. Niemand wird die „Enthüllung“ am Ende als Überraschung sehen und sagen „uiuiui, der Film hat mich überrascht“. Im Gegenteil, die meisten werden mit den Achseln zucken, kein Stück überrascht sein, aber denken: „DAFÜR habe ich hier zwei Stunden rumgesessen?!“ Alles Murks, und ich sage mal so: Der Film lahmt so sehr, wäre er ein Pferd, er wäre schon lange von seinem Leid erlöst worden. Von Herrn Shyamalalalamanamanadingdong möchte ich bitte nichts mehr sehen.

Holmes und Watson [Amazon Prime Video]
Holmes und Watson jagen Professor Moriarty.

Manchmal kann ich Will-Farrell-Schmarrn wie „Anchorman“ was abgewinnen, aber „Holmes und Watson“ ist unerträglich. Die Geschichte ergibt vermutlich nur dann Sinn, wenn man völlig bedröhnt ist. Die improvisierten Dialoge bewegen sich allesamt auf dem Niveau von Geschlechtsverkehranbahnungsgesprächen in deutschen Pornofilmen, nur dass bei Pornos im Anschluss meist was Interessantes passiert. Hier nicht. Holmes und Watson ist unkomischer, langweiliger Müll.

Andorra [Theater im OP]
Aus latenter Judendiskriminierung in der Bevölkerung Andorras wird mit Ausbruch des zweiten Weltkriegs und deutscher Besatzung offener Hass auf einen „Judenjungen“ im Ort, der am Ende tote fordert. Die Schuld dafür findet jeder der Beteiligten beim Opfer selbst oder bei anderen, aber nicht bei sich.

Vielschichtiges Stück um Vorurteile, Diskriminierung und den Weg, der dadurch bis zum Mord geebnet wird. Stark von Barbara Korte inszeniert und super gespielt.


Spielen:

„Control“, das neue Werk von Remedy, ist zwar schon installiert, nervt mich mit seinem uncoolem Gameplay, herben technischen Problemen und Story-Unfug aber hart an. Also beiseite gelegt, stattdessen gab es diesen Monat ein wenig leichte Genrekost aus Japan.

Yakuza 0 [PS4]
1985: Die Wirtschaft Japans boomt, jeder hat Geld oder will zumindest auf großem Fuß leben. Der junge Kazuma Kiryu hat seinen Traum wahr gemacht und ist den Yakuza der Dojima-Familie beigetreten. Als Frischling muss er Geld von säumigen Schuldnern eintreiben. Als einer von Kiryus „Kunden“ nach seinem Besuch tot aufgefunden wird, gerät er in Schwierigkeiten. Nicht nur, dass „die Familie“ keine Aufmerksamkeit wünscht, der Tote liegt auch ausgerechnet auf einem winzigen, unbebauten Grundstück mitten in Tokios Vergnügungsviertel Kamurocho, und dieses Grundstück spielt in den Plänen der Mafia eine wichtige Rolle.

In Japan sind die Abenteuer rund um den wortkargen Kazuma Kiryu eine Legende, und ich weiß jetzt auch warum. Zwar ist das Coregameplay ein simpler Brawler, bei dem Kiryu Leute verhaut, aber das Drumherum ist der Hammer. Da wäre als erstes die Kulisse: Die Vergnügungsviertel in Tokio und Osaka, nur wenige Straßenzüge groß, sind toll und lebendig in Szene gesetzt. Man hat förmlich das Gefühl durch eine nächtliche Stadt zu laufen.

Dann ist da die Story: Verwickelt, kompliziert, wendungsreich, filmisch inszeniert. Manche Zwischensequenzen sind 10 Minuten lang. Man sieht also einen 20 Stunden langen, guten und spannenden Mafiafilm, bei dem man sich gelegentlich mal haut. Bei den 20 Stunden bliebt es freilich nur, wenn man ausschließlich der Hauptstory folgt. Dann entgehen einem aber alle möglichen Sideaktivitäten, wie Spielhallenbesuche, Rennen mit ferngesteuerten Autos oder eine von 99 wirklich coolen und interessanten Sidequests. Wer will, kann sogar in absurden Metagames Nachtclubs Mikromanagen oder Immobilienspekulationen machen und so Stück für Stück Kamurocho übernehmen. Laut howlongtobeat.com kann man dann locker über 100 Stunden in Tokio und Osaka verbringen.

Abgefahrenes, riesiges Game. Viel Spaß gehabt, trotz eines nervigen Speichersystems. Als spät erschienenes Prequel zu Yakuza 1-6 ist es für den Einstieg in die „Yakuza“-Serie geeignet, auch wenn Kenner der Nachfolger sicher mehr rausziehen können. Gibt es übrigens nur in japanisch mit englischen Untertiteln, was bei der schieren Textmenge nicht überrascht.

Yakuza Kiwami [PS4]
1995: 10 Jahre nach den Ereignissen von „Yakuza 0“ übernimmt Kazuma Kiryu die Verantwortung für ein Verbrechen, das er nicht begangen hat. Dafür wandert er in den Bau und wird von den Yakuza verstoßen. Als er 2005 wieder rauskommt, hat sich die Welt verändert. Der Ex-Knacki/-Yakuza versucht sich einzufinden, aber schon diese neumodischen „Mobiltelefone“, mit denen plötzlich jeder rumläuft, sind eine Herausforderung. Auf der Suche nach seiner alten Liebe gerät Kiryu in seltsame Machenschaften, bei denen er nicht nur den Polizisten Date kennenlernt, sondern plötzlich auch noch ein Kind am Bein hat. Aber auch das steht der wortkarge Anzugträger durch, während er Dutzende von Gangstern verprügelt oder Kamurochos Nachtleben genießt.

Ein Remake des ersten „Yakuza“, das 2005 für die PS2 erschien. Grafiken und Engine sind alle neu, Dialoge für die Untertitel wurden neu ins Englische übersetzt. Sehr schön: Die Story von Yakuza 0 bildet die Grundlage für viele Personen und Ereignisse in „Kiwami“ und wertet den Nachfolger dadurch auf. Wieder ist die Story das treibende Element, auch wenn die nicht so over-the-top ist wie in „Zero“. Leider hat sich Kamurocho über die Jahrzehnte wenig verändert: „Yakuza Kiwami“ recycelt nicht nur alle Systeme von „Yakuza 0“, sondern auch viele von dessen Assets. Schade, ich hätte gerne gesehen, wie sich Tokio zwischen 1985 und 2005 verändert hat.


Machen:
Einige Tagesausflüge, ansonsten sehr viel Arbeiten. Also, SEHR viel.
(Deshalb leider auch auf absehbare Zeit kein Reisetagebuch. Ja, ich vermisse das auch.)


Neues Spielzeug:

Ein Schutzgitter für den Kühler der V-Strom sowie Barkbuster Storm-Handprotektoren.

Archiv Momentaufnahmen ab 2008

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