„Nein, das geht so nicht mehr“, klärt die Apothekerin den Typen auf. Die Apothekerin steht hinter ihrem gelben Schalter, sie macht nämlich auch Postfiliale.
Weißer Schalter: Apotheke.
Gelber Schalter: Post.
Nicht verwechseln.
Der Typ steht vor mir am gelben Schalter. Er trägt einen Hipsterbart. Die Augen hinter den bierdeckelgroßen Brillengläsern gucken verständnislos, eine Hand zuppelt nervös an seiner Barbourjacke rum.
„Das ist kein Brief“, erklärt die Apothekerin, „In einen Brief dürfen nur Dokumente. Sobald da was anderes drin ist, ist das kein Brief.“ Der Typ guckt auf den deformierten Briefumschlag, der mehr würfelförmig als flach ist. Offenkundig keine Dokumente.
Die Erfahrung, die der Typ gerade macht, hatte ich vor einigen Wochen auch. Wollte man früher was ins Ausland versenden und es passte in einen Briefumschlag – eine DVD, eine Tafelschokolade, was man halt zu Weihnachten so verschickt – dann war das ein internationaler Maxibrief.
Seit 01.01.19 gilt das aber nicht mehr. Jetzt darf in den Brief nur noch Papier, alles andere ist eine Warensendung. Ist wirklich völlig absurd: Die Chinesen schicken alles bis zur Größe eines Wagenhebers als Brief für 3 Cent um den halben Globus, aber innerhalb der EU dürfen Briefe nichts als gefaltetes Papier enthalten.
Für Privatkunden hat sich die Post als neue Alternative „Päckchen XS“ ausgedacht. Das doofe ist nur: Das gibt es nicht zu kaufen. Zumindest nicht als Produkt in der DHL-Filiale. Das Päckchen XS kann man nur online klicken, für 4,89 Euro ohne Tracking. Hat mir meine DHL-Frau verraten. Die ist nämlich eine Gute.
Anders als die Apothekerin. Die ist es ja eh gewohnt Leuten absurd überteuerte Sachen anzudrehen. „Das müssen se als Päckchen international aufgeben, macht 9 Euro pro Stück. Wenn Sie wollen, dass das wirklich ankommen, machen Sie Paket international. Mit Sendungsverfolgung, kostet 17,99 Euro das Stück.“
Der Typ überlegt. Ich tappe ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden. Ich habe nur ein vorfrankiertes Päckchen und bin in Eile. Dann sagt der Typ resigniert „Na gut“. Er stutzt kurz und sagt „Und die hier dann auch“ und dreht sich zur Seite. Ich luge um einen Aufsteller mit Salbeibobons herum. Neben dem Typen stehen drei große Umzugskartons auf dem Boden, voll deformierten Umschlägen. Das müssen mindestens 100 Stück sein.
Die Apothekerin lächelt.
Ich drehe auf dem Absatz um und verlasse die Apothekenpost.
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