Corona (9): Rundumschlag

Weltweit: 1.29380 Infektionen (+730.878) 70.482 (+45.231) Todesfälle
Deutschland: 100.186 Infektionen (+50.842), 1.590 (+1.286) Todesfälle

Woche 3 der Isolation und achje, schon wieder eine Woche her seit den letzten Notizen. Was hat sich seitdem getan? Ein großzügiger Rundumschlag.

National: Es mehren sich die Stimmen derer, die der Meinung sind, jetzt sei es aber auch mal gut mit der Isolation. Man solle jetzt doch mal wieder schaffen gehen, und im Zweifel nur die Risikogruppen isolieren. Das wird aber nichts. COVID19 kennt keine Gnade, durch alle Altersgruppen und Schichten hindurch sterben Menschen bei schweren Verläufen. Durchhalten ist die Parole der Stunde. Und wir werden noch lange durchhalten müssen:

Besserwisserisch: Das Wort „Quarantäne“ kommt vom italienischen Wort für 40, und das war die Anzahl von Tagen, die Schiffe mit der Pest an Bord vor dem Hafen liegen mussten. 40 Tage werden aber bei Corona nicht ausreichen. Im folgenden Video rechnet Mai sehr unaufgeregt vor, dass es im Besten Fall 56 Tage dauert, bis Maßnahmen gelockert und wie zu Beginn der Pandemie durch strenge Kontrollen mit Nachverfolgung von Infektionsketten ersetzt werden können. Wir haben also erst ein Drittel hinter uns.

Persönlich: Es ist schwer, vernünftig zu sein. Seit Mitte März hat es nicht mehr wirklich geregnet, stattdessen jeden Tag Sonnenschein und jetzt auch noch frühsommerliche Temperaturen. Der Körper giert nach Bewegung, der Kopf will an die frische Luft, aber nein, dass darf ja nicht. Dann einen Blick in die Berichte wie schlimm ein Tot an COVID-19 sein kann und schon ist das Bedürfnis rausgehen zu wollen auf ein erträgliches Maß reduziert.

Maskiert: „Masken helfen nicht“, hieß es zu Beginn der Pandemie allerorten. Darüber wunderten sich nicht nur die Chinesen. Jetzt wird die Bevölkerung aufgerufen selbst welche zu nähen. Nicht um den Träger der Maske zu schützen, sondern andere. Skurrilitäten am Rande: Abmahnanwälte schicken Unterlassungsbriefe an Firmen, die Schutzmasken herstellen wollen, und die USA klauen anderen Ländern deren Lieferungen an medizinischen Mundschutzen.

Polizeilich: Demo in Göttingen, viele Demonstranten tragen Mundschutz, alle halten Abstand. Plötzlich kriegt die Bereitschaftspolizei einen Triller, greift sich einzelne Personen raus, umstellt die mit mehreren Beamten ohne Mundschutz, die aus Tuchfühlungsentfernung auf die Demonstranten einreden. Hinweise auf das Abstandsgebot werden mit höhnischen Sprüchen quittiert. Mal ganz ehrlich: Was stimmt den den Polizisten nicht, die für Maßnahmen zur Einhaltung von Regelungen des Infektionsschutzgesetzes jegliche Schutzmaßnahmen mißachten?

Europäisch: Ungarn ist jetzt endgültig eine Autokratie, aufgrund von Notstandsgesetzen ist das Parlament suspendiert und die Presse eingeschränkt, für mindestens ein Jahr. Wie es dazu kommen konnte? Das Parlament selbst hat dafür gestimmt, und dort hatte Orbans Fidesz-Partei die Mehrheit. Und das, liebe Kinder, ist der Unterschied zwischen einer demokratisch gewählten Partei und einer demokratischen Partei. Auch die Fidesz wurde demokratisch gewählt, aber sie arbeitete an der Abschaffung der Demokratie. Wie die AfD in Deutschland.

Europäisch II: Was bemerkenswert ist: Das dröhnende Schweigen der EU-Kommission. Kein Wort von von der Leyen zu der Ungeheuerlichkeit, die sich in Ungarn abspielt. Eine Diktatur, mitten in Europa! Von der Leyen sagt dazu: NICHTS. Möglicherweise deshalb, weil sie nur mit Orbans Stimmen Präsidentin geworden ist. Statt der Kommission setzen nun 13 andere Länder eine Erklärung auf, in der sie es verurteilen, wenn Länder die Corona-Krise nutzen, um repressive Maßnahmen einzuführen. Ungarn wird nicht explizit genannt, aber es ist klar, an wen sich die Erklärung richtet. Ironie des Ganzen: Orban hat ausrichten lassen, dass er die Erklärung gut findet und auch unterzeichnen will Mehr Hohn geht kaum.

Europäisch III: Die Länder Südeuropas fordern gemeinsam die Vergemeinschaftung von Schulden, Deutschland lehnt das ab. Europa, es war schön mit Dir. Mittlerweile denke ich, dass die EU diese Krise nicht überleben wird, und das ist maßgeblich die Schuld von Deutschland.

Blümerant: Franca ist 76. Sie hat versprochen nicht rauszugehen, sondern schön zu Hause zu bleiben und Blümchen zu fotografieren. Jetzt schickt sie mir jeden Tag Beweisbilder. Vielleicht habe ich gerade ein Tränchen im Augenwinkel.

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Kategorien: Corona-Tagebuch | 5 Kommentare

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5 Gedanken zu „Corona (9): Rundumschlag

  1. Danke für diese Zusammenfassung. Somit bin ich auf dem Laufenden!

    Nur in einem stimme ich Dir nicht zu. Falls die EU das Desaster nicht übersteht, dass Deutschland daran MASSGEBLICH beteiligt ist.

    Halt Dich tapfer.

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  2. dermeikel

    Hi Silencer ! Ich finde es immer wieder erfrischend Deine Art zu schreiben. Auch ist dies weitaus mehr als eine Zusammenfassung wie ich finde…es beschreibt aktuell die Situation die uns alle betrifft. Es ist ein Bild von Emotionen..von Wut…Aggression…Verzweiflung und vom Ausnutzen selbiger..ein Bild von Hoffnung derer aktuell recht wenig vorhanden ist, wenn es um ein schnelles Ende geht…ein Bild von Beziehungen zwischen den Mensch. Vielen vielen Dank für Deine Zeit in dieser Zeit die Dinge zu bewerten so wie Du sie siehst. Ich teile Deine Ansichten voll und ganz! Die EU zerlegt sich aktuell selbst was ein Jammer ist..auch im privaten Bereich diskutieren wir gerade heftig darüber wie eine EU 2.0 aussehen könnte – was denkst DU dazu wo es doch aktuell in der Tat so aussieht, dass die aktuelle EU das Szenario nicht überleben wird…?!

    Ich freue mich auf weitere Beiträge von Dir..wünsche Dir und Deiner Beziehung zu Franca alles Gute auf das Du noch viele viele Blumenbilder von Ihr bekommst und sie – wer weiß – eines Tages wiedersehen wirst !

    Beste Grüße aus Leipzig
    Der Meikel & sein „Cacadoo“

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  3. Haltet Euch ebenso tapfer!

    Wie eine EU 2.0 aussehen kann und ob es überhaupt eine geben kann in den nächsten 100 Jahren weiß ich nicht. Ich kann mir nur Dinge wünsche, und dazu würde gehören die Ostländer, die nie bereit für einen Eintritt waren, rauszuhalten. Ein festes Kerneuropa wäre nicht schlecht, aber da Deutschland unter Merkel erkennbar und seit Jahren Null Bock hast da was zu gestalten, sehe ich da eher schwarz.

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  4. Willkommen in Absurdistan:

    Der Supermarkt einer großen Kette, vor der Türe ist ein Schild aufgestellt: „Bitte nur mit Einkaufswagen in den Markt“. Was ich gelernt habe: Eine Bitte ist eine Bitte – und man muss ihr nicht Folgeleisten. Insbesondere dann nicht, wenn sie offensichtlich sinnfrei ist.

    Die Situation welche es sinnfrei macht: Bei diesem Supermarkt gibt es – anders als bei anderen Ketten – niemanden, der die Griffe der Wagen reinigt. Es gibt auch keine Handdesinfektionsstationen. Also grabbelt jeder die Wagen an, stellt sie dann nach dem Einkauf wieder vorne in die Reihe und man darf all das anfassen, was zuvor vermutlich schon 100 bis 200 Leute an einem Tag angegrabbelt haben – vielleicht nachdem sie sich wild in der Nase gebohrt oder hinein gehustet haben.

    „Sie müssen einen Wagen nehmen!“ tönt es mir entgegen. „Das ist gesetzlich vorgeschrieben!“. Natürlich ist das Humbug, es gibt keine solche gesetzliche Regelung und es gab auch noch keine. Nicht mal in Restriktivistan (aka Bayern). Aber es gibt das Hausrecht. Das müssten sie dann aber auch so hinschreiben und nicht als Bitte formulieren. Schließlich ist auch kein Kartenzwang wenn an der Kasse steht „Bitte mit Karte zahlen!“. Oder doch? Soweit kam es nicht mehr. „Draußen nur Kännchen und drinnen nur mit Einkaufswagen!“. Das wäre mal eine Ansage welche man verstehen kann.

    „Dann dürfen Sie nicht einkaufen!“. Wollte ich auch schon nicht mehr. Ein anderer Kunde stand unschlüssig im Eingangsbereich – ebenfalls ohne Wagen. Fragende Augen blickten mich überhalb von seiner Alltagsmaske an. Ich verlasse den Supermarkt.

    Anmerkung zur Situation im Laden (mit hausrechtlich vorgeschriebenem Einkaufswagen): Im Laden stellen die Leute ihre Wagen ab, wuseln dann ohne Wagen durch die Gänge und gut. 1,5 m lassen sich bei Überholvorgängen mit oder ohne Einkaufswagen auch nicht einhalten. Da müssten die Gänge mindestens 2 Meter breit sein – sind sie aber nicht. Man kommt gerade so mit zwei Einkaufswagen aneinander vorbei.

    An den Kassen sind die Bodenmarkierungen vorhanden, da halten alle die 1,5 Meter ein. Warentrenner sind noch immer vorhanden (grabbelt auch jeder an). Die müssen vermutlich auch weiterhin verwendet werden – ist Gesetz und so? 😉

    Dann kaufe ich eben bei Edeka. Die putzen ihre Einkaufswagen ab – jeden. Sofort nach dem Gebrauch. Abgesehen davon gibt keinen Einkaufswagenzwang. Warentrenner braucht man auch keinen. Ich mag Edeka. Die mögen keine Schmierinfektionen und ich auch nicht. 🙂

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  5. Ähnlich hier… In der Drogerie wird man angemeckert, wenn man ohne Wagen unterwegs ist, in großen Kaufhäusern ist es egal. Ich gehe nur noch nachts oder früh morgens einkaufen. Läuft meist gut, aber manchmal hat man so Krachlederne dabei wie gestern Abend: Frau Ende 30, Maske unterm Kinn, drängelt sich ständig an mich ran. „Ach das mit diesem Abstand, das ist ja soooo schwierig!“. Das nächste Mal nehme ich einen Besenstiel mit, um diese Groupies auf Abstand zu halten.

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