Momentaufnahme: September 2021

Herr Silencer im September2021

Wort des Monats:

Wetter: Der Monat beginnt einstellig kalt und neblig. Das fühlt sich schon sehr nach Herbst an. Bis Monatsmitte tagsüber nochmal über 20, aber morgens jeweils so um die 10 Grad. Alles leugnen hilft nichts: Der Sommer ist vorbei. Ab dem 20. bin ich in Südeuropa: Auch hier nachts schon recht kühl, tagsüber stürmisch und etwas über 20 Grad.


Lesen:

Andy Weir: Project Hail Mary

Ein Mann wacht an Bord eines Raumschiffs auf. Allein, ohne Erinnerung, aber mit guten Mathekenntnissen. Nach und nach rechnet er sich zusammen was er da macht und warum er die letzte Chance der Menschheit ist.

Eine allerletzte Chance auf einen Treffer im Baseball wird im amerikanischen „Hail Mary“ genannt, und man muss sich kulturell schon gut auskennen, um als nicht-Ami diese Bedeutung des Buchtitels zu verstehen. Genauso sperrig wie der Titel gibt sich zunächst auch der Inhalt, denn so fein es ist, dass der Protagonist weiß wie man Entfernungen und Schwerkraft berechnet, ihn Seitenweise dabei zu begleiten ist dann nicht so die Lesefreude.

Aber dann stellt sich raus: Das war nur ein sehr sorgfältiges Setup, um eine Bombe von einer Story von der Leine zu lassen. Plötzlich passieren Dinge, die mir den Mund haben offen stehen lassen. Mehrfach. Dann die Erkenntnis: Die Geschichte ist meisterlich gebaut. Handwerklich und kreativ ist das hier ein Niveau, bei dem man niederknien muss.

Ich habe dieses Buch verschlungen, und sowas ist mit schon sehr lange nicht mehr passiert. Das hier ist Science Fiction in ihrer puren Form. Science, weil alles, was da zusammenfiktionalisert wird, wissenschaftlich so funktionieren könnte. Ein wirklich, wirklich gutes Buch. Jeder, der Wissenschaft im Weltall mag, muss dieses Buch gelesen haben.

Im Deutschen heißt das Werk übrigens „der Astronaut“, vermutlich weil der Titel eine schöne Reihung zum Vorgänger, „Der Marsianer“, ergibt.


Hören:

Gamespodcast: Mass Effect Madness!
Jochen Gebauer und André Peschke spielen alle drei Teile von „Mass Effect“ und besprechen die in einem 30-teiligen „En Detail“.

Großer Spaß: Ich spiele selbst Mass Effect und höre danach, was die beiden Spielejournalisten so erlebt haben. Das beschreiben sie detailliert und äußerst kurzweilig, auch wenn die beiden nicht immer richtig liegen. Aber allein das Projekt, Mass Effect 1 bis 3 in einer so um die 50 Stunden dauernden Detailrezension zu besprechen – großartig! Solchen Journalismus finanziere ich gerne.


Sehen:

Joker [2019, Netflix]
Arthur Fleck neigt zu Gewalt, hat Daddy-Issues, Zwangsstörungen, ist ein Arschloch und hat generell nicht alle Latten am Zaun, will aber Comedian werden. Als das nicht klappt, schießt er um sich.

Unerträglich prätentiöse Darstellung von Joaquin Phoenix, der jede Gelegenheit nutzt, um das komplette Übungsrepertoire an Grimassen und expressionistischen Verrenkungen aus der Schauspielschule auf- und seinen halbnackten Körper vorzuführen. Ein Schauspieler-Vehikel, und zwar eines von der richtig ekligen Sorte. Story ist völlig vorhersehbar, generell alles totlangweilig und banal, verpackt in leicht kryptische Darstellung. Merke: Wenn etwas unverständlich ist, muss es nicht Kunst sein – es kann auch einfach nur dämlich sein. Das ist dieser „Joker“. Keine Ahnung, warum dieser Film so abgefeiert wurde

Reality Bites [1994, DVD]
Winona Ryder hat ihren Uniabschluss in der Tasche, hangelt sich von Praktikum zu Praktikum und wohnt in einer WG mit Freunden, die alle eigene Probleme haben.

Handlung: Belanglos. Was hier interessant ist: Der Film zeigt sehr zugespitzt das Dilemma meiner Generation, der Generation X.

Gut ausgebildet gestartet und mit großen Ambitionen ausgestattet, die letztlich aber für viele von uns eingedampft wurden. Die übermächtigen Boomer hatten ihre Strukturen und nutzen die zur Ausbeutung, was am Ende zur Erkenntnis führte: Wir sind die erste Nachkriegskohorte, die weniger soziale und berufliche Chancen haben würde als unsere Vorgänger. Das erklärt der Film sehr schön und macht deutlich, warum viele von uns eine pessimistische Weltsicht pflegen und sich in Sarkasmus und schlechte Laune geflüchtet haben.

Achso, und natürlich: Winona Ryder. Eine der vier schönsten Schauspielerinnen der Welt. „Wenn Sie spielt, sieht man ihre Seele in ihren Augen“ hat mal jemand gesagt und ja, das stimmt.

Sneakers [1992, BluRay]
Robert Redford und Dan Akroyd sind Sicherheitsspezialisten mit shady Vergangenheit und auf der Jagd nach einem McGuffin. Kaum haben sie ihn, werden sie selbst gejagt.

Seltsamer kleiner Film. Schön gespielt, mäßig spannend, teils unerträgliche unpassende Düdelmusik. Aber: Interessant, weil er Themen vorweg nimmt, die 5 Jahre später erst so richtig gegriffen hätten. Der Film dreht sich nämlich ums hacken, und das in einer Zeit, als es kein ziviles Internet oder vernetzte Geräte gab. Folgerichtig wird analog gehackt, mit Tonbändern und Charme. Das ist nostalgisch anzusehen.


Spielen:

Mass Effect 3 [PS5, 2021 Remaster]
Die Reaper sind da! Die hochhausgroßen Maschinenwesen überfallen… Vancouver? Dooferweise hat sich niemand auf die Ankunft der Maschinenwesen, die alle 50.000 Jahre das Leben in unserer Galaxis ernten, vorbereitet.

Nun ist es an Shepherd, die Verteidigung zu übernehmen. Dazu muss eine Allianz aus allen Spezies geformt werden, und da jede Rasse gerade mit sich beschäftigt ist, stellt sich das als nicht so einfach heraus. Zum Glück ist da noch ein McGuffin, von dem niemand weiß, was er eigentlich macht, der aber unbedingt gebaut werden muss.

Ach man. Ich wusste nichts mehr von ME3, außer, dass das Ende so schlecht war, dass es mir die ganze Trilogie versaut hat. Da traf man im Verlauf von drei Spielen hammerschwere moralische Entscheidungen, die allesamt Auswirkungen haben sollten – und dann stand man am Ende vor der Wahl einen von drei Schaltern zu drücken und damit die gleiche Cutscene in blau, rot oder grün zu hinterlegen.

Da im Verlauf des Spiels auch deutlich wurde, das die (neuen) Autoren ihre eigene Story oder der Lore der Vorgängerspiele und -bücher nicht mehr interessierte, fühlte sich das so billig und enttäuschend an, dass ich das Game nach dem ersten Spielen 2012 nie wieder angefasst habe.

Hätte ich es mal getan, denn nachdem Hersteller Bioware einen Shitstorm aus o.g. Gründen erlebte, wurde schnell DLC nachgeschoben, in dem das Ende und die Story besser erklärt wurden. Diese Zusatzpakete sind in der „Legendary Edition“ enthalten und machen das Spiel wirklich wesentlich besser.

Klar, das Ende ist immer noch abrupt, fühlt sich aber sinnvoller an. Der Hintergrund der Reaper wird besser erklärt. Die Gefährten erhalten wertvollere Momente. Und man wird nicht mehr gezwungen, den Multiplayernmodus zu spielen, den gibt es schlicht nicht mehr.

Auch wenn die Story damit immer noch schwächer ist als von Teil 1 und 2: Rein vom Gameplay und von der Inszenierung ist „ME3“ klar das beste Spiel der Shepherd-Trilogie. Statt einem Deckungsshooter hat man hier einen sehr guten Third-Person-RPG-Shooter mit filmischer Inszenierung. Von daher ein unterhaltsamer und mittlerweile guter Abschluss von Shepherds Geschichte.


Machen:
Arbeit-Arbeit-Arbeit. Und dann geht es los in den Motorradherbst, der leider nass beginnt, sich dann aber steigert.


Neues Spielzeug:

Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Kategorien: Momentaufnahme | 10 Kommentare

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10 Gedanken zu „Momentaufnahme: September 2021

  1. natira

    Ich habe die Audio-Fassung von „Project Hail Mary“ gehört – hervorragend umgesetzt und ja, ich bin auch voll in der Geschichte versunken.

    Hab eine schönen Urlaub!

    Gefällt 1 Person

  2. Oh! Wie haben sie denn da Rockys Sprache umgesetzt? Im Text sind an den Stellen Musiknoten abgebildet!

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  3. Und danke für die guten Wünsche!

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  4. Dann muss ich jetzt wohl ein Buch kaufen…
    Danke für die wie immer kurzweilige und interessante Rückblende 🙂

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  5. Und dank natira weiß ich jetzt nicht ob ich Hörbuch oder Buch oder beides nehmen soll … 😕

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  6. natira

    @Silencer
    Mit Tönen. 🙂

    @Kalesco
    Einen Eindruck vom Sprecher kannst Du Dir natürlich durch die Hörprobe verschaffen. 😉

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  7. @Natira: Super! Unkonventionell und passend.

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  8. Habe gerade wieder ein Abo abgeschlossen… Als ich gesehen habe, dass es jetzt neu auch „sag mal du als Chemiker:in“ gibt, und heute auch noch ein -50% Angebot galt habe ich gleich zugeschlagen 😉
    Also beides. Man gönnt sich ja sonst nichts – und Hörbuch geht gerade besser beim Spazierengehen mit dem Kinderwagen. Lesen dagegen geht nicht so gut.

    Gefällt 1 Person

  9. Kalesco: 👍👍👍

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  10. Bin gespannt ob es dir gefällt.

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