Momentaufnahme: Mai 2022

Herr Silencer im Mai 2022

Verweigerung des Monats: „Ich mache hier nicht nochmal die Heizung an!“

Worte des Monats: „Was sollen das, mich hier Arschloch zu nennen?!“

Wetter: Anfang des Monats bedeckt und kühl bei 8-15 Grad, Mitte des Monas hochsommerlich sonnig und sehr heiß, Ende des Monats Regen, Sturm, nachts 4 und tagsüber 18 Grad.


Lesen:

Jeremy Clarkson: Diddly Squat: A Year on the Farm [Kindle]
Jeremy Clarkson, Motorjournalist und konservatives Urgestein, beschließt seine Farm in den Cotswolds selbst zu bewirtschaften – ohne eine Ahnung von Landwirtschaft zu haben. Was dann passiert, lässt sich in der Amazon-Serie „Clarksons Farm“ anschauen, die ich für das beste Stück Fernsehen seit sehr langer Zeit halte. Das Buch enthält nun die gesammelten Kolumnen von Clarkson, die er binnen eines Jahres auf der Farm für die „Sunday Times“ verfasst hat.

Weniger nah dran am tatsächlichen Farmleben als die Serie, dafür aber reich an Hintergründen und reflektierten Gedanken über Politik, Klimawandel, Ernährung und Umweltschutz – nach wie vor Themen, die man Clarkson so nie zugetraut hätte. Kurzes Buch, amüsant zu lesen.

 


William Gibson: Neuromancer [1984]
Cyberpunk, irgendeine Megastadt in Japan: Case ist ein Gelegenheitsverbrecher und Cyberkrimineller. Als solcher wird er für einen richtig ungut klingenden Job angeheuert. Schon dessen Vorbereitung läuft nicht nach Plan, und dann stellt sich auch noch heraus, dass die Auftraggeberin eine künstliche Intelligenz ist.

Die Story wirr, die Charaktere mit groben Strichen hingetuscht, die Zusammenhänge lose, die Sprache eigen. Schon Stunden nach Lesen des Buches kann ich kaum sagen, worum es darin ging. Nichtsdestotrotz ist es ein Meilenstein voller Ideen und eine der Grundlagen für das Genre des Cyberpunk, in dem Mensch und Maschinen immer weiter verschmelzen.

 


 

Hören:


 

Sehen:
Gruselfilme! Ich habe „Dark Castle Entertainment“ entdeckt und musste deren Werke angucken:

Ghost Ship [2002, BluRay]
Der Pilot eines Wetterflugzeugs entdeckt einen italienischen Luxusliner, der seit 1962 als verschollen galt. Das Schiff treibt abseits der üblichen Schiffsrouten in der Beringstraße. Ein Bergungsteam macht sich auf den Weg, um das Geisterschiff genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei entdeckt die Crew, was mit den fast 600 Passagieren geschehen ist.

„Dark Castle Entertainment“ ist eine gemeinsame Firma der Produktionslegenden Robert Zemeckis und Joel Silver. In den 90ern gegründet, sollte die Firma massentaugliche Gruselfilme mit einem anständigen Budget und B-Promis auf den Schirm bringen. Und ja, das gelang denen. Es war mir nicht klar, aber zwei meiner vier liebsten Gruselfilme stammen von Dark Castle.

Heute erinnert sich jeder an die Laser aus „Resident Evil“ als die Szene, in der zum ersten Mal zu sehen war, wie Menschen durchschnitten werden und dann in Zeitlupe auseinanderfallen. „Ghost Ship“ machte auch, sogar im gleichen Jahr, nur spielt die Eröffnungsszene diesen Effekt ungleich besser aus.

Der Rest des Films ist recht konventionell, aber mit Gabriel Byrne, Julianna Margulies, Karl Urban und Emily Browning fein besetzt. Vor allem atmet der Film Style, nach allen Seiten: Das Art Deco-Kreuzfahrtschiff, die verruchte Femme Fatale, das gesamte Produktionsdesign – das ist super gemacht. Da auf CGI weitgehend verzichtet wurde und die Sets wirklich toll sind, ist der Film praktisch nicht gealtert.

 

13 Geister [2001, DVD]
Mr. Monk und seine Kinder erben ein gar seltsam Haus. Das Anwesen besteht fast komplett aus Glas, und in jede Oberfläche sind lateinische Texte eingeätzt. Schon beim ersten Besuch wird klar: Das vermeintliche Luxusdomiziel ist in Wirklichkeit eine Maschine, die mit der Energie von 13 Geistern die Pforten zur Hölle öffnen soll.

„13 Geister“ ist eine weitere Dark Castle Produktion und wie diese fein besetzt. Mein persönliches Problem: Ich kann in Tony Shalhoub leider nie wieder einen anderen Charakter sehen als eben „Mr. Monk“. Abseits davon liefern aber Shannon Elizabeth und F. Murray Abraham gut ab, nur Matthew Lillard ist wie immer unerträglich.

Die Geschichte um das seltsame Haus und die 12 (Sic!) darin gefangenen Geister ist spannend, die Masken gruselig. Vor allem war der Film innovativ: in einem Labyrinth aus (echten) Glasscheiben zu drehen muss die Hölle sein, weil es ständig ungewollte Reflektionen und Spieglungen gibt, aber hier wird das durchgezogen und das Ergebnis ist immer noch sehenswert und gruselig.

 

House of Wax [Amazon Video, 2005]
Teenager haben Panne und landen in einem Dorf, in dem alle Bewohner aus Wachs sind.

Dark Castle Produktion, die ihrerzeit große Wellen schlug, weil: „Paris Hilton ist darin nackt!“- Spoiler: Ist sie nicht. Aber ihre Figur stirbt einen gruseligen Tod, genau wie die anderen unsympathischen Charaktere in diesem Remake eines Films von 1953. Bonus: Elisha „Jack Bauers Tochter“ Cuthbert.

 

The Reaping [2007, BluRay]
Hillary Swank ist Ex-Pastorin und Expertin im „Myth-Busting“, also der wissenschaftlichen Aufklärung scheinbar unerklärlicher Ereignisse. In dieser Funktion wird sie in die Südstaaten der USA gerufen, wo anscheinend gerade die biblischen Plagen ausbrechen. Die Einwohner eines kleinen Ortes machen dafür ein zwölfjähriges Mädchen verantwortlich.

Dark Castle-Film, der seiner Prämisse treu bleibt: Mit Hillary Swank und Idris Elba spielen hier zwei veritable Stars in einem gruseligen Doppel-A-Film. Die Story verfranst sich zwischendurch in den Sümpfen Louisianas, die Auflösung ist aber interessant. Kann man schauen.

 

Suburbicon [2018, BluRay]
USA, 1959: Suburbicon ist eine der typischen Boomer-Vorstadtsiedlungen. Im dreihundertsten Reihenhaus von links wohnt Matt Damon mit Frau und Kind. Die Pettycoat-Idylle wird gestört, als Einbrecher die Familie überfallen und die Ehefrau dabei mit Chloroform vergiften. Wenig später steht ein Versicherungsdetektiv auf der Matte. Währenddessen zieht nebenan eine schwarze Familie ein, der erst offener Rassismus entgegenschlägt, der dann zu einer Straßenschlacht eskaliert.

Eine aktuelle Dark Castle-Produktion unter der Regie von George Clooney und nach einem Buch der Coen-Brüder. Mit deren Ergüssen kann ich ohnehin nicht viel anfangen, aber „Suburbicon“ ist wirklich objektiv schlecht.

Der Film versucht gleichzeitig Rassismusdrama, Krimi und schwarzhumorige Komödie zu sein, aber Clooney schafft es nicht, das zu einem schlüssigen Ganzen zusammenzuführen. Stattdessen fühlt sich „Suburbicon“an wie zwei Filme, die man notdürftig mit den Rücken aneinandergeklebt hat. Beide Handlungsstränge laufen nebeneinander her und werden so unbefriedigend, sinnlos und blutig aufgelöst, dass das Anschauen reine Zeitverschwendung ist.

 

The Cell [2000, BluRay]
Ein Killer entführt Frauen, ertränkt sie und vergeht sich dann an ihnen. Die Polizei ist ihm auf den Fersen, aber bevor er gefasst wird, erleidet er einen Hirnschlag und fällt ins Koma. Das ist ein Problem, denn er hat bereits ein neues Opfer entführt und in einer unterirdischen Zelle versteckt, die sich nun langsam mit Wasser füllt. Gut, das es eine Technologie gibt, mit der sich Jennifer Lopez in das Unterbewusstsein des komatösen Killers beamen kann. Dort versucht sie Hinweise auf den Ort des Verstecks zu finden, gerät aber in eine ganz eigene Hölle.

Nicht Dark Castle, aber einer meiner Lieblingsgruselfilme mit „13 Ghosts“ und „Ghostship“: „The Cell“ verbindet Elemente von „Das Schweigen der Lämmer“, „Hellraiser“ und „Saw“, was mich thematisch schon sehr anspricht. Was den Film aber unvergesslich macht, sind die Bilder und die Kameraführung. Regisseur Tarsem Singh drehte vor „The Cell“ Musikvideos für REM (u.a. „Losing my Religion“) und übte dort, wie er das Gefühl zu Träumen in das Medium Film übersetzen kann.

„Cell“ bietet nun genau das, in Spielfilmlänge. Die Geisteswelten des Killers fühlen sich wirklich an wie Albträume. Wie in einem Traum verändern sich Gegenstände, Szenarien und Personen von Schnitt zu Schnitt – mal subtil, mal sprunghaft, so dass man sich als Zuschauer wirklich des öfteren fragt, ob man das jetzt gerade wirklich gesehen hat. Die Sado-Maso-Ästethik mal beiseite gelassen, sieht der Film ob der vielen praktischen Effekte und dem sehr wenigen, aber dann guten CGI bis heute fantastisch aus. Das die Schauspieler nicht viel zu tun haben und die Story letztlich bestenfalls zweckdienlich ist, ist da Nebensache.

 

Moonknight [2022, Disney+]
Oscar Isaac hat eine gespaltene Persönlichkeit und sieht ägyptische Götter. Durch die Kulissen schluffen: Ethan Hawke und sprechende Nilpferde.

Tja, ach. Darstellung von multiplen Persönlichkeiten macht Schauspielern offensichtlich viel Spaß. James McAvoy grimassierte sich ja schon unerträglich prätentiös durch „Split“, und on „Moon Knight“ hat Oscar Isaac sichtlich Spaß an der Rolle. Worum es geht und vor allem, warum hier Dinge passieren ist lange Zeit Nebensache und am Ende auch irgendwie egal. Was von der Serie in Erinnerung bleibt ist untererklärter Ägypten-Mumbojumbo, verwirrter Quark und schlechte CGI-Kostüme.

 


Spielen:

Doki Doki Literature Club [PS5]
An einer japanischen Highschool tritt der Spieler auf Wunsch einer Freundin einem Literaturclub bei. Nach dem Unterricht liest er dort gemeinsam mit vier Mädchen Bücher, übt sich im Verfassen von Gedichten und kocht Tee. Aber dann.

Seltsames Ding. Kommt zunächst zuckersüß als laaaaangsam erzählte visual Novel mit Dating-Sim-Einschlag daher, und tatsächlich macht man die ersten zwei Spielstunden nichts anderes, als zu kariesverursachender Düdelmusik mit den Manga-Mädchen im Literaturclub zu flirten. Der niedliche Eindruck täuscht aber. Die Warnungen, dass das Spiel erst ab 18 ist und Menschen mit Despressionen keinen Spaß daran haben werden, sollte man besser ernst nehmen.

Wer sich noch an den Gag mit der glitchenden Grafik und dem Durchbrechen der vierten Wand in „Arkham Asylum“ erinnert: Doki-Doki macht genau das, aber viel heftiger. In der zweiten Hälfte der, mit 4 Stunden angenehm kurzen, Spieldauer verwirrt es des Spielers Hirn so sehr, dass man irgendwann nicht mehr weiß, ob hier gerade etwas kaputt ist oder alles in richtigen Psychohorror abkippt. Langsamer Einstieg, dann sehr überraschend. Gilt als ein Meisterwerk des Gamedesigns. So weit würde ich nicht gehen, verblüffend ist es allemal.

 

Ghost of Tsushima: Iki Island [2021, PS5 DLC]
1274 überfallen die Mongolen die japanische Insel Tsushima. Die Invasoren bringen Hightech-Waffen mit: Mechanische Maschinen die Flammenpfeile verschießen, brennendes Öl, Nervengifte.

Die Samurai, die sich der Invasionsflotte entgegenstellen, sind von diesem ehrlosen Kampfverhalten so irritiert, dass sie allesamt niedergemetzelt werden. Der einzige Überlebende pfeift auf dem Code der Samurai und greift zu Guerilla-Taktiken um die Mongolen zurückzuschlagen. Für den japanischen Shogun wird er damit zum  Vogelfreien ohne Ehre, für die einfache Bevölkerung zum Helden: Dem Geist von Tsushima. Auf Iki wird es für den Geist brenzlig. Nicht nur, das er dort vergiftet wird, die Einwohner der kleinen Insel haben auch  etwas gegen Ex-Samurai. Zudem wird es persönlich, kam doch hier sein Vater zu Tode.

Interessanter DLC, der das ohnehin sehr gute Hauptspiel von 2020 sanft erweitert und eine interessante Reise in die Vergangenheit bietet. Iki ist ähnlich schön gestaltet wie die bekannten Areale, Gamemechanisch kommen eine Handvoll kleine Änderungen hinzu. Im Prinzip also nur more of the same, aber das geht ok. Denn auch wenn der DLC mit maximal 8 Stunden recht kurz und mit 20 Euro sehr teuer ist, so ist die filmische Inszenierung von Jin Sakais Kindheitstraumata aufwendig umgesetzt und gelungen. „Ghost of Tsushima“ ist „Assassins Creed: Japan“, aber besser als die letzten drei originalen Assassins Creed Spiele. Davon spiele ich gerne mehr.


Machen:

  • Hamburg Wochenende mit Mudder Silencer und Frau Zimt und dem Verwunschenen Kind
  • Eine britische „Drone Flyer & Operator“-Lizenz. Gleiche Regeln wie in der EU, gleiche Fragen, gleiche Tests, aber: „EU-Lizenzen werden nicht anerkannt“ – weil sie es können.
  • Windows 11 mißtrauisch beäugen.
  • Meine erste Darmspiegelung!

Neues Spielzeug:

Archiv Momentaufnahmen ab 2008

Kategorien: Momentaufnahme | Ein Kommentar

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Ein Gedanke zu „Momentaufnahme: Mai 2022

  1. Hab die Verweigerung heute aufgegeben und das Ding wieder angemacht – sitze den ganzen tag im Büro, da kühlt die Maushand zu sehr aus 😛
    Aber morgen soll es wärmer werden, da schalten wir wieder ab. Aus Prinzip 😉

    Gefällt 1 Person

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