Momentaufnahme: Oktober 2022

Herr Silencer im September 2022

Wetter: Anfang bis Mitte des Monats tagsüber um die 15 Grad und sonnig, nachts 4 bis 1 Grad. Dann kommt der Sommer zurück. Zweite Monatshälfte auch Nachts meist zweistellig warm, tagsüber noch bis 20 Grad. Heizung bleibt aus!


Lesen:

Jasper Fforde: First Among Sequels
Thursday Next hat mal wieder Herausforderungen. Zwar arbeitet sie offiziell nicht mehr für die Literaturpolizei, aber hinter dem Rücken ihrer Familie unternimmt sie doch noch Reisen ins Innere von Büchern. Dort findet sie Sonden, die der (wieder) böse Goliath-Konzern dort hingeschickt hat. Außerdem drohen fleissige Multiversumsersionen ihres Sohnes Friday die ranzfaule Version umzubringen, die bei ihr zu Hause den Tag verschläft, weil sonst nächsten Samstag die Welt endet. Alles wie immer!

Nicht mehr ganz so unterhaltsam wie die ersten drei Bände, aber immer noch skurril und voller toller Einfälle. Kurzweilig.

Jeremy Clarkson: ´Til the Cows Come Home
Das zweite „Diddly Squat“-Buch, gesammelte Kolumnen aus Clarksons Jahren zwei und drei als Farmer. Zeigt wortgewaltig und witzig die Probleme eines Bauern in England, der von der Politik im Stich gelassen wird: Die britische Regierung kompensiert die weggefallenen EU-Förderungen nicht, schließt dafür aber Freihandelsabkommen mit Australien. Die Folge: Der Brexit-Markt nun mit Billigfleisch überschwemmt, britische Landwirte sind nicht mehr konkurrenzfähig. Dem lapidaren Rat der Tory-Regierung, dass die Bauern sich halt breiter aufstellen müssten, wirken in der Realität die (Tory)-Stadträte entgegen, die jegliche Veränderung – und sei es nur ein Café auf dem Bauernhof – verhindern.

Wenn man Clarksons Kolumnen schon länger verfolgt, stellt man in diesem Buch zwei bemerkenswerte Dinge fest. Erstens: Der erzkonservativ-liberale Autor verliert den Glauben an seine Tories und bemerkt, dass erstarrter Konservatismus toxisch ist. Zweitens: Clarkson macht sich jetzt ernsthaft Sorgen um den Zustand und die Zukunft der Welt. Beängstigend, denn Clarkson hat in der Vergangenheit nie etwas ernst genommen.


Hören:


Sehen:
Nostalgiemonat bei Herrn Silencer.

The Expendables 1-3 [2010, 2012, 2014, BluRay]
Sylvester Stallone ist Chef einer Söldnergruppe. Die besteht u.a. aus Arnold Schwarzenegger, Chuck Norris, Jason Statham, Jet Li, Dolph Lundgren, Bruce Willis, Terry Crews und anderen, die in völlig egalen Stories gegen Mel Gibson, Eric Roberts oder Jean Claude Van Damme antreten.

Resteverwertung von allem, was im Actionkino der 1980 bis 2000er-Jahre Rang und Namen hatte, das ist das Konzept. Die alten Haudegen werden in möglichst absurden over-the-Top-Actionszenen noch einmal auf die Leinwand zu gezerrt und mit selbstironischem Humor garniert. Natürlich ist das alles völlig Banane – Story gibt es hier nicht, und in der Summe ist das alles einfach Quatsch – aber wenn Chuck Norris als wandelnder Chuck-Norris-Witz auftritt und alles einfach Bumm macht, dann ist das schon sehr spaßig.


The Transporter 1-3 [2002, 2005, 2008, BluRay]
Jason Statham fährt Dinge von A nach B, meist ohne Umweg über C. Die Dinge sind oft illegal, und um damit klar zu kommen hält er sich streng an seine selbst gesetzten Regeln, außer in den Fällen, wo er es nicht tut. Dann gibt es meist Ärger, der sich nur durch Autofahren beheben lässt.

Storytechnisch absurd bis dumm, Autostunts auf „Alarm für Cobra 11“-Niveau, das ist Luc Bessons „Action made in Europe“. Ich mag die Filme trotzdem, wegen der Schauplätze (Südfrankreich!) und der Schauspieler. Der ehemalige Kunstturmspringer(!) Statham macht sich gut als grimmer Actionheld, und die weiblichen Hauptrollen sind auch nicht aus der Beliebigkeitsmaschine gefallen.

Taxi 1-5 [1998, 2000, 2003, 2007, 2018, BluRay]
Daniel weiß alles über Autos und wäre gerne Rennfahrer, seiner Maman zu liebe ist er aber Taxifahrer in Marseille. Immerhin hat er es sich nicht nehmen lassen, sein Taxi zum Rennwagen zu pimpen. Aufgrund seiner Skills muss er aber immer wieder dem Polizisten Emilien helfen. Der ist zwar clever, kann aber gar nicht Autofahren.

Ach ja, das waren unschuldige Zeiten, in denen dieser harmlose Frankreich-Spaß entstanden ist. „Taxi“ ist wieder mal Luc Besson, der eine seiner zwei Storyideen (Mann fährt Dinge von A nach B ODER knochiges Model wird Geheimagentin) verwurstet. Wieder mal gibt es Cobra-11-Niveau und hahnebüchenen Storyunsinn mit albernen Gags („Ninja!“ -„Dingsda!“).

Aber: Es gibt auch wieder coole und liebenswerte Charaktere und gute Schauspieler (Samy Naceri! Emma Sjöberg! Marion Cotillard!). Heimliche Hauptdarsteller sind das Taxi und die Stadt Marseille. Die Filme sind auch nach 25 Jahren noch kurzweilig und unterhaltsam, ohne peinlicher zu sein als damals, und das ist mehr, als man über viele Filme aus der Zeit sagen kann.

Ausnahme ist der 5. Teil, das Reboot von 2018 ist so schlecht, das es körperlich weh tut. Von der alten Besetzung ist nur noch das Taxi und Marseille übrig, statt Charme gibt es hier Pipikaka-Humor garniert mit Bodyshaming, Rassismus und Mobbing. Das ist nicht lustig, kommt aber dabei raus, wenn man ein Vin Diesel-Lookalike das Drehbuch schreiben, Regie führen und die Hauptrolle spielen lässt. Das wirkt in Summe, als hätte man den lieblosen Quatsch nur gemacht, um die Namensrechte nicht zu verlieren.


Spielen:

Stray [2022, PS5]
Eine kleine Katze fällt bei einem Streifzug durch eine menschenleere Welt in ein Rohr und findet sich unversehens in einer unterirdischen Stadt wieder. Die wird von Robotern bewohnt, die menschliche Verhaltensweisen imitieren, und das das anscheinend schon seit Jahrhunderten. Die Katze versucht wieder aus der Stadt herauszukommen, und schließt dabei Freundschaft mit einigen der Maschinenwesen und einer kleinen KI, die auf der Suche nach ihren Erinnungen ist.

Ach, das ist nett. „Stray“ ist kein „Spiel mit Katze“, sondern ein echtes Katzenspiel. Will meinen: Hier hat man nicht einfach bloß einen Katzen-Avatar in ein beliebiges Spiel gesteckt, sondern wirklich die Welt und das Gameplay rund um eine Katze und ihre Fähigkeiten designt. Zumindest zum größten Teil, einige Elemente, wie das Inventar, werden mit SciFi wegerklärt, aber ansonsten ist hier alles sehr katzig. Es gibt eine Taste zum Miauen, man kann sich auf Personen und Kissen zusammenrollen und einschlafen, sich in Kartons verstecken, Gegenstände von Tischplatten pföteln oder die Krallen an Türen und Sofas wetzen.

Die Animationen sind super, und auch wenn Entdeckung oder Rätseln hier nicht an erster Stelle stehen und alles recht linear ist, macht es Spaß, als Katze durch die Gegend zu stromern. Die Grafik ist hübsch, und sehr cool ist das haptische Feedback. Keine Ahnung wie das genau gemacht wird, aber die Zurg, kleine, sind mit ihren wuseligen, weichen Eigenschaften im Controller spürbar.

Das gameplaytechnisch alles sehr simpel gehalten ist, macht dabei nicht viel aus, denn das Spiel ist mit rund 6 Stunden zu kurz, um repetitiv oder nervig zu werden.

A Plague Tale: Requiem [2022, PS5]
Mittelalter: Pestratten überfallen ganze Städte und scheinen dabei einem kleinen Jungen zu folgen, der schwarze Male am Körper trägt. Seine 14jährige Schwester Amicia versucht ihn schützen – vor den Ratten, der Inquisition und einem seltsamen Geheimorden, und ein Heilmittel für die Male zu finden. Die beiden fliehen nach Südfrankreich. In Arles scheint die Welt noch in Ordnung, aber das bleibt leider nicht so.

Ich mochte den ersten Teil, das 2019 erschienene „A Plague Tale: Innocence“, sehr – das war sogar mein Spiel des Jahres. Die Geschichte um Amicia, die erst langsam ihren entfremdeten, kleinen Bruder kennenlernt und ihn schließlich beschützt, war gut geschrieben und schön umgesetzt – zumal für eine Double-A-Produktion, die damals das erste, eigenständige Werk eines französischen Studios war, das vorher quasi niemand kannte.

Den Vorgänger sollte man auch zwingend gespielt haben, denn „Requiem“ setzt die Geschichte der Geschwister nahtlos fort, ohne viel zu erklären. Das ist schade, denn der Einstieg ist zwar rasant, das erste Drittel des Spiels dann aber doch etwas träge und nur eine Variation der aus „Innocence“ bekannten Themen und Mechaniken. In Schleichpassagen gilt es, Soldaten aus dem Weg zu gehen, während Unmengen von bissigen Ratten für Rätseleinlagen herhalten müssen. Das ist manchmal etwas langatmig und hätte m.E. ohne Verlust stark gekürzt werden können.

Erst ab der Hälfte der rund 18 Stunden Spielzeit gibt es neue Elemente und signifikante Charakterentwicklungen, und dann dreht auch die Geschichte auf und wird spannend und gut und ebenso rührend wie brutal – manche Rezensionen vergleichen „Requiem“ mit „The Last of Us, Part II“ und dem „Tomb Raider“-Reboot.

Das ist natürlich im Detail Quatsch, aber ich kann verstehen, wie man zu dem Vergleich kommt. Alle Spiele haben weibliche Hauptfiguren, die keine Power-Fantasy ausagieren, sondern durch ihre (erkennbar falschen) Entscheidungen in großes Leid gezwungen werden und dadurch eine Charakterentwicklung durchmachen. Zudem sind Tonalität und emotionale Investition bei allen Spielen ähnlich.

Abseits davon hat mich immer wieder die Grafik erstaunt. Egal ob die Klippen der Mittelmeerküste, das belebte Arles oder eine bunte Mittelmeerküste – alles ist wunderschön in Szene gesetzt, die mit Photogrammetrie erstellten Texturen sehen fantastisch aus, und die Details und die Beleuchtung sowie die Effekte in der proprietären Engine kommen fast auf das Niveau des Decima-Frameworks von „Horizon“. Noch besser wird es in den Zwischensequenzen, die einfach nur fantastisch inszeniert sind und noch besser aussehen.

Lediglich während der Gamepassagen sind die Gesichter der Figuren sind unbeweglich und tot. Dafür gibt es mehr Ratten: Waren im Vorgänger bis zu 50.000 Viecher gleichzeitig am Start, fluten nun regelrechte Tsunamis aus angeblich bis zu 300.000 Rattenleibern die Sets, mit ganz eigener Physik und Dynamik. Auch wenn diese Massenszenen auf der PS5 manchmal zu Framerateinbrüchen führen, ist das ebenso faszinierend wie widerlich anzusehen.

Apropos PS5: Auch „Requiem“ nutzt das haptische Feedback des Dualsense Controllers. Man spürt Anstrengungen der Protagonisten – und die Ratten. Das ist schon sehr eklig. Aber Cool. Aber eklig.

In der Summe ein sehr gutes Spiel und das beste Action-Adventure, das ich in diesem Jahr bislang gespielt habe. Offen bleibt lediglich die Frage, warum Amicia jetzt plötzlich wie Natalie Portmann aussieht, aber meine Güte, es gibt sehr viel Schlimmeres.


Machen:

Tour mit der Barocca, um den Sommer verlängern. Spart Heizkosten.


Neues Spielzeug:

Auto und Motorrad in der Werkstatt, da bleibt kein Geld für Spielzeug 😦


Ding des Monats:

Ein TP-Link TL-WR902AC750 Nano-Router. Die Streichholzschachtelgroße Kiste ist Router, Accesspoint und Client für WLAN. Hängt jetzt am LAN-Port des neue Rechners, der nur begrenzt mit WLAN-Stricks arbeiten wollte.


Archiv Momentaufnahmen ab 2008

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