Herr Silencer im März 2023
Wann ist dieser Winter ENDLICH vorbei?!
Wetter: Bis Mitte des Monats durchwachsen kalt und bedeckt, dann noch einmal Wintereinbruch: Schnee und Eis kehren für Tage zurück. Ein paar Mal scheint die Sonne, und dann hüpfen die Temperaturen auch in den zweistelligen Bereich, aber meist bleibt es grau und irgendwo zwischen Gefrierpunkt und 8 Grad. Auch die Natur bleibt im Tiefschlaf, der Frühling kommt lange nicht voran. Zwischendurch hüpfen die Temperaturen kurz hoch, am Monatsende gibt es aber wieder Schneeregen und Null Grad und alles alles ist bäh.
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Twin Peaks, Season 3 [2017, DVD]
„In 25 Jahren können sie mich wieder sprechen“, sagte Laura Palmer 1992 zu Agent Dale Cooper. Der kam nie mehr aus dem Roten Raum heraus. Wer stattdessen nach Twin Peaks zurückkehrte war Bob, der Killergeist, der in Coopers Körper steckte.
25 Jahre später geschehen in den ganzen USA grauenvolle Morde. FBI-Direktor David Lynch stochert in den Fällen herum und stellt fest: Die Spur führt zurück nach Twin Peaks.
Cooler Move, wirklich 25 Echtzeit-Jahre später eine DER Serien der 90er fortzusetzen. Twin Peaks war damals ein Fernsehereignis, das man so noch nicht gesehen hatte. Die Frage, wer Laura Palmer tötete, spielte am Ende fast keine Rolle mehr. Die Serie lebte von bizarren Charakteren, fantastischen Bildern, surrealen Szenen und der hypnotischen Musik. „Twin Peaks“ brach 1990 und 1992 alle Sehgewohnheiten und gilt als eine der einflussreichsten Serien aller Zeiten. Sowas lässt sich nicht wiederholen, deshalb bietet Twin Peaks in der 2017er Fassung nicht „more of the same“, sondern viel, viel Neues mit den bekannten Darstellern.
Dazu gehören grausame Verstümmelungen und blutige Morde genauso wie geradezu psychedelische Folgen, die quasi ab Minuten eins Kunst aus allen Poren strömen, aber sich konventionellen Sehgewohnheiten verschließen.
Ich habe mit solchem Artsy-Fartsy-Kram normalerweise nicht mehr viel Geduld und mache das aus, weil ich es nicht ertrage. Aber hier ist das Surreale so irre inszeniert und ergibt im Rahmen der Handlung so unbedingt Sinn, dass ich richtig viel Freude daran hatte und alle Folgen am Stück weggebinged habe (während ich nebenbei Persona spielte, dazu unten mehr). Selbst Folge 8, die ein für sich stehender Fiebertraum ist, hat mich in ihren Sog gezogen.
Lediglich das Ende der Serie ist beim ersten Schauen enttäuschend und vermittelt etwas wirr die Botschaft „Das Böse gewinnt immer, aber das Gute gibt niemals auf“. Das steht aber wiederum im Einklang mit dem Mantra „Das Gute stirbt oder wird getötet“ aus Staffel 1 und der Sekundärliteratur („Das geheime Tagebuch der Laura Palmer“).
Aber bis zu diesem seltsamen Ende kann man 17 1/2 Episoden Twin Peaks genießen, mit fast allen (gut gealterten!) Darstellern von damals, einem interessanten Plot und einer Fortsetzung, die sich einer eindeutigen Auslegung entzieht.
Triangle of Sadness [2022, Bluray]
Eine Hyper-Luxus-Yachtreise für Superreiche und Influencer: Man schwelgt in Dekadenz und Instagram-Kulissen, lässt sich die Wünsche von den Augen ablesen und lebt seine Kinks aus. Dann kommt es zu einem Unfall, die Yacht sinkt und die wenigen Überlebenden retten sich auf eine einsame Insel. Dort stellen sie fest, das Influencer-Skills nicht zum Überleben taugen, und die einzig fähige Person – eine Putzfrau – zettelt ein Herr der Fliegen-Szenario an.
Wenn man die Beschreibung so liest, kann das eigentlich nur ein geiler Film sein, oder? Gesellschaftskritik! Verlogene Influencerbande wird vorgeführt! Superreiche finden sich plötzlich ganz unten wieder! Eat the Rich!!
Tja, dachte ich auch, und habe die BluRay blind gekauft – und mich selten so darüber geärgert, dass ich Geld zum Fenster rausgeworfen habe! Seine tollen Ideen verkackt Regisseur Ruben Östland hier auf jedem Meter. Der Film ist mit seiner Laufzeit von 150 Minuten mindestens eine Stunde zu lang und von vorne bis hinten angefüllt mit langweiligem Quark.
Eeeeeeewig lang darf man sich erst unzusammenhängende Szenen aus dem Alltag von Models angucken, die eine schlechte Zoolander-Parodie sein könnten. Dann guckt man stundenlang einem völlig belanglosen Influencer-Pärchen dabei zu, wie es sich gegenseitig anödet, bevor es endlich auf die Yacht geht.
Auf der springen erstaunlicherweise Iris Berben und Sunnyi Melles herum, haben da aber auch nicht wirklich was zu tun. Und wenn das Boot der Reichen endlich, nach drei Vierteln der Laufzeit, untergeht, beginnt mitnichten ein „Eat the Rich“-Szenario, sondern nun dümpelt der Film halt an einem Strand statt auf einer Yacht herum. Statt bitterböse und pointiert geht es hier belanglos und verschwurbelt zu, nichts ist relevant, keine Figur hat einen Charakter.
Das tut beim Ansehen umso mehr weh, weil das Ding wirklich Potential gehabt hätte. Aber das wird links und rechts eimerweise liegengelassen, und das angeklebte, offene Ende ist erkennbar nur drangestückelt worden, damit der Streifen sich als „Kunst“ rausreden und um eine Aussage drücken kann.
Das muss der Regisseur vielleicht noch lernen: Gute Kunst hat eine Aussage und eine Haltung und ergeht sich nicht in Beliebigkeit. „Triangle“ ist weder lustig noch bissig oder kritisch oder gar dramatisch – er ist belanglose Zeitverschwendung.
The Woman King [2022, Amazon Video]
Westafrika, 1823: Die Elitegruppe der Agojie verteidigt das Königreich Dahome. Das Besondere: Alle Mitglieder sind weiblich. Ihre Anführerin will den Sklavenhändlern Einhalt gebieten, die ganze Dörfer überfallen und die Einwohner verschleppen. Sie träumt davon, dass es eines Tages eine weibliche Königin in Dahome geben wird – eine Woman King.
Vergesst „Black Panther“! „The Woman King“ frisst den Marvel-Flick zum Frühstück. Die „Dora Milaje“-Kriegerinnen aus dem fiktiven Wakanda? Deren Vorlage waren die Agojie, die es wirklich gab.
„Woman King“ haut in der Tat richtig rein, sowohl emotional als auch was die Action angeht.
Das liegt vor allem an dem unglaublichen Cast: Viola Davis (Amanda Waller aus „Suicide Squad“) als Generalin beherrscht jede Szene, in der sie auftritt, und strahlt gleichzeitig Kraft wie Einsamkeit aus. Ihr zur Seite stehen starke Frauen wie Lashana Lynch (007 aus „No time to Die“), Adrienne Warren („Tina Turner“) oder Sheila Atim, die beeindruckend spielt. Das liegt aber auch daran, wie die Szenen gefilmt sind, insbesondere während der Kämpfe. Hier gibt es kein CGI-verseuchtes Kameragewackel mit 12 Schnitten in drei Sekunden, hier hält die Kamera drauf und zeigt beeindruckende Kampfchoreografien, in denen erkennbar viel Arbeit steckt und die häufig erstaunlich blutig und grausam sind.
Die Geschichte selbst hat leider einige Stellen, an der sie sehr rührselig wird – wenn die toughe Generalin etwa davon träumt, das ihr Volk zukünftig ausschließlich von der Herstellung von Palmöl lebt und von der Idee binnen zwei Sekunden den amtierenden König überzeugt, oder wenn sie in einer Auszubildenden ihre Tochter zu erkennen glaubt. So einen Rosamunde-Pilcher-Quark hat der Film eigentlich nicht nötig, und Szenen wie diese brechen die Suspension of Disbelief.
Das ist besonders schade, weil es die dringend braucht, denn so romantisch die Story um die schwarzen Kriegerinnen auch sein mag: Sie ist nicht vollständig wahr. Zwar gab es wirklich ein Frauenregiment in Dahome, dem heutigen Benin, aber die Geschichte des Films ist frei erfunden. Das spielt aber keine Rolle, denn „Woman King“ funktioniert als Action-Film und Historien-Drama, fesselt in nahezu jeder Szene und ist ein wirklich beeindruckender Film.
Spielen:
Ori and the Blind Forest [2015, Switch]
Ori ist ein kleiner Baumgeist, der kurz nach seiner Geburt in einem Sturm verschütt geht. Ohne ihn stirbt der Wald, und er muss irgendwie wieder nach Hause zu seinem Mutterbaum.
Hüpfspiel. Wunderschöne Grafik, knuffig inszeniert, tolle Musik. Leider ist es aber SO SCHEISSEND SCHWER, dass ich nicht über die zweite Map hinausgekommen bin.
Der kleine Waldgeist hält nämlich zu Beginn nichts aus und stirbt sogar nach der Berührung einer Heckenrose. Dazu kommt: Ori steuert wie ein besoffener Seemann. Dank Sprungkurven und Beschleunigungsverhalten waren die superkniffligen Sprungpassagen, mit denen das Spiel ab Minute eins aufwartet, so frustrierend, dass ich es nach dem 124. Versuch eine bestimmte Stelle zu überwinden wutentbrannt gelöscht habe. Ein superputziges Spiel, was mich zu Wutausbrüchen gebracht hat.
Persona 3 Portable [2006, 2023, Switch]
Jede Nacht, Punkt Mitternacht, beginnt die dunkle Stunde. Die verbirgt sich in der Lücke zwischen zwei Sekunden, zwischen 00:00:00 und 00:00:01. Die wenigsten Menschen nehmen sie wahr, aber einige Auserwählte erleben die dunkle Stunde bei vollem Bewusstsein. Was sie dort sehen, ist ein Albtraum: Schattenwesen wandeln auf der Erde und rauben Menschen die Seele. Zentrum dieses Schattenreichs ist ein bizarrer Turm, der hunderte Stockwerke in den Nachthimmel wächst. Eine Gruppe Schüler:innen macht sich auf, den Turm zu erklimmen und vielleicht die Schatten zu besiegen. Sie finden: Den Tod.
Alter Schwede, das ist ja FINSTER. Ich bin über „Persona 5“ von 2016 zu der Reihe gekommen, das war stylisch und deep. Dann habe ich „Persona 4“ auf der PS Vita nachgeholt, das wirkte fröhlich und poppig, hatte aber als Kern eine Gruselgeschichte mit Serienmörder-Setting. Das ist aber alles nichts gegen den finsteren Shit von Persona 3!
Das beginnt damit, das die Jugendlichen, um ihre „Persona“ genannten Kampfkräfte zu aktivieren, symbolisch Suizid begehen müssen, indem sie sich eine Pistole an den Kopf halten und abdrücken.
Das geht weiter über die Darstellung der „dunklen Stunde“, während der alle normalen Menschen zu Särgen werden und endet mit der Feststellung, dass uns allen der Tod innewohnt, und der unausweichlich ist.
Der Tod selbst tritt sogar auf und stellt uns vor eine Wahl: Nach zwei Dritteln der Spielzeit bietet er an, sich zu ergeben. Das Spiel meint es damit sogar ernst, wer die Option wählt, springt sofort und kampflos zum Abspann – erlebt aber so natürlich nicht das „wahre“ Ende. Das eröffnet sich erst nach zähen 80 bis 90 Stunden, und das New game Plus-Intro ist gleich nochmal finsterer. Jede düstere Teenagerfantasie wird hier bildhaft umgesetzt. „Memento Mori“, sei Dir deiner Sterblichkeit bewusst.
Sich um die komplette Spielzeit zu bringen wäre schade, denn der serientypische Mix aus Schulalltag, Freizeitaktivitäten und rundenbasierten Kämpfen funktioniert hier schon fast genauso gut wie in den späteren Spielen. Die Betonung liegt aber auf fast, denn in P3 sind die Charaktere noch schlecht ausgearbeitet, die Social Links öde, und das Pacing und Balancing hat man in späteren Serienteilen viel besser hinbekommen.
So habe ich nervig viel Zeit damit verbracht, im dunklen Turm Erfahrungspunkte zu grinden und immer den gleichen Monstern auf´s Dach zu hauen. Viel Abwechselung gibt es da nach hinten raus nicht, die 264(!) Stockwerke des Turms sind zufallsgeneriert und die Monster in jedem Abschnitt immer die gleichen.
Der Grind ist aber nötig, weil man sonst gegen die alle zehn Stockwerke auftauchenden Zwischenbosse oder die alle 30 Tage auftauchenden Storybosse keine Chance hat. Unschön und kompliziert auch das Verschmelzungssystem, bei dem man aus gefangenen Monstern neue erschafft, die dann für einen kämpfen. Das ist in P3P überkomplex und funktioniert schlecht, weil eigentlich optional scheinende Quests nötig sind, um die stärksten Viecher zu bauen – so habe ich Stunden damit verbracht einen starken Charakter zu schmieden, nur um kurz vor Ende zu merken, dass ich am Anfang des Spiels einen Besen oder so hätte finden müssen. Das ist Quatsch und frustrierend.
Nicht berauschend ist auch die Präsentation. Auf der Switch gibt es lediglich Persona 3 Portable, das seine Herkunft vom Nintendo DS nicht verhehlen kann. Diese Version des Spiels ist zwar balancierter und fairer als die UR-Version auf der PS2 und bietet zwei wählbare Protagonisten, es gibt weder 3D-Oberwelten noch Zwischensequenzen, und die Geschichte und Dialoge werdem nur über immer gleiche Standbilder erzählt. Ist aber Wurst, wer Bewegtbild möchte, guckt sich einfach „Persona 3 – The Anime“ auf Netflix an, da gibt es die ganze Story in drei 90-Minuten-Filmen. Die sind übrigens auch düsterer Shit, mehr Emo und Goth geht kaum.
Ich hatte in den vergangenen Monaten auf jeden Fall viel und seeeeehr lange Spaß (93 Stunden) an Persona 3, das sich auf der Switch auch schön zwischendurch spielen lässt. Notiz an mich selbst: Das optimale Team sind MC als Damagedealer, Akihiko und Aigis als Support für Buffs/Debuffs und Yukari als Heilerin. Für Endgegner sollte man ein Level um die 82 haben.
Machen:
– TÜV für die Moppeds.
– Sache mit Vaddern regeln
– Probefahrt mit einem anderen Auto. Resultat: Das kleine Gelbe quittiert spontan den Dienst.
Neues Spielzeug:
– Pflanzen! Echter Jasmin, ein Erdbeerbaum, Honigbeeren, Feigen, Kiwi, japanische Maulbeere und eine Passionsblume.
Ding des Monats:
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