Neulich erst war das Kleine Gelbe AutoTM in der Werkstatt, weil der Anlasser nicht mehr wollte und keinen Ton mehr von sich gab. Dann bekam es ratzfatz einen neuen, der drehte freudig, und die Kiste sprang an wie eine junge Göttin.
Für meinen Geschmack drehte der Anlasser sogar zu schnell, auf jeden Fall schneller als der alte zu seinen besten Zeiten, aber egal – alles war gut.
Bis ich dann gestern zur Arbeit fuhr und unterwegs schon dachte: Seltsam, die Lüftung ist aber laut. Vor lauter Konzentration auf den Stadtverkehr hatte ich keine Zeit den Gedanken zu vertiefen. An der Firma angekommen parkte ich und stellte die Zündung aus – und hörte sofort, das unter der Haube etwas weiterlief. Aber nicht die Lüftung. Erster Gedanke: „Shit, das ist der Kühlerlüfter. Warum läuft der? Thermostat kaputt oder Kühler selbst defekt?“
Ausgestiegen, Haube auf. Beißender Rauch von verbrannten Kunststoff schlug mir entgegen. Verdammt, wo kam der denn her? Kühler? Nein, da war alles OK, und es war auch nicht der Kühlerlüfter, der da noch lief. Was da vor sich hinrödelte, tief im Inneren des Motors, das war der Anlasser! Der orgelte verbissen und war dadurch schon heiß gelaufen und hatte begonnen zu qualmen.
Meine Gedanken rasten… „Zündung ist aus, das Ding läuft weiter… Was machen?“ Natürlich: Batterie ab. Aber dafür braucht man einen kleinen Maulschlüssel, und ich habe keinen Werkzeugkasten mehr im Auto. Aber vielleicht kann man die Kabel auch so abziehen? Mit behandschuhten Fingern versuchte ich die Kabel von den Polen der Battrie nach oben abzuziehen. Ging natürlich nicht. Hatte die Werkstatt bei Batterietausch im vergangenen Herbst richtig fest angezogen. Nochmal ohne Handschuhe. Auch kein Effekt, außer zerkratzten Fingern.
Mittlerweile qualmte der Anlasser richtig heftig und auch das Zuleitungskabel schmorte, alles stank nach verbranntem Kunststoff. Ich setzte mich wieder in den Wagen und drehte den Zündschlüssel kurz auf Start und wieder zurück, in der Hoffnung, dass ein eventuell hängengebliebener Magnetschalter dadurch vielleicht doch noch schaltete, aber da passierte nichts.
In der Firma haben wir auch keine Maulschlüssel, wozu auch, aber irgendwo liegt ein Multitool mit einer Zange herum. Ich rannte hinüber zum Firmengebäude, flitzte die Treppe hoch, riss den Ausrüstungsschrank auf, klaubte das Werkzeug auf und rannte zurück. Im Laufen griff ich mir noch einen Feuerlöscher, dann im Schweinsgalopp zurück zum Auto, das rödelnd und qualmend auf dem Parkplatz stand.
So, Zange ausgeklappt, aha, hier ist die Mutter vom Batteriepol, und… SCHEISSE! Die kleine Zange rutschte an der rundgelutschten Mutter ab. Keine Chance, die damit abzubekommen. Ich versuchte das Ding als Hebel anzusetzen und eines der Batteriekabel abzuhebeln. Keine Chance, die bewegten sich keinen Milimeter. KACKE!
Was für eine Situation! Da läuft eine Maschine und läuft und läuft und zerlegt sich selbst und man kann NICHTS dagegen tun. Albtraumhaft, und wenn mir nicht bald etwas einfiele, dann könnte ich nur noch daneben stehen und traurig dabei zugucken, wie der Wagen abfackelt.
Auf der Batterie saßen drei dicke Sicherungen, die zog ich nun raus. Kein Effekt, der Anlasser lief einfach weiter. Es hörte einfach nicht auf. WIESO WAR DIESES VERDAMMTE SCHEISSDING NICHT TOT ZU KRIEGEN???
Was nun? Die Batteriekabel durchsägen? Aber mit was? Hat das Multitool eine Säge?
Ich riss den Kofferraum auf. Vielleicht lag hier durch Zufall noch was brauchbares rum?
Ich wusste natürlich, dass das nicht der Fall war. Der Kofferraum ist leer und ordentlich, außer Verbandszeug und Warndreieck und einem Feuerlöscher ist da nichts drin. Na gut, unter der Bodenmatte liegen noch ein Bolzenschneider und ein Brecheisen, aus Gründen. Vielleicht ließe sich ja der Bolzenschneider nutzen, um ein Batteriekabel durchzuschneiden? Ha, ich hatte einen Plan Z!
Aber erstmal riss ich die Bodenverkleidung hoch. Darunter: Das Reserverad, der Wagenheber, aber kein Werkzeug. Ich wühlte das Abschleppseil und einen Lappen beiseite und dann sah ich es: In der Styroleinlage des Wagenhebers steckten zwei einsame Werkzeuge – ein Schraubendreher und… EIN ZEHNER MAULSCHLÜSSEL!!!
EXAKT das Werkzeug in der exakt der Größe, die ich gerade brauchte! In dem Moment kam es mir vor, als sei dieser Maulschlüssel von einer Halo umstrahlt, wie der heilige Gral.
Wie einst König Artus sein Excalibur aus dem Stein zog ich den Maulschlüssel aus dem Schaumstoff, sprang zur Motorhaube und schraubte den Minuspol der Batterie ab. Der Anlasser aus der Hölle erstarb mit einer letzten Drehung, dann war Ruhe. Endlich. Die Teufelsmaschine war tot.
Am Nachmittag kam der ADAC und stellte fest, das nicht Zündschloss oder Zuleitung defekt waren, sondern wirklich der neue AnlasseR. Den klemmte ADAC-Man ab, dann schoben Arbeitskollegen die gelbe Kiste kurz an und es ging es aus eigener Kraft und mit dem ständigen Gedanken „Jetzt die Kiste bloß nicht abwürgen!“ in die Werkstatt. Dort entschuldigte man sich wortreich, wobei die Werkstatt halt nichts für ein defektes Original-Neuteil kann.
Zwei Stunden später war der neue Anlasser drin, das Kleine Gelbe AutoTM läuft wieder. Jetzt lausche ich allerdings immer mißtrauisch, ob der Starter auch wieder ausgeht, wenn ich den Wagen anlasse. Und den heiligen zehner Schlüssel, den habe ich jetzt immer in der Mittelablage liegen.
Jo, das hätte abfackeln können. Schwein gehabt! Beim nächsten Mal: Schlag auf den Magnetschalter, der hat gehangen und das Ritzel nach dem Anlassvorgang nicht wieder ausgerückt. Hilft – meistens jedenfalls. Aber Du hast ja top reagiert – Chapeau!
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Adrenalin und Frühsport am Morgen, läuft bei dir 😂
Tipp: leg den Maulschlüssel dahin zurück, wo du ihn gefunden hast. Der Platz wurde nicht umsonst so gestaltet. Mittelkonsole & Co. sind Paten des Bermudadreiecks 😜
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Marcus: Prinzipiell richtig. Allerdings geht von Zeit zu Zeit der Kofferraum nicht auf – und das wäre dann richtig ungünstig 🤓
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Ja, nee, Bolzenschneider und Brecheisen im Kofferaum … was man da halt so liegen hat ;-))) Ich krach mich weg! Aber, es ist ja noch mal gut gegangen.
Beste Grüße
Falk
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Zum späteren Zeitpunkt hätte der Anlasser fast für eine Warmsanierung gesorgt.
Ist es sinnvoll, Baseballkeule und Wurfsterne in den Kofferraum zu legen? Könnte ja sein, daß sowas gegen Verklebung der Street u.a. notwendig wird.
Tja, die Einen helfen sich mit der Brechstange, die Anderen mit adäquatem Material, das „Man“ zur Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit mit sich führt.
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Falk: Hehe, ja – seit ich mal eine halbe Nacht von einer rachsüchtigen Hausmeisterin auf einem Parkplatz eingesperrt war, mir dadurch eine fette Erkältung geholt habe und dann einen Teil des Japanurlaubs mit Fieber im Bett verbracht habe, führe ich Werkzeuge zur Notbefreiung mit o_0
Ali: „Warmsanierung“ wäre es ja nur, wenn dann eine Versicherung die Sanierung auch zahlt. Das wäre hier eher warmer Abriss gewesen… Ansonsten: Du kennst mich. Ich bin kein Boomer, meine Sympathien liegen bei den Aktivisten. Ich würde mich eher dazukleben als gegen die vorzugehen.
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_“meine Sympathien liegen bei den Aktivisten. Ich würde mich eher dazukleben als gegen die vorzugehen.“_
Wenn es was bewirken würde, sicherlich sinnvoll, aber so? Eher nicht. Mich würde mal interessieren, warum die Aktivisten sich nicht gegen die wahren Umweltsünder wenden, wie China, Indien. In China werden gerade 150 neue Kohlebergwerke zur Verstromung aufgefahren. Klebt sich da jemand auf die Strasse – – neee, natürlich nicht. Warum wohl?
Ach, ich höre lieber auf, sonst rege ich mich nur auf. Ich arbeite bei der Energiewende und muss täglich den Widerstand in der Bevölkerung erleben, die das nicht will. Ich würde mir wünschen, dass die sogenannten Aktivisten sich mal dafür einsetzen würden, mehr Zustimmung in der Bevölkerung zu erwirken. Stattdessen eine Bürgerinitiative nach der anderen gegen die Energiewende… Wir haben täglich mit dem Widerstand selbst in den Behörden zu kämpfen.
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Zweifellos, aber whataboutism hilft halt nicht. Ich denke auch, das die Kleber der Sache einen Bärendienst erweisen – dennoch könnte nichts auf der Welt mich dazu bringen gegen die handgreiflich zu werden, einfach weil ich die Verzweifelungvnachvollziehen kann.
Geil die Behörden hier in Götham: „Solaranlagen finde ich nichtmal gut. Wenn ich meine Tochter mit dem Auto von der Schule abhole, werde ich immer von einer geblendet“. Das sagt: ein Vertreter der unteren Naturschutzbehörde, und verhindert damit ein Solardach.
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