Momentaufnahme: April 2023

Herr Silencer im April 2023

Heute ist der 173. November 2022

Wetter: Anfang des Monats -3 bis +5 Grad und ein Mix aus Regen und Sonne, monatsmitte bedeckt und einstellig bis in den Minusbereich, in der vorletzten Monatswoche ein wenig Sonne und ein, zwei warme Tage, dann wieder Kälteeinbruch auf Abends 1 Grad.


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Kate [2022, Netflix]
Auftragsmörderin mit Arbeitsschwerpunkt Japan wird mit Polonium vergiftet. 24 Stunden bleiben ihr bestenfalls, und die will sie nutzen um ihre Mörder zu finden. Dafür metzelt sie sich durch die Unterwelt von Tokio, und schnell wird klar, dass sie es mit einer Yakuza-Fehde und einer Familiengeschichte zu tun hat.

Ich hatte nach dem Thema (AuftragskillerIN) und dem kurzen, nur aus einem Frauennamen bestehenden Titel schon fast befürchtet, hier nach „Nikita“, „Anna“ und „Lucy“ hier die nächste, in fünfjährlichem Abstand erscheinende Auflage von Luc Bessons Lieblingsquark zu sehen. Aber nein, weiter könnte man von den peinlichen Euro-Trash-Geschichten nicht entfernt sein: „Kate“ ist eine Mischung aus 20 Prozent „Bullett Train“, 20 Prozent „Crank“ und 40 Prozent „John Wick“, der Rest ist eigenständig.

An „Bullet Train“ erinnert Japan als exotische Kulisse sowie die gut ausgearbeiteten Charaktere, „Crank“ steuert die Situation des Hauptcharakters bei, die sich ständig mit Drogen aufputschen muss, um nicht ins Koma abzugleiten, und aus „John Wick“ stamm die DNA der Assassinen-Gilde und die handfeste Action.

Was Mary Elizabeth Winstead (John McClanes Tochter aus „Die Hard 4“) als todgeweihte Killerin hier abliefert, ist mehr als erstaunlich – schauspielerisch, aber auch was die Action angeht. Die Frau teilt so brutal aus und steckt noch brutaler ein, dass man teils nicht hingucken mag. Zwischen den wirklich sehr guten Actionpieces gibt es dazu eine überraschende Geschichte und Figuren, die meist nicht so schwarz-weiß sind, wie es zuerst scheint.

Sehr gelungener Actionstreifen – wer die Referenzen mag, wird hier exzellent unterhalten.

Titanic [1997, BluRay]
Leo und Kate und am Ende geht das Schiff unter.

Habe ich schon 25 Jahre nicht mehr gesehen, den Streifen. Und ich muss sagen: Er beeindruckt noch heute, obwohl er erkennbar ein Produkt der 90er ist. Das Storytelling und die Figuren sind meisterhaft ausgearbeitet, das ist wirklich großes Schreibhandwerk.

Was mit die ganze Zeit durch den Kopf ging: Der Film konnte so wirklich nur Ende der 90er entstehen, als die Tricktechnisch reif genug war, aber noch nicht so weit, dass alles hätte aus dem Rechner kommen können. Würde „Titanic“ heute verfilmt, dann würden die Innenszenen in Stagecraft gedreht und die Außenaufnahmen wären reines CGI.

„Titanic“ ist aber einer der letzten Hollywood-Blockbuster, der mit einem un-fucking-fassbar gigantischem Aufwand in echten Stages und mit hunderten von Statisten gedreht wurde, und das sieht man. Das heißt nicht, dass der Film arm an Effektshots ist, im Gegenteil. Aber hier werden alle Trickregister gezogen, von Modell- und Greenscreenaufnahmen zu Matte-Bauten zu echten Stages zu Perspektivtricks wechselt sich hier alles schnell ab, dass man selten auf Anhieb weiß, wie James Cameron das jetzt gerade wieder gemacht hat. Ausgerechnet einige der CGI-Shots sind es, die den Test der Zeit nicht mehr bestehen – wenn die Kamera über die (real nachgebaute) Titanic fliegt und währenddessen auf ihr CGI-Menschen rumtapsen, sehen die nicht gut aus, und auch digitales Wasser ist in den letzten 25 Jahren wesentlich besser geworden.

Tut der Sache aber keinen Abbruch, wenn die Titanic im eisigen Wasser versinkt, dann hat man eine dreistündige Reise hinter sich, die heute auch ein Stück Filmgeschichte ist.

Mare of Easttown [2021, DVD]
Kate Winslet ist Mare, eine schlechtgelaunte Polizistin in einer Kleinstadt. Für den Frust hat sie 989 Gründe, und dann wird auch noch eine Teenager-Mutter tot aufgefunden.

Besticht durch fast fühlbare Dramatik, die aus zwischenmenschlicher Interaktion entspringt, toll ausgearbeitete Charaktere und eine fantastische Besetzung. Insbesondere Kate Winslet spielt hier auf Oscarniveau, aber auch die sonstigen und recht unbekannten Schauspieler sind klasse.

Die Geschichte ist wendungsreich, versumpft aber ab und an zwischendurch – dann wird das Pacing so erratisch, dass ich mich mehr als ein Mal gefragt habe, was das hier eigentlich wird. Familiendrama? Beziehungstragödie? Oder doch Krimi? War das gerade Twin-Peakesk, ein Schuß „Schweigen der Lämmer“ oder meinen die das anders? Am Ende wird die Mischung aber so abgebunden, dass sie sehenswert ist.

Ärgerlich: Offensichtlich möchte HBO/Sky Digitalabos verkaufen, die physischen Datenträger enthalten entweder keine deutsche Tonspur (BluRay) oder bieten ein völlig unscharfes und verwaschenes Bild (DVD) – Hände weg von diesen Versionen! Im Ernst, ich habe tatsächlich am Fokus meines Beamers gedreht, weil das Bild so unscharf ist – ist aber nicht besser geworden, liegt wirklich an der DVD. Man soll halt HBO abonnieren und nicht Serien als Disc kaufen, so die eindeutige Botschaft.


Banshees of Inishnerin [2022, Disney+]
Irland, 1923: Der Bürgerkrieg ist weit weg, auf dem irischen Festland. Auf der kleinen Insel Inisherin geht man seinem bescheidenen Leben nach, verdingt sich in der Landwirtschaft und fiedelt sich abends einen im Pub. Colin Ferrell und Brendan Gleeson (die beiden aus „Brügge sehen …und sterben?“) leben hier schon ihr ganzes Leben und sind dick befreundet. Bis zu dem Moment, in dem Brendan dem Colin sagt, das er das nicht mehr möchte und fortan jeder Kontakt eingestellt werden soll. Colin ist vor den Kopf gestoßen, aber Brendan meint es ernst, und er ist bereit einen hohen Preis dafür zu zahlen.

Freundschaften zerbrechen oder versanden, dass sie einseitig und eindeutig beendet werden, passiert eher selten. Die Geschichte der beiden Männer schlägt leider nach der interessanten Ausgangssituation – eine Seite entschlossen, die andere verletzt und verzweifelt – den dümmstmöglichen Weg ein. Es wird sehr schnell unnötig eklig, alle Figuren bleiben fremd und handeln völlig erratisch. Dementsprechend haben auch die Schauspieler wenig zu tun, Gleeson guckt die ganze Zeit muffig und Ferrell trägt seinen „ich bin dumm“-Gesichtsausdruck, der immer irgendwie aussieht als hätte er Verstopfung, und den man ihm halt auch nicht abnimmt.

Der Verleih vermarktet den Film als Komödie, aber lustig, das sei deutlich gesagt, ist hier nichts. Lustig will der Film nicht im Ansatz sein, was er stattdessen will, bleibt aber – genau wie die früheren Werke des Regisseurs, „Brügge sehen“ und „Three Billboards…“ nicht klar. Irgendwie fühlen sich alle Filme von Martin McDonagh so an, als würde irgend etwas fehlen – bei „Banshees“ ist es der Wille zu einer Aussage.

Was bleibt sind schöne Bilder von Irland, weil die Figuren fast während der ganzen Handlung durchs Grüne laufen. Immerhin.

Beef [2023 Netflix]
Handwerker will ausparken, wird dabei aber von einem SUV blockiert und dessen Fahrerin angehupt. Es brennen Sicherungen durch, es kommt zu Beschimpfungen. Aus dem Road Rage entwickelt sich eine handfeste Fehde, denn die beiden stellen sich nach, finden raus wo sie jeweils wohnen und lauern sich auf.

Klingt nach Geheimtipp, und die erste Folge fühlt sich auch so an – koreanische Darsteller:innen in den USA, Hass im Alltag – da hätte einiges draus werden können. Leider versandet das hier aber alles in ziellosen Familiendramen und bescheuerten Nebenhandlungen. Ist halt der Netflix-übliche Quark: Als Film wäre das toll gewesen, als Serie gibt es einen starken Anfang und dann Versumpft alles in Beliebigkeit, weil irgendwie noch sechs Folgen zu füllen sind. Das Ende ist immerhin memorabel, aber so abrupt und out-of-character, das es beliebig wirkt.


Spielen:

Resident Evil 4 Remake [2005, 2023, PS5]
Die Tochter des US-Präsidenten wurde entführt, in ein kleines Bergdorf in Spanien. Statt der Armee schickt der POTUS nur einen Mann los, der lediglich mit einer Pistole, einem Messer und einem Aktenkoffer bewaffnet ist. Damit muss er gegen Zombis, Werwölfe und Monster antreten.

Die Story von Resident Evil 4 ist anerkannt eine der dümmsten der Videospielgeschichte, das Game selbst aber ein wirklich gutes. In der Third-Person-Perspektive schleicht, kämpft und rätselt man sich hier durch spanisches Bergland. Das ist erstaunlich abwechselungsreich, neben Shooter- und Survivalpassagen gibt es im 2023er Remake sogar einen kleinen Open-World-Hub wie in den neueren „Uncharteds“, einen Hold-the-Ground-Standoff und, bäh, Bosskämpfe.

Alle Spielelemente werden aber nicht übertrieben häufig verwendet, hier nervt nichts durch überlange Wiederholungen. Auch schön: Für viele Bosse gibt es eine Abkürzung. Ich hatte arge Problem mit dem Bullet-Sponge von Endboss und hatte nach X Wiederholungen die Faxen richtig dicke. Zum Glück kann man beim Händler vor Beginn des Endkampfes sein Erspartes gegen einen Raketenwerfer eintauschen. Damit ein Schuß in die hässliche Fresse und zack, war die Qual vorbei.

Das Game ist kein Horror, nur manchmal ein wenig gruselig, meist aber vor allem: Spannend. Die Grafik ist sehr gut, die Engine ist die gleiche, die schon bei den neuen Teilen und Remakes der letzten Jahre verwendet wurde.
Sehr gutes Single-Player-Abenteuer, das für Liebhaber von Action-Adventures empfehlenswert ist.

Horizon: The Burning Shores [2023, PS5]
Maschinenjägerin Aloy erlangt Kenntnis davon, dass ein weiteres Far Zentih-Mitglied auf der Erde herumstrolcht. Der Mann war Billionär und hatte zu Zeiten der Zivilisation ein Raumfahrtunternehmen. Um die postapokalyptische Erde zu verlassen, reaktiviert er alte Maschinen und droht damit, die Westküste zu verseuchen. Aloy bricht auf, um den skrupellosen Mann in einem Inselarchipel zu stellen, das früher mal Los Angeles war.

Schöne Erweiterung des Hauptspiels, die direkt an das Ende der Handlung von „Forbidden West“ anschließt. Die Geschichte ist simpel, aber sorgfältig geschrieben und sehr gut inszeniert und bringt etwas, das „Horizon“-Spieler seit Teil eins fürchten: Das Wiedererwachen eines Horus, eine jener Maschinen, die einst die Welt verzehrten. Der Kampf gegen dieses Vieh ist wuchtig inszeniert und echt schwer, und auch ansonsten sind die brennenden Strände kein leichtes Gebiet.

Problematisch dabei: Der DLC kommt zu spät. Es werden nämlich sofort alle Skills verlangt, die man sich im Hauptspiel über rund 80 Stunden angeeignet hat – aber das ist ein Jahr her! Wer erinnert sich da noch daran, wie die ganzen Spezialsuperdupermoves gingen? Allein der Blicks ins Waffeninventar, in dem bei mir rund 40 Bögen, Speere, Handschuhe, Fallen usw. in bis zu fünf Ausbaustufen herumliegen, brachte mich fast zur Verzweiflung: Was war nochmal wofür gut?! Wie bedient man das? Waffenauswahl und Skilltree fand ich schon im Hauptspiel völlig überladen, und hier wird es nur noch schlimmer.

Storytechnisch wird deutlich, wie Protagonistin Aloy durch die Erlebnisse in „Forbidden West“charakterlich gewachsen ist. Sie lässt sich auf andere ein, und sogar eine schüchterne Romanze ist möglich. Wenn man das möchte, führt die sogar zu einem verschämten, gleichgeschlechtlichen Kuss.

Das Aloy auf Frauen steht, hätte man sich nach schon nach „Forbidden West“ denken können, führt aktuell aber bei kleinen, rechten INCELS zum Pflaumensturz. Die dummen Wichser unterstellen Sony „politische Indoktrination“ und „Aloy ruiniert zu haben“ um krampfhaft eine LGBT+-Agenda in jedem Spiel unterzubringen, mutmaßlich um das Volk schwul zu machen oder sowas. Die rechten Kulturspalter reviewbomben „Burning Shores“ gerade auf Metacritic ins Nirvana, und das hat der DLC nicht verdient.

Abseits dieses Unfugs sind die inhaltlichen Hürden zum Starten des DLC nicht ganz ohne. Man muss die Hauptstory von „Forbidden West“ komplett durchgespielt und den Speicherstand noch auf der Platte oder in der Cloud haben, und es braucht jetzt zwingend eine PS5. Es wird auch sehr schnell klar warum: Die „Burning Shores“ erreicht man nur fliegend, und die hyperdetailreiche Welt von Horizon ist eigentlich für begrenzte Sichtweiten und die langsame Bewegung zu Fuß gemacht. Aus der Luft ist das ganze so rechenintensiv, das selbst auf der Next-Gen-Konsole alle möglichen Objekte zu spät aufpoppen, XB1 oder PS4 hätten die Rechenlast nicht bewältigen können.

Spielt aber keine Rolle, die „Burning Shores“ sind eine gelungene Erweiterung von „Forbidden West“. Es macht Spaß, das versunkene LA zu erkunden, die Inszenierung ist toll, und auch wenn die Geschichte ohne bleibende Auswirkungen bleiben wird, ist sie unterhaltsam und lässt sich angenehm kurz (rund 16 Stunden) wegspielen.


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Kategorien: Momentaufnahme | 3 Kommentare

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3 Gedanken zu „Momentaufnahme: April 2023

  1. Mal eine Filmempfehlung von mir: „Keys to the heart“ (Südkorea, 2018), sieht aus wie ein nachgemachter „Rain Man“, ist aber aus meiner Sicht genial. Ich bin über Clips auf YouTube darauf aufmerksam geworden und fand die musikalische Darstellung interessant, obwohl ich Klassik nicht mag. Ist aber genial gespielt und hat mich fasziniert, weil der Hauptdarsteller für seine Darstellung eines Savanten mit Musikbegabung alle Musikstücke live spielt, obwohl er nicht Kalvier spielen kann. Er hat dafür sechs Monate täglich sechs Stunden nur diese für den Film notwendigen Stücke geübt.

    Den Film gibt es nur direkt aus aus Südekorea oder Hong Kong, wo ich ihn im Original mit Untertiteln bestellt habe.

    Gefällt 1 Person

  2. Danke für den Tip – das ist mal eine ungewöhnliche weise an einen Film zu kommen…

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  3. Bei Beef sind die Darsteller aber nicht nur koreanischer Abstammung, das trifft ja nur auf ‚Danny‘ zu. ‚Ami‘ hat chinesische Wurzeln. Aber ja, das hat eigentlich gut angefangen und wurde dann nur noch wild, leider.

    Ich hab noch nicht mal Forbidden West durch, da kommst Du hier schon mit Burning Shores, aber gut, hab ja auch (noch) keine PS5 🤪

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