Reisetagebuch (7): Banshees of Inisherin
Sommertour mit der Barocca durch Irland. Heute mit den zweitseltsamsten Lebewesen auf dem Planeten, einem Schiff aus Beton und einem unerwarteten Ende.
Samstag, 03. Juni 2023, Ye olde Castle B&B
Um kurz vor Acht betrete ich den Frühstücksraum des “Ye Olde Castle B&B”, und bin gleich erstmal amtlich geplättet.
Der Raum ist sonnendurchflutet und hat nach drei Seiten Fenster, die einen fantastischen Blick auf den Nordatlantik eröffnen. Wunderschön sieht das aus, und als Roisin vorbeirauscht und “Full Irish ´n´Coffee?” fragt, nicke ich nur abwesend, weil ich den Blick gar nicht vom Meer und den grünen Hügeln vor den Fenstern lösen kann.
Ich nehme Platz und genieße das Frühstück und die Aussicht. Das “Full Irish” besteht heute Morgen aus Kaffee und drei Sorten Saft, Toast und Marmelade, Scrambled Eggs, Würstchen, Speck, Bohnen, Pilzen, einer gebratenen Tomate, Black Pudding, White Pudding und einem Hash Brown. Nur für den Fall das noch einmal jemand fragt, warum ich Abends nicht unbedingt was zu essen brauche – das ist der Grund!
Bei so einer tollen Aussicht schmeckt das große Frühstück gleich nochmal besser.
Während ich schon dabei bin es mir richtig schmecken zu lassen, kommen nach und nach die anderen Gäste hereingeschlurft. Zwei junge Frauen, die es bei ihrer Ankunft gestern Abend fast geschafft haben, ihren Kleinstwagen nach einer Wendung-in-32-Zügen noch rückwärts von der Klippe zu fahren, und eine schlanke Frau Anfang 30 mit blonden Haaren, die zum Frühstück in Zeitlupe an einigen Weintrauben und einem Cracker herumnagt. Jeder wie er mag, denke ich und breche wenig später auf.
Die Barocca hat die Nacht vor dem baufälligen Burgturm, der wie ein verfaulter Zahn neben dem B&B aus der Landschaft steht, gut überstanden.
Ein letztes Mal versuche ich noch diesen absurd schönen Morgen in mich aufzusaugen, damit ich mich später an jedes Detail erinnere, dann mache mich auf den Weg.
Die Straße führt zunächst ein Stück an der an der Küste entlang, biegt dann aber schnell zwischen Hügel ab, um eine große Bucht zu umfahren. Ich bin nahezu allein auf der Straße unterwegs, es ist noch früh am Tag und das hier eine dünn besiedelte Gegend.
Erstmal tanken. Das habe ich gestern, bei diesem Rennen gegen die Zeit, nicht mehr geschafft, und mit 450 Kilometern auf der Uhr ist selbst der große Tank der V-Strom zu 90 Prozent leer. Ich nehme die erste Tankstelle, die am Wegesrand liegt. Die hat nur eine einzelne Zapfsäule.
Dann geht es weiter nach Norden. Berge erheben sich links und rechts der Straße, die sich an langen Seen entlangzieht. Mein Gott, was ist das für ein schöner Morgen!
Ein besonders schönes Tal liegt zwischen zwei Bergzügen, und auch hier gibt es einen See. Die Straße führt daran vorbei und eine Anhöhe hinauf.
Ich halte die V-Strom am Straßenrand und blicke zurück. Malerisch liegt der See in der Morgensonne.
Am Rand der Straße steht eine Art rostiger Galgen, mit einem gezackten Querbalken, der stilisierte Wellen darstellen soll. Das ist die Ausschilderung des “Wild Atlantic Coastways”, der sich von Cork aus um die Südküste und dann bis hoch nach Derry im Norden Irlands zieht. Diese Wegweiser für Touristen markieren besondere Orte auf der Route
Dieser Ort hier ist markiert, weil am Straßenrand ein Gedenkstein steht, das Doolough Memorial.
Doolough, so heißt das Tal hier, und der Gedenkstein erinnert an einen bitterkalten Tag im Jahr 1849. Das war während der großen Hungersnot, und im nahgelegenen Louisburgh sollte eine Inspektion durch das Poor Law Office erfolgen und zwei Beamte darüber entscheiden, ob die dortige Bevölkerung weiterhin Nothilfe bekommen sollte. Aus irgendwelchen Gründen fand die Begutachtung aber nicht statt. Stattdessen stiegen die Beamten in einem Hotel im 20 Kilometer entfernten Delphi ab und ließen ausrichten, dass die Bevölkerung gefälligst zu ihnen kommen solle, und wer am nächsten Morgen um Sieben Uhr nicht da sei, hätte kein Anrecht auf Hilfen.
So zog ein Treck aus 600 entkräfteten, halb verhungerten und in Lumpen gekleidete Menschen in die Nacht hinaus und schleppte sich in extrem schlechten Wetter durch das Doolough Tal. Von 20 Menschen ist bekannt, dass sie unterwegs an Entkräftung und der Kälte starben, die tatsächliche Anzahl der Toten muss aber höher gelegen haben.
Als die Überlebenden am Jagdhotel in Delphi ankamen, waren die Beamten gerade mit dem Mittagessen fertig und erhoben sich von der Tafel. Sie lehnten eine Begutachtung der verzweifelten Wanderer ab, weil die ja zu spät dran waren, und reisten ab.
Der Gedenkstein im Doolough-Tal, vor dem ich gerade stehe, trägt als Inschrift ein Zitat von Mahatma Ghandi: “How can men feel themselves honoured by the humiliation of their fellow beings?”, Wie können Menschen sich davon geehrt fühlen, dass sie ihresgleichen demütigen?
Ganz einfach: Menschen sind Arschlöcher, gönnen anderen nicht das schwarze unterm Fingernagel und nutzen jede Gelegenheit, andere zu quälen, wenn sie keine Konsequenzen für sich fürchten müssen. Das sage ich nicht einfach nur so, auch wenn jeder diese Schlussfolgerungen aus empirischer Beobachtung selbst herleiten kann. Ich sage das als Sozialwissenschaftler, dessen Disziplin das hinreichend wissenschaftlich bewiesen hat.
Ein Kleinbus hält, Touristen steigen aus, machen Bilder vom See und vom Gedenkstein, dann steigen sie wieder ein und fahren weg. Die Heckklappe des Busses ist noch offen, aber der Fahrer hört mein Rufen nicht, und an der nächsten Kurve poltert ein Koffer aus dem Kofferraum. Ich zucke mit den Schultern. Irgendwann, und vermutlich recht bald, werden die das sicher merken.
Ich steige auf´s Motorrad und fahre weiter, immer die Straße an der zerfrettelten Küste entlang. Zerfrettelt meint hier: Zerrissen, felsig, mit so vielen vorgelagerten Klippen und Felsen und Mini-Inseln, das keine klare Linie mehr zu erkennen ist.
Das Land sieht hier verdächtig nach Schottland aus, aber viel trockener, und das strahlend sonnige und warme Wetter will gar nicht recht dazu passen.
Wie schon gestern komme ich auch heute wieder an einigen Busch- und Waldbränden vorbei. Einer ist genau neben der Straße, aber die Feuerwehr ist schon vor Ort.
Über eine Brücke geht es dann auf die Halbinsel Achill (Sprich: Eckill). Hier wollte ich gerne hin, weil der Film “Banshees of Inisherin” an verschiedenen Ecken gedreht wurde. Den Film selbst mag ich nicht besonders – die Handlung ist dumm und es wird aus Willkür ein Esel umgebracht! – aber die Landschaftsaufnahmen sind atemberaubend schön. Das es sich dabei nicht um computergenerierte Bilder handelt, sondern die Landschaft echt ist, sehe ich jetzt, wo sie links und rechts an mir vobeizieht.
Eingeschossige Häuser mit steilen Spitzdächern ducken sich hinter Natursteinmauern. Malerisch sieht das aus, aber es ist zu merken, dass hier das Wetter oft rau sein muss. Alles ist auf Haltbarkeit ausgelegt, nicht auf Ästhetik. Vorgärten gibt es nicht, und der einzige Schmuck den ich ab und an sehe, sind Irlandfahnen.
Ich fahre die einzige, größere Straße auch Achill immer weiter nach Westen. Mal gucken, wo die hinführt, ich hoffe auf eine Rundstraße einmal um die Halbinsel herum. Die Straße führt an den Hängen der Felsküste entlang, und aus knapp 150 Metern Höhe kann ich aufs Meer hinabblicken.
Zum meinem Erstaunen sehe ich dann aber recht schnell das Ende der Straße. Sie führt hinab zum Meer und endet an einem dieser absurd schönen Strände. Weißer Sand, blaues, flaches Wasser – das sieht aus wie Sardinien, sowas habe ich in Irland einfach nicht erwartet.
Der Strand muss ein beliebtes Ausflugsziel sein, und heute ist Samstag. Der große Parkplatz am Meer ist voll, und zahlreiche PKW und Wohnmobile schieben sich die Straße Stoßstange an Stoßstange hinab und versuchen irgendwo einen Parkplatz zu finden. Nicht einfach, die Straße ist schmal und rechts und links von Mauern und/oder Felsen begrenzt. Ich sehe mir das einen Moment an, dann führe ich ein kompliziertes Wenden-am-Berg-Manöver durch und steuere die Barocca vom Strand weg. Wieder auf der höhergelegenen Straße halte ich an, drehe mich im Sattel um und schieße über die Schulter ein Foto. Das muss reichen, mehr möchte ich von dem käuligen Gewühl nicht mitbekommen.
Ich fahre den Weg zurück, den ich gekommen bin, biege aber im “Ort” (eigentlich sieht es mehr aus wie eine lockere Ansammlung einzelner Häuser) Keel nach Norden ab. Hier liegt “The Achill Experience Aquarium & Visitorcentre”. Aquarien schätze ich ja sehr – weniger die großen, mit Delphinshows und singenden Walen oder so. Es sind gerade die kleinen Aquarien, die sich oft viel Mühe bei der Vermittlung von Wissen zur lokalen Meeresflora und -fauna geben.
Ich stelle die V-Strom auf dem winzigen Besucherparkplatz ab. Das Gebäude ist bunt bemalt und könnte mit dem fröhlichen Lobster über dem Eingang auch ein Fischrestaurant sein.
In 20 Minuten beginnt eine Führung, und die zeit nutze ich und gucke durch einige frei zugängliche Räume mit Infos zu Achill. Das ganze sieht ein wenig nach Heimatmuseum aus.
Am Interessantesten ist noch die Geschichte eines Landbesitzers, der um 1860 rum hier in Keel große Ländereien hatten. Der Mann war ein Tyrann, der den Menschen, die auf seinem Land lebten, bei kleinsten Verfehlungen drakonische Strafen auferlegte, die Mieten erhöhte und sich sogar mit den örtlichen Händlern anlegte. Am Ende war es soweit, dass seine Mieter sein Land nicht mehr bestellten und niemand mehr mit ihm Geschäfte machen wollte. Der Name des Mannes, den alle mieden: Charles Boycott. Ich liebe so kleine Geschichten, die erklären, wo Begriffe herkommen.
Dann geht die Führung los. Das Aquarium besteht lediglich aus zwei abgedunkelten Räumen, in denen zwei große, hüfthohe Schaubecken stehen und rund 20 kleinen Aquarien, die in die Wände eingelassen sind. Ein freundlicher Guide namens Kevin begrüßt unsere Gruppe, die neben mir aus einem halben Dutzend hyperaktiver Kinder und einigen müde aussehenden Eltern besteht.
Die Becken sind Salzwasseraquarien, und große Fische finden sich darin nicht. Wie erwartet sind es kleine und einheimische Tiere, wie Muscheln und Seesterne, und über die lerne ich nun wirklich viel. Seesterne, so erläutert Kevin, sind mit die eigentümlichsten Geschöpfe auf dem Planeten. Sie haben kein Gehirn, keine Lunge und nur ein rudimentäres Nervensystem, aber dafür fünf Augen am Ende ihrer Arme.
Die Regenerationseigenschaften der Tiere sind unglaublich, im Prinzip kann sich ein Seestern ewig klonen, denn Klonen ist die Art, wie sich Seesterne vermehren. Sie können sich in der Mitte teilen, und beide Teile wachsen wieder zu einem vollständigen Seestern.
“Auch der hier wird wieder ganz werden, aber das braucht noch”, sagt Kevin und zeigt einen Seestern, der statt Armen nur noch Stumpen hat. “Der war frech und hat immer einen unserer Lobster geärgert. Der hatte irgendwann die Nase voll, hat sich den Seestern gegriffen und ihm mit seiner großen Schere rundrum alle Ärmchen gestutzt. Jetzt ist der Seestern blind, zumindest bis ihm Augen nachgewachsen sind. Das wird ihm wohl eine Lehre sein”.
Die Kinder hängen gebannt an Kevins Lippen, als plötzlich eine Flunder am Beckenrand emportaucht und eine kleine Fontäne auf die Besucher spritzt.
“Iiiiieh”, machen die Kinder und stieben auseinander, und Kevin lacht. “Das ist “Splash”. Sie ist während der Pandemdie zu uns gekommen, als die Pfleger die einzigen waren, die die Becken besucht haben. Splash hat sich gemerkt: Immer, wenn jemand an das Becken kommt, gibt es was zu fressen. Wenn jetzt jemand an das Becken tritt und nichts zu fressen dabei hat, wird sie sauer und spritzt sie voll.”
Kevin hält merkwürdige, Taschenartige Gebilde hoch. “Das sind Seehaieier. Die Fische binden die mit diesen langen Fäden an Seegras fest, damit der Nachwuchs nicht davongespült wird.”
“Leider macht uns der Klimawandel hier auch zu schaffen. Der Nordatlantik ist zu warm, und das verwirrt die Tiere, die ihr Leben an Licht und Temperatur ausrichten. Die kleinen Seehaie schlüpfen zu spät oder zu früh, und werden dann entweder gefressen, weil ihre Fressfeinde gerade ihre bevorzugte Jahreszeit haben, oder sie verhungern, weil gerade nicht die Jahreszeit für ihre bevorzugte Nahrung ist.” Klimawandel is a bitch, der bringt alles durcheinander, überall.
Ich lerne noch viel in der folgenden Dreiviertelstunde. Zum Beispiel, das Krabben ihre Panzer komplett verlassen, sich mit Wasser aufblähen, sich dann eine neue Rüstung wachsen lassen und dann das Wasser wieder ablassen, um so mehr Wohnraum zu haben.
Oder das Lobster unterschiedliche Farben haben können, weil sich die Pigmente ihrer bevorzugten Nahrung in ihren Panzern ablagern.
Sogar eine kleine Schildkröte gibt es hier, die gemeine Musk-Turtle.
Ach, das war eine nette Tour. Ich verlasse das Aquarium und mache mich wieder auf den Weg.
Nur wenige Kilometer von Keel entfernt liegt Slievemore an einem Berghang. Der Ort erfüllt alle Kriterien einer Geisterstadt und wäre damit eigentlich interessant für mich, aber von den Häusern sind nur noch wenige Steine übrig, und so spare ich mir den Besuch.
Stattdessen fahre ich eine weite Schleife über die Nordküste von Achill, und entdecke noch zwei weitere von diesen feinen Sandstränden.
Dann geht es immer weiter nach Norden, durch ein bergiges Gebiet, in dem wieder kaum jemand unterwegs ist und es nur wenige Ort gibt.
Das höchste der Gefühle sind Gasthäuser, die vereinzelt am Wegesrand auftauchen. Was bin ich froh, das ich heute morgen getankt habe!
Auf einen Besuch der Halbinsel Belmullet, die nördlich von Achill ins Meer ragt und wo wohl noch weniger Besucher unterwegs sind, verzichte ich und biege nach Osten und damit ins Landesinnere ab.
Hier gibt es wieder Siedlungen, und eine von ihnen ist Ballina. Der Ort wird von einem Fluß getrennt, der sich wenige Kilometer nördlich in eine Bucht aufweitet und ins Meer übergeht. Ich fahre ein Stückchen stromaufwärts am Fluß entlang, dann stelle ich die V-Strom auf einem Parkplatz ab und gehe die wenigen Schritte zum Ufer.
Eine fast endlos scheinende Parade kleiner Boote tuckert den Strom hinauf und hinab, anscheinend ist das hier ein beliebtes Revier für Freizeitkapitäne. Entweder das, oder heute ist Hafenfest oder sowas.
Die Boote Interessieren mich aber nicht, sondern der große, dunkle Klotz, der mitten im Flussbett auf einer Sandbank liegt. Das ist die SS Crete Boom, ein Schiff aus Beton.
Warum macht man Schiffe aus Beton? Und warum liegt die Crete Boom hier mitten im Fluss? Die offizielle Irlandseite geheimnisst ein wenig herum und fabuliert davon, dass das Schiff eine Atrappe war, um Angreifer im zweiten Weltkrieg zu narren, oder das es sich um ein Trainingsschiff der Navy gehandelt hat, auf dem Schiffserstürmungen trainiert wurden. Nichts davon ist wahr.
Im ersten Weltkrieg war Stahl, wegen der Kriegsproduktion von Waffen und Munition, Mangelware in Großbritannien, und deshalb experimentierte man mit Beton als zur Herstellung von Schiffen. Nicht unerfolgreich, und die britische Navy bestellte eine ganze Flotte aus Beton, vor allem Frachtschiffe und -schlepper. Wegen Problemen in der Produktion wurden die nicht mehr während des Kriegs fertig, erst 1922 wurden die letzten von insgesamt 64 Betonschiffen in Dienst gestellt.
Die Crete Boom wurde sofort nach indiesntstellung verhökert und fuhr für einen Stahlkonzern Kohle in die USA. 1924 ging das Unternehmen pleite, und das Betonschiff gammelte vor sich hin. Schließlich wurde es 1937 von der Stadt Ballina gekauft, die das Schiff zur Minderung der Fließgeschwindigkeit als Hinderins in den Fluss setzen wollte: Das klappt aber nicht, auf dem Weg zu ihrem Bestimmungsort kollidierte das Betonschiff mit einem Schlepper und sank. Erst 35 Jahre später wurde sie geborgen und hier, auf ihre Sandbank geschleppt. Schiffe und ihre Geschichten, schon faszinierend.
Ich steige wieder in den Sattel und fahre noch einige Kilometer weiter. In einem kleinen Ort namens Tubbercurry liegt ein Gasthaus an der Hauptstraße, und hier habe ich heute ein Zimmer. Ich steuere die V-Strom vorsichtig in den Hinterhof und stelle sie ab.
Dann führt mich eine nette Rezeptionistin bis in den vierten Stock, in dem mein Zimmer liegt. Rrrrh, die Motorradkoffer vier Stockwerke über schmale Treppen hochwuchten macht keinen Spaß, und was noch dööfer ist: Das Zimmer ist uralt, winzig und wird fast sämtlichst von einem Bett ausgefüllt, was zudem auch noch einen Meter hoch und vollgerümpelt mit unnützen Schmuckkissen und Überdecken ist. Wer denkt sich sowas aus?
Immerhin ist das Badezimmer riesig, dann lasse ich das Gepäck eben dort. Aber erstmal duschen – denke ich, und stelle dann fest, das die gemauerte Duschnische keinen Vorhang hat. Man!
Als ich gerade aus der Dusche gestiegen und das Badezimmer wieder trockengeputzt habe, klopft es an der Tür. Ich öffne, und davor stehen die Rezeptionistin und eine ältere Frau, die offensichtlich auch zum Personal gehört. “Entschuldigen sie, ist ihr Duschvorhang kaputt?”, fragt die jüngere Frau. “Keine Ahnung”, sage ich und zucke mit den Schultern, “wo auch immer er ist – hier ist er nicht”. “Ok, Sorry”, sagt die ältere, zieht einen Duschvorhang samt Stange hervor und drängt sich an mir vorbei. Zu zweit bringen die beiden das Ding an, dann sind sie wieder verschwunden.
Ich schmeiße mich in Zivilklamotten und stromere wein wenig durch den Ort, aber viel zu sehen gibt es in Tubercurry nicht. Statt einer Tankstelle gibt es Zapfsäulen auf dem Bürgersteig…
…und die Bücherei ist hybsch verziert:
Ansonsten ist hier der Hund verfroren.
Ich überlege kurz, in einem nahegelegenen “Super-Val-U” irgendein Fertigzeug für das Abendessen zu holen, entscheide mich dann aber dafür, im Biergarten des Gasthauses zu essen.
Natürlich gibt es fast nur Fisch auf der Karte, und deshalb wird es heute ein Burger.
Am Nebentisch trifft eine amerikanische Familie ein, findet alles “Amazing” und “great”, bis sie dann Dinge finden, über die sie sich echauffieren können. Dazu gehören auch die zahlreichen Krähen, die überall in den Bäumen und auf den Häusern sitzen und krächzen. Tja, warum heißt das Gasthaus hier wohl “Cawleys”?
Als ich gerade eingeschlafen bin, kracht es im Badezimmer. Der Duschvorhang ist samt Stange abgefallen.
Tour des Tages: Über Achill nach Tubbercurry, 300 Kilometer in 7,5 Stunden.
Weiter zu Teil 8: At World´s End
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Ein Gedanke zu „Reisetagebuch (7): Banshees of Inisherin“
Die Frühstückssituation ereinnt mich an ein B&B in Island, auch an 3 Seiten mit Fenstern, viel Sonne am Morgen und Blick auf einen Gletscher.
Ansonsten kann ich die Beschreibung der Erlebnisse teilweise nachhvollziehen und habe sie bildlich aus eigener Erinnerung vor mir, auch wenn wir damals nicht die gleichen Orte besuchten. Dazu kommt das Wetter, das wir in ähnlich ungewöhnlicher Weise dieses Jahr in Schottland erlebten.