My Dirty Hobby

My Dirty Hobby

Herr Silencer hat ein neues und schmutziges Hobby, schon seit Beginn des Jahres. Davon hat er bislang der Öffentlichkeit wenig erzĂ€hlt, aber das wird nun nachgeholt.

Der Sommer 2022 war heiß. Eine Hitzewelle ĂŒberrollte Europa, auch nachts kĂŒhlte es kaum ab. Diese heißen SommernĂ€chte fand ich großartig. Teils bis weit nach Mittnacht saß ich draußen und las oder spielte auf einer PS Vita oder schrieb am Blog herum. Das Leben fand nachts und draußen statt, wobei “draußen” in diesem Fall ein Balkon ist. Zum ersten Mal in den 8 Jahren, die ich hier jetzt wohnte, fĂŒhlte es sich so an, als ob ich ihn angemessen nutzen wĂŒrde.

Dabei wusste ich schon lange, dass der ziemlich gut ist, ich hatte ihn nur nicht viel genutzt. Der Balkon, von dem wir hier reden, hat eine LĂ€nge von satten neun Metern, der geht ĂŒber die gesamte Hausfront. Dabei ist er recht schmal, lediglich rund einen Meter fĂŒnfzig, und ĂŒberdacht, was einen guten Regenschutz, aber keinen Schutz vor Sonne bietet.

Der Winter 2022/23 war lang und dunkel, und je lĂ€nger er dauerte, desto heißer brannte die Erinnerung an die warmen SommernĂ€chte. Waren die nicht fast mediterran gewesen? Doch, auf jeden Fall! Aber was mir derb gefehlt hat, das war der Duft von Jasmin. Zu warmen SommernĂ€chten am Mittelmeer gehört fĂŒr mich untrennbar der sĂŒĂŸe und wĂŒrzige, leicht pfeffrige Duft von Jasmin. Nun sollte der Sommer 2023 wieder heiß werden, und ich freut mich schon auf die nĂ€chsten, warmen SommernĂ€chte – und plötzlich hatte ich Lust, diese Vorfreude in Arbeit umzuwandeln und den Balkon ein wenig schöner zu gestalten.

Das Projekt “Sommernachtstraum” (klingt besser als “Unser Balkon soll schön werden”) startete Ende Januar 2023, in der irrigen Annahme, dass der Februar vielleicht wieder so sonnig und warm werden wĂŒrde, wie in den Jahren zuvor. Und so trudelten hier lange und teils recht schwere Pakete in Spezialverpackungen ein. Spaliergitter aus Polen, zum Beispiel.

Draußen waren fĂŒnf Grad und Dauerregen, wĂ€hrend ich in den Garage stand und zwischen den abgedeckten MotorrĂ€dern Holzteile mit wetterfester Lasur einpinselte.

Der Februar blieb kalt und dunkel, und ich nutzte die Gelegenheit, viel ĂŒber mediterrane Pflanzen zu lernen. Duftender Sternjasmin, stellte sich raus, ist eine genĂŒgsame Pflanze, die sich in unseren Breitengraden recht wohl fĂŒhlt, wenn sie nur genug Sonne bekommt. Ebenso FeigenbĂ€ume. Am Interessantesten: Die allermeisten dieser GewĂ€chse können Temperaturen bis minus fĂŒnfzehn Grad recht problemlos ĂŒberstehen. Ich fand HĂ€ndler, die solche Pflanzen vorgezogen anbieten, und so schleppte der Paketbote ein ums andere Mal Spezialverpackungen ins Haus. Mal waren es ineinander verschlungene und noch kahle FeigenbĂ€ume, mal 1,80 hoher Sternjasmin.

Der MĂ€rz blieb grau und kalt, was mich aber nicht davon abhielt, ein ums andere Mal in den Baumarkt zu fahren und Pflanztöpfe, Schaufeln und viel, viel Erde zu kaufen. Die Feige, die im warmen BĂŒro bei der Arbeit stand, bekam erste BlĂ€tter, und ich freute mich.

Anfang April wurde es endlich wÀrmer und schöner, und ich stand ein Wochenende nur auf einer Leiter und entfernte rund 200 NÀgel aus der Hauswand, mit denen der Vormieter Strom- und Satellitenkabel verlegt hatte. Dann wurde der Balkon bis in die letzte Ecke geputzt, abgebröckelte Stellen gespachtelt und mit Farbe ausbessert.

Der alte Campingtisch, der bis dahin an einem Ende stand, wurde entsorgt und stattdessen ein Regal aufgebaut, das Platz fĂŒr Pflanzenpflege und das dafĂŒr nötige Zubehör bot.

Danach kamen die Rankgitter an die WĂ€nde, und insgesamt vier große Sternjasmine wurden in KĂŒbeln strategisch so aufgestellt, dass sie die Sitzecke aus jeder Windrichtung beduften konnten.


Die FeigenbĂ€ume hatten schon im warmen BĂŒro BlĂ€tter bekommen und einen so eigentĂŒmlichen und, sagen wir mal so, nicht angenehmen, Geruch verströmt, dass ich froh war, sie in die Freiheit entlassen zu können. Da die BĂ€umchen nicht groß genug waren um ĂŒber die Balustrade zu schauen, wurde sie einfach auf geflĂ€mmte Apfelkisten aus dem alten Land gestellt.

Die schon leicht abgelĂ€mmert aussehenden Balkonmöbel bekamen einen Neuanstrich, und der siffig-gelbe Sichtschutz aus Kunststoff wurde entsorgt und durch Schilfrohrmatten ersetzt. Dieser Sichtschutz schĂŒtzt ĂŒbrigens nicht mich vor den Blicken anderen, sondern er verhindert, dass ich mir die fauligen und morschen Bretter angucken muss, aus denen die Balustrade besteht und um die sich der Vermieter mal kĂŒmmern mĂŒsste.

Damit im hoffentlich warmen Sommer die BalkontĂŒr die ganze Nacht offenstehen könnte, bekam sie eine FliegengittertĂŒr. Die kam als Bausatz an, der noch zurechtgesĂ€gt werden wollte. Typisch deutsch war die beiliegende Anleitung, die hoch prĂ€zise und gleichzeitig völlig unverstĂ€ndlich war.

Aber: Ich bekam es hin. Also, fast. Der TĂŒrschließer war am Ende verkehrt herum und musste weggeflext werden, aber ansonsten: passt.

Und ich sah, dass es gut war und hatte Lust, weiter Dinge mit den eigenen HĂ€nden zu machen und Dinge zu verĂ€ndern und schön zu machen. Die SperrmĂŒllabfuhr wurde gerufen und radikal ausgemistet. Nicht nur die Wohnung, auch der Kellerraum und vor allen Dingen die Garage, in der noch Zeug der frĂŒheren, mittlerweile verstorbenen Vermieter stand.

Es war, als hĂ€tte ich eine Eiterbeule angepiekt – aus JEDER Ecke der Garage quoll Zeug heraus. Alte Holzlatten, Steine, Badezimmerkacheln, ein schiefes StĂŒck Marmor, rostige BeschlĂ€ge, an die zehn Kilogramm verrostete NĂ€gel und Schrauben, Dutzende alte Lichtschalter, Bretter, StĂŒcke von Parkett und so weiter und so fort – die alten Leute waren Kriegsgeneration und hatten einfach alles, alles aufgehoben.

Eine Fahrt mit dem LegendĂ€ren Gelben AutoTM, das tief in den Federn hing, weil es voller Fliesen, Kacheln, Backsteine und MarmorstĂŒcken war, und einen SperrmĂŒll spĂ€ter hielten neue Schwerlastregale Einzug, ein Ikea-BĂŒrocontainer wurde zur Werkzeugablage, und plötzlich sah die Garage mehr nach Motorradwerkstatt aus als nach Rumpelbude.

Das war gut, aber irgendwie nicht befriedigend. Ich wollte, das merkte ich bald, mehr mit Pflanzen machen. Es hatte einfach etwas wahnsinnig befriedigendes, sich als Ausgleich zu einem turbulenten und komplexen Leben einfach mal die HĂ€nde schmutzig zu machen und etwas Simples und Überschaubares zu tun, bei dem man auch Ergebnisse sieht. Und so ging erst einmal das Bauen weiter, und ich baute einen PflanzenstĂ€nder aus einem alten Ikea-Regal und ein Hochbeet aus Hochbeet-Einzelteilen.

Dann begann ich in Pflanzschalen Samen zu sÀhen und vertiefte mich noch einmal in die HÀndlerseiten von Anbietern exotischer Pflanzen.

Wenig spÀter zogen auf dem Balkon ein:
Ein japanischer Maulbeerbaum.
Ein italienischer Erdbeerbaum.
Drei sibirische Goldbeeren.
Eine Passionsblume, von der ich aber bald annahm, dass sie tot angekommen sei und eine zweite bestellte.
Und eine Kiwi mit dem schönen Namen “Jenny”.

Ja, ich machte mangelndes gÀrtnerisches Können durch Eifer und Geld wett.

Außerdem wurden zwei Insektenhotels angeschafft und montiert und die BlumenkĂ€sten, die bislang hĂ€ufig verweist waren, mit Seedbombs aus Schottland bestĂŒckt, mit Pflanzen, die Honigbienen angeblich besonders gern haben.

Die Insektenhotels brummten im April und Mai vor leben, Wildbienen nutzen die Röhrchen um Nachwuchs zu legen. Ich wollte Agathe etwas Gutes tun und ihr nach MINDESTENS zehn Jahren im gleichen Topf endlich mal frische Erde gönnen, aber das stellte sich als nicht einfach heraus.

Fast der gesamte Topf wurde vom Wurzelgeflecht des Drachenbaums eingenommen, der darin vor sich hinkrepelte und der dann auch noch bei einem leichten Nachtfrost krepierte.

Bei der Umtopfaktion litt Agathe dann sehr, und als ich sah, dass es ihr nicht gut ging, stutze ich sie radikal runter und gab ihr den Maulbeerbaum als Gesellschaft.

Zeitgleich bepflanzte ich das Hochbeet, mit Radicchio, Blattsalat, Salatgurke “Tanya” und Erdbeeren.

In den folgenden Wochen beĂ€ugte ich jeden Tag die Pflanzen, die SEHR gemischt auf meine Kenntnisfreien GĂ€rtnereibemĂŒhungen reagierten. Die Passionsblumen blieben tot, Agathe siechte vor sich hin und die sibirischen Goldbeeren wurden braun und verfaulten. Aber: Das Hochbeet produzierte mehr Salat, als ich essen mochte!

So richtig explodierte der grĂŒne Balkon im Juli und August. Der Oleander, den ich vergangenes Jahr als kleines MickerpflĂ€nzchen gekauft hatte, pumpte sich zu einem veritablen GebĂŒsch auf.

Die Seedballs sind nicht gut aufgegangen, aber die spĂ€ter gesĂ€hte “Blumenwiese” wurde der Hammer.

Dann fanden auch beide Passionsblumen ins Leben zurĂŒck, und bekamen ebenfalls BlĂŒten. Die sehen aus wie Weltraumantennen. Vielleicht kommen Passionsblumen aus dem All und wollen nach Hause telefonieren?

Erdbeeren naschen wurde zum tÀglichen Sport.

Und sogar der Rainbow-Chili-Baum blĂŒhte noch einmal:

EnttÀuschend blieben die Sibirischen Goldbeeren, aber spÀter entdecke ich auch, woran das lag. Deren Erde hatte ich mit Humus aus dem Garten versetzt, und in dem waren Engerlinge, und die dummen Biester haben die Wurzeln aufgegessen.

Also weg damit und stattdessen einen Basilikum aus dem Supermarkt gepflanzt, der ebenfalls zum GebĂŒsch wucherte.

EnttĂ€uschend war Salatgurke “Tanya”. Die wuchs zwar wie Zeng…

…stellte sich aber als Tomate heraus! Keine Ahnung wo die herkamen, ich habe keine Tomatensamen gekauft.

In Summe hat erstaunlich viel von dem GrĂŒnzeug ĂŒberlebt, auch wenn ich einige Pflanzen wohl beinahe ertrĂ€nkt hĂ€tte.

Das Beste war aber: Im August blĂŒhte der Jasmin. SpĂ€t und etwas verhalten zwar, aber er blĂŒhte und duftete

Und damit konnte ich sie am Ende doch genießen, die SommernĂ€chte auf dem Balkon, umschmeichelt von warmer Nachtluft, die den Duft von Jasmin mit sich trug.

Das ganze Rumgekraute und -gegrabe hat mir durch das Jahr 2023 geholfen, und war insgesamt so nett, das mache ich im kommenden Jahr wieder.

12 Gedanken zu „My Dirty Hobby

  1. Und davon berichtest Du jetzt. Danke.
    Da hast Du ja ganz schön was geleistet, beneidenswert.
    Bis in Dein Sackgassendorf mĂŒsste ich es mit dem Rad vielleicht doch mal schaffen……hiermit lade ich mich selbst ein. Da Du es ja nicht auf die Westseite von Gothamcity schaffst. 🙂

  2. GlĂŒckwunsch zu dieser Entscheidung und ihren tollen Ergebnissen!
    Ich lebe seit 35 Jahren mit einem Balkon 2 m x 8,80 m und genieße ihn genauso freewheeling wie Sie. Neben dem Reisen war der Balkon die beste Kompensation stressiger und oft frustrierender BerufstĂ€tigkeit und ist bis heute mein GlĂŒck von Entschleunigung und Kontemplation und dreckigen Fingern.

    Ich habe das nicht wie Sie in einem Jahr gefleecht auf die Beine gestellt, sondern mich in den ersten Jahren (finanzprioritÀr) in der Umwelt bedient: Weiden- und Geisblattstecklinge aus dem Wald geholt, Maiglöckchen, diverse AaronstÀbe und japanischen Knöterich ausgebuddelt, Eicheln, Ahornsamen, Kastanien mit gemischten Erfolgen gezogen, bei Freund*innen Stecklinge von Engelstrompeten und Forsythien abgestaubt. Solche Sachen.
    Jede*r Reingeschneite durfte und darf immer noch auf meinem Balkon mitmachen, also immer wieder Birken bis ĂŒber 2 m Höhe ĂŒber einige Jahre, verschiedene Ahörner, die richtig krĂ€ftige Schattenspender wurden und ganz viel Kleinzeug natĂŒrlich, Löwenzahn etc… schön chaotisch.

    Es gibt einen Esstisch/GĂ€rtnerintisch, einen Schaukelstuhl, einen Lesesessel + eine Polsterchouch fĂŒr 2 + einen befestigten Couchtisch (mein Balkon ist auch ĂŒberdacht), da liegen sommers die jeweils aktiven BĂŒcherstapel und das Reisenotebook draußen fĂŒr die open-air-Arbeit.

    Schon in den ersten Jahren habe ich mich von einer Bande Meisen zĂ€hmen lassen (die seitdem auch hier nisten und brĂŒten, erfordert kleine EinschrĂ€nkungen meinerseits fĂŒr ein paar Wochen im Jahr, manchmal auch 2 x), dazu kamen Rotkehlchen, Stieglitze (sporadisch) und Amseln als quasi Mitbewohner*innen bzw. Mitesser*innen. Tauben werden nicht geduldet (probierens aber immer wieder, die Scheißer).
    Wie Sie habe ich gut gehende Insektenhotels. Wenn ich Ihnen einen Tipp geben darf: im Herbst Rapssamen https://de.wikipedia.org/wiki/Raps großzĂŒgig in die BlumenkĂ€sten werfen (zu dem, was sonst noch drin ist), wachsen problemlos ĂŒber den Winter und fangen an zu blĂŒhen, wĂ€hrend die ersten Hotelinsekten auschecken. FrĂŒhstĂŒck, quasi! (Und man kann im Winter davon essen, googeln: Rezepte “Cime di Rapa”. Jedem*er Italiener*in hier in Deutschland kommen die TrĂ€nen, wenn sie cime di rapa – Rapsspitzen – hören, ein nationales Lieblingsgericht, das man hier nicht kennt, da Raps als Viehfutter gilt. Ist aber Broccoli! (Gehen Sie aber besser nicht auf den nĂ€chsten Acker, um ein bisschen Raps zu klauen, wg. KunstdĂŒnger und Insektenvernichter.)

    Die GemĂŒse- und Salatversuche habe ich aufgegeben. Frische Tomaten oder Bohnen sind lecker, aber Ă€sthetisch und olfaktorisch sind diese Pflanzen kein Gewinn, finde ich.

    Der aktuelle Stand nach 35 Jahren trial and error, Begeisterung und EnttĂ€uschung, ist neben der großen Kastanie, den Zwiebeln (Narzissen, Lilien), der alljĂ€hrlichen kletternden Kapuzinerkresse u. a., eine schöne kleine Gemeinschaft mediterraner Pflanzen: 3 verschiedene Zitronenarten, Passionsblume ĂŒber die ganzen 8 m Breite, Olivenbaum, Granatapfel, Mönchspfeffer, Ranunkel, Pfeifenputzer, ein großer Mastixstrauch, eine krĂŒppelige Schirmpinie (Samen aus der Gascogne mitgebracht). Seit diesem Sommer: 1 große Feige, Steckling einer Feige in Domodossola, von der mittlerweile meine gesamte Wohngemeinschaft aus den 70ern Töchter hat.
    Jasmin (Jasminum officinale) und Nachtjasmin (Cestrum nocturnum) waren und sind weiter immer wieder dufthalber im Spiel mit wechselnden Erfolgen im Winter. Was IMMER wieder in die Hose geht: Glycinien (Venedig!) und Waldreben (Klematis). Keine Ahnung, wieso.
    Aber alles Àndert sich laufend.
    Von Reisen komme ich immer mit Samenbanken zurĂŒck, eine schöne
    ganzjĂ€hrige Aufgabe mit völlig ungewissem Ausgang. (Z. B. 3 schöne glatte Akanthussamen von der Insel Kythira gingen im Winter sofort im Haus auf, es wuchsen 3 expansive Riesenpflanzen mit meterlangen robusten dicken BlĂ€ttern, die beim Anfassen knirschten. Beim ersten Frost hing die ganze riesige Masse GrĂŒnzeug schlapp wie gekochter Spinat ĂŒber die RĂ€nder des Pflanztopfes. Die Herrin hats gegeben…

    Ich bin gespannt, wie es weiter geht mit Ihrem Balkon. Zu Ihren Reisevorbereitungen gehört kĂŒnftig auch ein*e Balkonsitter*in…!

    Bei allen Schrecklichkeiten dieser Zeit, trotzdem: gutes neues Jahr!

  3. Woah! Danke fĂŒr die Beschreibung, liebe Frau Eckert! Jetzt habe ich endlich auch eine ungefĂ€hre Vorstellung von ihrem legendĂ€ren Balkon, dessen Wunderbarkeit Sie ja schon einmal andeuteten. Finde ich witzig, dass wir unsere Balkone Ă€hnlich ausleben, und danke, dass Sie mir Mut fĂŒr Experimente (und FehlschlĂ€ge) machen. Was haben Sie mit den Birken und Ahörnern gemacht? Irgendwann rausgesetzt?

  4. Birken wachsen irre schnell (1-2 m nach 2-4 Jahren), sind dann aber schlichte lange dĂŒnne Gerten mit noch dĂŒnneren “Ästen” und wegen der kleinen BlĂ€tter dann optisch einfach unbefriedigend. Beschneidungsversuche brachten keine Verbesserung. Einmal landete auf einer Birke eine interessante Raupe, die ihre Farbe wechselte (grĂŒn auf dem Blatt, braun gesprenkelt auf der Rinde), die in wenigen Wochen alle BlĂ€tter wegraspelte. Ich habe sie gelassen, neugierig, was als NĂ€chstes passiert, Verpuppung, Schmetterling…? Als sie das Format eines Riesenerdnussflips erreicht hatte, war sie eines Tages weg, als ich von der Arbeit kam. Vermutlich im Magen eines glĂŒcklichen Vogels geendet. Die ratzekahle Birke in der grĂŒnen Tonne. Also eine kleine neue Birke ist eine Freude, aber auf die Dauer nix. (Ich bin mal mit dem Zug durch Weissrussland und Russland (USSR) gefahren, stundenlang durch helle BirkenwĂ€lder zwischen Minsk und Leningrad, das war das wahre BIRKENGEFÜHL!)

    Die Ahörner sind sehr schön wachsende junge BĂ€umchen mit großen BlĂ€ttern und schönen HerbstfĂ€rbungen und frĂŒhzeitigen VerĂ€stelungen. Aber sie vertragen Beschneidung (nach JAHREN notwendig) nicht gut, und sie wollen viel Umtopferei, was auf dem Balkon seine Grenzen hat. Folge: sie fangen langsam an, einzelne Ă€ußere, dann auch innere Äste nicht mehr zu ernĂ€hren, die sterben einfach ab. Ein paar Jahre kein Problem, aber irgendwann sieht man ein, dass der Lebenszyklus durchlaufen ist und bestellt sich einen freundlichen starken Mann, der den schweren Restbaum in die grĂŒne Tonne ĂŒberfĂŒhren kann. Wo wir ja alle landen…

    Experimente sind der schönste Aspekt beim Balkonieren, man lernt mit jeder Pflanze was Neues (das nicht oder kaum ĂŒbertragbar auf andere ist, wird also nie langweilig!), die Folgen dessen, was man tut oder besser doch nicht, zeigen sich in Monaten und Jahren, also niemals akuter Stress. (Na gut, gießen im Hochsommer…!) Je experimentierfreudiger UND geduldiger, umso resilienter wird man gegen unvermeidbare FehlschlĂ€ge und zufriedener, wenn man sich in die grĂŒne Pracht setzt.

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