CLS EVO Plus an V-Strom 800

CLS EVO Plus an V-Strom 800

Ein Vor-osterlicher Mopedausflug nach Oberfranken, um die V-Strom 800 weiter auszurüsten. Kurz vor Coburg hat die Firma CLS ihren Sitz. Die Abkürzung steht für “Chain Lube System”, Kettenschmiersystem, und genau das und noch ein paar Dinge mehr werden dort in einem Manufakturbetrieb gebaut und vertrieben.

Die Idee bei so einem System ist, das sagt schon der Name, dass die Antriebskette automatisiert geschmiert und gereinigt wird, und sich der Fahrer wenig bis gar nicht um Kettenpflege kümmern muss.

Nun gibt es einige solcher Systeme auf dem Markt. Die billigsten sind Kettenöler wie der Cobra Nemo 2, bei dem man manuell Druck auf einen Öltank gibt, der dann ungeregelt und so lange, wie Druck da ist, Öl absondert. Das tut er allerdings auch im Stand, und vergisst man den Druckaufbau, gibt es gar kein Öl. Dieser Art von manuellen Systemen kann ich überhaupt nichts abgewinnen.

Der bekannteste Hersteller automatischer Systeme ist sicher Scottoiler. Die stellen auch die billigste Variante her, ein unterdruckgesteuertes System ohne Regelung, was schnell viel Schweinerei anrichtet. Ich hatte so eines an der ZZR, und die war regelmäßig mit Öltröpfchen eingesaut. Grund: Mit sich ändernder Außentemperatur variiert die Viskosität des Öls um bis zu 400%, und die abgegebene Menge ändert sich ständig. Entweder man regelt dann per Hand ständig die Durchflussmenge nach, wozu die Sitzbank runter muss, oder es gibt halt Öltröpfchen am ganzen Heck.

Sauberer und besser sind elektronische Varianten mit Pumpe, die über ein Display am Lenker reguliert werden können. Auch hier hat Scottoiler was am Start, wobei der “eScotti” allerdings einen recht hohen Verbrauch hat.

Ebenfalls elektronisch arbeitet der McCoi-Kettenöler, quasi eine Open-Source-Variante. In einem Webshop kann man fertige Sets mit Bauteilen erwerben oder sich selbst alle Einzelteile, von der Platine über Gehäuse bis zum Schlauchstück, zusammenklicken und dann basteln. Eine sehr gute Alternative, wenn man genügend Zeit, Interesse und Können mitbringt.

Als ich 2017 die Barocca kaufte, bekam sie sofort ein elektronisches Kettenölsystem, aber keines der oben genannten Systeme. Sie bekam eines von CLS. Die deutsche Manufaktur designed und baut alle ihre Produkte im eigenen Haus. Die einzelnen Teile sind sehr wertig, Nacharbeit oder Rumfummeln nicht nötig.

Die Pumpe, die Höbelt erdacht und sein Ingenieur konstruiert hat.

Das CLS-System hat mir immer Freude bereitet. Funktionierte völlig problemlos, der Verschleiss der Kette ging mächtig zurück, und der Verbrauch war überraschend niedrig. Anfangs führt ich auf langen Reisen immer noch ein Ersatz-Ölfläschchen mit, aber bald merkte ich, dass das nicht nötig war. Geschätzt braucht das Ding ca. 4 ml Öl auf 1.000 Kilometer, und der eingebaute Tank fasst 80ml.

Ausschlaggebend für meine damalige Entscheidung waren der ausgezeichnete Ruf von CLS und die Tatsache, dass es Komplettsets und sehr gute Anleitungen gibt.

Außerdem haben alle Produkte von CLS stets einen cleveren Twist. Bei dem Kettenöler ist es der sehr geringe Verbrauch, auf den hin er konzipiert wurde. Bei den hauseigenen Heizgriffen ist der Dreh die Funktionsweise über Temperaturfenster statt manueller Betätigung, und beim ebenfalls erhältlichen Anschlussmodul für Zubehör ist die Aktivierung über die Wellenform der Bordspannung und eine programmierbare Nachlaufzeit die Extrameile, die der Erfinder gegangen ist.

Diese drei Dinge – Kettenöler, Heizgriffe und Anschlussmodul – gibt es als “CLS EVO Plus”-Set neuerdings auch für die V-Strom 800, und das wollte ich haben. Entstanden ist das Set in Zusammenarbeit mit Steffen Hessler, den man in der Szene auch durchaus als Fachmann kennt.

Dooferweise ist die Montage von Öler und Heizgriffen aber nicht ganz einfach, denn wenn man es ordentlich machen will, sollte der Ölschlauch in der Schwinge verlegt werden – für Ungeübte ist das Fummelarbeit.

Schlimmer noch: Die V-Strom 800 ist ein “Ride by Wire”-Motorrad. Das bedeutet, es wird nicht mehr über Bowdenzüge am Drehgriff Gas gegeben. Viel mehr ist nun der Gasgriff ein Potentiometer. Weil das empfindlich ist, möchten Motorradhersteller nicht, dass man daran rummacht – weshalb Standard-Heizgriffe nicht auf die Hülse des Gasgriffs passen. Um das richtig zu verbauen, braucht es schon Können.

Warum also nicht den absoluten Fachmann die Montage übernehmen lassen? Das war bereits der Gedanke, als ich die V-Strom frisch vom Händler abholte, und flugs einen Termin gemacht und schon drei Wochen später war es soweit: Am Gründonnerstag ging es los, von Göttingen nach Coburg. Bundesstraße, denn die V-Strom ist noch nicht eingefahren und darf nicht schneller als 100 km/h.

Schöne Tour, eigentlich. Allerdings hatte ich nicht mit Sturm bei Erfurt gerechnet, mit Regen hinter Gotha und mit Schneefall (!) ab 800 Meter im Thüringer Wald. Echt super: Erste Tour mit neuem und unbekannten Motorrad, und wir fahren Schnee! Auch so ein Ding aus der Rubrik “Dinge, die niemand braucht”.

Ohne Heizung und durch zu spätes Anlegen der Regenkombi völlig ausgekühlt zitterte ich mich bei 4 Grad durch eine weiße Landschaft, bis es hinter dem Rennsteig endlich wieder in wärmere, aber immer noch nasse Gefilde ging. Da war es dann schon zu spät, ich hatte Knochenkälte, die ich den ganzen Tag nicht mehr los wurde. Aber egal, Hauptsache ankommen – und nach vier Stunden war ich endlich am Ziel, bei CLS:

Für die V-Strom ging es gleich auf die Bühne, und CLS-Erfinder und Inhaber Heiko Höbelt machte sich ans Werk.

Schritt Eins waren die Heizgriffe. Für deren Montage mussten die alten Gummigriffe entfernt werden und die Griffhülse runter, und das gestaltete sich als nicht ganz einfach. Suzuki verwendet für die Ride-By-Wire-Unit vierflügelige Spezialschrauben. Ein entsprechendes Werkzeug hatte Höbelt da, allerdings waren die Schrauben angeknallt bis zum Anschlag und leisteten Widerstand.

Nachdem die Gashülse runter war, schliff Höbelt sie vorsichtig so weit ab, dass der Heizgriff perfekt darüber passte.

Das ist tatsächlich die Kunst. Wird zu viel abgetragen, hält später der Heizgriff nicht. Wird aber zu wenig weggeschliffen, geht der neue Griff mit ordentlich Druck vielleicht gerade bis zur Hälfte drauf, und dann nicht mehr vor und nicht mehr zurück. Das ist dann der Moment, wo die meisten in ihrer Verzweiflung zum Gummihammer greifen und den Heizgriff mit sanfter Gewalt auf die Gashülse treiben. Das kann katastrophale Folgen haben: Nicht nur der Heizgriff kann kaputt gehen (Hersteller wie Oxford warnen in ihren Montaganleitungen explizit davor), sondern vor allem kann die Ride-by-Wire-Unit kaputt gehen. Genau deshalb treibt Suzuki den Aufwand mit den Spezialschrauben und warnt auch davor, andere als die Originalheizgriffe zu verwenden.

Zum Glück war hier der Meister persönlich am Werk, und nach einigen Minuten sorgfältigem Schleifens, Messens, Schleifens und wieder Messens passte der Heizgriff völlig problemlos, aber immer noch mit gesundem Widerstand, über die Gashülse.

Die Gashülse ist übrigens aus einem Kunststoff gefertigt, der kaum Oberflächenspannung hat. Normale Klebstoffe und Superkleber halten deshalb darauf nicht. Höbelt verwendet einen Spezialkleber,

Danach kam das Ölsystem an die Reihe. Zunächst Montage des Displays am Lenker, mit einem Blech an der Befestigung der linken Schalterarmatur. Das Display zeigt die Funktionsbereitschaft an und steuert das Temperaturfenster der Heizgriffe und die Ölmenge.

Dann Verlegung der Kabel hinter der linken Seitenverkleidung, wo auch die Steuerung für die Heizgriffe hin kam. Danach erfolgt der Einbau des Öltanks und der Pumpe unter der Sitzbank sowie Verlegung des Schlauchs in der Schwinge bis zum Hinterrad. Die Düse zeigt auf das Kettenblatt und sondert darauf die Öltropfen ab, die dann durch die Fliehkraft auf die Kette getrieben werden.

Was mir sehr gut gefällt: Auch wenn bei der 800er wenig Platz unter der Sitzbank ist, bieten sie Verkleidungsteile die Möglichkeit, den Tank stehend einzubauen, was später das Nachfüllen erleichtert.

Stehender Tank macht später das Nachfüllen einfach. Bei der Vorgängerin war er liegend montiert, Nachfüllung erforderte Ausbau.
Kaum zu sehen: Pumpe (oben links), Tank (oben rechts) und Connect-Modul (unten).

Schnell ging das Einbauen des Anschlussmoduls, des CLS Connect. Das erlaubt den Anschluss von Zubehör wie Scheinwerfern und Navis. Die bekommen erst Strom, wenn der Motor läuft, können einem also nicht heimlich die Batterie leer nuckeln. Durch die einstellbare Nachlaufzeit sind die aber nicht sofort wieder aus – beim kurzen Tankstop schaltet sich also bspw. das Navi nicht sofort ab.

Nach rund drei Stunden war alles fertig und der erste Test bestanden, und die V-Strom hat jetzt drei wichtige Ausrüstungsteile mehr.

Übrigens: Obwohl wir es hier mit feinster Ingenieursarbeit, Jahre an Produktentwicklung, wertigen und in Handarbeit gefertigten Teilen zu tun haben, ist der Preis von rund 469 Euro für Ölsystem, Heizgriffe und Anschlussmodul mehr als konkurrenzfähig – aktuell liegt schon die Gesamtsumme für den Kauf eines E-Scottoiler und Markenheizgriffen über dem Setpreis von CLS. Der Einbau schlug mit rund 270 Euro für drei Stunden zu Buche, ebenfalls ein sehr fairer Stundensatz.

Nach der Montage nahm sich Heiko Höbelt noch die Zeit, mich durch die CLS-Manufaktur zu führen. Ich mag diese kleinen Manufakturbetriebe und finde es faszinierend zu sehen, wie aus Dutzenden Einzelteilen, die in Kisten und Wannen lagern, Stück für Stück und in Handarbeit kleine Serien von je ca. 20, manchmal modellspezifischen, Systemen entstehen.

Zum Glück musste ich nicht mehr mit Knochenkälte und im Dunkeln zurück nach Hause. Ich hatte mir für den Abend einen Gasthof in der Nähe für eine Übernachtung gesucht.

Am nächsten Tag ging es dann zurück. Statt Schnee gab es dieses Mal “nur” vier Stunden Nieselregen bei vier Grad Celsius (und einen Blitzer und damit vermutlich das erste Ticket mit der 800er). Was es nicht gab: Knochenkälte. Die Heizgriffe machen wirklich einen ausgezeichneten Job, denn die schalten sich schon ein BEVOR man kalte Finger bekommt und regeln in Abhängigkeit von der Außentemperatur selbstständig nach.

Über das Kombidisplay am Lenker, mit dem auch das Ölsystem gesteuert wird, lässt sich in 8 Stufen das Temperaturfenster festlegen, ab dem die Griffe aktiv werden. Das funktioniert sehr gut, und zudem war ich von der Power überrascht. Bislang kannte ich nur Nachrüstgriffe, die maximal lauwarm werden. Die von CLS werden regelrecht heiß, zumindest am Gasgriff. Der linke Griff ist etwas kühler, weil bei dem die Wärme über das Metall des Lenkers schneller abgeführt wird. Das sollte die Elektronik eigentlich ein wenig kompensieren, ich merkte den Unterschied aber sehr deutlich.

Die Hin- und Rückfahrt waren also kein Vergnügen, aber der Ausflug hat sich mehr als gelohnt. Abgesehen davon, dass der Nachmittag bei Heiko Höbelt, den ich als sehr interessanten, vernünftigen und freundlichen Menschen kennengelernt habe, sehr unterhaltsam war, hat die V-Strom nun essentielle Dinge verbaut – und zwar genau so, wie der Konstrukteur sich das gedacht hat.

Und ich brauche mir nun um die Kette und klamme Finger keine Gedanken mehr zu machen.

0 Gedanken zu „CLS EVO Plus an V-Strom 800

  1. Ja Mensch Silencer, warst du doch ganz in meiner Nähe unterwegs.

    Ich hätte dir doch glatt einen Kaffee oder Tee in Suhl gekocht 🙂

    Na jedenfalls, sehr interessant, das Ganze. Von dieser innovativen Firma wusste ich noch gar nichts. Sehr cool, wenn auch Kettenöler und Heizgriffe für mich keine Rolle spielen. (Kardan und Heizgriffel ab Werk)

    Da wünsche ich dir noch eine schöne und unfallfreie Saison und für uns noch viel interessantes zu lesen.

    Danke dafür!

    Falk

  2. Hallo Silencer,

    Schönes und absolut sinnvolles Accessoires am Moped. Habe an meiner V-Strom Bj. 12 auch einen CLS-Öler und Heinz-Griffe montiert und bin absolut zufrieden damit. Verbrauch ist äußerst gering und die Maschine bleibt sauber.

    Allzeit gute Fahrt

    Gruß Ralf

  3. Falk: Ach Mensch, durch Zuul bin ich tatsächlich auf der Rückfahrt mittendurch gefahren! Na, war bestimmt nicht das letzte Mal, dass ich in der Gegend war. Ich mag die. Dir auch eine gute Saison!

    Ralf: Ebenso allzeit gute Fahrt!

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