Momentaufnahme: November 2024
Herr Silencer im November 2024
“MAN BEKOMMT KEIN GELD WIEDER WENN MAN EXTRA LANGSAM AM BLITZER VORBEIFÄHRT!”
Wetter: Anfang des Monats sind die Bäume kahl und es ist neblig, einstellig kalt und viel Regen. Ab Monatsmitte weniger Regen, mehr Frost. Monatsende um die 5 Grad und trocken.
Lesen:
Jeremy Clarkson: home to Roost
Mehr Anekdoten von Clarksons Farm. Zusammengefasst sind hier seine Sunday Times-Kolumnen der letzten 12 Monate. Wie üblich unterhaltsam, aber erzkonservativ.
Hören:
Sehen:
The Sunlit Night [Prime]
Das Leben der amerikanischen Kunststudentin Frances ist ein Traum: Erfolgreich auf ein Stipendium beworben, Model-Freund, eine liebevolle Familie. Bis zu dem Moment wo sich die Eltern scheiden lassen, ihr Freund Schluss macht und sich das “Stipendium” als etwas superabsurdes herausstellt: Frances soll einem knurrigen Künstler dabei helfen, seine Scheune gelb zu streichen und damit zum Kunstwerk zu machen. Die Scheune steht in einem Fjord. In Norwegen.
“Das ist mein Freund. In seinen blonden Beinhaaren verfängt sich Dreck. Ich hasse seine Schultern” – mit solchen Beschreibungen der Ich-Erzählerin fällt dieser Film direkt in die Tür, und dafür möchte man ihn sofort lieben. Leider wird sehr schnell deutlich: Der Film besteht nur aus seltsam-bemühten Momentaufnahmen, die ziemlich Random aneinandergeklebt sind. Vermutlich wäre der Streifen gerne “Amelié in Norwegen”, leider ist er das nicht mal im Ansatz. Das die Schauspieler nicht miteinander spielen hilft nicht wirklich, selbst Gillian Anderson und Zach Galifinikakis stehen ziemlich ratlos in der Gegen herum. Schade.
Despicible Me 4 [2024, JAL]
Ex-Bösewicht Gru macht sich einen neuen Feind. Dummerweise ist der ein Superschurke und hat es nun auf Grus Familie abgesehen. Die geht in Zeugenschutzprogramm – aber wie unauffällig kann eine Familie aus einem Ex-Bösewicht, einer EX-Agentin. drei ADHS-Kindern und eintausend Minions schon sein?
Ich mag die “Ich, einfach unverbesserlich”-Filme sehr gerne. Die sind nämlich in vielen Szenen inszeniert wie die alten “Nackte Kanone”-Streifen: Im Vordergrund wird ernst durchgespielt, während im Hintergrund das Chaos tobt und Running Gags bis zum get no durchgezogen werden. Blink and you missed it. Das passiert auch hier wieder und ist hoch vergnüglich, täuscht aber nicht über die vorhersehbare Story hinweg. Auch ärgerlich: Die Super-Minions sind ein Element, das im Film so gar nicht funktioniert und sehr offensichtlich nur wegen Merch-Verkäufen drin ist. Oder das ist die Vorbereitung für ein weiteres Minions-SpinOff, aber dafür ist es eigentlich zu scheissig gemacht.
Fly me to the Moon [2024, JAL]
Kennedy hat verkündet, dass man bis zum Ende der Dekade auf dem Mond gewesen sein will. Nun ist schon 1968, viel Zeit bleibt nicht mehr bis zum Ende des Jahrzehnts, und daher arbeitet Channing Tatum sehr ernsthaft am Weltraumprogramm der NASA.
Was er braucht: Mehr Geld und mehr Leute.
Was er nicht braucht: Die PR-Tussi Scarlett Johansson, die das Mondprojekt dem Kongress und der Bevölkerung “verkaufen” und so finanzieren soll.
Allerdings ist sie dabei sehr erfolgreich, bald sprudelt Geld aus Werbedeals und Amerika ist im Weltraumfieber. Dann kommen die Bedenken: Was, wenn die Mondlandung fehl schlägt? Fällt Amerika dann nicht in eine kollektive Depression, und die Russen lachen sich ins Fäustchen? Wäre es nicht besser, man ginge auf Nummer sicher und inszenierte die Mondlandung gleich im Studio, um sie live im TV übertragen zu können?
Seltsamer Film. Wirkt ein wenig als habe er ADHS. Vergnüglich, ohne Frage, aber irgendwie unfokussiert und sprunghaft. Keine Storyline konzentriert sich, alles wirkt sehr zusammengemischt. Als wäre sie für Leute, die beim schauen permanent auf´s Handy gucken und nur die Hälfte mitbekommen – geschrieben VON Leuten, die beim Machen des Films die Hälfte der Zeit auf´s Handy geguckt haben. “Ey, was wäre wenn die Johansson nicht nur eine PR-Tussi wäre, sondern auch eine Trickbetrügerin?” “Könnte sie nicht auch noch Piratin sein?” “Tolle Idee!!”
Leider taugen auch die Darsteller nicht als Klebstoff für dieses Konstrukt. Channing Tatum und Scarlett Johansson sind zwar ausnehmend schöne Menschen, haben aber überhaupt kein Charisma – Folgerichtig entwickeln diese Teflon-Schauspieler auch zusammen keinerlei Chemie.
Letztlich ist “Fly me to the Moon” eine unterhaltsame Nummernrevue mit schönen Menschen in schönen Kulissen, aber herzlos und ohne Charme und echten Witz. Nicht mal als Dokudrama taugt er, denn der Stoff ist frei erfunden – was Verschwörungsmystiker natürlich nicht glauben.
Deadpool & Wolverine [2024, JAL]
Deadpool gräbt Wolverine aus und macht mit ihm gemeinsam das Marvel-Multiverse unsicher.
Wie Meta kann ein Film sein? Deadpool & Wolverine: JA!!!!!
Was hier an Dekonstruktion aufgefahren wird ist beachtlich, sehr unterhaltsam und äußerst blutig. Dabei funktioniert der Film weniger als die Vorgänger über Pipi-Kaka-Witze als vielmehr Style over Substance. Die vielen Cameos und Insidergags haben mich echt staunen lassen. Auch wenn der Plot Banane ist, spürt man hier an jeder Ecke die Liebe zum Material. Für Fans von Marvel – und für solche, die schon immer mal sehen wollten, wie klassische Marvel-Figuren und Timelines übern Deister gehen.
Spielen:
Batman: Shadow of Arkham [2024, Meta Quest 3S]
Zwischen “Batman: Arkham Origins” und “Arkham Asylum”: Gotham brennt. Brandstifter sind die Anhänger des Kultführers “Rat King”. Über den weiß man nichts, und seine Anhänger schweigen eisern. Batman beschließt sich in Verkleidung unter die Kultisten zu mischen, und lässt sich in das legendäre “Black Gate”-Gefängnis sperren.
Woah. Ich bin amtlich beeindruckt. “Shadow of Arkham” orientiert sich stark an “Arkham Asylum”: Mit Black Gate gibt es einen ähnlich gestalteten, räumlich begrenzten Schauplatz, der aber viel Abwechselung bietet. Beeindruckend ist vor allem die gelungene Übertragung in die virtuelle Realität. Als Kleinkrimineller “Matches” Malone läuft man durch das Gefängnis und belauscht Insassen, als Batman gleitet man über die Gassen Gothams, löst Rätsel und prügelt sich durch Gegnerhorden.
Nahezu jedes Gameplay-Element der Arkham Reihe wurde hier umgesetzt. Es gibt das Freewlow-Kampfsystem, es gibt die Predator-Passagen, in denen man lautlos und aus den Schatten heraus Feinde ausschalten muss, und es gibt die Detektivsicht, die beim Rätseln hilft – aber all das aus der Ego-Perspektive, dreidimensional und mitten im Raum! Und alles funktioniert nahezu reibungslos und flüssig. Freilich artet das in Sport aus, wenn man während der Kämpfe minutenlang Luftboxereien austrägt – aber wenn ich nach einer Massenkeilerei schwer atmend mitten in meinem Wohnzimmer stehe, um mich herum die bewusstlosen Körper der Ratten-Kultisten, dann ist die Immersion wirklich immens. Und der Muskelkater am nächsten Tag ist real, nicht virtuell.
Machen:
– Den Yaris ein ums andere Mal in die Werkstatt bringen.
– Mir den Arsch abarbeiten.
Neues Spielzeug:
Eine VR-Brille, eine Meta Quest 3S. Ich sage es nicht gerne, aber ich bin echt beeindruckt: Facebook hat hier viel richtig macht. Die Entwicklungssprünge bei VR und AR in den ergangenen Jahren waren doch erheblich. So braucht es mittlerweile kein Kamerasetup mehr, keine UV-Strahler und keinen leistungsstarken Rechner, an den ein schweres Headset mit pixeliger Auflösung angeschlossen wird. Bei der Quest 3S ist alles integriert – aufsetzen und loslegen. Anwendungen schweben frei im Raum und lassen sich mit den Händen bedienen, ähnlich wie in “Minority Report”. Wer es präziser braucht, kann kleine Controller in die Hand nehmen und die virtuelle Umgebung mit kleinen Sticks und Tasten steuern. Über ein Client-Programm ist es möglich den Inhalt des eigenen Rechners frei im Raum schweben zu lassen und daran zu arbeiten – ein Notebook bekommt so z.B. ein riesiges (und für andere unsichtbares!) Display.
Youtube oder Prime laufen auf der Quest, und das Ergebnis ist beeindruckend: Plötzlich schwebt ein riesiger Kinobildschirm im eigenen Wohnzimmer oder in einer virtuellen Umgebung. Mehr Apps und Games gibt es im Meta-eigenen Store. Die Spiele sind dabei beeindruckend: Der Klassiker “Beat Saber” läuft super, technisch und spielerisch haben hier aber “Arkham Shadow” (s.o.) oder “Assassins Creed Nexus” die Nase vorn. Deren Grafik bewegt sich ca. auf dem Niveau einer XBOX 360, aber das tut dem Spaß keinen Abbruch, eben weil alles flüssig läuft und man mitten drin ist.
Die Meta Quest 3S teilt sich die technische Basis des bessern Modells Quest 3, spart sich aber einen LIDAR-Sensor und setzt auf ein altes Optiksystem aus Fresnell-Linsen. Die erzeugen in sehr dunklen oder sehr hellen, monotonen Umgebungen einen leichten Halo-Effekt, in Games oder Filmen fällt der aber nicht auf. Der fehlende Radar-Sensor ist gar nicht zu bemerken, der wird durch bessere Kameras und Software kompensiert. Toll ist die dynamische Soundberechnung, die durch die im Brillenband verbauten Minilautsprecher ausgegeben wird. Tonquellen lassen sich präzise im virtuellen Raum orten und verändern den Klang und die Lautstärke, wenn man sich ihnen nähert. Das trägt wesentlich zur Immersion bei.
Eigentlich macht die Meta 3S all das, das die Apple Vision Pro auch tut. Vielleicht nicht in derselben Qualität, aber dafür kostet sie nur 329 Euro, nicht 4.000. Für mich noch wichtiger: Man kann die Quest 3S mit Brille nutzen. Das ist gut, denn so kann auch ich das Headset nutzen – anders als die Apple Vision Pro, denn unter der ist keine Brille möglich, und optische Einsätze mit 12 Dioptrien gibt es nicht.
Investieren sollte man als Brillenträger unter der Quest 3S dann allerdings in einen Linsenschutz, z.B. von VR Optiker – sonst kann es sein, das die Brille die Linse im Headset verkratzt. Auch sinnvoll: Eine Kopfhalterung aus dem Zubehörhandel, denn der Standard-Strappen taugt nicht für wilde Sessions a la “Shadow of Arkham” (s.o.).
Alles in allem das perfekte Headset für den Einstieg in VR und AR, wenn man bereit ist, sich in das Ökosystem von Facebook zu begeben.
Ding des Monats:
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2 Gedanken zu „Momentaufnahme: November 2024“
Guten Morgen!
Wow, cooles Teil diese VR Brille!
Wir haben in der Arbeit teilweise damit zu tun (ich leider weniger), zum Spielen und Testen komme ich leider nicht damit.
Wie ist denn das Gewicht der Brille über den Zeitraum eines Spielfilms?
Und, echt unwissend, wie bewegt man sich euch den Raum in einem Action Spiel? Mit Controller oder gar nicht oder ganz wenig? Der Immersion scheint es nicht zu schaden, wie man aus deiner Rezension liest…
Und letzte Frage: wann starten die Japan Reisetagebücher?
Das Gewicht ist absolut okay, gerade wenn man ruhig sitzt. Limitierend sind andere Faktoren: Wenn man wild in der Gegend herumspringt muss man die Brille recht fest anlegen, und das gibt Druckstellen unter den Augen, die irgendwann schmerzen. Eine Akkuladung hält bei 3D-Spielen rund 90-120 Minuten, und länger kann ich die Brille auch nicht tragen, weil irgendwann die Augen tränen.
Die Fortbewegung passiert entweder mit dem Stick der rechten Hand oder tatsächlich in dem man sich im Raum bewegt. Mit der Quest 3S scannt man einmal sein “Spielzimmer”, und sie erkennt Gegenstände und Möbel und legt Boundaries fest. Kommt man beim Spielen in die Nähe einer solchen Grenze, löst sich die Spielwelt an der Stelle auf und man sieht eine Art Holodeck-Gitter, dann weiß man, dass man ein Stück weggehen muss. Bei “Arkham” zum Beispiel bietet es sich an, in der Mitte der Spielfläche zu stehen und für weitere Strecken mit dem Stick zu “laufen”. Bei Detailarbeit, zum Beispiel wenn man im Spiel ein Zimmer durchsuchen soll, ist es sehr immersiv, wenn man sich wirklich bewegen und z.B. um virtuelle Möbel herumgehen oder unter einen Schreibtisch gucken kann. Manchmal geht es auch gar nicht anders, bei Arkham muss man häufig schnell ausweichen, dann springt man dann schon wild in der Gegend herum. Gutes Workout 🙂
Im Detail ist Fortbewegung von Game zu Game leicht anders und lässt sich an die eigene Motion-Sickness-Empfindlichkeit anpassen. Wenn man dafür anfällig ist, kann man die Spiele (Zumindest Arkham und AC und die Meta-Eigenen Hubworlds) so einstellen, dass Drehungen der Spielfigur nur in Schritten von 90 oder 45 Grad erfolgen und die Bewegungen vor und zurück in Sprüngen, man teleportiert sich also quasi von einem Punkt im virtuellen Raum zum nächsten oder “zieht” sich dorthin. Wenn man keine Probleme mit Übelkeit hat, stell man alles auf smoothe Bewegung und bewegt sich dann wie in einem Ego-Spiel flüssig durch den Raum.
Reisetagebuch dauert nicht mehr lang. Ich muss nur erstmal ein wenig Zeit finden.