
Reisetagebuch Japan (20): Pacific Rim
Das Reisetagebuch in Japan. Heute mit einer faszinierenden Reise entlang des Pacific Rim, einem Besuch auf einem Transformers-Turm und einem Spaziergang durch interaktive Kunst.
Freitag, 25. Oktober 2024, Nagoya
Das Wetter ist angenehm, als ich gegen kurz vor acht über die Brücken und durch die Straßen von Nagoya zum Bahnhof trabe: Mit 20 Grad warm, aber nicht heiß, und kein Regen.
Den richtigen Bahnsteig und den richtigen Zug zu finden ist kein Problem, und wenig später rauscht wieder Landschaft an den Fenstern eines Shinkansen vorbei.
Lang ist die Zugfahrt heute nicht, es geht von Nagoya ohne Umstieg nach Shin-Osaka, dem riesigen Fernbahnhof von Osaka.
Dort steige ich in eine Straßenbahnlinie um und fahre damit bis in die Stadt, bis zu der Haltestelle, die am dichtesten an meinem heutigen Hotel liegt. Das ist der Bahnhof Hommachi (oder Honmanchi? Man scheint sich nicht so ganz einig zu sein, wie das Viertel heißt), der ziemlich zentral liegt – soweit man bei einer Stadt mit 2,7 Millionen Einwohner:innen und weiteren 15 Millionen drumherum überhaupt noch von “zentral” sprechen kann.
Honmanchi soll gar nicht groß sein, aber der Bahnhof ist wie ein Fungus: Das kleine Gebäude an der Oberfläche ist nur der kleine Fruchtkörper, der darüber hinweg täuscht, dass er sich in einem unterirdischen Geflecht fortsetzt, das fürchterlich weitläufig und verwinkelt ist. Lange Gänge, die an Treppen oder dem Zugang zu weiteren Gleisen enden, Rolltreppen, die nach unten führen und plötzlich in einer unterirdischen Ladenstraße herauskommen – alles sehr unübersichtlich, und schon nach wenigen Momenten habe ich die Orientierung verloren.
Ich irre durch die Gänge auf der Suche nach Schließfächern, finde aber keine. Als ich mich schon damit abgefunden habe zum Hauptbahnhof zurück zu fahren und meinen Rucksack dort einzuschließen, sprich: In dem Moment, als ich nicht mehr nach ihnen suche, laufen Sie mir dann plötzlich bei dem Weg. Freie Schließfächer! Nicht viele, aber alles frei. Zumindest die kleinen Fächer. Und das reicht zum Glück für den Cabin Max.
Ich versuche mir möglichst genau einzuprägen wo ich hier bin, damit ich das Schließfach später auch wiederfinde. Da hinten geht es zu den Gleisen der gelben Linie und da vorne ist eine Treppe und wenn man da runterläuft ist da ein Kiosk und…
So, und nun? Ich hatte mir ehrlich gesagt für Osaka im Vorfeld nicht viel überlegt. Was will ich also jetzt tun? Spazierengehen? Die Burg besuchen?
Ich entscheide mich dafür, mit der grünen Chuo-Straßenbahnlinie nach Westen zu fahren. Da geht es zum Meer, und auf einer der vorgelagerten, künstlichen Inseln ist das Aquarium von Osaka, das “Kaiyukan”. Ich stehe ja auf Aquarien.
Die Schlangen davor sind enorm. Vor allem Touristen aus Amerika und China stehen an den Kassen an. Trotz der Nachfrage bekomme ich Tickets für einen Zeitslot in einer Stunde. Super!
Die Zeit bis dahin vertreibe ich mir in einem nahe gelegenen Einkaufszentrum, das von Lebensmitteln über Klamotten, Mangafiguren bis hin zu Outdoor-Equipment alles mögliche führt. Für den faulen Bushcrafter sogar Holzlöffel, die man nur noch ausbrechen muss.
Dann geht es ins Aquarium. Das ist sehr interessant aufgebaut. Ich mag es ja, wenn Orte der Bildung, wie Aquarien, Zoos oder Museen ein klares Thema und einen roten Faden haben. Beim “Kaiyukan” ist das Thema der pazifische Vulkankreis. Das ist ein Ring an Vulkanen, der sich rund um den Pazifik zieht, von Japan bis Nordamerika, dann über Südamerika und Australien und zurück. “Pacific Rim Volcanic Belt” wird das genannt.
Die Website schwurbelt dazu etwas von der “Gaia Hypothese” von einem James Lovelock, nach der unser Planet als ein einzelner Organismus funktioniert und als Beweis überlappende Tier- und Pflanzenpopulationen anführt. Klingt etwas unwissenschaftlich, aber das Aquarium macht etwas sehr cooles daraus: Man zeigt in fast 30 Schaubecken unterschiedliche Tierarten und in 16 Biomen, wie sie entlang des Pacific Rim vorkommen. Dazu gehören Teile der Antarktis, Monterey Bay in den USA, die chilenische Küste, der Golf von Panama aber auch die Küste Japans oder das Great Barrier Reef.
Der Clou: Diese Pacific-Rim-Becken sind an der Außenseite von breiten Gängen angeordnet, die spiralförmig um ein gigantisches, zentrales Wasserbecken verlaufen. Die Besucher fahren mit einer Rolltreppe in den achten Stock des Gebäudes und laufen von dort aus um den zentralen Wasserkern, der rund 5,4 Millionen Liter fasst, wieder nach unten, und können dabei links die verschiedenen Biome und rechts einen riesigen, leeren Ausschnitt des Meeres betrachten.
Wobei, leer ist der zentrale Wassertank nicht. Schulen von kleinen Fischen flitzen darin herum, große Rochen schweben majestätisch durchs Wasser und Haie kreuzen im Zickzack durch das Becken.
Die Hauptattraktion ist der größte Fisch der Welt, der Walhai.
Solche Tiere sind nur sehr selten in Gefangenschaft zu sehen, genau wie der Manta oder der “Ocean Sunfish”, der ob seiner absurden Form ein Publikumsliebling ist.
Die Biom-Becken beginnen im achten Stock mit Ausschnitten aus dem japanischen Regenwald. Enten dümpeln durch das erste Becken, während am Ufer kleine Seeotter ein Nickerchen machen.
Im Becken daneben geht es um Forellen, und ich bin kurz versucht, Giulie ein Bild zu schicken, entscheide mich aber dagegen – am Ende verlangt sie noch, dass ich eine japanische Forelle für ihre Zucht mitbringen soll.
Neben einem Gehege mit Puffins…
…geht es die ersten Rampen hinab. Jetzt sind die Gänge für die Besucher nahezu unbeleuchtet, nur die Becken sind eine Lichtquelle. Eine Muräne(?) schiebt sich an der Scheibe vorbei wie ein Wesen aus der Urzeit.
Weiter geht es an Becken mit Pflanzen und Tieren der Inselketten der Aleuten, die am Rand der Beringsee zwischen Russland und Alsaka liegen. Dann geht es südwärts, plötzlich sind da Pinguine. Die beiden hier wirken wie Waldorff und Stadler, wie sie aus einiger Entfernung das das muntere Treiben ihrer Artgenossen beobachten, die sich Eis auf den Kopf rieseln lassen oder immer wieder vom Beckrand ins Wasser hüpfen.
Er hier sieht aus, als dürfte er nicht mitspielen und hätte deshalb schlechte Laune. Der arme Kleine!
In anderen Becken, die teils drei bis vier Stockwerke in die Tiefe reichen, tummeln sich Seehunde. Das ist ohnehin cool: Tiere, die tief tauchen müssen, bekommen diese Tiefe hier auch zugestanden. Dafür kommt man dann auf dem Weg nach unten mehrfach an diesen Becken vorbei und kann sehen, wie sich Flora (und teils auch Fauna) mit zunehmender Tiefe verändert.
Es gibt eine Gallerie mit Becken, in denen ausschließlich winzige Quallen ausgestellt sind. Die Tiere sind teils nur Zentimetergroß, aber in die Wände der Aquarien sind Vergrößerungslinsen eingelassen.
Überhaupt ist das alles hier mit viel Herz für die Kleinste gemacht, auch für kleine Menschenkinder. Immer wieder gibt es Stationen wie diese hier, bei der die Mitarbeiter “niedliche Halloween-Tiere” ausgewählt haben.
Oder Dinge zum Anfassen, wie dieses Kunststoff-Teil, das zeigt wie die die Plexiglas-Scheiben im Aquarium sind.
Unheimlich sind die großen Spinnenkrabben oder Giants Spider Craps. Auch Geisterkrabben sind zu bestaunen. Die wirken wir Wesen aus einer anderen Welt.
Überhaupt: Ein Besuch in diesem Aquarium ist allein schon durch seine schiere Größe als ob man in eine andere Welt eintaucht. Hier im Bewegtbild:
Auch Korallen gibt es zu Bestaunen und eine große Austellung zur Bedeutung des Great Barriere Reefs.
Was wieder auffällt: Die chinesischen Touristen sind unerträglich laut, aufdringlich und tun so, als wären sie alleine auf der Welt.
Nach dem Aquarium laufe ich ein wenig durch die Hafengegend. Ich habe Zeit und eigentlich nichts vor.
Irgendwann am Nachmittag kehre ich zum Bahnhof Hommachi zurück und spaziere dort noch ein wenig durch die Gegend. Moment… das kenne ich doch?
Natürlich, dass ist das liegende Kaufhaus! Das ist ja ein Ding – da kenne ich genau drei Gebäude in Osaka und finde eines davon durch puren Zufall wieder. Das “Semba-Center” ist wirklich eine Skurrilität, gebaut zur Weltausstellung 1970. Es ist im Prinzip ein riesiges Kaufhaus mit 600 Läden, aber kein Gebäude, was in die Höhe gehen würde. Es ist eine Aneinanderreihung von Gebäuden, die sich wie ein langer Schlauch unter einer Hochstraße entlangziehen und nur aus einem Erdgeschoß und bis zu drei Kelleretagen bestehen.
In diesem Schlauch kann man einen Kilometerlang an Geschäften und Restaurants vorbeilaufen. Der Gang scheint sich endlos zu erstrecken, aber das ist eine Illusion – tatsächlich endet er irgendwann an einer Spiegelwand. Dann dreht man um und geht in einer anderen Etage wieder zurück.
Staunend schaue mir die Auslagen der vielen, kleinen Spezialgeschäfte an. Kleidung, Schmuck, Stoffe auf großen Ballen, Ektrogeräte – es scheint hier fast alles zu geben.
Sogar… Bimsstein aus Deutschland?
Was dieser Laden verkauft, konnte ich nicht rausfinden.
Ein Geschäft zur Koordination des eigenen Lebens! Wer braucht das nicht! (Handelt sich dann aber doch bloß um Bürobedarf)
Haha, hier hat einer meinen Traum gelebt und dem doofen Goldbären auf die Nase gehauen.
Dann geht es zum Hotel. Das “R Hotel” liegt nicht weit von Honmanchi entfernt, ist sehr günstig und richtet sich vor allem an junge Reisende.
Der junge Mann an der Rezeption macht nicht den Eindruck, als hätte er schon oft einen Checkin gemacht (oder als hätte er das Potential, das jemals in den Griff zu bekommen). Er findet meine Reservierung nicht, verwechselt mehrmals die Zimmerkarten und vergisst am Ende mir meinen Reisepass wieder zu geben, was ich erst im Aufzug bemerke. Sofort fahre ich wieder zur Rezeption hinunter – der Pass ist das Allerwichtigste, noch vor dem Smartphone, was man in Japan haben muss. Als ich wieder im Erdgeschoß ankomme, steht der Rezeptionist schon vor der Fahrstuhltür, meinen Pass in der Hand und ein verlegenes Grinsen im Gesicht.
Schlechter Start in diesem Hotel, und es wird nicht besser: Die Magnetkarte zum Zimmer funktioniert auch nicht vernünftig, sondern nur bei jedem 8. Versuch. Es dauert ewig, bis ich das Türschloss offen habe.
Das Zimmer ist sauber und ordentlich, aber das kleinste und schlecht geschnittenste, das ich bisher auf der Reise gehabt habe. Es gibt zwar im Prinzip einen winzigen Schreibtisch, aber keinen Stuhl dazu. Um zum Kühlschrank zu gelangen, muss man übers Bett klettern. Es ist wirklich unglaublich schlecht geschnitten und bescheuert eingerichtet.
Nachdem ich das Gepäck abgeworfen habe, fahre ich mir der U-Bahn noch zwei Stationen nach Süden. Hier ist das Gelände der Weltausstellung, und bis heute ist es eine Vergnügungsmeile, die längst von Touristen völlig überlaufen ist.
Zentrum des Besucheransturms ist der alte Fernsehturm, der Tsutenkaku.
Die Warteschlange lang, das Gedränge groß, der Weg den Turm hinauf gespickt mit Andenkenläden.
Um um auf die höchste Plattform zu kommen, muss man sogar noch einmal 300 ¥en extra bezahlen. Aber das ist es wert, ausgerechnet diese umgerechnet 1,80 Euro scheuen die Besucher, die vorher schon umgerechnet 10 Euro für das normale Ticket bezahlt und eine Stunde angestanden haben. Auf der obersten Plattform sind VIEL weniger Leute, und der Ausblick wird nicht durch irgendwelche Gitter versperrt. So kann ich dem Sonnenuntergang über Osaka zusehen.
Der Turm sieht übrigens auch von unten hybsch aus.
Danach laufe ich zurück zum Hotel. Der Weg führt Einkaufsstraßen entlang und vorbei an den unvermeidlichen Biliken-Statuen. Erfunden 1908 von einer amerikanischen Hausfrau in einem Anfall kultureller Aneignung als “asiatischer Glücksgott”, haben die Japaner ihrerseits einfach umgekehrte kulturelle Aneignung betrieben und Biliken als japanischen Glücksgott adoptiert.
Das Vergnügungsviertel Dotonbori ist bunt beleuchtet und voller Menschen. Die Wasserstraße zwischen den Hölzernen Plattformen und die Lichter der großen Werbewände, die sich auf den Wellen der vorbeifahrenden Ausflugsboote spiegeln, sind natürlich schön anzusehen. Aber es ist hier auch so absurd voll, dass ich keine Lust habe länger zu verweilen.
Wieder im Hotel fällt mir siedend heiß ein, dass ich ja noch was ganz anderes gebucht hatte: Den TeamLabs Botanical Garten. War das heute? Habe ich das ernsthaft verpasst? Das wäre jetzt doof! In diesem Moment kommt eine Mail herein, die darauf hinweist, dass das Event morgen ist, zeitgleich mit einem sehr langen und sehr lauten Konzert und das ist damit zur rechnen ist, dass der Park völlig verstopft ist. Schöne Aussichten. Osaka macht es mir echt nicht einfach.
Um kurz nach zehn fallen mir die Augen zu.
Tour des Tages: Von Nagoya nach Osaka, 195 Kilometer, dann 15 Kilometer zu Fuß in Osaka.
Samstag, 26. Oktober 2024, Osaka
Mittlerweile wache ich immer schon um 6:45 Uhr auf und bin dann auch wach. Dann fällt mir ein, dass ich ja heute gar nichts vorhabe und drehe mich nochmal auf die Seite.
Dösend überlege ich. Was mache ich heute?
Eigentlich muss ich ja noch die Burg besuchen, oder? Ich schwinge die Beine aus dem Bett und lese, auf der Bettkante sitzend, einen löslichen Kaffee schlürfend, mein eigenes Blog und stelle stelle fest, dass ich dort schon gewesen bin. Das bedeutet… Ich könnte einfach weiterschlafen, wenn mir danach ist.
Und das tue ich dann auch, sagenhaft lange und bis 13:00 Uhr. Bis ich dann endlich mal aus dem Hotelzimmer komme, ist es schon 14:30 Uhr.
Ich wandere ein wenig in der Stadt herum und komme doch bei der Burg Osaka heraus.
Von der Burg aus kann man gut über die Stadt sehen. Zumindest einen kleinen Teil davon.
Überall hängen Plakate für eine Kommunalwahl. Hm, die Tante da hat den gleichen verkniffenen und verächtlich-herablassenden Gesichtsausdruck wie Alice Weidel. Für wen die wohl Antritt?
Ja, na klar. “Verfolgung von Impfschäden”, “lehnt Einwanderungspolitik und ausländische Investitionen ab”. Vermutlich findet sie auch Putin toll und will aus dem Euro austreten.
Kleine Schreine stehen in den Nebenstraßen der Wohnviertel.
Moment! DAS Auto erkenne ich überall!
Das ist OutaTime, der Wagen von Doc!
Lustig, das der in der Garage der “Hütte” steht.
Oh, und Gullideckel mit dem Mutantenmaskottchen der nächstjährigen Weltausstellung 2025 gibt es auch schon.
Dann wandere ich noch ein bisschen weiter in der Stadt herum und suche nach der langen Einkaufspassage. Als ich sie gefunden habe, möchte ich da sofort wieder raus, sie ist völlig befüllt.
In einem Spielzeugkaufhaus werden Softair-Knarren verkauft. Täuschend echt.
Langsam wird es dunkel, und Osaka beginnt wieder zu leuchten.
Um 19:00 Uhr bin ich an dem Park, wo der botanische Garten liegt in dem TeamLab eine Open Air Austellung betreibt, sobald es richtig dunkel ist. Einlass ist erst ab 20:00 Uhr. Von weitem höre ich das Konzert im Stadion nebenan. Das läuft schon? Uch.
Ich nehme im Café Platz und bekomme einen Takoyaki, einen gebratenen Teigball mit einem Stückchen Oktopis darin und die Spezialität Osakas.
Um 20:15 Uhr sagt eine Bedienstete Bescheid, dass es bald losgeht. Tatsächlich stehen jetzt schon 100 Leute an der Barriere, wo ich vorhin der erste war. Es geht in den Park, in dessen Dunkelheit Kunstwerke stehen. Die Teamlab App hat gemerkt wo ich bin und zeigt jetzt eine Übersicht des Parks und die Kunstwerke, die man darin finden kann.
Als erstes entdecke ich in einem Wäldchen leuchtende… Barbapapas? Auf jeden fall bunte, leichte Dinger aus einem weichen Material. Wenn man sich ihnen nähert, leuchten sie heller, und wenn man sie stupst, ändern sie die Farbe.
Ein Stückchen weiter bahnen sich die Besucher den Weg durch große, leuchtende Bälle.
Am Ufer eines Sees steht ein steinernes Kunstwerk, auf das bunter Muster projiziert werden.
Wieder in einem Wäldchen zieht plötzlich die Parade der muszierenden Frösche vorbei, die ich aus Tokyo kenne.
Ein Stückchen weiter brennt eine digitale Flamme. Hält man eine Teamlab-App in die nähe, springt die Flamme darauf über und man kann sie mitnehmen und sich später ansehen, wo überall in die Welt die Leute ihre Flammen mit hingenommen haben. Installiert sich jemand anders die App, kann man seine eigene Flamme auf das andere Gerät teilen. Digitale Kunst.
Digitale Kunst ist auch das gräserne Feld, das Töne macht und die Beleuchtung ändert, wenn Menschen auf den Wegen dazwischen hindurchgehen. Bei der Menge an Besuchern kommt das Feld aber gar nicht mehr hinterher.
Am Ufer eines Sees treiben leuchtende Laternen im Wasser.
Es ist kühl geworden. Die Temperatur ist rasant gefallen, und ich bin nur im Hemd unterwegs, also trete ich nach einer Stunde, als ich alles einmal gesehen habe, den Heimweg über eine beleuchtete Allee an.
Natürlich ist ausgerechnet jetzt das Konzert vorbei und die U-Bahn sehr voll. Ich kann mich noch in einen Wagen voller giggelnder, vom Konzert geflashter Fanmädchen quetschen. Alle tragen die gleichen Frisuren und die gleichen Devotionalien ihrer Band. Teenager sind echt zu allen Zeiten gleich.
In Downtown wird die U-Bahn dann so voll, dass ich aussteige und noch einmal durch Dotonbori schlendere.
Witzig: Heute ist Samstag, und es ist kurz vor Halloween, und die Brücke mit dem beliebten Fotospot, vor dem Glinco-Läufer, ist so überlaufen, dass die Polizei den Spot abgesperrt hat und die Leute bittet daran vorbeizugehen. Polizei gehen Instagram – habe ich in der Form auch noch nicht gesehen.
Der Weg nach Haus führt vorbei an betrunkenen Touristen und feierndem Volk, dessen Dichte mit zunehmender Entfernung von Dotonbori abnimmt. Irgendwann laufe ich wieder durch stille, nächtliche Straßen. Nur ich und die Frösche und ein Yaris, der in einer Nebenstraße parkt.
(Im Ernst, ich komme immer noch nicht darauf klar, dass selbst Alltagsgegenstände wie Absperrungen “Kawai”-Designt werden, also auf niedlich gemacht)
Tour des Tages: 17,5 Kilometer zu Fuß.
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